Johanna Schneider, Ostelsheim„Lichtkarz“ und SonntagsheiligungAus den Protokollen des Kirchenkonvents der Pfarrei Ostelsheim„Lichtkarz“Die Protokollbücher des Kirchenkonvents geben uns einenEinblick in die Lebensverhältnisse unserer Vorfahren. Ausden vielen Aufzeichnungen,die im folgenden auszugsweise wiedergegeben werden, erfahren wir, wie die Menschenin unserem Dorf lebten, was siegehofft und gelitten haben, wiesie darbten und hungerten, wassie“verbrochen“ haben. Oftwaren es die kleine Dinge ausdem täglichen Geschehen unseres Dorfes, die den Kirchenkonvent beschäftigten. Manches Gespräch beim Wasserholen am Brunnen, im Back- oderWirtshaus oder der abendlichen„Lichtkärz“ fand später seinenNiederschlag im Protokoll desKirchenkonvents. Ob dabei vordem Gericht alle gleich behandelt wurden, sei dahin gestellt.Die gute Absicht, für ein Leben nach den Zehn Geboten inder Gemeinde einzutreten,wollen wir dem Kirchenkonvent nicht absprechen. Wasdaraus geworden ist, sehen wirin den folgenden Protokollauszügen.Eine Frage, die sich die Kircheauch in unseren Tagen mitunter stellen lassen muß, sei hiererwähnt: Wo habt ihr die Gnade versteckt?Sitte und MoralDurch das unsägliche Leid, dasder grausame dreißig-jährigeKrieg mit sich brachte, warenSitte und Moral tief gesunken.Der Bevölkerung ging es zunächst vielfach um das nackteÜberleben. Wieder Zucht undOrdnung zu schaffen, war eineHauptaufgabe des Kirchenkonventes. Wenn Buben und Mädchen beisammen waren, machten sie sich verdächtig. So lesen wir des öfteren von den“Lichtstuben“(auch„Lichtkarz“ genannt), einer abendlichen Zusammenkunft, die derLichtstubenhalter vorab beimPfarramt melden und genehmigen lassen mußte.„Actum Ostelsheim den4.Septbr. 1765 In Preasentiades Pfarrers Magister Hoffmanns, Schultheißen JohannesFenchel und die beiden Richter Johann Jakob Hofmayersund Johann Jakob Gehringer.Bei diesem Convent ist ausgemacht worden, weilen der Winter vor der Thür, daß die Lichtkärz sollen gänzlich verbotensein wegen denen großen Mißbräuchen die gemeinigenfallsentstehen, daß wann die höchste Nothwendigkeit wäre, daßetwa etliche Arme doch dabeyehrliche, christliche Leuthezusammen kommen wollten,so könnte es unter der Ansuchung Beyem Pfarrer undSchultheisen-Amt geschehen,doch wo es verhütet werdenkann, so soll es unterbleibenbei ausgesetzter Straf.“Actum Osteisheim, d. 17.Febr.1766 In prasentia Pastoris,Magister Hoffmanns, Schultheißen Johannes Fenchels undder beeden Censur RichternJohann Jacob Hoffmayers undJohann Jacob Gehrings. Nachdeme bißhero alle jahr undauch wieder Bey anfang letzten Winters die Lichtkärzegänzlich abgestellt und ernsthaft verbotten worden, aberwieder verstattet worden, daßarme Leuthe aus Mangel desLiechts oder die nächste Anverwandte die eine Woche indis, die andere in ein anderesHaus unter aufsicht der Hausvätter zusammengehen dürfenwann keine Unordnung sichdabey ereignet, so hat sich jedoch ergeben, daß Pfarrer, alser in der Nacht zu einem kranken Berufen wurde, und morgens um 2 Uhr wieder heimging, Anna Barbara, Jacob Rathfelders B. u. Webers allhierledige Tochter um besagteStunde auf der Gasse von derKunkelstube heimgehend antraf, daß sie bey Johann GeorgBöttinger, Chirurgo allhier inihrem gewöhnlichen Lichtkarzwar, welches spate heimgehendem Pfarrer einen billigen Verdacht erweckte, als ob in besagtem Lichtkarz sündhafte Unordnungen, da der Böttingerdas Brandtenwein Brennen angefangen, möchten vorgegangen seyn weswegen der Pfarrer alle Complices vor sich forderte, nehmlich: Simon Rathfelder, Johannes Schweizer,Johann Georg Böttinger, AnnaBarbara Rathfelderin, AnnaMaria Widmajerin, Anna Katharina Pflügerin, und Bernhard Stangers Magd, eine Anna