Das Nagoldtal ist von hoher landschaftlicher Schönheit. Wohl sind es nur wenige Mittel, mit denen die Natur das reizendste Landschaftsbild zeichnet: das rauschende Flüßchen, das sich in anmutigen Windungen durch die sattgrünen Wiesen schlängelt, die von tannendunklen Höhen umrahmt werden. Allein die vielen Win­dungen führen immer wieder zu neuen Bildern mit neuen Reizen, so ernst und doch so lieblich, so groß und doch so einfach. Ein Wanderer verglich das Nagoldtal mit einem großen, mit Tannenzweigen ausgeschlagenen Saale. Die Talwände, die sich in der Ferne für das Auge gleichsam ineinanderschieben, bewirken durch den fortwährenden Wechsel der Richtung einen Gegensatz von Licht und Schatten, so daß der eine Bergeshang im leuchtenden Grün prangt, während ein anderer im dunkelblauen Duft liegt oder die Tannen in Schwarz zu tauchen scheint.

Besonders schön ist's im Nagoldtale, wenn die Morgennebel an den steilen Waldbergen Herumgeistern und sich in die Schluchten drücken, wenn die Wipfel der Tannen in Frühlicht erglühen. Stimmungsvoll ist's auch abends:

Lieblich in das Tal herein wirst die Abendsonne ihrer Strahlen letzten Schein, ihre Abschiedswonne; freundlich winken von den Höhn selbst die ernsten Tannen,

Wald und Wies' in Golde stehn, bis sie geht von dannen.

Fried und Ruhe allumher, nur die Mühle rauschet, doch die Nacht tritt sorgenschwer nun herab und lauschet."

(AusSchwarzwaldlieder" von O. Eisenmann,

Verlag Th. G. Fischer L Co., Kassel.)

Von überwältigender Schönheit sind die Ausblicke von der Höhe hinab in den Talgrund und auf die gegenüberliegende Bergesseite, so vor allem von der Ernstmühler Platte, dem Schloßberg in Calw, dem Stubenfelsen bei Kentheim, derKanzel" bei Ruine Waldeck. Großartig liegen Rudelsburg und Ruine Waldeck, vom jenseitigen Talhang aus gesehen, vor unfern Augen.

Eines der schönsten Plätzchen im Nagoldtal aber ist die reizend gelegene, zur Gemeinde Altbulach gehörig« Talmühle, die sich kurz unterhalb des Weilers Seitzental eng an di« gewaltigen, roten Sandsteinfelsen anschmiegt. Von der Nagoldtalstraße führt eine überdachte hölzerne Brücke zur Talmühle hinüber. Diese Brücke, Arche genannt, ist ein altes, interessantes Bauwerk, das viel zur Belebung der Landschaft beiträgt. Die Talmühle war wohl eine sogenannte Bannmühle, die zu einer der benachbarten Burgen gehörte; später kam sie in den Besitz deö Klosters Hirsau, dann der Stadt Bulach, ging in Privatbesih über und wurde zuletzt vom Teinacher Elektrizitätswerk erworben, das die Wasserkraft zu seinem Betrieb be­nötigte. An Stelle des Mühlengeklappers ist jetzt das Hämmern der Maschinen getreten, denn seit ZV Jahren wurde die Mühle zur Fabrik umgebaut. An die Zeiten, da des Müllers Esel die Säcke die damals noch steilen Steigen hinauf­trugen, erinnert noch der Name Talmühle, der geblieben ist; die mit der Mühle verbundene Gastwirtschaft ist zur Zeit eingestellt. Letztere wurde wegen ihrer idyllischen Lage auch von Kurgästen gerne aufgesucht. Unter diesen waren es vor allem die beiden Dichter Hermann Kurz und Joseph Viktor Scheffel, die gerne auf der Talmühle weilten und ihre Reize im Liede feierten. Hermann Kurz be­nützte seinen Aufenthalt zur Abfassung verschiedener Werke und einiger köst-