sie weniger unter den Schwankungen zu leiden hätten, als durch die Schwankungen ihrer Staatsbahn-Einnahmen. Bon der Frankenstein'schen Clausel bleibe, wenn dieses besetz angenommen werde mehr oder weniger nichts übrig. Auch dürften neue indirekte Steuern die Folge sein. Schatz- iekr, Graf Posadowsky tritt den Ausführungen der Abgg. Bebel und Richter entgegen. Nach einer kurzen Debatte geht die Vorlage an die Tabaksteuer-Kommission über. Die Wahlen der Abgg. r>. Gustedt-Lablacken, v. Elm, Lüders, Hilgendorff, Werner und Frank werden für ungültig, das Mandat des Abg. König für ungültig erklärt. Nächste Sitzung morgen 1 Uhr.

Deutscher Reichstag. (47. Sitzung.) Die Anträge Auer und Colbus btr. Aufhebung des Diktaturparagraphen in Elsaß-Lothringen wurden, nachdem Abg. Preis (Elf.) sich dafür ausgesprochen, angenommen. Fortsetzung der Beratung des Antrages Hitze und Gen. betr. die gewerbl. Verhältnisse der Arbeiterinnen rc. Molkenbuhr (Soz.) polemisiert gegen Schall und erklärt, sittenverderbend wirke nur die Niedrigkeit der Löhne und die zu lange Arbeitszeit. Tie Hausarbeiten müßten auch unter das Ärbeiterschutz- gesetz gestellt werden. Barth (fr. Ver.) erkennt das Be­dürfnis einer Regulierung der Arbeitszeit an, will jedoch die Arbeiter nicht geschädigt wissen. Hüpeden (konserv.) erklärt, mit seinen Freunden für den Antrag stimmen zu wollen. Schall (kons.) verwahrt sich gegen die ihm von Molkenbuhr vorgeworfene Vertretung der kapitalistischen Sache. Redner hält die hohen Löhne nicht immer für gut und würde lieber sehen, daß die jungen Mädchen anstatt in die Fabriken auf das Land gingen. Von einem Nor­malarbeitstag wolle er nichts wissen. Möller (nat.-lib.) führt aus, was der Antrag wolle, gehöre in die bestehende arbeitsstatistische Kommission. Molkenbuhr äußert sich nochmals in einer kurzen Entgegnung auf die Schulischen Auslassungen. Nach einem Schlußwort Hitze wird der Antrag angenommen. Antrag Hammerstein und Gen. auf Vorlegung eines Gesetzentwurfes betr. das Verbot der Ein­wanderung nicht reichsangehöriger Juden und Antrag Lie­bermann v. Sonnenberg betr. die Einwanderung auslän­discher Juden. Jakobskötter (kons.) schildert die illoyale Konkurrenz der Juden, kommt auf den Konkursschwindel zu sprechen und ersucht um Annahme des konservativen Antrages. Bindewald (Ant.) befürwortet nach längeren Ausführungen gegen die Juden, in welchen er ihnen Mäd­chen- und Ordensschacher nachsagt, den antisemitischen An­trag. (Wegen einer Aeußerung gegen die Sozialdemokraten ivurde der Abgeordnete zur Ordnung gerufen. Vogtherr (Soz.) hält die Vorwürfe der Vorredner für unbegründet und warnt die Konservativen den Weg der Antisemiten zu verreten. Nach Andeutungen derKreuzztg." nimmt der Redner an, daß man mit diesem Antrag auch die Polen lreffen wolle. Sachße (konf.) führt unter großer Heiterkeit des Hauses aus, was der Antisemitismus in Sachsen Gutes geschaffen habe. Paasche (natl.) erklärt, der größte Teil seiner Freunde stimme, wie gegen jedes Ausnahmegesetz, gegen diese Vorlage. Nach einer persönlichen Bemerkung des Abg. Zimmermann (Ant.) vertagt sich das Haus auf morgen 1 Uhr. Marineetat.

Die Steuerkommission des Reichstages wird in dieser Session wahrlich noch genug zu thun bekommen. Die Tabaksteuervorlage hat sie bereits sicher, das Finanzreformgesetz ist gefolgt, der Ent­wurf eines neuenBranntweinsteuergesetzesistim Reichs­tage eingegangen und wird der Kommission ebenfalls überwiesen, den Rest bildet dann die Abänderung des Zuckersteuergesetzes. Die letzten beiden Gesetze gehen freilich mehr daraus aus, das Interesse der betreffenden beiden Industrien wahrzunehmen. In der Tabaksteuersache wird wohl eine Erhöhung der Zoll? beschlossen werden. Ob mehr herauskommt, tft sehr zweifelhaft.

Zur Eröffnung des Nordostseekanals. Auf die an auswärtige Mächte ergangene Einladung zur Eröffnungsfeier des Nordostseekanals haben diese Mächte bereits zugesagt. Auch Frankreich wird sich durch einen Admiral vertreten lassen, unter dessen Kommando zwei Kriegsmächten neuester Konstruktion stehen werden. Ebenso wird ein russischer Admiral mir zwei Kriegsschiffen kommen.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 26. Febr. Das Leichenbegängnis des Erzherzogs Albrecht fand bei günstigem Wetter statt. Es war so imposant, wie Wien seit dem Tode des Erzherzogs Karl es nicht gesehen hat. Der Lei- chenzug, welcher sich von der Hofburgkapelle über die Ringstraße zu den Kapuzinern bewegte, hatte einen rein militärischen Charakter. Hinter dem von sechs Schimmeln gezogenen vergoldeten Leichenwagen schritt Kaiser Wilhelm, welcher die Uniform seines öster­reichischen Husarenregiments mit dem Attila trug, mben Kaiser Franz Josef zu dessen Rechten; dann! folgten die fremden Fürstlichkeiten, die Erzherzoge, die fremdländischen Osftziersdeputationen, die Gene­ralität und das dienstfreie Offizierskorps. In den Straßen war die gesamte Wiener Garnison ausge­stellt. Das Menschengedränge war beängstigend. Die Minister, die Hofwürdenträger und die Erz­herzoginnen waren in der Kapuzinerkirche versammelt.

Wien, 26. Febr. Die Blätter begrüßen in warmen Worten das Eintreffen des deutschen Kaisers zum Leichenbegängnis des Erzherzogs Albrecht. Die

N. Fr. Presse" sieht darin eine überraschende Aus­nahme von der Regel, wonach die Herrscher bei Begräbnissen von Prinzen nur Vertreter entsenden.

Wien, 28. Febr. Der deutsche Kaiser ernannte den Kaiser Franz Josef zum Generalfeldmarschall. Die Insig­nien, bestehend aus 2 goldgestickten Miniaturmarschallstäben als Epauletenschmuck, hat Kaiser Wilhelm gestern dem Kaiser von Oesterreich überreicht.

P e st, 27. Febr. Anfangs September finden die Ma­növer bei Fünfkirchen statt, bei denen Kaiser Franz Josef, Kaiser Wilhelm und der König von Sachsen anwesend sein werden. Ein Brückenschlag über die Donau ist vorgesehen. Nach dem Manöver ist Hirschjagd in Belye, das Erzherzog Friedrich jetzt von Erzherzog Albrecht geerbt hat.

Frankreich.

Paris, 26. Febr. Der Expräsident Casimier Perier ist hieher zurückgekehrt und hat seine beabsichtigte Reise ins Ausland aufgegeben.

Paris, 26. Febr. Wie die offiziöse Presse mitteilt, wird die französische Regierung in den nächsten Tagen die Einladungen an die verschiedenen Mächte zur Weltaus­stellung von 1900 ergehen lassen.

Paris, 27. Febr. Eine von über 1500 ital. Arbeitern Unterzeichnete Adresse ist gestern an den König Humbert abgegangen. In derselben wird ge­beten, gelegentlich der Geburtstagsfeier der Königin den sranz. Hauptmann Romani zu begnadigen, um so die Beziehungen zwischen Frankreich nnd Italien, besonders in Paris, besser zu gestalten.

Paris, 27. Febr. Der nach den Salutinseln verbannte Exkapitän Dreyfus hat dem Minister eine Bittschrift überreichen lassen, in welcher Dreyfus ver- verlangt, nach einer Insel verbracht zu werden, auf welcher sich noch kein Gefangener befindet. Frau Dreyfus hat von der Regierung die Erlaubnis er­beten, ihrem Manne bald Nachfolgen zu dürfen.

Paris, 28. Febr. Von derLibre Parole" wird mitgeteilt, daß dem Gouverneur von Guyana die strengste Weise zugegangen ist, alle Maßregeln zu treffen, um Dreyfus jede Möglichkeit zur Flucht zu nehmen. Die ganze Küste wird Tag und Nacht vollständig bewacht, da man glaubt, die Familie Dreyfus könne den Besitzer einer der zahlreichen Barken bestechen, um Dreyfus zur Flucht zu ver­helfen. Kein Schiff darf ohne vorherige genaue Untersuchung durch die Wache den Hafen verlassen.

England.

London, 27. Febr. Die Influenza Roseberrys hat sich verschlimmert. Infolge andauernder Schlaflosigkeit trat eine große Schwäche ein.

Lewestoft, 27. Februar. Der Kapitän des DampfersCrathie" sagte vor dem Leichenschaugericht aus, dieCrathie" sei durch den Zusammenstoß mit derElbe" so schwer beschädigt worden, daß er Notsignale gegeben habe. Kurz nach dem Zusammen­stoß habe er die Umrisse eines großen davonfahrenden Schiffes gesehen, und infolgedessen gedacht, das Schiff fahre weiter, nachdem es Hilfe für seinen eigenen Schaden geschaffen. Er sei entrüstet gewesen, daß das Schiff der Crathie keinen Beistand angeboten habe. Die weitere Verhandlung wurde um einen Monat vertagt.

Rußland.

DieN. Fr. Pr." teilt den Wortlaut desof­fenen Briefs" mit, welchen Graf Leo Tolstoi an den jungen Zaren gerichtet haben soll. Derselbe ist von einer Offenheit, welche die Aeußerungen des Marquis Posa gegenüber Philipp II. weit hinter sich läßt. Man ist versucht, vorerst diesen Brief umsomehr für apokryph zu halten, als einige Ver­stöße gegen die gebräuchlichste Höflichkeit darin Vor­kommen, die einem Schriftsteller wie Tolstoi kaum zuzutrauen sind und von denen er sich gewiß selbst gesagt hätte, daß sie der Sache nur schaden.

Griechenland.

Athen, 26. Febr. Der deutsche Architekt Pro­fessor Durm, welcher zur Prüfung des Zustandes des Parthenon hier eingetroffen ist, erklärte, die alten Denkmäler von Athen, namentlich das Parthenon und der Theseustempel seien in Gefahr. Es würde eine Million Drachmen notwendig sein für die Ar­beiten zur Erhaltung der Denkmäler. Die archäo­logische Gesellschaft' beabsichtigt, einen Teil des Ka­pitals durch einen internationalen Aufruf zu beschaffen. Türkei.

Konstantinopel, 26. Febr. Der Exkhedive Jsmael Pascha liegt im Sterben. Ueber den Wunsch, daß die Leiche einbalsamiert nach Kairo übergeführt werde, ist noch keine Entscheidung erfolgt.

! Bulgarien.

! Sofia, 28. Febr. Bei dem gestriger! Gratu­lationsempfange hielt Fürst Ferdinand eine längere Ansprache, in welcher er namentlich die im Auslande sich bemerkbar machende Tendenz erwähnte, das An­

sehen Bulgariens durch Angriffe auf den Fürsten zu untergraben.

Kleinere Mitteilirrrgerr.

In Gültstein, OA. Herrenberg, hat ein Einwohner seine Ehefrau seit Ende Dezember v. I. verschiedene Wochen lang in einem leeren Stall eingesperrt gehalten. Er behauptet sie sei geisteskrank und benehme sich am ruhigsten, wenn sie nicht durch den Anblick von Menschen gestört werde. Anzeige ist erstattet

Schmieh-Teinach, 26. Febr. Seit einigen Tagen wird unsere Jugend von schlimmen Gästen, Halsweh, Husten rc. heimgesucht. Auch die heimtückische Diphtheritis hat sich eingeschlichen und hat in kurzer Zeit schon ihre Opfer gefordert. So starben nach nur sechstägiger Krankheit dem Oekonomen W. Rentschler innerhalb 12 Stund. 2 blühende, hoffnungsvolle Kinder, eine 9jährige Tochter und ein 4jLH- riges Söhnchen. Groß ist die Teilnahme mit der schwer- betroffenen Familie, und es ist nur zu wünschen, daß die gefährliche Krankheit bald aus unserem Orte weichen möge!

Feuerbach, 28. Febr. Bon einem kontrolierenden Tunnslwärter wurde gestern Abend der im Feuerbacher Tunnel beschäftigte Arbeiter Chr. Kübler aus Zuffenhausen mit abgefahrenem Fuß ausgefunden. Derselbe wurve mittelst Rollwagen herausgesahren und in das Katharinenhospital nach Stuttgart verbracht, wo er seiner Verletzung noch gestern Nacht erlegen ist.

Stuttgart, 27. Febr. Heute Abend 5 Uhr brach im Gebäude des Generalkommandos in der Kriegsbergstraße Feuer aus. Der Brand entstand dadurch, daß durch einen Windzug die Flamme aus einem Ofen, der zum Kochen von Bodenwichse im Speisesaal stand, herausgeschlagen wurde und einen Vorhang ergriff. Der Schaden beträgt 3000 Mark.

Ludwigs bürg, 27. Febr. Wie man hört, sind in letzter Zeit umfassende Verhandlungen gepflogen worden wegen Erwerbung des K. Seeguts Monrepos zu einem großen Exerzierplatz für das XIII. württ. Armeecorps. Die Verhandlungen haben jedoch lautN. Tgbl." zu einem negativen Resultat geführt.

Gmünd, 26. Febr. Der Briesunterschlagung hat sich auf dem hiesigen Postamt ein Briefeinwurfbehälter schuldig gemacht. Derselbe bekam infolge von Witterungseinflüffen eine nicht beachtete Spalte. Zufällig aufmerksam gemacht, ließ der Vorstand den Behälter entfernen, worauf man zwischen der Wand 55 Briefe und über 5 ^ bares Geld, lauter Zehnpfennigstücke, vorfand, welche alle durch diese Spalte gefallen waren. Der älteste Brief datiert vom Jahre 1889.

Essen a. d. R., 28. Febr. In der vorigen Nacht hat sich die Frau des soz. Agitators Gappert in Braubauer- schast mit ihren 3 Kindern, 2 6- und einem 10jährigen, mit Stricken gebunden in die Emscher gestürzt. Das älteste Kind, ein Knabe, machte sich frei und wurde gerettet. Er erzählte von der Not der Familie und den Mißhandlungen seitens des Vaters. Gappert wurde verhaftet. Die Leichen sind bereits gefunden.

Bonn, 28. Febr. Ein Student hat heute mittag in einem hies. Hotel Selbstmord durch Gift verübt. Der Grund ist ein amerikanisches Duell.

Catanzaro, 28. Febr. Ein junger Priester feuerte einen Revolverschuß auf den hies. Bischof ab, und verletzte ihn schwer.

In derWhitood-Haighmood-Grube" bei Normanton in Aorkshire sind 500 Bergleute infolge einer durch Collision der Fahrstühle hervorgerufenen Ver­sperrung des Schachzuges eingeschlossen.

New-Jork, 28. Febr. Das Rathaus in Brooklyn ist teilweise niedergebrannt. Die Kuppel mit der mehrere Tonnen schweren Glocke stürzte ein und zertrümmerte die 25 Fuß hohe Statue der Gerechtigkeit. Das ganze Gebäude ist durch den Einsturz der Kuppel mit der Glocke stark beschädigt.

Chicago, 23. Febr. Ein großes Feuer brach rm Fabrikviertel aus, wobei eine Panik unter 225 in einer Karamelsabrik beschäftigten Kindern ausbrach; 3 Kinder wurden totgetreten, viele schwer verwundet.

Eine Zwergin. Wie dieNat.-Ztg." aus Amerika erfährt, ist in Newyork im Anfang d. Mts. die Prinzessin Pauline gestorben, jenes kleinste Geschöpf unter den Zwergen. In Berlin ist sie durch mehrfache Ausstellungen in Castans Panoptikum bekannt geworden. Die Kleine stammte aus Belgien, wurde 18 Jahre alt und konnte bequem auf der flachen Hand eines Mannes stehen. Sie hatte einige Lieder und Tänze einstudiert, war stets in liebenswürdiger Laune und nicht wenig stolz auf die Beachtung, die ihr überall, besonders von den Damen, deren Liebling sie war, geschenkt wurde. Ihre gesamte Familie wird von dem Verlust stark betroffen; sie war die Ernährerin derselben. In Newyork erhielt sie für 6 Monate 20000 ^

Buenos Ayres, 28. Febr. In Rosarra herrscht dre Cholera. Man zählt bisher 17 Erkrankte und 9 Tote, in Santafe 9 Erkrankte und 5 Tote.

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