lor, und nun hat ihn ein noch schwereres Geschick ereilt. Er ist verheiratet und hat 4 Kinder. Mit dem äußerst braven und fleißigen Mann und seiner bekümmerten Familie hat jedermann herzlich Mitleid.

Stuttgart, l2. Aug. Wie wir nachträglich erfahren, hat es sich ein kleiner Trupp von Sängern des Stuttgarter Liederkranzes auf ihrer Rückreise von Berlin nicht nehmen lassen, dem Fürsten Bis­marck in Bad Kissingen einen Besuch abzustatten, nachdem durch die Abwesenheit des Fürsten von Friedrichsruh die ursprünglich beabsichtigte Ovation der Sängergesellschaft vereitelt worden war. Da es ein regnerischer Tag war und der Fürst deshalb seinen gewohnten Mittagsspaziergang einstellen mußte, so sammelte sich bald eine große Menschenmenge vor der oberen Saline. Als infolge der Hochrufe der Altreichskanzler am Fenster erschien, ergriff Herr Otto Mayer, der Vicevorstand des Liederkranzes, das Wort, um in schwungvoller Rede den Fürsten zu feiern. Um seinen Dank auszusprechen, kam der Fürst in das Vestibül herunter und unterhielt sich längere Zeit sowohl mit unseren Liederkränzlern als mit der übrigen Gesellschaft, worunter sich viele Damen befanden, die dem Fürsten Blumen überreichten.

Stuttgart, 13. Aug. Die königliche Regie­rung hat den BegriffLuxusbrode" dahin definiert, daß nicht allein die äußere Form, sondern auch die innere Beschaffenheit einen Vorzug vor dem gemei­nen Brode erkennen lassen müsse. Auch unterstehen die Luxusbrode derselben gesetzlichen Controls, wie die übrigen Brodsorten. Das Gewicht ist stets auf der ausgehängten Tafel anzugeben.

Die Gründungsarbeiten zur großen neuen Neckar- Brücke zwischen' StuttgartCannstatt sind jetzt ausgeschrieben. Sie betragen die hübsche Summe von 391,333

Ludwigsburg, 12. Aug. Der Kaiserstein» ein 260 Ztr. schwerer Granitblock aus der Gegend von Alpirsbach, ist nun, geschmückt durch den Alpirsbacher Kriegerverein, per Bahn hier eingetroffen und wird morgen früh an seinen Bestimmungsort, denRömer­hügel" gebracht werden.

Was man wirklich von einem Lehrer verlangt, beweist Göppingen, das einen Hauptlehrer für die höhere Mädchenschule sucht. Derselbe soll rea­listischer Professorats-Kandidat der sprachlichhistori­schen Richtung sein. Er hat zu geben : deutsche Sprache und Literatur, Kirchengeschichte, Naturlehre, Naturgeschichte des Menschen, Geschichte, Geographie, Englisch und Französisch, unter Umständen auch Rechnen. Dies ist doch genng.

Brand fall: Zn Horb ein kleines Häuschen oberhalb der Marktsteige.

Karlsruhe in Schlesien, 14. Aug. Hierselbst ist Ihre Königliche Hoheit die Herzogin Mathilde Auguste Wilhelmine Caroline von Württemberg im 73. Jahr ihres Lebens verschieden. Die Verewigte, geb. am 1l. Sept. 1818, war eine Prinzessin von Schanmburg-Lippe, Schwester des regierenden Für­sten Adolf und des Prinzen Wilhelm, Vaters Ihrer Königl. Hoheit der Frau Prinzessin Wilhelm von Württemberg. Sie vermählte sich am 15. Juli 1843 mit dem verewigten Herzog Eugen von Württemberg, der am 8. Jan. 1875 starb. Im Tode ging ihr auch voraus im Jahr 1877 ihr Sohn Herzog Eu­gen, Gemahl Ihrer Kaiser!. Hoheit der Herzogin Wera von Württemberg.

Wiesbaden. Für Juristen dürfte eine Ent­scheidung der hiesigen Strafkammer von hohem In­teresse sein. Ein Jmpfverweigerer war hier freige- sprcchen worden. Dieses Urteil wurde vom Ober­landesgericht in Frankfurt aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung an die Strafkammer Wies­badenzurückgewiesen. Wider Erwarten wurde abermals ein freisprechendes Urteil verkündet.

Derheilige Rock" in Trier hat einen Neben­buhler in Frankreich. Das kleine Städtchen Argen- teuil bei Paris rühmt sich des Besitzes einesRok- kes ohne Naht." So stark ist der Glaube des franz. Klerus an diese Reliquie, daß der Bischof von Ver­sailles thalsächlich mit dem Erzbischof von Trier übereingekommen ist, den h. Stuhl zu ersuchen, eine Untersuchung anzustellen, welche womöglich die Frage ein- für allemal zu lösen habe, welcher von den zwei Röcken in der Heiligen Schrift erwähnt sei. Zu Gunsten der franz. Reliquie wird geltend ge­macht, daß der in Trier aufbewahrte Rock nicht blos nicht ohne Naht sei, sondern daß er sich auch in

der Form gänzlich von der Tunika unterscheide, welche in den Tagen der bibl. Geschichte die innere Bekleidung bildete. Der Rock von Argenteuil ande­rerseits ist korrekt in der Form und hat die Gestalt einer Dalmatika. Er mißt 1,40 Mtr. in der Länge und ist aus mit der Hand gewobenem Kameelhaar verfertigt. Es fehlt ein bedeutendes Stück auf der linken Seite. Bei Hellem Licht hat er eine dunkel­rote Färbung, in seinem Glaskasten scheint er fast schwarz. Die Ueberlieferung will wissen, daß dieser Rock zu Jaffa von der heil. Helena, der Mutter Kaiser Konstantins, entdeckt und von der Kaiserin Irene Karl dem Großen zum Geschenk gemacht wor­den sei, welcher ihn seinerseits im Jahr 800 dem Kloster von Argenteuil schenkte, in welchem er seit dieser Zeit mit voller Gewißheit aufbewahrt wor­den ist.

Wie alljährlich in Südwestdeutschland, findet auch in diesem Jahre, und zwar in Worms am 30. Aug., ein gemeinsames Fest der nationalliberalen Vereine und Parteigenossen aus Baden, Hessen, Hessen-Nassau, der Pfalz und Württemberg statt, das der Erinnerung an die ruhmreichen Zeiten der Wiedererrichtung des Deutschen Reiches gilt".

Münster, 13. Aug. In der Hüller Haide bei Olfen wurde ein junges Bauernmädchen von einem I8jährigen Bäckergesellen in verbrecherischer Weise angegriffen. Die kouragierte Westfälin überwältigte jedoch nach längerem Kampfe ihren Angreifer und führte denselben eigenhändig der Polizei zu.

Posen, 12. Aug. Die Kaiserin Friedrich machte dem zweiten Husaren-Regiment anläßlich seines Ju­biläums ein Geschenk von 7000 ^ Ein weiteres Silbergeschenk folgt.

Berlin, 11. August. Ein Bild aus dem sozialdemokratischen Zukunftsstaat könnte man es nennen, welches sich am letzten Mittwoch in einer Versammlung desVereins der Berliner Buchdrucker und Schriftgießer" entrollte. Werner, der bekannte FührerderJungen", ist wohlbestallter Buchdruckerei­besitzer. In seiner Offizin wird ü. A. die sozialist­ischeBerl. Volkstribüne" gedruckt. Da die Sozial­demokratie eine entschiedene Gegnerin aller Akkord­arbeit ist, hatte Werner seine Schriftsetzer-Gehilfen mit einem festen wöchentlichen Lohn von etwa 30 Mark durchschnittlich angestellt. Auch sonst erfreu­ten sich die Gehilfen in der Werner'schen Offizin vieler Freiheiten. Aber die Freude dauerte nicht lange. Die Herren machten von ihren Freiheiten einen allzu ausgiebigen Gebrauch. So lieferten sie beispielsweise, wie Werner behauptet, für einen Wo­chenlohn von 30 ^ manchmal nur Arbeit in der Höhe von 1 -/A 50 Alle Ermahnungen, besser zu arbeiten, erwiesen sich als fruchtlos. Als einer der Kompagnons Werners die Gehilfen um mehr Ruhe bat, da er bei dem fortwährenden Lärm und Streit nicht mehr arbeiten könne,brüllten", wie Werner sich ausdrückt, die Herren dieMarseillaise" unter besonderer Betonung des Rufes:Nieder mit der Tyrannei!" Infolge dieser Vorgänge sah Wer­ner sich veranlaßt, das sozialdemokratische Prinzip über den Haufen zu werfen und Akkordarbeit anzu­ordnen. Die Folge davon war eine wesentlich ver­mehrte Arbeitsleistung. Gleichzeitig wurden zwei der Gehilfen, die in der Berliner Bewegung sich beson­ders Hervorthun und auch in der Offizin Werners das große Wort führten, entlassen. Sie betrachte­ten diese Entlassung als eiue Maßregelung und ver­langten demgemäß vom Verein der Berliner Buch­drucker und Schriftgießer diejenige Unterstützung, welche Gemaßregelten von dem Verein zu Teil wird. Darüber entspann sich nun in der Versammlung eine heftige Debatte, in der Werner in längerer Rede die eben wiedergegebenen Mitteilungen machte. Die Folge davon war, daß der Verein die Unterstützung der entlassenen Gehilfen ablehnte.

In einer Besprechung des russischen Aus­fuhrverbots schreibt dieNordd. Allg. Ztg." u. a.:Es fragt sich überhaupt, wie lange Rußland in der Lage sein wird, das Ausfuhrverbot aufrecht zu erhalten. Die durch das Verbot offiziell aner- kannte Verminderung der Exportfähigkeit Rußlands, beziehungsweise die durch das Verbot bewirkte Ver­minderung des Exports müssen sich notwendigerweise in dem Rubelkurse fühlbar machen, welcher sich trotz allerJnterventionskäufe" auf seiner gegenwärtigen Höhe nicht wird halten lassen. Ergeben sich hier­aus finanzielle Opfer für die russische Regierung, so

kommt hinzu, daß die ohnedies in einer Notlage be­findliche russische Landwirtschaft durch das Ausfuhr­verbot verhindert wird, ihre Produkte in der nutz­bringendsten Weise zu verwerten. Es liegen also genügend Momente vor, um die Zweischneidigkeit der getroffenen Maßregel den leitenden Kreisen Ruß­lands vor die Augen zu bringen."

Die in weiten Kreisen verbreitete Ansicht, daß es sich bei dem russischen Getreide-Ausfuhrverbot weniger um eine wirtschaftliche Notwendigkeit, als um einen politischen Akt. eine Errungenschaft des neuen Kurses" handelt, findet ihre Bestätigung in einer aus St. Petersburg an dieTimes" gelangte Depesche, in welcher es heißt: In gut unterrichteten Kreisen wird behauptet, daß die Roggenernte durch­aus nicht so schlecht sei, wie angegeben wird, und daß die Vorräte nicht so gering seien, um ein Aus­fuhrverbot zu rechtfertigen. Der Export von Rog­gen wird vielmehr für notwendig erachtet. Man neigt zu der Ansicht, daß das Ausfuhrverbot ein politischer, gegen Deutschland und Oesterreich gerich­teter Schachzug sei.

Das russisch-französische Abkommen soll angeblich, wie aus St. Petersburg verlautet, folgende Punkte enthalten: 1) Wenn Frankreich den Krieg an Deutschland erklärt, ohne daß ein besonders triftiger Grund dafür vorliegt, beobachtet Rußland vollständige Neutralität. 2) Wenn Frankreich durch ein heraus­forderndes Verhalten Deutschlands gezwungen wird, dem letzteren notgedrungen den Krieg zu erklären, so beobachtet Rußland eine Frankreich sympathische Neutralität und verstärkt cvent. seine Truppen an der preußisch-österreichischen Grenze. 3) Wenn Deutsch­land den Krieg an Frankreich erklärt, ist eine Koope­ration Rußlands und Frankreichs keineswegs ausge­schlossen. Andererseits sind in einem Krieg zwischen Rußland und dem Dreibund dieselben Vereinbarungen für Frankreich bindend. Ob diese Abfassung wirklich vorliegt, muß vor der Hand dahingestellt bleiben.

Nach dem französischen Admiral Gervais ist in St. Petersburg und am russischen Hof jetzt der deutsche Botschafter General v. Schweinitz wieder an der Reihe. Bei einer am vorigen Mittwoch im Lager von Krasnoje-Selo abgehaltenen Parade hat der Zar Herrn v. Schweinitz an seiner Seite beim Vorbeimarsch der Truppen halten lassen. Bei dem im Kaiserzelt veranstalteten Frühstück, zu welchem auch der Militärbevollmächtigte des Deutschen Reiches, Flügeladjutant v. Villauine, der Militär-Attache der deutschen Botschaft, Graf Jork v. Wartenburg, der österreichische Militärbevollmächtigte, Oberst Klepsch, und der dänische Gesandte geladen waren, hat Ge­neral v. Schweinitz neben der Kaiserin gesessen.

Italien.

Rom, 13. Aug. Der Papst hat die Echtheit des heiligen Rockes in Trier gegenüber demjenigen in Argenteuil anerkannt.

Turin, 13. Aug. Professor Perroncito will ein Mittel gefunden haben, um die Reblaus ohne Schaden für die Reben plötzlich zu vernichten. Die angestellten Versuche sollen einen außerordentlichen Erfolg gehabt haben.

Frankreich.

Paris, 12. Aug. Ein heftiger Waldbrand wütet seit gestern unweit Toulon; trotz der An­strengungen der Garnison sind bereits 1200 Hektare verzehrt.

Fiume, 12. Aug. Heute vormittag wurde im Golf von Fiume ein riesiger Haifisch im Gewichte von 4000 Kilo gefangen.

Toulon, 13. Aug. Die Waldbräude greifen weiter um sich. Gegenwärtig brennen 2000 Hektar. Mehrere Ortschaften befinden sich in Feuersgefahr. Der Waldbrand ist gelöscht.

In Cherbourg ist dieser Tage der französische KreuzerAigle" versteigert worden. Auf diesem Schiffe unternahm Napoleon III. 1865 seine Reise nach Algerien, besuchte der kaiserliche Prinz 1868 Brest und Cherbourg und unternahm die Kaiserin Eugenie ihre Fahrt zur Einweihung des Suezkauals. 1873 holte derAigle" den Schah von Persien in Portsmouth ab. Das Schiff hat seit dieser Zeit Cherbourg nicht mehr verlassen. Unter der Republik wurde es umgetauft und erhielt den NamenRopide."

Vichy, 14. Aug. Großfürst Alexis wurde mit unbeschreiblicher Begeisterung empfangen; die ganze Stadt war illuminiert. Abends besuchte er incognito das Theater, wobei er erkannt wurde. Die