.uad erreichte und in einem Streifen dem Rhein­thal zu sich bewegte, da war alles, was in dessen Bereich lag, der Vernichtung verfallen. Obstbäume, ob alt oder jung, wurden mit den Wurzeln dem Boden entrissen, Gras und Halmfrüchte niederge­drückt, wie auf den Boden gebügelt. Was dieser Wirbelsturm in seiner ferneren Flucht an Schaden verursachte, ist zur Stunde nicht ermittelt. Alte Eichbäume hat der Sturm in Stücke gerissen. So­lange sich die Windsäule, die sich in ihrem Gipfel mit einer weißen Wolke verband, auf dem See be­wegte, war in ihrem Umkreis keine außergewöhnlich große Bewegung des Wasserspiegels zu beobachten, jedoch zog dieselbe fortwährend im Lause das Wasser auf.

Straßburg, 12. Juni. Vor einiger Zeit wurde in der Nähe von Wörth ein interessanter Münzen­schatz dem Boden enthoben, der, nach seiner Zu­sammensetzung zu schließen, ursprünglich im Besitz eines deutschen Kriegsmannes gewesen sein mag, der den Feldzug des Großen Kurfürsten im Elsaß 1674/75 mitmachte. Er besteht aus und Thalern des Großen Kurfürsten und einer Reihe anderer deutscher weltlicher und geistlicher Fürsten, sowie aus über 100 Fünfzehnern des Kaiser Leopold sür Schlesien, Tirol, Steiermark, Ungarn u. s. w., da auch die Kaiserlichen unter dem General Bournonville an jenem Zuge beteiligt waren. Diese durchgängig sehr gut erhaltenen Stücke sind gegenwärtig beider Landes­münzsammlung hinterlegt und werden dort im ein­zelnen abgegeben.

Metz, 10. Juni. Wie bereits früher gemeldet, wurde auf Befehl des kommandierenden Generals Gras Haeseler der Branntwein-Verkauf in den Kan­tinen verboten. Jetzt ist auch den Klein-Verkäufern in der Stadt von der Polizei unter Androhung der Konzessions-Entziehung eröffnet worden, da§ sie Soldaten blos noch Branntwein zum Genuß auf der Stelle, nicht mehr aber über die Straße ver­kaufen dürfen.

Wie die AugsburgerAbendzeitung" meldet, ist die Reise des Fürsten Bismarck nach Varzin ver­tagt worden. Wegen der ungünstigen Wirkung der nassen Witterung auf die Gesundheit des Fürsten sei Ruhe erforderlich. Deshalb werden auch keine Besuche angenommen; indes sei kein An' zu ernsten Besorgnissen vorhanden.

Gegen die Schrift des Bischofs Dr. Korum in Trier überdie Wunder und Gnadenbeweise", die bei der letzten Ausstellung des Trierer Rocks vor­gekommen sein sollen, wird derRhein-Westfäl. Ztg." zufolge nächstens eine von einem Arzt herrührende Gegenschrift erscheinen.

Bremen, 10. Juni. Die Auswanderung nach Amerika hat stark abgenommen. Der amtlichen Statistik zufolge sind in diesem Jahre bis jetzt 19 280 Personen gegen 45800 im Vorjahre ausgewandert. Bis Schluß Mai war die Zahl der Auswanderer nur 4445, gegen 16950 bis Schluß Mai 1893.

Kiel. Für die Verunglückten aus dem Panzer­schiffBrandenburg" sind im ganzen 118 489 -/( beim Vaterländischen Frauenverein eingegangen.

In Eisenach ist in ihrer Villa am Sonnabend mittag die Witwe Fritz Reuters gestorben. Sie hat ihren Mann, der am 12. Juli 1874 die Augen ge­schlossen hat, um fast volle zwanzig Jahre überlebt. Es ist bekannt, mit welcher aufopfernden Hingabe sie den Dichter in seiner Leidenszeit gepflegt und mit welcher rührenden Liebe und Verehrung Reuter von seinerLowise" gesprochen hat. Die Villa am Fuß der Wartburg, die dem Dichter im Jahr 1864 als Ehrengabe geschenkt worden ist und in welcher er auch die letzten zehn Jahre seines Lebens zuge­bracht hat, hat bekanntlich eine wunderbare Lage. Nach dem Tod Reuters wurden der Witwe ver­schiedene verlockende Angebote gemacht, die Villa zu verkaufen. Pietätvoll aber hat die Wilwe alle An­gebote abgelehnt und testamentarisch die Villa saint Inhalt der Deutschen Schillerstiftung vermacht.

Berlin, 12. Juni. Der Antrag, den Dr., König unterstützt von der deutsch-sozialen und der konservativen Partei, zum Schutz der Bauhandwerker im Reichstag eingebracht hatte, hat folgenden Wort­laut:Der Reichstag wolle beschließen rc.: einen Gesetzentwurf vorzulegen, wonach Lieferanten, Hand­werkern und Arbeitern sür ihre aus Lieferungen und Arbeiten an Neubauten erwachsenen rechtmäßi­gen Forderungen ein Vorrecht vor sämtlichen auf diese Bauten, beziehungsweise Baugrundstücke ein­

getragenen Hypotheken oder Kautionen gewährt wird. Ausgenommen hiervon sind nur die ersten Hypothe­ken, soweit sie den Wert des Baugrundstückes nicht übersteigen."

Berlin, 13. Juni. In der Presse wird die Nachricht verbreitet, das preußische Handelsmini­sterium bereite eine Organisation des Handwerks mit doppeltem Boden vor. Es soll nämlich die Absicht bestehen, die Jnnungshandwerker und die Nichtinnungshandwerker gesondert zu organisieren. Ein solcher Versuch wird ohne jeden Zweifel fehl­schlagen, und es wäre schade um die Mühe für die Vorbereitungs-Arbeiten dazu. In einer solchen zwie- gespaltcnen Organisation wäre doch nur eine halbe Maßregel und ein ganzer Beweis für die bedauer­liche Erscheinung zu erblicken, daß man in maßge­benden .Kreisen noch immer bestrebt ist, dem abge­lebten und allseitig als verderbend bringend verur­teilten Manchestertum (d. h. Gehenlassen) Zugeständ­nisse zu machen. Damit aber ist dem so oft vertrösteten Handwerke nicht gedient. Nur ein offener vollständiger Bruch mit dem Manchestertum kann dem schwerge­prüften Kleingewerbe Besserung bringen. Erhebungen und Erörterungen sind zudem seit Jahren reichlich gepflogen worden, so daß nunmehr der Anspruch aus ein ungesäumtes gesetzgeberisches Vorgehen wohl gerechtfertigt ist.

Berlin, 13. Juni. DasBerliner Tagebl." schreibt zur Reichsfinanzreform: In sehr hohen Reichsbeamtenkreisen breche die langjährige, von allen liberalen Parteien gehegte Ansicht durch, daß ein vom Reichskanzler völlig unabhängiger Reichs­finanzminister die notwendige Voraussetzung zu einer wahren Finanzreform sei. Erfreulich sei es, daß dem Gedanken an ein Reichsministerium näher ge­treten werde. Der Weg hiezu dürfe aber nicht über verlängerte und zwar über fünfjährige Budgetperio­den führen.

Schweiz.

Bern, 12. Juni. Es schneite in der letzten Nacht bis av den Fuß des Jura herab. Das ganze Jouxthal, (das Thal der Orbe im oberen Jura) liegt unter Schnee und ist in eine Winterlandschast verwandelt. Gleiche Nachrichten kommen von allen Berggegenden. Im Oberland leidet das Vieh Not, der Dienst der Bergbahnen ist unterbrochen. In Bern fiel das Thermometer auf 5 Grad.

Italien.

Vico Equense, 13. Juni. Der ehemalige Mi­nister Nicotera ist heute Mittag gestorben. Die Kammer hob zum Zeichen der Trauer über den Tod Nicoteras die Sitzung auf.

Spanien.

Aus Spanien. Durch den Tod des berühm­testen spanischen Stierkämpfers Espartero und den dadurch veranlaßten Antrag des Abgeordneten Avila auf Abschaffung dieses barbarischen Sportes ist wieder einmal die Aufmerksamkeit des gebildeten Europa auf die spanischen Stiergefechte gelenkt worden. Na­türlich wird der Antrag Avilas ebensowenig wie ein im Jahre 1883 im Senat eingebrachter ähn­licher Antrag zur Preisgebung dieserberechtig­ten Eigentümlichkeit" spanischer Zivilsation führen. Wie schwunghaft übrigens diese Schauspiele betrie­ben werden, davon hat man bei uns meist keine Ahnung. In Madrid finden von Ostern bis Aller­heiligen, mit einer kurzen Unterbrechung im Sommer, jeden Sonntag und Donnerstag Stierkämpfe in der 14000 Zuschauer fassenden Plaza de Toros statt, welche z. B. im Jahre 1887 217 Stieren und 372 Pferden das Leben gekostet haben. Die Zahl der Stierkämpfe in ganz Spanien beträgt jährlich etwa 200, wobei 1000 Stiere und mindestens 3500 Pferde das Leben einbüßen. Die alte Kirche hat bekannt­lich ihren Gliedern die Teilnahme an den antiken Tierhetzen und Gladiatorenspielen strengstens verboten.

Granada, 13. Juni. Ein Erdbeben zerstörte gestern zahlreiche Häuser und mehrere Kirchen. Die unbewohnbar gewordenen Häuser wurden durch die Polizei geräumt. Die Panik war ^ groß. Die Zahl der Opfer ist noch unbekannt.

England.

London, 13. Juni. Aus Hongkong wird ge­meldet, daß dort die Hälfte der Bevölkerung, etwa 100,000 Personen, die Stadt verlassen habe, da die Pest schrecklich wüte und täglich gegen 100 Opfer fordere. Verschiedene Europäer sind erkrankt, einer ist gestorben.

Kleinere Mitteilungen.

In Lützen Hardt, O.-A. Horb, begab sich ein 18jähr. Bürschlein mit dem offenen Dolchmesser in der Tasche in ein Wirtshaus, fing dort Streit an und stach einen an seinem Gezänk gar nicht beteilig­ten jungen Mann aus dem benachbarten Thum- lingen in den Unterleib, daß derselbe tätlich verletzt ziffammensank. Ob der Messerheld sich zuvor noch mildernde Umstände" angetrunken hat, ist zweifelhaft.

Ter Bauer Gronauer von Büttelbronn wurde auf freiem Felde vom Blitz erschlagen. Seine Kleider singen Feuer und verbrannten, und so fand man die Leiche teil­weise verkohlt auf.

Stut t g ar t, 13.^Juni. Heute früh nach 7 Uhr wurde in einem Halls der Silberburgstraße im Hausgang des l. Stocks ein neugeborenes Kind gefunden, welches von den Bewohnern deS genannten Stocks vorerst in Pflege ge­nommen wurde. Von der Mutter hat man bis jetzt noch keine Spur.

Von der Eyach, 12. Juni. Am letzten Samstag morgens 4 Uhr fand man im Eyachthale zwei an einem le eren Steinfuhrwerk angespannte Pferde weidend abseits der Straße; das Fuhrwerk wurde in ein Gasthaus in Jmnau verbracht und, da man einen Ueberfall des Fuhrmanns vermutete, amtliche Anzeige erstattet. Am Montag wurde nun in Erfahrung gebracht, daß der Fuhrmann, der in einer Wirtschaft in Rangedingen sein Geld zählte, ivobei ihm ein Mann zum Fenster herein znsah, nachts zwischen Rangedingen und Haigerloch überfallen und seiner Bar­schaft beraubt wurde. Während des Ueberfalls gingen die Pferde ihres Weges weiter und verliefen sich auf die Weide. Der Beraubte muß mehrere Stunden der Nacht im Freien zugebrachl haben. Als morgens der Gendarm von Haiger­loch die Strecke beging, stieß er auf den Fuhrmann, wel­cher ihm seine Beraubung mitteilte. Es gelang dem Gen­darmen, den Thäter in Rangedingen allsfindig zu machen und demselben das gestohlene Geld abzunehmen. Der Räu­ber ist verhaftet.

Hechingen, 13. Juni. Einen rohen Scherz erlaubte sich vergangener Tage ein junger, in einer hiesigen Fabrik angestellter Kommis einem älteren Arbeiter gegenüber. Er stopfte dessen Tabakpfeife zu 2 Drittel mit Pulver und ver­deckte dieses mit Tabak. Nichts ahnend ging der Arbeiter des Abends nach Hause und zündete nach herkömmlicher Weise sein Pfeifchen an. Kaum hatte er jedoch einige Züge gethan als das Pulver sich entzündete, das Gesicht des Bedauernswerten schlimm verbrannte und auch die Augen in starke Mitleidenschaft zog; die Sache wird jedenfalls ein gerichtliches Nachspiel haben.

Halle, 11. Juni. Die Aufregung, in welche die Stadt durch die beiden neuesten Mordthaten versetzt ist, läßt sich kaum beschreiben. Das Opfer vom Samstag abend ist eine 32jährige Witwe, Namens Becker, aus oem Nachbarort Beesen. Die Frau war im Feld mit Kartoffelhackeu be­schäftigt, und setzte ihre Arbeit auch noch fort, als es schon dunkel wurde. Als sie in der Nacht nicht nach Hause kam, zogen die Dorfbewohner aus, um die Feldflur äbzusuchen. Man fand aber nichts. Inzwischen war die Hallesche Po­lizei von der Sache imkerrichtet worden, der sich auch ver­schiedene Flurhüter mit ihren Hunden anschlossen. Diese Hunde fanden schließlich die Blutspur und gleich darauf entdeckte man den Leichnam der Frau Becker in einem Roggenfeld versteckt. An der Frau war ein Mord ver­übt und der Körper in derselben Weise wie bei den im Februar ermordeten beiden Frauen (Frau Kramer und Almosenpflegerin Handke) durch Herausschneiden gewisser Körperteile geschändet. Noch war die Polizei auf der Suche nach der Frau Becker begriffen, da erreichte sie schon die Kunde von einem neuen in der Stadt selbst verübten Ver­brechen. In der Libeauerstraße, dicht vor der Stadt, stehen zwei städtische Schulgebäude. In dem Souterrain des einen dieser Gebäude wohnt der für beide Schulen eingestellte Hausmeister Dönau mit seiner Frau und seinem sieben­jährigen Töchterchen. Gestern nachmittag war Dönau aus­gegangen, die Frau war zu Hause geblieben, da das Töch­terchen kränklich war. Die Mutter saß bei ihrem Kinde am Bette. Plötzlich (zwischen 4 und 5 Uhr nachm.) rief das Kind der Mutter zu, draußen un Hof treibe sich ein fremder Mensch herum. Die Mutter wollte hinausgchen und Nachsehen, in dem Moment aber, wo sie die Stuben­thür öffnete, erhielt sie mit einem Beil drei Hiebe auf den Kopf. Doch hielt die Frau sich noch soweit aufrecht, dag sie das Fenster erreichen und Hilferufe ausstoßen konnte. Auch das schreiend nach der Stubenthür geeilte Kind erhielt tätliche Beilhiebe. Inzwischen hatte sich infolge der Hilfe­rufe viele Menschen angesammelt, denn die dicht an den beiden Schulgebäuden vorüberführende Straße war von Spaziergängern sehr belebt. Der Mörder hatte sich zur Flucht gewandt, war ans dem Gebäude durch ein Fenster in den Hof gelangt und aus dem Hof über ein Eisenstacket hinweg in das freie Feld entsprungen. Eine große Zahl von Männern verfolgte den Mörder und war ihm nahezu auf den Fersen. Doch ehe man ihn noch erreichte schlug er sich in ein Roggenfeld und entschwand den Binnen dee Verfolger. Bis jetzt ist noch keine Spur wieder von chm gefunden worden. Arau Dönau und ihr töchterchen wur- den in die Kgl. Klinik gebracht. Ein wenig Hoffnung aus Erhaltung soll nur bei der Frau vorhanden sein, das Kind liegt hoffnungslos darnieder. Ter StaatSanwalt setzt 1000 Belohnung sür Ermitilung deS Frauenmorders aus.

Hallen. S., 12. Juni. Der Frauenmörder ist heute nachmittag festgenommen morden._

Hiezu das Unterhaltungsblatt Nr. 24.

Redaktion, Truck und Verlag der G. W. Zaiser'srys.r Buchhandlung (Emil Zaiser) Nagold.