sistorium dargelegten Grundsätzen für ein Bedürfnis der ev. Kirche. 2. Als den besten Weg hierzu erachtet sie eine Ablösung aus Mitteln des Staats ohne Inanspruchnahme der Kirchengemeinde. 3. Da zur Zeit eine solche Ablösung aus Staatsmitteln nicht zu erwarten ist, so erachtet es die Landessynode für wünschenswert, daß diejenigen Kirchengemeinden, welche zwar zu einer Ablösung schreiten wollen, solches ermöglicht, und ihnen ein entsprechender Staatsbeitrag und bei allgemeiner Ablösung durch den Staat die Uebernahme des Betrags der Ablösungssumme in Aussicht gestellt werde. Ziff. 1 und 2 wurde einstimmig Ziff. 3 mit Stimmenmehrheit beschlossen. Oberkonsist.-Rat Römer erörtert eingehend die Stellung des Synodus zu Geschenkannahme durch die Geistlichen. Die Geschenke seien nicht ohne Weiteres mit den Stolgebühren zusammenzuwersen. Eingehend legte der Redner die Gründe dar, weiche den Synodus bewegten, die Kirchengemeinde mit der Ablösung der Stolgebühren nicht zu belasten. Gegen den Antrag Ziff. 3 der Kommission hat der landesh. Kommissär verschiedene Bedenken. Abg. Feucht vertritt bezügl. Ziff. 3 des Kommissionsantrags den Standpunkt der Kommissionsminderheit und hält die Ablösung der Stolgebühren in einzelnen Gemeinden nicht für zweckmäßig, v. Zellerist für den Kommissionsmehrheitsantrag bezügl. Ziff. 3. Es müsse, da die allgem. Ablösung noch in weiter Ferne stehe, die Möglichkeit zugegeben werden, die Stolgebühren in einzelnen Gemeinden abzulösen. Völter hat mit der seitherigen Einrichtung der Stolgebühren keine schlimme Erfahrungen gemacht, wolle aber der Abschaffung nicht entgegentreten. Teichmann: Die meisten Pfarrer seien für Abschaffung der Stolgebühren. Gußinann bittet der Ziff. 3 des Kommissionsantrags keine Folgen zu geben. Die dadurch herbeigeführte Ungleichheit wäre mißlich. Es folgt Abstimmung. Ziff. 1 und 2 werden einstimmig angenommen. Ziff. 3 dagegen abgelehnt. Ziff. 3 der Tagesordnung. 2te Lesung des Antrags Elben (Berufung der Synode in je 3 Jahren). Präs. v. Gemmingen kann auch jetzt noch nicht dem Antrag Elben zustimmen. Redner bittet um Ablehnung, die Frage könne ja später wieder in Erwägung gezogen werden. Huzel: Der Antrag Elben sei ja durch den Zusatz: daß wenn kein Bedürfnis vorliege, die Berufung unterbleiben könne, sehr abgeschwächt und das nunmehrige Verlangen sehr maßvoll. Egelhaaf empfiehlt dringend Annahme des Antrags Elben. Der Antrag wird mit 36 gegen 13 Stimmen angenommen. Nächste Sitzung: Morgen 9 Uhr. T.-O.: Bekenntnisfrage (Amtsverpflichtung usw.). Voraussichtlich wird am Freitag die Synode geschlossen werden.
Stuttgart, 20. Nov. Die Meldung aus Ulm wonach die Klose'schen schweren Lokomotiven aus dem Fahrdienst zurückgezogen und nur noch zum Rangierdienst verwendet werden sollen, beruht auf einem schweren Mißverständnis, da gerade diese Lokomotiven sich auf der Strecke Stuttgart—Ulm vorzüglich bewährt haben, sollen dieselben auch auf der Strecke Bretten-Stuttgart zur Verwendung gelangen und es ist nur aus dem Grunde von der Anschaffung weiterer Klose'schen Elephantenmaschinen vorerst Abstand genommen, weil noch eine genügende Anzahl älterer 6-Lokomotiven vorhanden ist.
München, 14. Nov. Aus Konstantinopel wird gemeldet, daß für den Bereich der Türkei die „Fliegenden Blätter" verboten wurden. Es dürfte sich in diesem Falle um das Gedicht von H. Herold „Die Probe" in Nro. 16, fortlaufende Nro. 2568, wahrscheinlich handeln. In einem Lande, wo Wein zu trinken verboten ist, kann sich schon ein Pascha über die Treue seiner 100 Frauen, welche das Gedicht in humoristischer Weise in Frage gestellt hat, aufregen.
Nürnberg, 17. Nov. Grillenbergers „Tagespost" nimmt in einem längeren Artikel scharf Stellung gegen Bebels Rede. Die Stellungnahme der Berliner Versammlung sei eine grobe Anmaßung, Bebels Ton wird als Ueberhebung ohnegleichen erklärt, Bebels Selbstqualifikation als Prinzipienwächter verspottet und der Vorwurf des Opportunismus als Verdächtigung zurückgewiesen. Zum Schluffe wird betont, daß die Sozialdemokratie ein autokratisches Parteiregiment nicht dulden werde.
Köln, 20. Nov. Die „Köln. Ztg." meldet: Das Uebereinkommen zwischen der Rheinisch-Westfälischen Sprengstoff-Gesellschaft und den Köln-Rott- weiler Pulverfabriken wegen des Anschlusses der
Ersteren an den Verband der Trustgesellschaften ist gestern Abend zu Stande gekommen, giltig vom 1. Januar 1895 an auf 30 Jahre.
Prinz Heinrich wird als Sargspende des deutschen Kaiserpaares einen antiken römischen Kranz von drei Metern Durchmesser am Sarge Kaiser Alexanders niederlegen; dieser Kranz ist aus grünen und goldenen Lorbeerzweigen gewunden, mit langen Cy- cas-Wedeln und weißen Moiröschleifen geschmückt, wovon eine die goldgestickten Monogramme und die Kronen des Kaiserpaares trägt.
Berlin, 20. Nov. Die „Voss. Ztg." fragt, ob endlich unter dem neuesten Kurs die oft verheißene Reform der Militärgerichtsbarkeit zur That wird. Heute nach 5 Monaten feit der Verhaftung des Zeremonienmeisters Kotze seien noch keinerlei amtliche Nachrichten über das Ergebnis der Untersuchung erfolgt. Auch seit der Verhaftung der Oberfeuerwerker seien über 7 Wochen vergangen, ohne daß über die Schuld Näheres bekannt wurde.
Berlin, 20. Nov. Die „Krzztg." läßt sich aus Sofia melden, daß das Danktelegramm des Zaren Nikolaus an den Fürsten Ferdinand nur ein Höflichkeitsakt war. Die Entsendung einer bulgarischen Abordnung zur Leichenfeier mußte unterbleiben, weil, wie vermutet, die Zulassung derselben verweigert wurde.
Oesterreich-Ungarn.
Graz, 19. Nov. Die Fürstin Claudius von Teck, eine nahe Verwandte der englischen Königsfamilie, ist gestern auf ihrem Gute Reinthal bei Graz an Diphtheritis gestorben. Die Fürstin Claudius von Teck war am 11. Febr. 1836 geboren als Tochter des Herzogs Alexander von Württemberg und dessen ihm morganatisch angetrauten Gemahlin Claudine Gräfin von Rhsdey, späteren Gräfin von Hohenstein. Der Bruder der Verstorbenen, Franz, ist mit einer Schwester des Herzogs von Cambridge vermählt.
Frankreich.
Paris, 19. Nov. Anläßlich des heutigen Begräbnistages des verewigten Zaren werden auf dem Sternenplatz 100 Kanonenschüsse abgegeben. Nach der Trauerkundgebung werden alle Truppen der hies. Garnison an Perier vorbeidefilieren. Sämtliche öffentlichen und viele private Gebäude tragen heute schwarzumflorte Fahnen. Zahlreiche Magazine bleiben heute geschlossen.
England.
London. Rosebery hat in seiner Guildhallrede die Presse als eine Friedensgefahr hingestellt, darauf sind ihm dann von den englischen Blättern sehr kräftige Antworten erteilt worden; so sagte z. B. ein Blatt, die Diplomaten, die das Reden u. Schreiben nicht lassen können, seien viel gefährlichere Friedensstörer. Die „World" schrieb: „Zu den dreifachen Gefahren läßt sich eine vierfache fügen. Sie besteht in einem Premierminister mit einer zu losen Zunge und einer Vorliebe, Redensarten in falschem Sinne anzuwenden."
Rußland.
Petersburg, 19. Nov. Es verlautet, der Zar beabsichtige die Einführung verschiedener Reformen, darunter die Verantwortlichkeit der Minister.
Petersburg, 19. Nov. Gestern traf der König von Serbien hier ein, am Bahnhofe, wo eine Ehrenwache des Semfnow'schen Regiments aufgestellt war, vom Großfürsten Wladimir begrüßt, ferner die Prinzen Ludwig von Bayern, Friedrich August von Sachsen und Herzog Albrecht von Württemberg. Später kam Prinz Ferdinand von Rumänien hier an und wurde am Bahnhof, wo eine Ehrenwache des Paulregiments sich befand, vom Großfürsten Paul empfangen. Sämtliche angekommene Fürstlichkeiten wurden nach dem Winterpalais geleitet.
Petersburg, 19. Nov. Am Vermählungstage des Zaren soll eine Amnestie für mehrere taufend nach Sibirien Verschickter erlassen werden.
Petersburg, 19. Nov. Die Trauerfeier begann um halb 11 Uhr in der Festungskirche und gewährte ein sehr eindrucksvolles Bild. Prinz Heinrich von Preußen in der Uniform des russischen Kalugaregiments befand sich in unmittelbarer Nähe des Kaisers Nikolaus. Unter den Deputationen waren die Deutschen glänzend vertreten. Der Kranz des Kaisers Wilhelm wurde heute an der Bahre zu Füßen des Verewigten niedergelegt. Unter ununterbrochenem Kanonendonner und Glockengeläuts sämtlicher Stadtkirchen, sowie Flintensalven erfolgte kurz vor 1 Uhr die Beerdigung. Der Sarg wurde von
j dem Kaiser Nikolaus und den Großfürsten nach ! der Gruft verbracht, wohin er von den auswärtigen ! Fürstlichkeiten, darunter Prinz Heinrich von Preußen, > geleitet wurde. Die Feier endete um 1 Uhr.
I St. Petersburg, 20. Nov. Der Abschied der Kaiserin von dem Sarge war tief erschütternd, schluchzend sank sie an demselben nieder. Das Publikum drängte sich, als der Hof sich entfernt hatte, an die Gruft und erbat inständigst Blumen von dem Grabschmucke. Die Wache haltenden Grenadiere kamen diesem Wunsch bereitwilligst nach. Der Sarg, zweifach verschlossen, ruht in einer ebenfalls verschlossenen metallenen Hülle. Einen Schlüssel verwahrt der Festungskommandant, den anderen der Hofminister. Ueber der metallenen Umhüllung wird ein einfacher, den übrigen entsprechender Sarkophag errichtet. Eine Menge Kränze bedeckt fast sämtliche Säulen der Kirche. Die Spenden Moskaus bedecken allein eine ganze Säule.
Ein Augenzeuge erzählt in der „N. Fr. Pr.": „Nach Fünszigtausenden zählt man die Menge, die in der feuchten nebeligen Nachtluft im Alexanderparke und auf der Hauptstraße der Petersburger Seite bis zum Wiborger Stadtteile festgekeilt dasteht. Stunden vergehen, nur langsam rückt die Menschenmasse vor. Anfangs geht alles gut, doch in vorgerückten Nachtstunden, sobald die Hoffnung, in die Kirche zu gelangen, bevor sie für das Volk geschlossen wird, schwindet, entwickelt sich, durch Ungeduld, Hunger und Kälte hervorgerufen, ein derartiges Gedränge, daß der Aufenthalt in den Menschenmassen lebensgefährlich wird. Kaum eine Nacht vergeht, ohne daß etliche Personen mit eingedrückten Rippen und gebrochenen Extremitäten in das nächste Krankenhaus gebracht werden. Die Polizei, Gendarmen und Kosaken, die in kritischen.Momenten nicht allzu zart Vorgehen, sind nicht imstande, dem Gedränge entgegenzutreten. Heute morgen wurde das Volk um sechs Uhr auseinander getrieben, obgleich die Kirche erst um halb 9 Uhr geschlossen wird. Es war eben nicht mehr möglich, Ordnung zu schaffen. Das Volk zerbrach ungestüm Bäume und Geländer im Alexanderpark. Auf der Straße war ein Lärm, daß die Bewohner der umliegenden Häuser glauben mußten, das Volk revoltiere. Die Polizei hat übrigens lange vor der Ankunft der Kaiserleiche alle irgendwie unzuverlässigen Elemente in Gewahrsam gebracht oder ausgewiesen.
Zar Nikolaus hatte, wieder „B. Lokalanzeiger" aus St. Petersburg erfährt, eine Beratung mit den Großfürsten über die Frage, ob die geheime Hofpolizei abzuschaffen und der Belagerungszustand in St. Petersburg aufzuheben sei. Der Kaiser soll geäußert haben, wenn ihm durch das Geschick bestimmt sei, getötet zu werden, könne ihn die geheime Polizei auch nicht schützen. Er billige auch die Preßfreiheit als Mittel, um Mißbräuche der großen und kleinen Staatsbeamten aufzudecken und zu unterdrücken. Man sieht, Zar Nikolaus hat Mut, und scheint liberaleren Anschauungen huldigen zu wollen, als sein Vater.
Petersburg, 20. Nov. Anton Rubinstein, der bekannte Komponist, ist heute in Peterhof in Folge eines Herzschlages gestorben.
St. Petersburg, 20. Nov. Dem Vernehmen nach findet die Hochzeit des Zaren Nikolaus nächsten Montag statt.
St. Petersburg, 20. Nov. Dem Vernehmen nach überbrachte Prinz Heinrich von Preußen eigenhändige Schreiben des Kaisers Wilhelm an den Kaiser Nikolaus und die Kaiserin-Witwe.
Bulgarien.
Sofiz, 18. Nov. Gestern vorm, fand in der St. Georgs-Basilika die Gedenkfeier für den Fürsten Alexander von Bulgarien (Graf Hartenau) in Anwesenheit des Fürsten Ferdinand, der Gräfin Hartenau und der Minister statt. Fürst Ferdinand legte einen Kranz am Grabe des verstorbenen Fürsten nieder. Dasselbe that eine Deputation des Regiments Alexander. Die Gräfin Hartenau wurde dem Fürsten durch den Ministerpräsidenten Stoilow vorgestellt.
Handel L Berkehr.
Konkurseröffnungen. Wilh. Glock, Flaschner von Fochtenberg. - Jakob Huber, Schuhmacher in Oehringen. — Karl Weber, Kaufmann und Goldarbeiter in Waiblingen.__
Hiezu Schwäbischer Landwirt Nr. 4.
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung (Emil Zaiser) Nagold.