in die württembergische Kammer gewählt werde, damit man dort seine Ansicht kennen zu lernen in der Lage sei. Die, die so sprechen, wissen nicht, was sie thun. Als ob die Sozialdemokratie nicht seit Jahr und Tag an allen Orten ihre Anschauungen zur Genüge verbreitet hätte: in ihren Zeitungen, in ihren zahl­losen großen und kleinen Versammlungen, aus den Wahlreisen, vor allem im deutschen Reichstag, wo sie jetzt gegen 50 Mann stark sich angesammelt har, wo jedermann sich überzeugen kann, was für einen Unsegen sie über unser deutsches Vaterland schon gebracht hat und noch bringen will. Daß die Sozialdemokratie ihre Ansichten nicht genügend aus­sprechen könne, läßt sich wahrlich nicht behaupten. Was die Sozialdemokratie von ihren Zukunftsplanen hat sagen wollen, hat sie ohne Scheu der Welt be­kannt zu geben schon lange alle Gelegenheit gehabt und ergriffen. Wer jetzt bei den Stichwahlen sich sagte:Einmal ist keinmal", der handelte über die Maßen unklug! (Albbote.)

Dresden, 14. Febr. Die gestern hier ver­sammelten Vertreter der sächsischen Städte mit re­vidierter Stadtverordnung beschlossen, dem Fürsten Bismarck das Ehrenbürgerrecht dieser 65 Städte anzutragen.

Düren, 15. Febr. Die Witwe des auf der Elbe" verunglückten Fabrikanten Schüll bestimmte die fällige Versicherungssumme von 100,000 zu Wohlthätigkeitsstistungen. Ein Teil wird den Hin­terbliebenen der auf derElbe" Verunglückten über­wiesen, im übrigen ist noch unbestimmt, welchen Wohlfahrtseinrichtungen die Gelder zuzuwenden find. (Die Nachricht scheint sich also doch zu bewähren. Die Red.)

Hamburg, 14. Febr. DieHamb. Börsen­halle bestätigt die Meldung französischer Blätter, daß die Hamburg-Amerikanische Linie ihren Schnell- dampserdienst auf Frankreich ausdehnt. Als An- legehafen sei Cherbourg bestimmt. Die Reisedauer von Cherbourg nach New-Aork betrage 6'/- Tage. Die französische Westbahn richtet laut Uebereinkunft mit der Hamburg-Amerikanischen Linie Extrazüge mit eleganten Salonwagen mit Anschluß an die Schnelldampfer ein. Die Dauer der Reise von Cher­bourg nach Paris ist auf 6 Stunden festgefetzt.

Hamburg, 15. Febr. Der DampferElse Marie," von hier nach Baltimore unterwegs, ist an der Küste von Virginia gestrandet; ebenso der DampferAlbingia," der an der chinesischen Küste strandete.

Berlin, 12. Febr. Im Reichstag zirkulierte heute das Gerücht, Abg. Liebermann v. Sonnenberg habe den Abg. Dr. Böckel zum Duell gefordert, und zwar wegen beleidigender Aeußerungen, welche Böckel in einer Volksversammlung über Liebermanns Vor­leben gethan. Heute soll ein Ehrenrat darüber ent­scheiden ob die Forderung berechtigt ist.

Berlin, 13. Febr. Der Magistrat in Rends­burg benachrichtigt, daß der Kaiser zur Eröffnung des Nordostseekanals daselbst Ende Juni eintreffen werde. Zur Abhaltung einer größeren Parade würde die Rendsburger 35. Infanterie-Brigade zusammen­gezogen werden.

Berlin, 14. Febr. Das Befinden des Geheimrats Curtius ist heute schlechter als gestern. Der Patient hatte eine schlaflose Nacht.

Berlin, 14. Febr. DasBerl. Tagbl." meldet aus Rom: Gestern erging an den ehemaligen Ministerpräsiden­ten Giolitti der Vorladungsbesehl des römischen Unter­suchungsrichters.

Berlin, 14. Febr. Zur zweiten Beratung des Etats des Reichsamts des Innern beantragten die Abg. Kruse u. Gen. (natl.), die verbündeten Regie­rungen zu ersuchen, baldigst einen Gesetzentwurf vor­zulegen, wonach die in der Seefischerei beschäftigten Personen in die Unfallversicherung ausgenommen werden sollen. Ferner haben die Sozialdemokraten einen Autrag zur Alters- und Jnvaliditätsversicherung eingebracht.

Berlin, 14. Febr. In Hofkreisen zirkuliert das Gerücht,derKaiser begebe sichEnde März nach Friedrichs­ruh, um dem Fürsten Bismarck persönlich seine Glückwünsche auszusprechen.

Berlin, 15. Febr. Frankreich, Holland, Deutsch­land, Portugal, Spanien, Schweden, Rußland sind übereingekominen, ein internationales Reglement zur Verhütung von Zusammenstößen auf der See auf­zustellen. Oesterreich, Italien und England haben ihre Zustimmung bis jetzt noch nicht gegeben, doch steht dieselbe gleichfalls zu erwarten.

Berlin. 16. Febr. Wie derLoka, U iz." vernimmt, ist der Zar N i k o l a u s über das Ho y ei ^eschenk Kaiser Wilhelms sehr erfreut gemese.., . rlautet.

hat der Zar beschlossen, dem Kaiser als Gegengabe zwei herrliche südrussische Hengste überbringen zu lassen.

Deutscher Reichstag. (37. Sitzung.) Der Reichstag setzte heute die Beratung des Etats des Reichsamts des Innern bei KapitelSeeunfälle" fort. Frese (freist Ver.) dankt dem Reichskanzler wegen seiner für die Haltung der Mannschaft derElbe" ausgesprochenen Anerkennung und verteidigt denNorddeutschen Lloyd" gegen die von ver­schiedenen Seiten erhobenen Borwürfe. Weder Schotten noch Doppelböden helfen bei ernsten Schiffsverletzungen. Bebel (Soz.) betont, es sei ihm mitgeteilt, daß die Leute derElbe" nicht in Lootsübungen einexerziert gewesen wären. Dieser Mangel an Hebung habe vielleicht das Flottmachen verhindert. Die Scheidewände zwischen den Schotten könnten auch vielleicht vom Rost zerfressen gewe­sen sein. Redner hält aus diese» und anderen Gründen die Einführung einer Reichskontrolle für den Schiffsbau für unabweisbar und ersucht dann noch um besondere Be­rücksichtigung der Schiffe, welche nur mit Mannschaften besetzt seien, sowie Beachtung der Stärke des Mannschaft­standes. Staatssek. v. Böttcher erwidert, die Reichsregie­rung widme diesen beiden letzteren Punkten schon ihre Aufmerksamkeit. Von einer Reichskontrolle wird deshalb abgesehen, weil man in Verbindung mit dem germanischen Lloyd schneller zum Ziel zu kommen hoffe. Auf derElbe" sei nichts versäumt, wie die vor der Abfahrt von Bremen stattgehabte Untersuchung ergeben. Lootsübungen hätten nach einem früheren Bericht stattgefunden. Es liege kein Grund vor, an der Ehrenhaftigkeit und am Pflichtbewußt­sein der deutschen Rhederei zu zweifeln. Jebsen (natlib.) Lieber (Centr.) Götz (freist) äußern sich ebenso. Nach mehreren persönlichen Bemerkungen wird das Kapitel ge­nehmigt, ebenso das KapitelStatistisches-Amt."

Deutscher Reichstag. (38. Sitzung.) Auf der T.-O. steht die Interpellation der Abgg. Friedberg, von Kardorff, Lieber, Graf Mirbach u. Gen., die verbündeten Regierungen zu ersuchen, behufs internationaler Regelung der Währungsfrage eine internationale Münz-Konferenz einzuberufen. Graf Mirbach (kons.): Eine internationale Einigung kann nur geschehen aus internationaler Festlegung der Relationen zwischen Silber und Gold. Es ist eine wirtschaftliche Frage allerersten Ranges. Wir stehen damit auf dem Boden der Erklärungen der Reichsregierung auf der Pariser Münzkonserenz von 1883. Für die Landwirt­schaft ist diese Frage von großer Bedeutung bezüglich der Valuta-Differenzen, welche dort auf die Preise bestimmend einwirken, ebenso aber auch auf die der Industrie. Abg. Barth (sreist) führt aus, die deutsche Goldwährung werde durch diesen Antrag nicht über den Haufen geworfen werden. Der Antrag bezwecke lediglich eine Befruchtung bimetal- listischer Agitation und eine Diskreditierung unserer Wäh­rungsverhältnisse. Er bringe die Regierung in eine mißliche Lage. Was, so fragt Redner, erreichte denn die Brüsseler Münzkonferenz? Keines der Mitglieder derselben hat eine Idee. Die Konferenz war eine große Blamage. Unsere vorjährige Silberkonferenz verlies ebenso erfolglos. Es ist unverständlich, wie Deutschland mit seinem ausgezeichneten Währungssystem zur Initiative zu einer solchen Konferenz kommen sollte. Zwischen den niedrigen Getreidepreisen u. der Goldwährung besteht kein oder nur ein belangloser Eou- salzusammenhang. Durch eine künstliche Steigerung des Silberpreises würde infolge der Geldentwertung eine Stei­gerung der Warenpreise eintreten. Einen Vorteil hätten nur diejenigen, welche verschuldet sind. Graf Bismarck unterstützt den Antrag. Solchen Konferenzen müßten Ver­einbarungen der Regierungen vorausgehen. Auch in Eng­land sei man überzeugt, daß internationale Vereinbarungen kommen werden. Oesterreich-Ungarn.

Wien, 15. Febr. Einem Privattelegramm ans Arco zufolge ist Erzherzog Albrecht von Oesterreich heute früh 11 Uhr gestorben.

Pest. Bei der Verhaftung der Kaffeneinbrecherbande Ristitsch, der sog.Schränker," hat man auch die geheim­nisvollen Diebswerkzeuge entdeckt, von denen die Polizei überhaupt erst seit dem Jahre 1887 Kenntnis hat. Das N. P. Journ." berichtet darüber: Die Werkzeuge stammen zum größten Teile aus England. Die wichtigste Stelle unter denselben nimmt der Henkelbohrer ein. der in einen feinen ökantigen Bohrer endet. Mit diesem wird die Kasse angebohrt, indem der Holzknauf an die Brust gesetzt und so der Bohrer gestemmt wird. Es muß fleißig geölt werden weshalb die Schränker bei der Arbeit auch Leinenkittel tragen, um einerseits ihre Kleider zu schützen und anderseits keine Spur" zu hinterlassen. Es wird so lange gebohrt, bis der Bohrer in die zwischen den beiden Eisenwänden befindliche Sandschichte eingedrungen ist. Das so gewonnene Loch wird sodann erweitert und zwar mit eigentümlich geformten Zangen, die eine gerippte, sägeartige Stahleinlage besitzen. Das Eisen wird auch ein wenig erhitzt und gebogen. Als Hilfe werden auch kleine Drahtsägen benützt. Wenn die äußere Kaffenwand so geöffnet ist, wird der Sand entfernt und an das Oeffnen der 2 . uw and geschritten. Ein

langes Eisen mit gebogener., möe oder Stahlschlinge dient dazu, ev. Riegel zu heben. Zur Beleuchtung dienen kleine englische Diebslaternen, die innen mit Weißblech beschlagen sind und nur ein kleines Lichtloch Hab n, so daß das Strah­lenbündel nur auf eine kleine Flä- fällt und der Licht­schein nicht weit dringt. Dieselben Werkzeuge wurden auch bei Papacosta und seinen Genossen vorgefunden, nur weisen die Henkelbohrer und die Zangen eine Verbesserung nach der Richtung auf, daß sie nicht gegossen, sondern geschmie­det sind. Es wurde wohl auch ein Hammer vorgefunden, jedoch arbeiten die Schränker mit einem solchen nur im äußersten Notfälle und wenn es sich um das Abschlagen von Schlössern handelt und da nur, indem sie denselben mit Tuch umwickeln, um das Geräusch zu mildern. Italien.

Rom, 13. Febr. DasMilitair-Bl." teilt mit, der deutsche Kaiser habe nach vorheriger Rücksprache mit König Humbert dem General Baratieri den

Roten Adlerorten mit Schwertern verliehen wegen seines in Afrika geführten Feldzuges.

Rom, 15. Febr. Infolge heftiger Zwischenfälle nach der Beerdigung des früheren Königs Franz von Neapel zwischen mehreren fürstlichen Familien, hat Graf Bari dem Herzog Parma seine Zeugen geschickt. Trotzdem Parma­sich entschuldigte, besteht Bari auf der Forderung.

Belgien-Holland.

Aus Ostende wird berichtet: Belgische Fischer sagen ans, daß im Kanal la Manche zahlreiche Lei­chen von Ertrunkenen derElbe" schwimmen, daß aber die Transportierung der Leichen wegen vor­geschrittener Verwesung unmöglich sei. Die See­behörde entsendete einen Dampfer mit Desinfektions­mitteln behufs Aufnahme der Leichen.

England.

London, 14. Febr. DieDaily Chronicle" veröffentlicht eine in Rußland geheim verbreitete Flugschrift, worin gegen die Rede des Zaren Ein­spruch erhoben und der friedliche aber entschiedene Kampf für die Freiheit empfohlen wird.

London, 15. Febr. Die offizielle Untersuchung über den Zusammenstoß derElbe" mit derCra- thie" wird Hierselbst vor einer Kommission staltfinden, die aus den ersten Autoritäten Englands bestehen soll. (Die deutsche Entschädigungsklage wird vor dem Gericht in Rotterdam verhandelt.)

London, 16. Febr. Der Präsident des Handels­amts teilte mit, er habe ein Telegramm aus Lowe- stofl erhalten, demzufolge der Kapitän desFree Lanca" berichte, ein Mast des Wrackes derElbe" sei sichtbar.

London, 16. Febr. Allerseits wird verlangt, eine schleunige Verständigung mit der deutschen Re­gierung wegen der Sprengung des Wrack der ge­sunkenenElbe" herbeizuführen, da die aus dem Wasserspiegel hervorragende Masten eine schwere Gefahr für die Schiffahrt bilden.

Rußland.

Petersburg, 16. Febr. Der Kaiser Unterzeich­nete am Dienstag Lobanows Creditive als Berliner Botschafter. Damit ist also entschieden, daß Loba- now eine Zeit lang in Berlin bleiben wird.

Asien.

Ueber den neuesten schweren Verlust der Chinesen meldet ein Telegramm aus Wei-Hai-Wei vom 13. Febr.: Admiral Ting hat sich gestern den Japanern ergeben. Letztere hatten seit Sonntag wiederum die verbleibenden chinesischen Schiffe und Forts heftig bombardiert. Die Chinesen waren genötigt, seit Sonntag mit ihrem Schießbedarf sparsam umzugehen, und ihr Feuer war ohne Wirkung. Während des heutigen Bombardements der japanischen Schiffe sah man plötzlich eine weiße Flagge aus dem nächsten chinesischen Kanonenbot aufgehißt. Die anderen chi­nesischen Schiffe hißten ebenfalls weiße Flaggen. Sofort gab Admiral Jto das Signal, das Feuer einzustellen. Hierauf dampfte das chinesische Kanonen­boot, welches zuerst die weiße Flagge gehißt hatte, langsam auf die japanische Flotte zu und ließ ein Boot herab, mittelst dessen sich ein chinesischer Stabs­offizier an Bord des japanischen Flaggschiffs begab,. um ein Schreiben des Admirals Ting zu überbringen, in welchem letzterer sich bereit erklärt, den Japanern die Schiffe der chinesischen Flotte mit allen Waffen und Schießbedarf zu übergeben unter der Bedingung, daß Admiral Jto sich verpflichtet, für das Leben der chinesischen Soldaten, Matrosen und der euro­päischen Offiziere zu bürgen. Admiral Jto hat die Bedingung angenommen. Die Besitzergreifung der chinesischen Flotte durch die Japaner geht jetzt vor sich. Die chinesischen Offiziere und Mannschaften werden bei ihrer Landung mit militärischen Ehren empfangen werden. Einige Forts auf der Insel Liukungtao halten noch Stand.

Wei-Hai-Wei, 16. Febr. Unmittelbar nach der Uebergabe ver chinesischen Flotte am Dienstag begingen der Admiral Ting und der Kommandant der chinesischen Landtruppen Selbstmord. Der Admiral Ting hat sich mittels einer Seidenschnur erdrosselt, während der General sich den Too mit Hilfe seines Dolches gab. Das entstellte Gesicht des Admirals Ting lieferte den Beweis, daß der Admiral außerdem das bekannte tötliche chinesische Gift Lengkong" genommen hatte. _

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