Pischek betonte in seiner mit vielem Beifall aufge- nommenen Ansprache, welch reges Interesse S. M. der König an der Ausstellung nehme und daß er ihr besten Ersolg wünschen lasse. Ein Unternehmen, wie das gegenwärtige diene nicht allein dazu, die Gewerksgenossen fester aneinander zu ketten, sondern es biete auch allenthalben Belehrung und lasse mit Interesse wahrnehmen, welche technische Vervollkomm­nung sich aus dem Gebiete des Bäckereiwesens voll­zogen habe. In nicht geringerem Maße gelte dieses Interesse auch der Kochkunst, mit der unser körper­liches Befinden so enge verknüpft ist. Hierauf brachte Herr Schlatts rer den Dank allen denjenigen dar, die zum Gelingen der Ausstellung beigetragen und schloß mit einem Hoch aus S. M. den König. Nach­dem noch Bäcker Lehrenkrauß die Gäste begrüßt hatte, erklärte Minister Pischek die Ausstellung für eröffnet und er begann sodann den Rundgang durch dieselbe mit den Ehrengästen. Der Besuch der Ausstellung war am heutigen Eröffnungstage ein sehr bedeutender. Das Publikum zeigt reges Interesse. In 6 Gruppen enthält die Ausstellung Bäckerei- und Konditorei erzeugnisse, Erzeugnisse der Kochkunst, Wein, Spiri­tuosen, Konserven rc., Materialien und Rohprodukte, Maschinen, Backöfen, Litteratur, Altertümer, Laden- und Kücheneinrichtungen u. s. w. Die erste Gruppe: Back- und Konditoreiwaren umfaßt etwa 100 Aus­steller. Das Hauptkontingent stellen natürlich unsere einheimischen Bäcker, deren Produkte uns in Schau­läden ja täglich vor Augen geführt sind. Immer­hin finden sich aber in der Ausstellung Kunst- und Originalprodukte, wie man sie nicht stets zu sehen bekommt. Da ist z. B. eine mehrere Meter im Umfang niessende Riesenbretzel. Sehr originell hat die Karlsruher Bäckergenvssenschast ausgestellt, in­dem sie ein vollständiges Gebäude von Backwerk aller Art errichtet hat. Ebenso wie dieses Häuschen erinnert noch manch anderes, mit Marzipan und Zuckerbrot gedeckt, an das Märchen vonHansel und Gretel". Was spezifisch schwäbisches Backwerk anbelangt, so haben I. M. Fehl, R. Roschmann und Thalheimer das berühmte Ulmer Zuckerbrot, Geigen re. ausgestellt. Die fränkische Bäckerei findet ihren Hauptvertreter in Ehr. Bürger-Heilbronn, Schweizer Gebäck sieht man bei M. Lanz-Tettnang, ausgezeichnete Lebkuchen bei G. Schweickhardl-Cann- statt, während Werner und Pfleiderer-Cannstatt uns eine Kollektion Brot aus aller Herren Länder vor Augen führen. Erwähnt seien auch noch die Mazzen von Leo Rothschild-Nordstetten.

Stuttgart, 9. Sept. Im Verlag von Robert Lutz ist eine umfangreiche BroschüreVier Jahre unschuldig in württ. Irrenanstalten" erschienen. Die­selbe behandelt die Leidensgeschichte des Bauern Will). Kühnle von Beutelsbach.

Stuttgart, 10. Sept. Dem Vernehmen des Schw. M." nach ist der Vizepräsident der Kammer der Abgeordneten, Gemeinderat Dr. v. Göz, zum Staatsrat ernannt morden. (Hervorragendes Mit­glied der deutschen Partei.)

Uhlbach, 10. Septbr. (Anarchisten".) Auch wir haben unsereAnarchisten"; hat man doch mit den Schlußworten:Es lebe die Anarchie" unserem Schultheißen den Tod durch Erstechen an der Kirch­weih angedroht, weil derselbe alle sonst an dem Feste üblichen Belustigungen verboten und auch die Verlängerung der Polizeistunde versagt hat, worüber die besonders erbosten Wirte höheren Ortes vorstellig geworden sind.

Charlottenburg, 8. Sept. Professor v. Helm- holtz ist heute mittag, gestorben. Hermann Ludwig Ferdinand Helmholtz wurde am 31. Aug. 1821 zu Potsdam geboren. Seinen Ruf begründete Helm- holtz mit der Schriftlieber die Erhaltung der Kraft" (1847). Seine Hauptwerke aber sind das Handbuch der physiologischen Optik" undDie Lehre von den Tonempfindungen", die ihm Well ruf schufen.

Zur Aufforderung zum gemeinsamen Kampf gegen die U mstu rzparteien schreibt die KonservativeKreuzz. Ehrlos, wer seinen König verläßt!" das ist eine so ernste Mahnung an alle in persönlicher Treue dem Monarchen ergebenen Konservcckmen, daß sie niemals ungebört verhallen kann, mag auch die Ver­gangenbeit ihnen manche Seufzer abgerungen haben, wag auch die Gegenwart noch so schwer auf ihnen lasten. Ihr König wird an ihre Ehre nicht umsonst appelliert haben."

Berlin, 7. September. Auf den Wunsch der

Kaiserin, daß in den neu erbauten Kirchen regel­mäßige Abendandachten veranstaltet werden möchten, hat Pastor Diestelkamp in der neuen Nazarethkirche solche Abendandachten eingerichtet. Um 7Pr Uhr abends rufen die Glocken zum Eintritt auf und Frauen, junge Männer, meist dem Arbeiterstande angehörend, finden sich ein. Ein Abendlied unter Orgelbegleitung wird angestimmt, eine Liturgie ge­halten, auf Grund eines Schriftwortes, womöglich der Tageslosung, ein Gedanke, vom Prediger kurz ausgeführt und nach einer Viertelstunde ist die An­dacht beendet.

Berlin, 8. Sept. In unterrichteten Kreisen herrscht lautFrkf. I." die Auffassung, daß die Königsberger Rede des Kaisers vorher mit dem preuß. Staatsministerium erwogen war. Sie bedeutet also jedenfalls eine Entscheidung zu Gunsten des Staatsministeriums gegen die verschleppenden Ab­sichten des Reichskanzlers Caprivi in Bezug auf thatkrüftiges Vorgehen gegen die Umsturzbewegung. Zweifellos besteht der Wille zu einer größern Unter­nehmung, die gestern eingeleitet worden sein soll. Es ist nur fraglich, ob sie auch zielbewußt weiter­geführt werden wird.

Berlin, 11. Sept. Der König von Württem­berg blieb gestern, wie aus Schlobitten gemeldet wird, ganz unerwartet dem Manöver fern, weil er­sieh aus der Reise nach Trakehnen erkältete, infolge dessen er in Königsberg das Zimmer hüten muß. Auch heute wird der König aus Schonungsrücksichten dem Manöver nicht beiwohnen.

Serbien.

DerFrankfurter Zeitung" wird aus Belgrad von einem bübischen Attentat gegen den König Ale­xander berichtet: Als der junge König am Freitaa von einem Ausflug mit der Eisenbahn nach Nisch zurücrl'rhrte, wurde kurz vor Nisch bei der Station Appellovatz der königliche Salonwagen von mehreren Individuen mit Steinen beworfen. Fast sämtliche Fenster des Wagens wurden zertrümmert, aber weder der König noch jemand vom Gefolge wurde verletzt. Den Attentätern gelang es, unter dem Schutz der angebrochenen Nacht zu entkommen.

Rußland.

St. Petersburg, 9. Sept. In der Jschewschen Gewehrsabrik im Gouvernement Wiatka, 63 Kilom. von der Stadt S^c,- - c gleiten, laut russischen Blättern, ununterbrochen Tag und Nacht 20 000 Männer, Fr. nen und Kinder an der Herstellung von einer halben Million der neuen schnellfeuernden Ma­gazingewehre.

Asien.

Endlich weiß man, warum der Krieg aus Korea nicht in Gang kommen will. Es ist dort in letzter Zeit so viel Regen gefallen, daß die feind­lichen Armeen vor lauter Ueberschwemmungen sich einander nicht zu nähern vermögen. Zur Zeit wer­den sie, wie eine Meldung aus Shanghai besagt, durch die Fluten des aus den Ufern getretenen Jmzin-Flusses aus einander gehalten. Da kann es unter Umständen Frühjahr werden, bis die entschei­denden Schläge fallen, vorausgesetzt, daß Japaner und Chinesen bis dahin nicht ganz weggespült werden.

Kleinere Mitteilungen.

Freudenstadt, 9. Sept. Seit gestern nachm, von 4 Nhr ab bis heute früh wütete ein mit heftigem Platz­regen verbundener orkanartiger Sturm, wie wir ihn hier­nach selten erlebt haben. Derselbe riß eine Unmasse un­reifes Obst von den Bäumen, entwurzelte teilweise in vol­lem Ertrag stehenbr 'LM^.ae und richtete noch ebenso an den übrigen, nahezu reifen Feldsrtichten ganz bedeutenden Schaden an. -- Gestern fiel auf dem Kniebis der erste Schnee.

Stuttgart, 8. Sept. In der Ausstellung für Bäckerei usw. ist ein wares Ungetüm von einer Bretzel zu sehen. Sie hat eine Ausdehnung von 2,80: l,50 Mir. und ist heroorgegaw aus der Bäckerei von G. Jäckle (Ludwigsstraße). Das Gewicht beträgt über I Ztr. Ein solches Ungeheuer läßt sich nur in einem Ofen neuster Konstrnkiion Herstellen. Ein neuer Ofen mit verstellbarem Herd kann im Hofe der Gewerbehalle gesehen werden.

Oft erd in gen, 9. Sept. Der Färber,ueister Will). Hägele von hier mußte seine Waren zum färben bisher auf einem zweirädrigen Karren von und aus die Station Mössingen fuhren und ziehen. Nun las er kürzlich im Schwärzw. Boten" den Verkauf eines Ponys aus dem Kgl. Marstall, für welchen 400. // verlangt wurden. Hägele wandte sich hierauf in einein Bittegesuch an Se. Kgl. Ma­jestät um einen Gnadenpreis von 200.//, woraus ihm er­widert wurde, daß der Pony für seinen angegebenen -Zweck zu rasch und zu mutig sei. Zugleich wurde ihm eröffnet, daß ein ansrangie- :r Pony von Ihrer Kgl. Hoheit der Prinzessin Pauline ihm unentgeltlich abgegeben werde unter > nachfolgenden Bedingungen: der Empfänger und seine"

Familie hat den Pony wie ein Kind zu behandeln und ihm das Gnadenbrot zu geben; den Pony nie aus der Hand zu geben, zu keiner schwereren 'Arbeit als zu der vom Bittsteller geschilderten herauzuziehen und alsbald Anzeige zu machen, wenn das Tier schwächer wird und zur Arbeit nicht mehr- gebrauchsfähig erscheint, damit es entweder auf das Gestüt Weil zurückgegeben oder getötet wird. Zur großen Freude seiner kleinen und großen Kinder holte Hägele das Tier in Stuttgart ab und ist ihm dadurch ein schönes Stück Arbeit abgenommen.

Wie sich die Kinder einen Soldaten vorstellen, geht aus dem nachstehenden Ferienaufsatz eines Schülers der Mittelklasse einer dreiklassigen Schule eines eichsfeldischen Dorfes hervor.Der Soldat ist rot und blau. Es geht ihm schlecht. Manche Menschen sind keine Soldaten, Sie sind zu schlecht dazu. Der Soldat ißt Suppe und schießt. Er schießt nicht auf alle Leute. Am liebsten schießt er auf Franzosen. Oft ist der Soldat krank. Dann kommt er in ein anderes Haus. Viele Soldaten sitzen auf Pferden. Viele Soldaten müssen gehen und laufen. Viele Soldaten haben Kanonen und Flinten mit. Die Kanonen gehören aber dem Soldaten nicht. Der Soldat kommt einmal wieder nach Hause.

Das Eisenbahnalter der Kinder. Ei» Gericht verurteilte kürzlich einen Reisenden wegen Betrugs zu einer- längeren Gefängnisstrafe, weil er das Alter eines mitfah­renden Kinoes niedriger, als es in Wirklichkeit mar, ange­geben hatte. Es erscheint daher nicht ganz überflüssig, auf die Veirimmungen desDeutschen Eisenbahn-Personen- u. Gepäcklariss" über die Fahrpreisermäßigung für Kinder aufmerksam zu machen. Tie Bestimmungen laute,,: Kinder vom vollendeten 4. bis zum vollendeten 10. Lebensjahre, sowie jüngerer Kinder, falls für sie ein Play beansprucht wird, werben bei Lösung von einfachen Fahrkarten, Rück­fahrkarten, Rundreisekarter! (auch von Schnellzugs- Zuschlag- und Ergäuzuugskarien) zu ermäßigten Sätzen in der Weise befördert, daß für ein Kind eine Karte zum halben Preise mit Ausruudung von 5 Pf., für zwei Kinder eine Karte zum vollen Preise verabfolgt wird. Kinder-, für deren Be­förderung bezahit wird, haben Anspruch auf einen vollen Sitzplatz.

- Die kleinen Raucher. Mutter:Vater, den Buben ist so schlecht!" - Vater:Buben, ihr habt ge­raucht!" - Buoeu:Na, Vater g'wiß net!" - Vater: Was, lügen auch noch! Ihr riecht ja ganz nach Rauch! Mutter, tyu s svauische Röhcl her!" Buben (yeuiend): Ja, Vater, das hao'u wir ja g'raucht!"

Handel L Berkehr.

Entringen, 10. Sept. Für Frühhopsen wurden per Ztr. 60^// geboten; auf dieses Angebot wollte Eigner- nicht eingehen. Es sind in diesem Jahr sehr viele fremde Ar­beiter und Arbeiterinnen hier. Der Sturm am 8. Sept. hat eine Menge Hopfenstangen umgelegt und nicht unbe­deutend geschadet.

Stuttgart, 10. Sept. (Landesproduktenbärse.) Wir notieren per 100 Klg.: Weizen, La Plata , // 14.80, bayr. 1a. alt 16., neu 15.25, Theodofia 16.50, rumän. !->, is.ss, alt 15., neu 15.40, Ungar. 18., Kernen, Oberl. 1a, alt 16.25, alt 15.25, nea 14.50, Gerste, Tauber 14.30, ungar. 16.50 17.75, Haber, russ. 16.50, Oberl. 1a. alt 16., Land alt 14., neu 12.50.

Stuttgart, 10. Sept. (Mehlborse.) Suppengrles:

26. bis , Mehl Nr. 0: 25.50 bis 26.50,

dto. Nr. 1: 23.50 bis F/ 24.50, dto. Nr. 2: 22

bis ^ 22.50, dto. Nr. 3: 20. bis F/ 20.50, dto. Nr.

4: ^ 17. bis 17.50. Kleie mit Sack 6.50 pro 100 Kilo je nach Qualität.

Schwetzingen, 10. Sept. Die Hopfeuhändler klagen allgemein, daß sie infolge des schlechten Wetters keine trok- kenen Hopfen ankauseu können und sich mit nasser Ware begnügen müssen. Der Handel ist trotzdem ziemlich lebhaft und wurden am Samstag 20 Ballen auf hiesiger stadt­wage abgewogen. Preis 5055

Heilbronn, 8. Sept. (Obst- und Kartoffelmarkt.) Auf dem heutigen Markte stellten sich die Preise bei Aep- feln auf 2.803 bei gemischtem Obst auf 1.90 bis 2.30 bei gebrochenen Aepfeln auf 5.506 I/per Ztr.; bei gelben Kartoffeln aus 2.803.50 bei blauen Kar­toffeln auf 3.50 bei Wurstkartoffeln aus 3.203.50 bei Bisquitkartoffeln auf 3.203.30 bei Stäsfeleskar- toffeln auf 5 per Ztr.

PküklljklßjL kißllllllZL Pöiök. Man verbrenne ein Müstercheu des Siosfes, von dein man kaufen will, und die etwaige Verfälschung tritt sofort zu Tage: Aechte, rein gefärbte Seide kräuselt sofort zusammen, verlöscht bald und hinterläßt wenig Asche von ganz hellbräunlicher- Farbe. Verfälschte Seide (Sie leicht speckig wird und bricht), brennt langsam fort, namentlich glimmen dieSchutzfädca" weiter (wenn sehr mit Farbstoff erschwert), und yinterläßt eine dunkelbraune Asche, die sich im Gegensatz zur ächten Seide nicht kräuselt, sondern krümmt. Zerdrückt man die Asche der ächten Seide, so zerstäubt sie, die der verfälsch­ten nicht. Die Terveusabrii G Heuuebcrg ck. k. Hof­lies.), Zürich versendet gern Muster von ihren ächten Seidenstoffen an Jedermann und liefert einzelne Roben und ganze Stücke porto- und steuerfrei ,ns Haus. _

Ter heutigen Nummer unseres Blattes liegt der Preiseouraut für die Wintersaison 1894 des 1. Versandt- und Spezialgeschäftes von Gebrüder I. und V. schulhoff in München, Thal 7l, Schützenstr. 8 und Hochbückenstr. 3 bei. Dasselbe hat sich durch seine reellen Waren und enorm billigen Preisen in der ganzen Umgegend emgeführt und ist bei Bezug in Partien von diesem Versandtgeschäft seyr zu empfehlen. _

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Aaiser'sche-.i Buchhandlung (Emil Zaiser) Nagold.