In Köln wurde heute ein Marinesoldat wegen schwerer Vergehen gegen Vorgesetzte standrechtlich erschossen.
Spandau, 5. Nov, Infolge bedeutender Aus träge begannen in der königlichen Artilleriewerkstatt größere Arbeitereinstellungen. Die Arbeiterzahl von 1500 Mann soll erheblich erhöht werden.
Berlin, 4. Nov. Ejraf Bismarck bean tragte einen Agenten mit Mietung einer größeren für den Fürsten bestimmten Wohnung.
Berlin, 4. Nov. Etwa 1300 Mann, Setzer und Drucker, befinden sich gegenwärtig im Ausstande doch waren diese Strikenden bis gestern Abend bis auf einen verschwindend kleinen Teil durch Zuzügler ersetzt worden. Betriebsstörungen in größeren Druk kereien sind bis jetzt nur in einem Falle zu verzeichnen gewesen, und zwar bei einer hiesigen, einer Kom manditgesellschaft gehörigen Tageszeitung. Seitens der Direktion wurde dem Personal mitgeteüt, daß die Forderungen dem Auffichtsrat zur Prüfung vor gelegt werden sollten. Ohne die Antwort des letz teren abzuwarten, legten die Ausständigen die Arbeit nieder und in Folge dessen konnte das betreffende Blatt („Neueste Nachrichten") vorgestern Abend nur '/- Bogen stark erscheinen; am nächsten Tage jedoch waren die Ausständigen bereits durch anderes Personal ersetzt.
Berlin, 6. Nov. Der Raubmörder Wetze hat geständen, den Mord Hirschfelds ohne Komp licen verübt zu haben.
Berlin, 6. Nov. Der wegen Verdachts des Mordes der Prostituierten Ritsche verhaftete Kommis Ernst Schulze wurde heute aus der Haft entlassen.
Berlin, 6. Nov. Das New-Aorker Journal „Sun" erführt, daß gestern in New-Uork ein Brief eingetroffen sei, wonach Johann Orth mit seiner Gattin wohlbehalten in Chile sich befinde. Nach Angabe des Blattes rühre der Brief von der Mutter Johann Orth's her, welche die bezüglichen Nachrichten von Orth stlbst erhalten hätte. (Diese Mel düngen sind ebenso wie die früher äufgetäuchttn mit äußerstem Mißtrauen aufzunehmen.)
Die Zahl der Unterschriften der Petitionen an den Reichstag für die Jesuiten ist l 081 000 und deren gegen die Jesuiten 1 25 000.
Die „Nvrdd. Allg. Ztg." bezeichnet die Meldung der Blätter, der deutsche Weinzvll sei indem deutsch italienischen Handelsvertrag von 24 auf 15 herab gesetzt worden, als unrichtig.
Das Aufsehen über den Bankbruch der Firma Hirschseld u. Wolfs ist unbeschreiblich; viele kleine Leute sind durch Verlust ihrer Einlagen gänzlich zu Grunde gerichtet. Das „B. Tageblatt" will wissen, die Kaiserin Friedrich, Prinz Heinrich, Herzog Günther von Schleswig-Holstein seien ebenfalls geschädigt; die „Post" bezeichnet diese Angaben als falsch und stellt vielfache Uebertreibungen in den umlaufenden Gerüchten fest. Woiff wurde heute Verhaftet.
Die Kunden der Firma Hirschfeld und Wolfs rekrutieren sich aus den höchsten Gesellschaftskreisen, selbst Mitglieder des königlichen Hauses sollen zu denselben gehören. Thatsache ist. däß der jetzige Kultusminister, Graf Zedlitz-Trützschier, ein Kunde der Firma war und einen allerdings mäßigen Betrag von derselben zu fordern hat. Die Firma verwaltete u. a. das Vermögen des gräflich Bre- dow'fchen Fideckommis, ferner ein Vermögen, zu welchem der Vizepräsident des preußischen Abgeordnetenhauses v. Benda in nahen Beziehungen stand. Ferner nennt man die Grasen Lehndorff, Eulenburg und Lüttichau als Kunden und jetzige Gläubiger der Firma. Einer der Hauptkrcditore» ist Herr v. Hcinersdorf mit ca. 500000 Mark.
Es bestätigt sich, daß in dem Konkurs des Bankhauses Hirschfeld und Wolfs die Passiva gegen 8 Millionen betragen, denen besten Falles 3 Mill. Aktiva gegenüberstehen.
Der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Schmidt-Mittweida ist vom Landgericht zu Chemnitz wegen Beleidigung, Aufreizung und Aufforderung zum Ungehorsam zu 1 Jahr 3 Monaten Gefängnis verurteilt worden.
Sofort nach dem Eintreffen der Nachricht, daß Emtn Pascha vom Albert-Eduard-Nyanzasee nach dem Albert-Nyanzafee aufgebrochen sei, ist, wie der „Reichsanzciger" meldet, der deutsche Botschafter Graf Hatzfeld in London beauftragt worden, Lord
In
Salisbury hiervon in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, daß Emin bei diesem Zug in die englische Interessensphäre gegen seine ausdrückliche Instruktion handele und daß die kaiserliche Regierung unter diesen Umständen die Verantwortung für sein Unternehmen ablehnen müsse. Der Botschafter meldet, daß der englische Premierminister für diese Mitteilung seinen Dank ausgesprochen habe.
Emin Pascha macht dadurch. daß er von sich selbst so wenig spricht, um so mehr von sich reden, in der Einsamkeit afrikanischer Einöden ist er sich dieses Effektes seiner Wortkargheit sicher nicht bewußt. Gegenüber den Verunglimpfungen, die ihn auf die Meldung hin, er und T>r. Stuhlmann hätten die deutsche Interessensphäre verlassen, als De- serteur bezeichnen, ihn der Verletzung seiner Beam-' tenpflicht zeihen, ist es sicherlich nicht ohne Belang, daß Männer wie Prof. Schweinfurth und Dr. Karl von den Steinen mit Nennung ihres Namens für Emin Pascha eintreten unter dem Hinweis auf seinen bisher stets erprobten lauteren Charakter. Gegen den Vorwurf, Emin habe seine Beamtenpflicht verletzt, wendet sich die „Köln. Ztg.", sie meint, ihm komme ein solcher Charakter gar nicht zu. Wenn man ihn früher, eventuell als Beamten des Reichskommissars v. Wißmann habe bezeichnen können, so habe dies mit dem l. April aufgehört, nachdem das Schutzgebiet von Ostafrika unter, kaiserliche Vermal- tung gekommen ist.
Brlterrrich-Angsrn.
Der Präsident des obersten österreichischen Gerichtshofs, Herr v. Schmerling, hat S. M. den Kaiser um seine Entlassung gebeten. Herr v. Schmer ling zählt jetzt 86 Jahre.
Kr » n k r<e i ch.
Paris llehnttü die Kammerverhandlungen einen recht ruhigen Verlauf. Die radikälen Abgeordneten zeigen freilich große Lüst. einen neuen Ansturm gegen die Republiet'uNg zu wägen, aber die^ große Mehrheit der Volksvertreter will im Hinblick auf den Zaren nichts von neuen Ministerkrisen wis- en, und so wird es denn auch nicht dahin kommen. Einige neue Streiks von Kohlenarbeitern sind in Aussicht. Ebensolche politische Stille waltet in Eng land vor; aus Irland haben zwar unter den polt tischen Gegnern wieder einige derbe Handgreiflich eiten stättgesunden, aber das ist dort etwas Alltägliches.
I t al i e n.
Rom, 4. Novbr. Der französische Delegierte egte ebenfalls einen Kränz auf dem Grabe Viktor Emannels nieder.
In der gestrigen Friedenskonfercnzsitzung bekämpfte der Franzose Gaillard den deutsch-englischen Antrag aus das heftigste und lancierte hämische An griffe gegen die deutschen Deputierten. Hierauf ant wartete der Abgeordnete Barth in überaus schneidiger Weise. Barth erklärte die seitens der Franzosen beantragte internationale Organisätion für eine leere Form ohne Inhalt. Das Wesen der Sache sei, daß jeder in seinem Lande für die Friedenssache arbeite und die gefährlichen Leidenschaften nach Kräften zügeln helfe. Deutschland könne nicht-riskieren, von der Friedensliebe anderer Völker abhängig zu werden. Barths Ausführungen wurden von der großen Mehrheit der Konferenz, insbesondere von den Engländern, Oesterreichern, Holländern, Belgiern, Schweizern und vielen Italienern auf das lebhafteste ap- )laudiert. Nach einer von Jmbriani inscenierten einen Radausceüe wurde vie Abstimmung auf mor- en vertagt. Die Stimmung innerhalb der Konferenz hat sich zweifellos in den Deutschen freundlichem Sinne verschoben. Rickert, der heute abreist, erklärte^ er werde trotz aller Friedenskonferenzen der Welt ür den neuen Militärkredit votieren. Der Schweizer Nationalrat Joos reichte den Antrag ein, der Papst olle, da die gegenwärtige Formel des Bischofseides zegen den Religionssrieden verstoße, zu einer. zeitgemäßeren Abänderung des Äischofseides aufgefor- )ert werden.
Belgie n-H o l l s n d.
Brüssel, 5. Nov. Schloß Dave bei Namnr, Eigentum des Herzogs Fernan Nunez, eines der chönsten Herrensitze Belgiens, ist teilweise niederge- »rannt. Der linke Flügel ist gänzlich zerstört. Die Knnstschätze wurden gerettet.
Brüssel, 6. Nov. Die Zuhälter ausländischer Nationalität sollen änsgcwlesen werden.
Achwrdkn-Uorwkgrn.
Christiania, 4. Nov. Der Pastor Ofterdal, ein politisch einflußreicher Mann und Abgeordneter, betrat neuestenS die Kanzel zu Steinawanger und erklärte zum größten Erstaunen der Gläubigen, daß er ein Verbrechen gegen die Sittlichkeit begangen, ehebrecherische Beziehungen unterhalten habe und daß er sein Seelsorgeramt niederlege. Die radikale Partei nutzt diesen Skandal aus.
England.
London, 7. Nov. Die japanische Gesandtschaft teilt nachfolgende Depesche mit: Bei dem Erdbeben vom 28. Okt. wurde in den Verwaltungsbezirken Aichi und Gifa 6500 Personen getötet, 9000 verwundet. Die Zahl der zerstörten Häuser wird auf 75 000, die der beschädigten auf 1200 angegeben.
Da in England vollständige politische Stille herrscht» sorgen wenigstens die Irländer für Unterhaltung. Zu Anfang der Woche schlugen sich in Dublin ein paar Abgeordnete die Köpfe blutig, und nun ist es in Waterford bei Gelegenheit einer politischen Versammlung zu einem größeren Zusammenstoß gekommen. 150 Personen sollen verwundet sein.
Rußland.
St. Petersburg, 5. Nov. Das neueste hiesige Börsengerücht behauptet, der Zar habe nach Berlin gehen wollen, es seien jedoch der Berliner Polizei Warnungen zugegangen, die auf ein geplantes Attentat -deuteten, was den Zaren bestimmt habe, den Besuch aufzugeben. Das Gerücht wird wohl ganz aus der Luft gegriffen sein.
Petersburg, 6. Nov. Die „Nordische Telegraphen-Agentur" meldet: lieber die Einführung eines Ausfuhrzolles aus Weizen, sowie über ein bevorstehendes Verbot der Pferdeaussuhr ist hier nichts bekannt.
Der russische Minister v. Giers, der jetzt seit etwa vierzehn Tagen mit seiner Familie in Wiesbaden weilt, ftihrt dort ein sehr zurückgezogenes Leben. Die Gemahlin des Ministers wird täglich in einem kleinen Krankenwagen zu Dr. Mezger gefahren, in dessen Behandlung bekanntlich auch Herr v. Giers selbst steht.
Die russische Finanzlage verschlechtert sich jetzt von Tag zu Tag, obgleich es der Fmanzministcr an künstlichen Mitteln zum Emporschnellen des Rubelkurses nicht fehlen läßt. Dazu wird der Notstand täglich drückender. Wenn es zu einer größeren revolutionären Bewegung kommt, zu wundern braucht sich niemand. Der Zar sitzt fern von allem Jammer wohlbehalten in der Krim. Er scheint die Wahrheit nicht hören zu wollen, wird sie aber schließlich hören müssen.
Türkei.
Ministerkrisen sind auf der Balkanhalbinsel zu Hause. In Bukarest will der zum Dreibund neigende Premierminister Carp einige panslavistisch angehauchte Herren aus seinem Kabinet hinans- drängen und in Belgrad hat die radikale russen- freunüliche Partei abgewirtschaftet. Das Ministerium Pasitsch steckt in Folge seiner gräulichen Mißwirtschaft arg in der Klemme und wird früher oder später total zusammenkrachen.
Amerika.
Der New-Dork „Herald" meldet: In Valpa- r a i s o wurde ein Komplott entdeckt zur Ermordung des Generals Canto, welcher die Truppen der Kongreßpartei befehligte. In das Komplott seien her- vorragende Persönlichkeiten verwickelt und sei alles vorbereitet gewesen, um mit den Anhängern Balma- cedas in Buenos Aires in Verbindung zu treten.
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