Umsturzvorlage. Es stellte sich dabei heraus, daß zwei Strömungen innerhalb der Partei bestehen, von denen die eine dem Entwurf freundlich gegen­übersteht und nur eine Ergänzung im Sinne der lex Heinze verlangt, während die andere Richtung prinzipiell gegen die Vorlage ist.

Berlin, 14. Dez. Die erste Beratung der Umsturzvorlage soll nun doch vor Eintritt der Weih- nachtsferien im Reichstag stattfinden und morgen, Samstag, oder am Montag beginnen. Die Weih­nachtsferien beginnen voraussichtlich am 20. Dezember.

Berlin, 15. Dezbr. Wie verlautet, wird die Angelegenheit, welche den kaiserlichen Zuschuß beim Gehalte des Reichskanzlers Fürsten Hohenlohe be­trifft, bei der Etatberatung im Reichstage zur Frage gebracht werde.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 12. Dez. Der österr. Generalmajor Negrelli veröffentlicht in derN. Fr. Presse" eine Zuschrift, in der es heißt;Ich will Lesseps, dem großen Franzosen", nichts wegnehmen. Er war, um es kuH auszudrücken, das Oberhaupt der Unter­nehmung, jedoch den Plan der Kanalisierung der Landenge von Suez hat ganz allein ein Oesterreicher, und zwar mein Vater, der Ingenieur Alois Ritter Negrelli v. Moldelbe, ausgearbeitet. Er war im Jahre 1840 schon damit beschäftigt und hatte die Ver­wirklichung dieser hochwichtigen Unternehmung sich zur Lebensaufgabe gestellt. Im Jahre 1847 hatte er seine erste technische Inspektion in Egypten unter­nommen. Im Jahre 1855-56 hat er bei seiner zweiten ich glaube fünfmonatlichen Anwesen­heit im Nil-Lande seinen Plan endgiltig festgesetzt. In der WochenschriftAustria", Jahrg. 1856, Heft 17, entwickelte er seine Ansicht über die Art und Weise, in welcher das Projekt durchgeführt werden solle. Im Juni 1856 fand in Paris eine Sitz­ung statt, in welcher der Plan Negrelli's nach wie­derholten Debatten einstimmig angenommen wurde. Im Jahre 1858 wurde Negrelli vom Vizekönig Said Pascha zum Generalinspektor der Suez-Arbeiten er­nannt; leider konnte er die Früchte seines Fleißes und Talentes nicht mehr pflücken, deun der Tod er­eilte ihn am 1. Oktober desselben Jahres. Im Jahre 1859 brachte Lesseps sämtliche Pläne und Schriften meines Vaters käuflich an sich, nnd dadurch hat sich Lesseps allein auf die Höhe der Situation ge­hoben. Im April desselben Jahres wurden die Arbeiten begonnen, und zwar von dem ersten bis zum letzten Spatenstich nach den Plänen mei­nes Vaters. Zehn Jahre später wurde der Suez- Kanal mit großem Pomp eröffnet, Lesseps und seine Ingenieure wurden gefeiert, der Oesterreicher Ne­grelli war bereits vergessen. Diese meine Zuschrift hat nur den Zweck, die Pflicht des Sohnes gegen den Vater zu erfüllen, die Ehre zu geben, dem Ehre gebührt."

Budapest, 14. Dez. Gestern abend fand anläß­lich der Sanktionierung der kirchenpolitischen Gesetze, eine große Manifestation statt. 50,000 Menschen zogen vor den liberalen Klub, wo der Präsident der liberalen Partei unter begeisterten Eljenrufen den Dank für den Monarchen Ausdruck gab.

Frankreich.

Paris hat zwei Leichenbegängnisse von bekann­ten Männern. Lesseps, der Erbauer des Suez­kanals, dessen Pläne er aber, wie jetzt authentisch nachgewiesen wird, nicht einmal selbst ausgearbeitet, sondern gekauft hat, so daß von seinem Ruhm das Meiste entfällt, und Bankerotteur imPanama", ist ziemlich still beigesetzt. Große Teilnahme hat sich dagegen dem Hinscheiden des erst 43jährigen Kammerpräsidenten u. früheren Ministers Burdean, der sich vom Sohn eines Arbeiters und jugendlichen Fabrikarbeiter so hoch geschwungen hat. Er war jedenfalls der ausgezeichnetste Finanzmann Frank­reichs. Da Burdeau ganz mittellos ist es giebt in Frankreich keine Ministerpensionen ist seiner Frau eine Staatspension gesetzlich bewilligt. Die Pariser Skandalchronik ist um einen neuen Fall bereichert worden, in dessen Mittelpunkt der heutige Kriegsminister Mercier steht. In einem der ein­flußreichsten Pariser Blätter war er direkt ein Dumm­kopf genannt worden, der fort aus seinem Amte müsse, und dessen Absetzung auch schon von höheren Armeeoffizieren gefordert sei. Die Sache wirbelt unendlichen Staub auf.

Paris, 14. Dez. Kapitän Dreyfuß richtete an seine Frau und Kinder einen zweiten Brief, in dem er seine Unschuld beteuert und erklärt, wenn er schuldig wäre, hätte er sich vor seiner Verhaftung erschossen.

Lille, 14. Dez. Der Schmuggel mit Tabak an der französisch-belgischen Grenze gewinnt täglich an Ausdehnung. Die Schmuggler treten mit einer unerhörten Kühnheit auf.

Italien.

Mit einem großartigen Plane soll sich Leo XIII. tragen, so berichtet der römische Mitarbeiter desFigaro" anläßlich der bevorstehenden Reise des des Kardinals Baughan, Erzbischof von Westminster, nach Rom, wozu er vom Papst speziell eingsladen wurde. Leo ÄII. soll nämlich bemerkt haben, daß in der anglikanischen Kirche, sowohl in Laienkreisen als auch unter dem Klerus vielfach der Wunsch herrsche, sich wieder an die römische Kirche anzu­schließen. Die sich immer mehr in Sekten spaltende anglikanische Kirche sehe bange in die Zukunft. Eine eventuelle Trennung zwischen Staat und Kirche, die in England keineswegs unmöglich sei, drohe der anglikanischen Kirche den Todesstoß zu geben. Leo XIII. sei daran, die Mahnung in seiner Encyklika Christen, vereinigt euch" in Paris umzusetzen und werde dieserhalb voraussichtlich in nicht allzu ferner

Zukunft die hervorrgendsten katholischen Prälaten der Welt zu einer Konferenz nach Rom einladen. Um aber vorher über diesen Plan zu beraten, habe er den einflußreichsten Mann der katholischen Hierar­chie in England, den Kardinal Baughan, zu einem Besuch in Rom eingeladen, den derselbe im Laufe des Dezembers abstatten werde.

England.

London, 12. Dez. Heute vormittag fand die Vermählung des Prinzen Adolphus von Teck mit Lady Margaret Grosvenor, Tochter des Herzogs von Westminister statt. Der Feierlichkeit wohnten der Herzog und die Herzogin York, der Herzog von Cambridge und andere hohe Persönlichkeiten bei.

London, 15. Dez. Einer Meldung aus Hint- schnang zufolge ist eine Abteilung der 2. japanischen Armee 15 Meilen von Hintschuang eingetroffen.

London, 16. Dez. Nachrichten aus Shanghai melden, daß der Kaiser von China schwer erkrankt sei.

Rußland.

Warschau, 15. Dez. Außer dem Generalgou­verneur Gurko erhielten auch der Chef des War­schauer Unterrichtsbezirks und der Chef der Zensur­behörde ihre Entlassung.

Kleinere Mitteilungen.

* Nagold, 17. Dez. Gestern nachm, ereignete sich auf dem Mötzinger Weg gelegentlich eines gemeinsamen Aus­ritts einiger hiesigen Oekonomensöhne ein bedauerlicher Unglücksfall dadurch, daß einem Pferde vom andern ein Fuß abgeschlagen wurde; das Pferd mußte gestochen werden.

Metzingen, 12. Dez: Heute mittag schoß der hiesige Landjäger Hörger eine Kuh, in der Nähe der Stadt. Die­selbe ist vor 2 Tagen einem Bempflinger Bauern ausge­rissen und konnte nicht mehr cingefangen werden, da sie ganz wild geworden war und auf ihre Angreifer los ging.

Aus der Pfalz, 13. Dez. Bei St. Ingbert haben Bohrversuche ein bedeutendes Kohlenlager ergeben. In einer Tiefe von 320 Meier ist man auf ein bedeutendes Kohlenflöß gestoßen, das über 2 Meter stark sein soll. Die Bohrungen werden fortgesetzt.

Handel L Verkehr.

Calw, 12. Dez. (Viehmarkt.) Dem heutigen Markt waren zugeführt 402 Stück Rindvieh, 42 Pferde, 71 Stück Läufer- u. 24 Körbe Milchschweine. Der Handel in Groß­vieh war wenig belebt und auch in Pferden zeigte sich geringer Umsatz. Dagegen zeigte die Zufuhr zum Schweine­markt starke Nachfrage. Läufer wurden mit 5080 ^ u. Milchschweine mit 2434 je pro Paar bezahlt.

Reutlingen, 13. Dez. Der gestrige Schafmarkt da­hier war mit nahezu 7000 Schafen befahren, das Geschäft ziemlich belebt, der Umsatz gut, etwa zwei Drittel des Zu­triebs wurde verkauft. Das verkaufte Vieh geht nach Paris und der Schweiz.

Briefkasten.

Der eifrige Verbreiter der mit einem Aufruf be­druckten Wahlzettel möge aus dem Wahlergebnis die Lehre ziehen, daß sich trotz der beliebten Wahlagitation der ruhig denkende Bürger Nagolds keine Ueberzeugung aufzwingen läßt. Ein Nagolder Bürger.

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung (Emil Zaiser) Nagold.

Revier Dornstetten.

Stangenverkauf.

Am Donnerstag den 20 . Dez., vorm. 9^/2 Zhr,

in derTraube" in Cresbach aus Längenhardt, Abt. 10 und Sattelacker, Abt. 8 und 10:

446 Derbstangen I.III. Cl., 917 Hagstangen I.III. Cl., 2220 Hopfen­stangen I.III. Cl., 4012 Hopfen­stangen IV. u. V. Cl., 10 695 Reb- stecken I. u. II. Cl. _

Nagold.

Christbäume

können die hiesigen Einwohner wie bis­her durch die städtischen Waldschützen aus dem Stadtwald um die herkömm­lichen Preise beziehen.

Die Abgabe findet am

Thomastag, nachm. 1 Uhr,

in der Seminar-Turnhalle statt.

Auf besondere rechtzeitige Bestel­lung bei den Waldschützen werden Christ­bäume mit einem Preiszuschlag von 20 Psg. pro St. auch ins Haus gebracht.

Amtliche und MMt-BekanrttmaHlMlM.

A. Amtsgericht Nagold.

Unter Nro. 6 Ziff. 7 des Genossenschaftsregisters wurde heute eingetragen:

DarLehenskassenverein Zuh OA. Nagold

e. G. m. u. H.

Sitz: Sulz OA. Nagold.

In der außerordentlichen Generalversammlung vom 7. Dezbr. 1894 wurde der seinem Ansuchen gemäß aus dem Vorstand ausgeschiedene bisherige Vereins­vorsteher Pfarrer Wacker entlastet mit Wirkung vom 15. Dezember 1894 an.

An seiner Stelle wurde gewählt zum Vereinsvorsteher: das seitherige Vorstandsmitglied Friedrich Weidle, Müller.

Derselbe wird zeichnen:

Friedrich Weidle, Vorsteher"'

An dessen Stelle und an Stelle des am 29. März 1894 durch Tod aus­geschiedenen Vorstandsmitglieds Michael Dengler wurden in den Vorstand neu gewählt: Pfarrer Wacker und Georg Weippert, Wagner.

Diese werden zeichnen:

Pfarrer Wacker" u.

Georg Weippert".

Den 15. Dezember 1894. Amtsrichter Lehnemann.

K. Amtsgericht Aagol'd.

Die Eintragungen im Handelsregister im Jahr 1895 werden imCen­tralblatt des Staatsanzeigers", imSchwäbischen Merkur" und imGesell­schafter" ; diejenigen im Genossenschaftsregister außerdem imDeutschen Reichs- u. kgl. preuß. Staatsanzeiger", bei kleineren Genossenschaften übrigens nur im Reichsanzeiger" undGesellschafter" bekannt gemacht.

Den 15. Dezember 1894. Amtsrichter Lehnemann.

Königl. Amtsgerichr Nagold.

Konkursverfahren.

In dem Konkursverfahren über das Vermögen des

Heinrich Girrbach, ledigen und

volljährigen Fuhrmanns von Gom-

pelscheuer, Gde. Enzthal, ist zur Abnahme der Schlußrechnung des Verwalters und zur Erhebung von Einwendungen gegen das Schlußver­zeichnis über die bei der Verteilung zu berücksichtigenden Forderungen der Schlußtermin auf den Gerichtstag (Rat­haus) zu Altensteig auf

Montag den 14. Januar 1895, nachmittags 6 Uhr, vor das Königliche Amtsgericht bestimmt.

Den 14. Dezember 1894.

Gerichtsschreiber Heckmann.

Nagold.

Der Jünglings-Verein,

ältere und jüngere Abteilung, bittet seine Ehrenmitglieder u. Freunde um Beiträge.

Siadtpfarrer Dieterle.

Reallehrer Müller.

Frachtbriefe bei G. W. Zaiser.