wieder in seinemArbeiterprogramm" und seiner Schrift über die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen" die hohe Aufgabe des Staates, des uralten Vestafeuers aller Zivilisation" betonte, des Staates, der die Keime des Menschlichen zu entwickeln habe, wie er dies, seitdem die Ge­schichte stehe, gethau habe und für alle Ewigkeit thun werde, als das Organ, das für Alle da sei, um an seiner schützenden Hand die menschliche Lage Aller hcrbeizusührcn."

Sehen wir uns nach dieser Abschweifung im so­zialpolitischen Zukunftsstaate noch weiter um, so soll auch aufdem weiten und wichtigen Gebiet des Zeitungswesens" tüchtig aufgeräumt werden, da ge­genwärtigetwas Traurigeres, Geistloseres und Ober­flächlicheres, als der größte Teil unserer Zeilungs- likcratur, nicht existiere". Im Zuknnftsstaat soll der Redakteurnicht von der Gunst des Buchhändlers, dem Geldinteresse oder dem Vorurteil abhüngen, sondern von der Beurteilung unparteiischer Sachver­ständiger, die er selbst mitbestimme und gegen deren ihm nicht zusagende Entscheidung er jederzeit an die Gesamtheit appellieren könne." In ungeschminkter Darstellung heißt dies: Was uns nicht gefällt, wird einfach unterdrückt! Das ist die wahre Freiheit, von welcher freilich derBourgeois" keinen Begriff hat!

Wie die Frage von der künftigen Stellung der Frau nur einen verhälinismähig kleinen Teil jener Schrift c-nniuunt, so wird auch das Kapitel von der Ehe ziemlich kurz abgethan. Die Ehe wird nämlich alsbald abgeschafft, die Frau ist vollkommen frei und erfreut sich derFreiheit der Liebeswahl", was noch ausdrücklich damit begründet wird, daß die Pro­venienz der Kinder gleichgiltig sei,da es ja in der neuen Gesellschaft nichts mehr zu vererben gebe." Und wie A. Bebel der Ansicht ist, daß Deutschland im bevorstehenden sozialen Kampf die führende Rolle übernehmen werde, so lebt er auch der Ueberzeugung, daß die deutsche Frauin diesem Kampf nicht Zu­rückbleiben, sondern für ihre Befreiung und Erlösung kämpfen werde." Es bedarf wohl nicht der aus­drücklichen Versicherung, daß wir von der deutschen Frau und deren Idealen eine ganz andere Anschau­ung haben, indem wir an den Worten unseres Alt­meisters Göthe festhalten:Willst Du genau erfahren, was sich ziemt, so frage nur bei edlen Frauen an."

Oberförster 'Kurz in Plattenhardt wurde seinem An­suchen gemäß auf das Revieramt Stammhcim, Forsts Wild­berg, versetzt.

Hages-WeuigkeiLen.

Deutsches Weich.

2 Jselshausen, 24. Febr. Heute Mittag 2 Uhr hielt der Darlehenskassen-Vcrein Jselshausen, c. G. m. u. H.«eine Generalversammlung im Gasth, z. Lamm." Der Verein hat eine ^jährige Thä- tigkeit hinter sich und sollte nun Rechenschaft geben über die erzielten Resultate. Vorsteher Sch old er begrüßte die zahlreich Erschienenen und erstattete den Rechenschaftsbericht. An der Gründung des Vereins beteiligten sich 49 Mitglieder, 1 Mitglied ist durch Tod ausgeschieden und 4 Mitglieder wurden seither ausgenommen, so daß heute 52 Mitglieder den Ver­ein bilden. Der Verein hat bei einem Umsatz von <^l 59 089,10 am 1. Jan. a. o. noch 13 459 ^ Anlehen, 281,50 ^ Geschäftsanteile, 1508,26 ^ Depositen (von der Pfennigsparkasse Jselshausen), im Ganzen 15 248,76 ^ Schulden, welchen fol­gende Guthaben gegenüber stehen: bei der kgl. Hof­bank 1220,20 r/A, bei Mitgliedern auf laufende Rechnung 700 an Darlehen 11 055,43 an Güterzielern 1648,30 Aktiva: 15 723,60 Passiva: 15 526,68 Reingewinn: 196,92 -/A.

Der Reingewinn von 196 ^ 92 ^ fällt dem Re­servefonds zu, da aus den einbezahlten Geschäfts- Anteilen erst im nächsten Jahre Dividenden berech­net werden.

Herrenberg, 24. Febr. In Gültstein ge­rieten vergangene Nacht beim Nachhausegehen zwei verheiratete Männer in Streit, wobei Schreiner Kapp seinen Gegner so in die Brust stach, daß letz­terer bewußtlos vom Platz getragen werden mußte. Die Verwundung ist eine lebensgefährliche.

Freudenstadt, 23. Febr. Die Gewerbebank Freudenstadt hielt gestern ihre jährliche General­versammlung ab. Nach dem Rechenschaftsberichte des Vorstands und Aufsichtsrates ist der Stand der

Mitglieder am 31. Dezember 1890 885 gegenüber 838 im Vorjahre. Bei einem Gesamtumsatz von 8 479 433 ^ 50 -ff wurde ein Reingewinn von 21 836 20 ^ff erzielt und konnte eine Dividende

von 6*/s"/o zur Verteilung gelangen. Der Reserve­fonds, dem für das Geschäftsjahr 1890 3000 ^ zugewiesen wurden, beträgt nunmehr 30 000

Geislingen, 21. Febr. In der heutigen Ausschußsitzung der Deutschen Partei wurde die Gehaltsaufbesserung der Volksschullehrer behandelt. Es wurde entschieden betont, daß die Sache dringlich und daß es Aufgabe der Deutschen Partei sei, auf die Beseitigung der hier vorliegenden sozialen Miß­verhältnisse ernstlich hinznwirken. Es wurde daher einstimmig beschlossen, die Mitglieder der Kammer- fraklion der Deutschen Partei zu bitten, den Wünschen der Volksschullehrer und den einschlägigen Verhält­nissen eine eingehende Beachtung zu schenken und die berechtigten Forderungen dieses Standes, welche vielfach, namentlich bezüglich der unständigen Lehrer über die Regiernngsanträge hinausgchen, mit Nach­druck zu vertreten. Mit Befriedigung wurde die Mitteilung ausgenommen, daß unser Parteivorsitzender, Herr Dr. Göz, von der Finanzkommission zum Be­richterstatter in dieser Angelegenheit aufgestellt wor­den ist. Demnach ist zu hoffen, daß die Anschauung der Deutschen Partei in dieser Sache zu gehöriger Geltung kommen wird.

Hohenheim, 22. Febr. Heute früh ist eine dem landw. Institut Hohenheim gehörige, auf freiem Felde stehende größere Heufeime durch böswillige Hand angezündet worden und vollständig abgebrannt. Es waren über 1505 Ztr. Heu; der Schaden be­trägt ca. 3000 Der Thäter ist noch nicht er­mittelt.

Berlin. Das Unwohlsein, an welchem der jüngste Sohn des Kaisers in voriger Woche erkrankt war, ist in der That so heftig gewesen, daß zeitweise für das Leben des Kleinen ernste Besorgnisse gehegt wurden. Jetzt ist die Krankheit indessen übcrstanden. Der kleine Prinz Joachim ist ein ebenso kräftiger Knabe, wie seine fünf Brüder; Zeitungsmeldungen, welche behaupteten, der Prinz sei von schwächlicher Konstitution, sind unbegründet.

Berlin. Der Reichstag genehmigte den tz 115 unter Ablehnung der dazu cingebrachten Abände­rungsanträge. Der H 115 bestimmt, daß die Lohn­zahlung in barem Gelbe zu erfolgen hat und ver­bietet die Lieferung von Waren an Stelle des Lohnes. Das Haus war diesmal ganz außeror­dentlich schwach besetzt.

Berlin, 25. Febr. DieVossische Ztg." teilt mit: Nach den von der Seehandlung versendeten Mitteilungen über den Zuteilungsmodus für die dreiprozentigen preußischen Consols entfallen auf eine Zeichnung bis zu 3000 ^ zweihundert, bis 10 000 -4L dreihundert, bis 15 000 fünfhundert Mark, darüber hinaus 3 Prozent. Die Zeichnungs­stellen erhalten auf ihre Gesamtzeichnung 3^ir Pro­zent zugewiesen, mit dem Wunsche, sich dem obigen Repartitionsmodus anzuschließen.

Die englische Heilsarmee, die es zur Auf­gabe sich gestellt hat, alles Laster und schließlich alle Not aus der Welt zu schaffen, hat schon seit längerer Zeit versucht, in Deutschland festen Fuß zu fassen, indessen waren die Erfolge nur gering. Nun ist auch der Leiter der ganzen Bewegung, General" Booth, aus London nach Berlin gekom­men, und hat einen Vortrag gehalten, aber die etwa tausend Personen, welche dem General lausch­ten, sind enttäuscht und entnüchtert heimgegangen. Denn alles, was sonst den Reiz derHeilsarmee" ausmacht, dasaggressive Christentum", das den alten und hartgesottenen Sünder windelweich betet, jene fromnien Heilskinder, welche nach der Melodie von Gassenhauern abgeleiert werden, und alles sonstige Beiwerk der Versammlungen fehlte diesmal gänzlich. Es war nichts als ein trockener Vortrag, sehr ruhig, sehr maßvoll, aber auch sehr langweilig, so daß ein nicht unerheblicher Teil der Zuhörer schon nach kurzer Zeit von unbezwinglichem Gähn- krampf befallen wurde und bald darauf andächtig entschlief. Der ganze Inhalt ver Rede des Herrn Booth lief neben der unvermeidlichen Bettelei um Geld auf die Verschickung von überschüssigen Menschen aus den Städten auf das platte Land und auf eine Aenderung des Besitzes am Grund und Boden hinaus.

Spandau, 24. Febr. Die König!. Gewehr­

fabrik entließ heute fünfhundert Arbeiter und kündigte weiteren achthundert.

A u s l§ n d.

Paris. Die Pariser Journale haben in den letzten Tagen ihre Urteile über den Besuch der Kaiserin Friedrich etwas geändert, was allerdings vvrauszusehen war. DerSiöcle" hält es für er­forderlich, den enthusiastischen, aus der sympathischen Aufnahme, welche die Kaiserin Friedrich in Paris gefunden, gezogenen Folgerungen verschiedener Blätter einen Dämpfer aufzusetzcn. Das Blatt sagt, Frank­reich könne an eine Aussöhnung mit Deutschland nicht denken, so lange die Elsäßer noch kricgsgefan- gen seien. Wenn Andere den Franzosen ihre Nie­derlage im letzten Kriege verziehen, so könnten sie selbst sie nicht entschuldigen und müßten protestieren, wenn man ihnen Vorschläge, den jetzigen Frieden anders, wie einen Waffenstillstand anzusehen. Die France" schreibt, die Reise habe keine Bedeutung. Wenn auch die Beziehungen der beiden Nachbar­staaten höflicher würden, so sei an eine Aussöhnung nicht zu denken. Niemand wolle einen Krieg mit Deutschland beschleunigen, noch die Verantwortung, ihn hervorgerufen zu haben, auf sich nehmen, der Kampf sei aber unvermeidlich, darüber dürfe man sich keiner Täuschung hingeben. DerMatin" meint, mau dürfe in der höflichen Aufnahme der Kaiserin Friedrich kein Zeichen der Annäherung an Deutsch­land sehen. Deutschland wolle durch sein Entgegen­kommen nur Frankreich und Rußland auseinander bringen. Die Beziehungen Frankreichs zu feinen Nachbarstaaten könnten höflicher werden, Frankreich werde aber nie den Verlust von Elsaß-Lothringen verschmerzen und nie vergessen, daß Italien Deutsch­land den Besitz dieses Landes verbürge. Diese Zei­tungsstimmen beweisen zur Genüge, daß der Glaube an eine enge Annäherung zwischen dem Deutschen Reiche und der französischen Republik zu jenen Wün­schen gehört, die nie sich erfüllen werden. Die Franzosen vergessen, daß Kaiser Wilhelm feierlich erklärt hat, eher bleibe unser ganzes Heer auf dem Felde, als daß wir etwas von dem hergeben, was wir 1870 errungen.

Paris. Eine von 1200 Personen besuchte Versammlung vonParisern Spektakelmachern", in welcher der boulangistische Nb. Laur und der hirn­verbrannte Patrivtenligachef Deroulode das große Wort führten, nahm folgende Tagesordnung an: Die Versammelten anerkennen die Höflichkeitspflichten einer Frau gegenüber, lasten sich aber nicht über die Gründe täuschen, w»lche die Kaiserin Friedrich nach Parts geführt haben. Es handelt sich um einen Annäherungsversuch Deutschlands an Frankreich und die bevorstehende (??) Reise Kaiser Wilhams nach Paris, welche Vorläufer eines Abrüstungsvorschlages, eines deutsch-französischen Handelsvertrages und des Aufgebens der russischen Allianz von Seiten Frank­reichs 'sind. Angesichts dieser klar zu Tage liegenden Thatsachen schwören die Anwesenden, den Kaiser Wilhelm in Frankreich so zu empfangen, wie der König Alphons von Spanien seiner Zeit hier em­pfangen worden ist. Sie protestieren mit Entrüstung gegen die Ferry'sche Politik, die e >e Politik der nationalen Unehre ist." D«woulöde forderte darauf die Anwesenden auf, sich mit ihm nach der Statue der Stadt Straßburg zu begeben. Don stießen die Demonstranten auf starke Polizeidetachrments, die sehr unglimpflich mit ihnen verfuhren. Obwohl, so berichtet der Pariser Korrespondent RsBcrl. T^bl die Phrasen dieser Absynth-Politi'er '°.nesvcgs oie Gesinnung der anständigen Pariser Bevölkerung re­präsentieren, hat doch diese Bewegung einige Künstler, die anfänglich in Berlin ausstellen wollten, bedenklich gemacht, so Roll, der bisher regelmäßig die Mün­chener Ausstellung beschickte.

Paris, 24. Febr. Das von Cassagnac heraus- qegebene BlattAutorilä" meldet, eine Gruppe von Abgeordneten wolle den Minister des Aeußeren, Ribot, interpellieren, warum er bei der Kaiserin Friedrich seine Karte abgegeben, da die Kaiserin doch inkognito nach Paris kam.

Newyork, 25. Febr. An der am 4. Februar bei dem Grubenunglück in JeansvNer verschütteten Stelle wurden gestern 4 Arbeiter lebend aufgefunden. In 19täaiger Gefangenschaft haben sich dieselben durch Trink-n tws Grubenöls^ernährt.__

Verantwortlicher Redakteur Steinwandel m Nagold. Druck und Verlag der G. W. Zaifer'scheu Buchdruckerei.