Der Besitz des ehemaligen Schwarzwaldklosters St. Georgen im heutigen Landkreis Calw Hansmartin Ungericht, Ulm 1. Einführung Klöster pflegten das Gedenken an ihre Stifter schriftlich zu überliefern. Über die ihnen geschenkten Besitztümer führten sie Buch. Sind derartige Aufzeichnungen erhalten, wie z.B. bei den Klöstern Hirsau und Reichenbach, so reichen sie in der Regel viel weiter zurück als die Steuerbücher der weltlichen Territorialheren. Wir erhalten so Einblick in eine nahezu schriftlose Zeit. Diese Zeugnisse bleiben jedoch unvollkommen, wenn wir sie nur ihrem Wortlaut nach verbal verstehen. Wir müssen sie auch aus der Zweidimensionalität ihres pergamentenen und papierenen Mediums befreien und in die Dreidimensionalität des geographischen Handlungs- und Erlebnisraumes übertragen. Erst dann gewinnen wir wirklichkeitsgetreue Bilder vom konstruktiven Aufbau unserer Kulturlandschaft und ihrer genetischen Entwicklung. Mit dem Klosterbesitzvon St. Georgen im Schwarzwald soll diese Methode hier exemplarisch gezeigt werden. Dieser Besitz im Landkreis Calw ist bisher von der wissenschaftlichen Forschung und heimatkundlichen Literatur unbeachtet geblieben. Der Grund dürfte in der unbegründeten Annahme liegen, dass von einem angeblich so spät besiedelten Gebiet wie dem nördlichen Schwarzwald keine neuen Erkenntnisse zu erwarten wären. Mit diesem Aufsatz wird das Gegenteilbewiesen. Über Besitz-, Rechts- und Steuerverhältnisse hinaus erhellt der Beitrag bisher unerforschte und völlig unerwartete Zusammenhänge unserer geographischen Umwelt. 2. Zw Gründungsgeschichte des Klosters Um 1080 plante der einflussreiche Reichenauer Klostervogt Hezelo (Hermann), zusammen mit den Adeligen Hesso und Konrad, ein Benediktinerkloster zu stiftenl. Er versuchte es im heutigen Königseggwald, wo schon ein dem hl. Georg geweihtes Bethaus seiner Vorfahren stand2. Doch Abt Wilhelm von Hirsau, den er bei seinemVorhaben zu Rate zog, verlangte eine Verlegung in den Schwarzwald. Deshalb ist das Kloster zwischen 1083 und 1086 im heutigen St. Georgen errichtet und unter päpstlichen Schutz gestellt worden. Die ersten Abte und der größte Teil der Mönche kamen aus Hirsau. Bald wurde das Kloster selbst Zentrum der Reform, vor allem für Klöster im Elsaß. Vogt des Klosters wurde Hezelo und nach seinem Tode sein gleichnamiger Sohn Hermann, der aber schon 1094 beim Kirchgang im Reichenauer Münster von einem Bediensteten erschlagen wurde. Er hinterließ keine Nachkommen. So übten seit etwa 1114 die Herzöge von Zähringen das Vogtsamt aus, bis zu ihrem Aussterben im Jahre 1218. Sowohl für die Zahringer wie auch für die Sippe des Klosterstifters Hezelo lassen sich personengeschichtliche Verbindungen zum Calwer und Nagolder Raum nachweisen'. Eine frühe Güterübertragung aus dem Gebiet des heutigen Landkreises Calw wäre somit nicht ungewöhnlich. 3. Die Urkunden von L337,1139 und 1179 Das Hauptstaatsarchiv Stuttgart verwahrt eine Pergamenturkunde von 1337, welche für unsere Untersuchungen eine Art Schlüsselrolle einnimmt. Erst mit ihr lassen sich die früheren Besitzangaben des 12. Jahrhunderts und die späteren Beschreibungen des 15. Jahrhunderts miteinander verknüpfen. Auf dieses Dokumento soll deshalb etwas ausführlicher eingegangen werden. Y or 67 1 Jahren, am 20. D ezember 1337, setzt Pfar rer Heinrich Failschelin ein Vermächtnis auf, zum Heil seiner Seele. Er stammt aus Bulach (Neubulach) und ist Kirchherr in Stetten bei Haigerloch. Für den Fall seines Todes vermacht er dem Kloster Hirsau seine Güter in Gaugenwald, Aichhalden und im Grashart bei Ebershardt ("zl Gugenwalt,zrt Aichehalden und im Grassehart"). Das Nutzungsrecht behält er auf Lebenszeit. Nach seinemTode aber sollen sie "ewiclich" dem Abt und Konvent des Klosters Hirsau gehören, wie auch seine sonstige liegende und fahrende Habe. Als Zougen seiner testamentarischen Verfügung nennt er Personen aus seinem heimatlichen und wohl 31 |