OieHirsauer Le^veAUNA"

Bortrag im Geschkchts- und Altertumsverein

In der langen, weltgeschichtlichen Auseinandersetzung zwischen Germanentum und Christentum brachte das 11. Jahrhundert einen dramatischen Höhepunkt. Auf politischem Gebiet wurde der Jnvestiturstreit geführt' die geistige Auseinandersetzung wurde von der Klosterresorm beherrscht, die vom französischen Kloster Cluny ausging, vom Kloster Hirsau übernommen und in vielen schwä­bischen Klöstern durchgeführt wurde. Ueberdie poli­tische Bedeutung der Hirsauer Bewegung" sprach im Württ. Geschichts- und Altertums- Verein Dr. H. Mau aus Straßburg. Er konnte sich bei seinen Ausführungen, die vielfach ganz neue Lichter auf die ganze Bewegung warfen, zum Teil auf die Er­gebnisse einer Arbeitsgemeinschaft stützen, die erst in diesem Winter an der Universität Stratzburg diese Pro­bleme erneut durchgearbeitet und dabei in manchem auch über die Ergebnisse der schwäbischen Forscher Adolf Meitler und Karl Weller hinaus geführt hat.

DaS deutsche Mönchtum hatte unter dem Einfluh germanischer Üeberlieferung eine stark eigenartige Ent­wicklung genommen. Die großen Klöster mit einer alten Kulturtradition hatten sich zu reinen Adelsklöstern ent­wickelt, weil die Standesunterschiede in Deutschland nicht verwischt waren. Im Gegensatz zu diesem freiheitlichen, fast heiteren deutschen Klosterleben stand die Ckuniacen- sische Reform mit ihrer strengen Askese, die während des Jnvestiturstreits in Deutschland einbrach. Sie wurde getragen von einer starken Persönlichkeit, dem Abt Wilhelm von Hirsau, der fromm und weltgewandt, dabei ein tüchtiger Organisator war. Die Bewegung fand ungeheuren Widerhall; über hundert Klöster schlossen sich ihr an. Sie wurde aber in Schwaben zugleich erne große volkstümliche Bewegung, wohl auch deshalb, weil gerade hier der kirchenpolitische Streit besonders ver­heerend tobte. Hirsau trieb aber auch starke Agitation im Volke. Aber gerade in Schwaben fand die Bewegung auch erbitterten Widerstand. Die großen Klöster, die Reichsabteien, die an ihrer alten germanischen Tradition festhrelten, zugleich streng kaisertreu waren, verschlossen sich ihr und bekämpften sie nnt Erbitterung.

Beim Jnvestiturstreit und der Reformbewegung han­delte es sich umdie Verchristlichung des Germanischen". Diese Verchristlichung verlief in mehreren Epochen, die von germanischen Gegenstößen unterbrochen wurden. Die von Hirsau ausgehende Stömung gewann eminent poli­tische Bedeutung. Es war ein Kampf um eine neue soziale Ordnung, die die alte adelige Ordnung bÄrohte. Im Recht hatte die Bewegung starke Wirkung. Innerhalb der Klöster trat an die Stelle der bisherigen Ordnung die absolute Gewalt des Abtes. Ferner trat das Kirchen­recht in Konkurrenz mit dem weltlichen, staatlichen Recht.

Der Vortrag von Dr. Mau zeigte deutlich, wie durch Abt Wilhelm Schwalben auch in der geistigen Ausein­andersetzung zwischen Germanentum und Christentum eine bedeutende Rolle zufiel, die teilweise auf Jahr­hunderte hinaus nachwirkte. />.. O.