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Kampf fort; aber es fehlte die einheitliche Leitung; insbesondere hat die Kriegszucht in dem Heer, worauf Gustav Adolf so großes Gewicht gelegt hatte, sehr notgelitten; bald unterschieden sich die Heere der Evangelischen nicht mehr in Ausübung der Plünderungen und Vergewaltigungen der Bevölkerung von den feindlichen Heeren. Württemberg wurde abermals von den Kriegshorden greulich heimgesucht. Hatte das eine Heer eine Stadt oder ein Dorf ausgeraubt, so erschien ein anderes und machte es nicht besser. Oft begegneten sich die Heere und scharmützelten miteinander; auch unser Bezirk blieb nicht verschont; das eine Heer kam von Rottenburg, ein anderes von Alpirsbach, wieder ein anderes von Calw. Zwar hat der nun für mündig erklärte Herzog Eberhard den Feinden kräftigen Widerstand entgegengesetzt und mit seinem Heer auch manchen Schaden von seinem Land abgewendet, Hechingen eingenommen und bessere Ordnung wiederhergestellt. Da traf die Evangelischen abermals ein furchtbarer Schlag: Bernhard von Weimar verlor die Schlacht bei Nördlingen, hart an der württ. Grenze. Gegen den Rat der anderen Generale hatte er sich in die Schlacht eingelassen. Die Niederlage war ganz schrecklich: Allein 4000 Württembergs! blieben tot auf dem Platz. Ein Augenzeuge schreibt, es sei ein Anblick zum Erbarmen gewesen, wie die schwäbischen Bauern dalagen in ihren weißen Zwilchkitteln und ihren Ränzlein auf dem Rücken. Die Folgen waren für unser ganzes Land entsetzlich: Schutzlos war es den Feinden preisgegeben; es wurde zum Tummelplatz für Freund und Feind; kein Heer war mehr da, um dem Wüten der Kriegshorden Einhalt zu tun; alle Ordnung in den Heeren hörte auf; in Stadt und Land lösten sich alle Bande. Viele Einwohner wurden grausam mißhandelt und niedergemacht, die Aecker zu einer trostlosen Wüste gemacht. Auf dem Schwarzwald hausten die Schweden schrecklich; der österreichische General Johann von Werth verfolgte sie und hauste ebenso unmenschlich. Unsere Nachbarstadt Calw wurde furchtbar mitgenommen: erst geplündert, dann von den Soldaten verschlossen und angezündet; viele kamen in den Flammen um; viele flüchteten sich in die Wälder und wurden auch dort wie das Wild gejagt. Eine Stadt nach der andern, Herrenberg, Tübingen, Sulz u. a. sielen dem Feind zu ähnlichem Schicksal in die Hände. Auch unfern Bezirk traf dieses Los. Hatten die 3 Aemter Nagold, Altensteig und Wildberg schon bisher furchtbar gelitten, so kamen jetzt noch viel schlimmere Zeiten: Unsere Städte und Dörfer waren schon bisher ganz verarmt. Die Felder konnte man nicht mehr anbauen, da alles, was wuchs, rücksichtslos weggenommen wurde So entstand eine entsetzliche Teuerung bei allen Lebensmitteln: Brot und Fleisch konnte man fast nicht mehr erschwingen, da ihre Preise auf das 6- und lOsache gestiegen waren; Hunde und Katzen galten als Leckerbissen. Ja es kam so weit, daß, was auf den Feldern noch wuchs, geflissentlich zertreten und die Aecker mit Gewalt auf lange Zeit zugrunde gerichtet wurden, daß solchen, die in ihren Häusern geblieben waren, mit Gewalt der Mund aufgesperrt und Jauche ihnen eingeschüttet wurde, daß man so lange auf den Menschen herumtrat, bis sie unter