Man erwartet, daß gegen Stambulow in ähnlicher Weise vorgegangen werde.

Serbien.

Belgrad, 8. April. Der Hofmarschall der Köni­gin Natalie, Oberst Simonovic, ist hier eingetroffen, um Vorbereitungen zum Besuche der Königin zu treffen. Dieselbe kommt am 28. April hierher, wird aber nicht länger als 6 Wochen in Belgrad verweilen. Vor ihrer Ankunft wird König Milan Serbien ver- -assen und ein südfranzösisches Bad aufsuchen.

A sien.

Aus Cuba kommen wenig befriedigende Nach­richten. Bei den vielen Zusammenstößen der Re­gierungstruppen mit den Aufständischen in Peremez- Sanjago, nun auch in der Umgebung von Puerto- Principe im mittleren Teil der Insel, wo die Be­völkerung noch von dem vorigen Aufstande her zu den Separatisten hält, gelingt es den Spaniern nicht, irgendwie umfangreiche Erfolge zu erringen. Die Gaceta" veröffentlicht einen Erlaß, wodurch der Marschall Martine; Campos davon entbunden wird, in Havannah die üblichen Förmlichkeiten zurUeber- uahme der Statthalterschaft zu erfüllen; er wird sein Amt gleich nach der Landung in Santiago de Cuba, schon am 15. ds. antreten. General Calleja meldet relegraphisch, daß er 26 Separatisten habe verhaften taffen: von diesen hatten 11 die Hauptstadt bereits mit der Absicht verlassen, eine Bande zu bilden. Andere Banden sollten in Jaruco, in der Provinz Havannah selbst, zu ihnen stoßen.

Lokales.

Nagold. Die Verwaltung der Bezirks­krankenkasse Nagold teilt aus den von ihr pro Kalender- und Rechnungsjahr 1894 gefertigten Nach­weisungen folgende Zahlen mit: Es betrug: die durch­schnittliche Mitgliederzahl 801, die Zahl der Erkran­kungsfälle 290, der Krankheitstage, für welche Kranken­oder Verpflegungsgeld zu bezahlen war, 5213 und der Sterbefälle 5. Die Einnahmen beliefen sich auf 12 840 45 Z, worunter 11806 49 Z Kranken-

vers.-Beiträge, und die Ausgaben auf 12615 ^ 54 I, worunter 3000 ^ Sparkaffen-Einlagen, so daß am Schluß des Rechnungsjahrs ein Kafsenbestand vorhanden war von 224 ->//- 91 Z. Das Vermögen der Kaffe besteht in diesem Remanet und 4070 Kapital, zusammen also in 4294 ^ 91 Z. Das­selbe betrug im Vorjahr 1182 ^ 43 Z und Hut sonach 1894 zugenommen um 3112 ^ 48 -H. Der Grund dieser Vermögenszunahme ist schon früher gelegentlich des Berichts über die am 30. Dezbr. 1894 stattgefundene Generalversammlung beleuchtet worden. Von dem Kassenvermögen wurden dem Rrservefond, welcher gesetzlicher Vorschrift gemäß im Mindestbetrag der durchschnittlichen Ausgaben der letzten drei Rechnungsjahre, das wäre etwa 9500 anzusammeln ist, 4000 ^ überwiesen, der Restbetrag ist als Betriebssond zu betrachten. Mit der Ergän­zung des Reservefonds muß solange fortgefahren werden, bis der angegebene Betrag erreicht ist und kann vorher an eine Erhöhung der Kassenleistungen, wie solche angestrebt werden will, nicht gedacht werden. Um den dem Vernehmen nach schon viel­fach aufgestellten übertriebenen Behauptungen über die Höhe des Prozentsatzes der Verwaltungskosten gen. Kaffe entgegenzutreten, sei hier noch bemerkt, daß diese (persönliche und sächliche) sich pro 1894 aus rund 13°/» bezifferten oder 2 pro durch­schnittliches Mitglied. Stellt man an der Hand der statistischen Uebersichten eine Vergleichung mit den Verwaltungskosten anderer Bezirkskrankenkassen des Landes an, (1893 bis zu 8 ^ 31 iZ pro Kopf), so ergibt sich, daß die Nagolder Krankenkasse zu denen gehört, die am wenigsten Verwaltungsaufwand haben. Endlich sei noch mitgeteilt, daß für die Jnvaliditäts- und Altersversicherungsanstalt 5256 ^ 25 I ver­einnahmt und 5256 21 zZ verausgabt wurden.

Kleinere Mitteilungen.

Welche Tage gelten als Festtage? Nachdem die Bestimmungen über die Sonn- und Festtags­ruhe in Industrie und Handwerk Geltung erlangt haben, gewinnt die Frage, welche Tage als Festtage anzusehen sind, eine erhöhte Bedeutung. In der Gewerbeordnung ist angeordnet, daß die Landesre- regierungen unter Berücksichtigung der örtlichen und konfessionellen Verhältnisse bestimmen, welche Tage als Festtage gelten. Von den Landesregierungen haben von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht:

Sachsen, Württemberg, Baden, Oldenburg, Meiningen, Altenburg, Koburg-Gotha und die beiden Schwarz­burg, Reuß ä. L., Schaumburg-Lippe, Lippe, Lübeck, Bremen und Elaß-Lothringen. In den übrigen Bundesstaaten bleibt es bis aus Weiteres bei dem bisher geltenden Rechte. Ueberall im Reiche gelten als Festtage das Weihnachts-, Oster- und Pfingst­fest und zwar je zwei Tage, nur in Reuß ä. L. drei Tage, außerdem der Neujahrs- und der Him­melfahrtstag. In Preußen gilt als Festtag allgemein außerdem noch der Bußtag und in den vorwiegend evangelischen Landesteilen auch der Charfreitag. In Bayern wird die Frage örtlich geregelt. In Sach­sen sind außer Bußtag und Charfreitag, Reforma- tionssest und Fest der Erscheinung Christi (6. Jan.) in den Ortschaften mit überwiegend katholischer Be­völkerung in der Kreishauptmannschaft Bautzen das Fest Märiä Verkündigung (25. März), das Fron­leichnamsfest, das Fest Peter und Paul (29. Juni), das Fest Mariä Himmelfahrt (15. August), das Fest Mariä Geburt (18. Septbr.), das Fest Allerheiligen (1. Nov.) und das Fest Mariä Empfängnis (8. Dez.) als Festtage bestimmt, in Württemberg das Erschei­nungsfest und der Charfreitag, bei den Katholiken außerdem Fronleichnam und Märiä Himmelfahrt. Die Festtage gelten ohne Rücksicht aus die Konfes­sionen der Arbeiter für die Bezirke, für welche sie! ungeordnet sind.

Freuden st adt, 10. April. Der in der Bothner'schen Möbelfabrik beschäftigt gewesene Schreinersgeselle Daniel Fahrer von Baiersbronn, der durch seine Aeußerungen den Verdacht der Brandstiftung auf sich gelenkt hatte und in Haft genommen wurde, ist, da er sich über den Verbleib in der betr. Nacht ausweisen konnte, aus der Untersuchungs­haft entlassen worden. (Schw. V.)

Heilbronn, 9. April. Heute früh suchte ein lediger Schreiber in der Wohnung seiner Eltern sich durch Ab­schneiden des Halses das Leben zu nehmen. Da er hiezu sein nicht geeignetes Taschenmesser verwendete, gelang ihm sein Vorhaben nicht ganz, und er wurde mit einer Schnitt­wunde am Halse ins Spital verbracht.

In Straßberg lebten 2 Bürger wegen Beleidigung mit einander auf gespanntem Fuße; aber sie waren nicht harten Herzens, sondern sie sehnten sich nach Versöhnung, und die Gelegenheit hierzu ergab sich wie von selbst. Beide waren auf dem Markt zu Winterlingen und kehrten nach ihrer Zurückkunft in der Brauerei z. Zoller ein, und hier gab ein Wort das andere, so daß sie darin übereinkamen, die Sache sollte vergessen sein, wenn der Beleidiger 20 aus dem ff auf den Unennbaren mit einem Haselstock erhielt. Der Beleidiger legte sich auf die Bank, und ein früherer, kräftiger Dragoner applizierte die Strafe. Er niuß sie fest aufgetragen haven; oenn schon nach dem 5. Hiev war der Beleidigte so gerührt, daß er sich allweg zufrieden gab. Es hätte nicht viel gefehlt, so wäre er seinem Gegner mit thränenden Augen um den Hals gefallen. So etwas kommt nicht alle Tage vor.

Köln, 4. April. Nach dem Zurücktreten des Wassers wurden auf der überschwemmt gewesenen Wiese unterhalb der Stadt die gräßlich verstümmelten Körperteile der Leiche eines etwa zwölfjährigen Knaben gefunden. Einige Klei­dungsstücke lagen in der Nähe. Der Kopf der Leiche fehlt. Die Staatsanwaltschaft leitete sofort die Untersuchung ein.

Dem Fürsten Bismarck sind auch aus dem Vatikan mehrere Glückwunschdepeschen am 1. April zu­gegangen. So gratulierte z. B. der Kardinal Galimberti dem Fürsten und erinnerte ihn an die Tage gemeinsamer Arbeit und Zusammenseins. Fürst Bismarck depeschierte so­fort seinen herzlichsten Dank für die Glückwünsche.

Der wegen Diebstahls und Einbruchs in Hamburg zu 5 Jahren Zuchthaus verurteilte Strafgefangene Pa lme wurde bei einem Fluchtversuche von einem Soldaten erschossen.

Berlin, 6. April. Nach den bis jetzt getroffenen Be­stimmungen werden bei der Eröffnung des Nordostseekanals von Schiffen der deutschen Reichsmarine den Kanal passieren: Die Kais. Jacht Hohenzollern, S. M. Schiff Kaiseradler und S. M. Panzerschiff Wörth. Die zur Kanaleröffnung geladenen fürstlichen Gäste werden auf dem Schnelldampfer des Norddeutschen LloydKaiser Wilhelm II." untergebracht werden, welcher zu diesem Zwecke vom Norddeutschen Lloyd in Bremen zur Verfügung gestellt ist. Schnelldampfer Kaiser Wilhelm II." ist in der Linie GenuaGibraltar New-Iork beschäftigt. Der Norddeutsche Lloyd in Bremen hat bekanntlich zum Zwecke der Ausdehnung des Verkehrs mit Brasilien 4 neue Dampfer in Bau gegeben, welche der Zwischendecks- und Frachtbeförderung dienen sollen. Die betreffenden Schiffe nehmen keine Kajütpassagiere, so daß das ganze Promenadedeck den Zwischendeckpassagieren zur Verfügung bleibt. Die Schiffe werden mit den neuesten Einrichtungen für Tropenreisen versehen. Der erste dieser Dampfer lief am 23. März von der Werft des Vulkan vom Stapel und erhielt den NamenCrefeld." Dampfer Crefeld" wird seine erste Reise von Bremen nach Brasi­lien am 11. Mai antreten.

Der Rohrorter Taucher, welcher mehrere Tage an der Explosionsstelle bei Keeken eingehende Nachforschungen nach nicht explodierten Dynamitkisten betrieb, hat seine Arbeiten eingestellt, nachdem er nirgends unexplodiertes Dynamit gesunden hat. Der Oberpräsident der Rhein­provinz hat letzt nachdem auch die technische Untersuchung des Dynamits dessen tadellose Beschaffenheit ergeben hat, dessen Entfernung und Umladung genehmigt. Die Gerüchte über noch für die Gegend bestehende Gefahren sind daher glücklicher Weise ohne Begründung.

Ein neues Heilmittel. Dem Wiener Arzte Dr. A Marmore! soll es gelungen sein, den Erreger septischer' Krankheiten, den Streptococcus pyogenes, zu züchten und das Gegengift herzustellen. Die Heilversuche begannen zunächst beim Rotlauf, welcher die reinste Streptococcen- Krankheit ist. Dr. Marmore! berichtet, daß von 46 schwer am Rotlauf Erkrankten mit Ausnahme einer 76jährigen Frau, die einer hinzugetretenen Lungenentzündung erlag. Alle geheilt worden seien, so daß das Anti-Streptococcie als absolut gegen Rotlauf wirkend angesehen wurden müsse. Ganz besonders falle ins Gewicht, daß bei der Behandlung mit dem neuen Heilmittel die Folgekrankheit des Rotlaufs, wie Bildung von Eiweiß oder von Abscessen, sich nicht ein­stellen, er habe sogar beobachtet, daß Eiweiß, wenn es vor der Behandlung bestand, verschwand. Aus den bisherigen Heilerfolgen müsse er den Schluß ziehen, daß das Heilmittel den Streptococcus absolut tüte, folglich auch andere Krank­heiten heile, die durch denselben Bazillus erzeugt werden.

Ein afrikanischer Nabob. Vor einigen Tagen sah Paris denBergwerkskönig" Barnato. Leuten, die sich nicht mit den Ereignissen in Südafrika beschäftigen, sagt dieser Name nichts; aber dafür ist er nicht nur am Kap populär, sondern auch in London, denn Barnato ist eine Macht, die auf dem Markte für Grubenprodukte schön Wetter und Regen macht. Vor 20 Jahren besaß Barnato nicht mehr als 30 Mark und befand sich als Clown mit zwei gelehrten" Eseln in einem die ganze Welt durchwandernden Zirkus; heute soll er über 600 Mill. besitzen. Im Jahre 1875 kam der Zirkus von England nach der Minenstadt Kimberley in Südafrika, wo er jedoch so schlechte Geschäfte machte, daß er sich auflöste. Der Direktor und die Direk­torin suchten mit der Kasse das Weite und ließen ihr Per­sonal, unter welchem sich auch der Clown Barnato mit j feinen gebildeten Eseln befand, im größten Elende zurück. Der traurige Hanswurst setzte sich nun abwechselnd bald auf den einen, bald auf den andern Esel und durchstreifte die Umgebung von Kimberley. Bei seinem zweiten Spa­zierritte fand er auf einem brachliegenden Felde einen glänzenden Stein; er nahm ihn auf, zeigte ihn einem sach­verständigen Bergmanne und siehe da! der Stein war ein Diamant. Barnato umarmte vor Freude seine beiden Esel, die sich trotz ihrer Weisheit den Vorgang nicht erklären konnten; dannvergesellschaftete" er sich mit dem Sachverständigen und verkaufte seinen Stein für 40000 Darauf kaufte er das Feld, auf welchem er den Fund ge­macht hatte. Anfangs nahm er jedoch nur wenige Steine auf, um nicht die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Nach und nach kaufte er noch andere Felder hinzu und eines Morgens erwachte er als Millionär. Diese Uebergangsperiode dauerte 3 Jahre. Später überließ Bar­nato die Ausbeutung seines Besitzes einer Aktiengesellschaft, deren Direktoren er selbst, Sir Cecil Rhodes und noch ein dritter Herr sind. Jeder der Herren bezieht ein Jahresge­halt von 500000 Als die ersten Goldminen bei Johan­nesburg entdeckt wurden, wiederholte Barnato den Streich, der chm bei Kimberley so gut gelungen war: er kaufte Felder auf, so viel er nur finden konnte, gründete Gesell­schaften, führte die Aktien in London ein und wurde Gru­be n k ö n i g. Heute besitzt der früh. Zirkusclown, wie gesagt, ein fabelhaftes Vermögen, das mit jeder Stunde wächst. Was der Millionär mit den beiden klugen Eseln gemacht hat, weiß man nicht.

Brüssel, 10. April. Dec König begnadigte die zum Tod verurteilte Giftmischerin Joniaux zu lebensläng­lichem Zuchthaus.

Silma, 8. April. Die Tschitratexpedition überschritt unter dem Feuer des Feindes den Swatfluß. Die benga­lischen Lanzenreiter griffen den Feind an und töteten ihm 100 Mann. Das schottische Regiment nahm Thannas, ein Fort llmra Khaus, ein. Der Verlust der Engländer ist sehr gering.

Zwischen Mascagni und Leoncavallo ist, wie aus Mailand gemeldet wird, eine grimme Fehde ausgebrochen. Die Mailänder Zeitung brachte dieser Tage eine Zusam­menstellung angeblicherPlagiate," die Mascagni an den Werken anderer Komponisten begangen haben sollte. Die darin angeführten Notenbeispiele waren keineswegs beweis­kräftig. Jetzt stellt es sich heraus, daß jene Zusammenstel­lung aus der Feder Leoncavollos stammte. Mascagni hat den Angriff sehr humoristisch beantwortet. Er verspricht eine kleine Taschenausgabe jener wenigen Stellen aus Leon- cavallos Werken, die keine Anlehnungen resp. keine Pla­giate sind.

Konstantionopel, 7. April. Am Mittwoch abend, nach der Ankunft des Kuriers aus Europa, schleppten fünf geheime Polizeiagenten den französsischen und den deutschen Briefträger gewaltsam auf das Zollamt. Sie entrissen dem deutschen Briefträger zwei und dem französsischen einen Geld- bries unter dem Vorwände der Kontrebande. Die Gesandten haben energisch reklamiert.

Handel L Verkehr.

Stuttgart, 8. April. (Mehlbörse.) Suppengries r. ^ bis ^ Mehl Nr. 0: 26.- bis ^ 27.-,

dto. Nr. 1: ^ 24. bis ^ 25.. dto. Nr. 2: ^ 22.50 bisL 23.-, dto. Nr. 3: ^ 20.- bis Fzi 20.50, dto. Nr. 4: ^ 17. bis ^ 17.60. Kleie mit Sack ^ 5.50 pro 100 Kgl., je nach Qualität.

Stuttgart, 8.April. (Landesproduktenbörse.) Wir notieren per 100 Klg.: Weizen, La Plata ^ 15.2515.50, rumän. 15.7516, Azima 15.2515.60, Theodosia 16,, russ. 15.40, Eupatoria16., Gyrka 15.50, Kernen, Oberl. Ia. 16.70, Dinkel 10., Gerste, Tauber 16.40, ungarische 18.74, Haber, Alb la. 13.25, Land 11.40, Mais, 13.25.

Hiezu das Unterhaltungsblatt Nr. 15 u. eine Beilage.

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung (Emil Zaiser) Nagold.