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heitere Fest. Aber auch ein ernster Tag tiefer Trauer brach dieser Sommer- residen; unserer Fürsten an, als am 25. Juni 1677 der kluge und leutselige Herzog Wilhelm Ludwig durch einen jähen Tod hinweggerasft wurde, zum großen Schmerz seiner edlen Gemahlin Magdalena Sibylla und zum Unglück für das ganze Land. Doch durften sich die württembergischen Herzoge nicht des ungestörten Genusses ihres Hirsauer Schlosses erfreuen. Während des dreißigjährigen Krieges mußte das Kloster von 1655—1648 katholischen Mönchen eingeräumt werden, an deren Spitze der tatkräftige Abt Wunibald Zürcher stand. Alle Bemühungen, in den von dem Kloster abhängigen Dörfern den katholischen Gottesdienst wieder einzuführen, scheiterten an der Treue des evangelischen Volkes. Als die Mönche nach dem Friedensschluß weichen mußten, nahmen sie die wertvollen Urkunden mit fort. Nicht mehr lange sollte die Hirsauer Klosterschule blühen. Am 20. September 1692 machte der französische Mordbrenner Melac der Klosterherrlichkeit ein Ende, indem er das Jagdschloß einäscherte und durch seine Beschießung die Klostergebäude unbewohnbar machte. Nur der
Steinbild am Eulenturm in Hirsau. Zeichnung von K. Lamprecht, Cannstatt.
24 in hohe Eingangöturm des Schlosses blieb (nebst dem Eulenturm der Klosterkirche) erhalten und dient jetzt als Glockenturm. Nun breitet die von Uhland besungene Ulme ihr grünes Blätterdach über das öde Gemäuer des östlichen SchloßslügelS, aus dessen Schutt sie in das Himmelsblau emporftrebt. Das Kloster aber mußte einem Geschlechts, dem alles Verständnis für die Kunst abhanden gekommen war, bis tief in das vergangene Jahrhundert hinein als Steinbruch dienen, der seine braunroten Quader zu den Neubauten in Hirsau und der ganzen Umgebung lieferte. Aus den schönen Quadern des einen Turmes erbaute ein Calwer Fabrikant eine Saffianlcderfabrik, die jetzt zu einem Sanatorium für Nervenleidende umgebaut ist. Der andere Turm, der sogenannte Eulenturm, verdankt seine Erhaltung dem Umstand, daß ihn die Gemeinde als Gefängnis benötigte. 1876 und 77 wurden größere Aufräumungsarbeiten und Ausgrabungen vorgenommen; die gefundenen Altertümer sind im ehemaligen Büchersaal über der Marienkirche aufbewahrt und können dort besichtigt werden. Der hohe steinerne Springbrunnen in der Brunnenkapelle mit drei übereinanderliegenden Schalen, in die das Wasser aus 24 Röhren niederplätscherte, kam nach Teinach. Auch das Kruzifix in der Kirche von Würzbach soll vom Kloster Hirsau stammen. Erst unsere Gegenwart bat ein Auge bekommen für