genoß derselbe gestern nach verschiedenen Meldungen nicht nur gewöhnliche Speisen in gewohnter Menge, sondern auch eine Cotelette und ein Glas Bier.

Berlin, 27. April. Ueber die Medikamente des Kaisers berichtet diePharmaz. Ztg.", daß die Medikamentation in letzter Zeit in der Darreichung von Antipyrin und sodann von Dooootum Odinas be­standen hat. Zur Desinfizierung wird Eucalyptol angewandt. Die Arzneien werden in Charlottenburg angefertigt. In San Remo wurden die von den deut­schen Aerzten verordneten Arzneien in der deutschen Apotheke von Wiedmann, die von Mackenzie verord­neten in der englischen Apotheke von Squire angefertigt.

Berlin, 27. April. Das Honorar Mak- kenzies beträgt nach einem Pariser Blatte täglich 1500 Mark. Kaiser Friedrich übergab der Köni­gin Viktoria die engl. Orden Kaiser Wilhelms.

Berlin, 27. April. Bei der amtlichen Pub- lizierung der Ernennung des Grafen Herbert Bis­marck zum Staatsminister wird daran erinnert, daß dies jugendliche Alter Graf Herbert Bismarck ist jetzt 39 Jahre alt in der Geschichte der Minister­ernennungen keineswegs beispiellos sei. So ist ein Vorfahr des jetzigen Ministers, August v. Bismarck, 1782 im Alter von 32 Jahren dänischer Minister geworden. Auch in Preußen wurden schon 34, 38 und 39 Jahre alte Männer Minister.

Berlin, 27. April. Da die fortschreitende Besserung im Befinden des Kaisers andauert, so kann man sagen, daß die Gefahr der Situation, welche durch den letzten Anfall bedingt war, überwunden ist. Die Morgen-Temperaturen nähern sich täglich mehr der Norm, das abendliche Fieber fällt ebenfalls von Tag zu Tag. Allerdings liegt in dem Fortbestehen des letzteren noch Grund genug zu einer zurückhal­tenden Beurteilung des gesamten Zustandes, wenn auch die übrigen Körperfunktionen, wie namentlich der Schlaf und der Appetit, in erfreulicher Weise eine Rückkehr zur Norm zeigen. Was das Fort­schreiten des Grnndübels betrifft, so ist dasselbe je­denfalls ein außerordentlich langsames. Man kann auch heute noch von einer sehr erheblichen Ausbrei­tung des Leidens und von einem so sehr gefürchteten Uebergreifen desselben auf andere besonders lebens­wichtige Organe nicht sprechen.

In Charlotten bürg hat man jetzt 2 etwa sechs Fuß hohe Pfähle mit Tafeln vor dem Schloß­vorgarten, dicht an der Chaussee anbringen lassen, auf welchen von jetzt ab die amtlichen Bulletins be­festigt werden.

Welche Ungeheuerlichkeiten in einzelnen Blättern aus Charlotte nbnrg berichtet werden, zeigt ein Extrablatt des Münchener General-Anzeigers", welches u. a. folgenden In­halt hat:Der Kaiser leidet furchtbar, ist häufigen Ersti­ckungsanfällen ansgesctzt und hat fortwährend die Empfin­dung, als würden ihm Mund und Kehle mit einem glühen­den Eisen ausgebrannt. Klagen läßt der Kaiser nur bei den ärztlichen Untersuchungen laut werden. Neulich rief er:Ich bitte Sie, machen Sie ein Ende!" Die Acrzte bemühten sich, ihre Bewegung zu unterdrücken und ein in letzter Zeit oft Genannter flüsterte einem Anderen ins Ohr:Ist es nicht ein entsetzlicher Gedanke, daß wir alle sechs ihn derartig pei­nigen müssen, mit dem schaurigen Bewußtsein, daß cs doch zu nichts mehr führen kann?"

Graf Herbert Bismarck hat nur den Titel Staatsminister" erhalten, das preußische auswärtige Ministerium verbleibt seinem Vater.

Berlin, 28. April. Der Reichskanzler traf gestern Professor v. Sybel, dem er persönlich gratu­lieren wollte, nicht zu Hause und hinterließ folgende Zeilen: Sie nicht zu Hause treffend, bitte ich, meinen herzlichsten Glückwunsch in diesen Zeilen freundlichst entgegenzunehmen, zugleich mit dem Danke für Ihre langjährige Mitarbeit an dem gemeinsamen vaterlän­dischen Werk. Bismarck.

Berlin, 28. April. Die Gesamteinnahme des hiesigen Hilsskomitös für die Ueberschwemmten betrug bis zum 27. April einschließlich 2034783 ^

Berlin, 28. April. Die Sozialdemokraten haben für die Familie des unheilbar erkrankten Par­teigenossen Hasenclever 12000 ^ aufgebracht.

Die sinkenden Berliner Schuhmacherge­sellen dürften sich bald eines Besseren besinnen, da ^ an einen Erfolg des Strickes gar nicht zu denken ist. Die in Berlin lagernden Stiefel rc.-Vorräte sind so groß, daß vorläufig kein Mangel eintreten kann.

Ein höchst unerquicklicher Briefwechsel zwischen ^ dem Berliner Korresp. derTimes," Lowe, und dem Arzte des Kaisers, Dr. Mackenzie, beschäftigt gegenwärtig namentlich ärztliche Kreise. Die streiti- > gen Fragen medizinischer Natur können hier füglich

unerörtert bleiben, eine Behauptung Mackenzies aber muß energisch zurückgewiesen werden. Der englische Arzt erklärt nämlich, Herr Lowe habe vom November bis März am besten seinen Interessen zu dienen ge­glaubt, wenn er sich der BerlinerMilitärpartei" gefällig erweise und deshalb den englischen Spezia­listen beständig in derTimes" herabsetze. Mackenzie macht sich damit einer Beteiligung an den Lügen unserer fortschrittlichen und demokratischen Presse schuldig. EineMilitärpartei" giebt es in Preußen nicht; das preußische und deutsche Militär ist könig­lich und kaiserlich, es ist der Person des Regenten unbedingt ergeben und kümmert sich weder um Po­litik noch um medizinische Wissenschaft; die Worte Militär und Partei können in Preußen überhaupt nicht zusammengestellt werden, das sollte Herr Ma­ckenzie von seinem Aufenthalt beim deutschen Kron­prinzen Friedrich Wilhelm und beim deutschen Kaiser Friedrich wissen.

Schweiz.

Zürich, 26. April. Der Kantonsrat lehnte die Petition der römisch-katholischen Geistlichkeit, den Religionsunterricht von der Schule zu trennen, ab. Oesterreich-Ungarn.

! Aus Innsbruck wird derPost" gemeldet,

^ Kaiser Franz Josef habe sich über den Verlauf der ! Begegnung mit der Königin Viktoria sehr befriedigt ! ausgesprochen. Der Empfang der Königin in Berlin hat in London die lebhafteste Befriedigung hervorgerufen, alle Blätter geben ihrer Genugthuung über die herzliche Begrüßung Ausdruck.

Lemberg, 23. April. In dem russischen Grenzorte Zdolbica ist jüngst der Uebertritt von 42 czechischen Familien zur russisch-orthodoxen Kirche erfolgt.

Frankreich.

Paris. Es ist zweifellos, daß die Reise des Präsidenten Carnot einen sehr guten Eindruck macht und als Gegengewicht gegen die llebertreibungen des Boulangismus gerade durch das ruhige, selbstbewußte, aber von jeder marktschreierischen Provokation freie Auftreten Carnots seine Wirkung nicht verfehlt. Frankreich muß seinem Präsidenten für die Reise Dank wissen. Uebrigens scheint es, als ob hier und da schon im Lande der Ekel vor der Boulangerko- mödie zum Durchbruch käme; stellt doch sogar Cle- menceau mit aller Entschiedenheit in Abrede, daß er sich dem Exgeneral nähern wolle. Auf die Einla­dungen zu einem Diner, welches Boulanger gab, hat er eine solche Menge von Absagen bekommen, und zwar von Leuten, auf deren guten Willen die Bou- langisten stark rechnen, daß man in Paris sich recht sonderbare Gedanken gemacht hat. Auch das Ma- - nifest des Grafen von Paris wird wohl dazu bei­tragen, Manchem über das Endziel des Boulangis- ! mus die Augen zu öffnen.

Paris, 26. April. Das Blatt Le Parti Ouvrier fragt den General Boulanger, woher er das Geld zu dem luxuriösen Leben bekomme, das er in Paris führt; er habe nur 10000 Franken nachweis­liches Einkommen, habe dabei Pferde und Wagen gekauft, die allein mindestens ebensoviel kosten, gebe große Essen in den teuersten Restaurants von Paris und lebe überhaupt auf einem Fuße, der einem Ein­kommen von 150 200000 Franken entspräche. Das Blatt deutet an, daß man es mit einem finanziellen Konsortium zu thun habe, das dieGründung Bou­langer" unternommen hat, geradeso wie wenn eine Bank oder ein industrielles Unternehmen gegründet ! würde. Die Sache ist zwar etwas aleatorisch, aber ! verspricht im Fall des Gelingens eine gute Verzin­sung des Kapitals. In Frankreich ist ja alles möglich.

Paris, 26. April. Der Appellhof bestätigte das Urteil, wonach Frau Limousin wegen des Or­denshandels zu sechsmonatlichem Gefängnis und Ge­neral Caffarel zu 1000 Frks. Geldbuße verurteilt wurde.

Paris, 27. April. Der Senat nahm gestern den ersten Artikel des Rekrutierungsgesetzes nahezu einstimmig an. Derselbe lautet:Jeder Franzose ist zum Militärdienste verpflichtet." Ferner wurde Art.

2 angenommen, der den Militärdienst auf 25 Jahre mit gleichem Dienst für alle bestimmt.

Paris, 28. April. Beim Diner im Cafo Riche zu Ehren Byulangers wies dieser die Beschuldi­gung , daß er nach der Diktatur strebe, zurück. Er sei bereit, für die Aufhebung der Präsidentschaft der Republik zu stimmen, wenn ein solcher Antrag in den Kammern eingebracht würde. Als Bonlanger um

Mitternacht das Cafo verließ, wi'wde er von der Menge enthusiastisch begrüßt. Die Polizei mußte energisch einschreiten und verhaftete hiebei Deroulede und mehrere Deputierte. Die Verhafteten wurden später freigelassen.

Wie sich die französische Armee zum Bou- langismus stellt, erörtert heute dieKöln. Ztg.". Darnach hat sich Deroulsde seit Jahr und Tag be­müht, auf den Geist der Armee systematisch einzuwir­ken, während Freund Boulanger der Abgott des leicht­sinnigen und schuftigen jungen Frankreichs in der akti­ven Armee und Territorialarmee ist; aber die höheren Offiziere von Ansehen und Beruf sind, ohne Ansehen der politischen Ansichten, allgemein bekannt als treue Verfechter der Verfassung, der Ruhe und Ordnung und der Manneszucht, als deren frevelhaften Vernich­ter sie Boulanger hassen. Im französischen Heere haben von jeher die sogenanntengroßen Kappen" bei Krisen den Ausschlag gegeben, und so ist vorläu­fig anzunehmen, daß trotz aller Wühlereien und Zer­fahrenheiten in den Massen und trotz aller Gelüste in den Spitzen, die französische Armee noch nicht reif für spanische Pronunciamientos und für Umsturzunter­nehmungen nach südamcrikanischem Muster ist.

Belgien.

Aus Brüssel wird berichtet: Anläßlich der Vermählungsfeier der Prinzessin Ludmilla Arenberg mit dem Erbprinzen Karl Croy-Dülmen entstand vor der Kirche eine Zusammenrottung. Die Menge in­sultierte das Brautpaar und die Hochzeitsgäste. Als Grund der Volkserbitterung wird angegeben, daß der Vater des Bräutigams bei dem vorangegangenen standesamtlichen Akte einen gewöhnlichen Straßenan­zug angelegt und dadurch der bürgerlichen Eheschließ­ung seine Mißachtung gezeigt. Die Angelegenheit ruft ungeheures Aufsehen hervor.

Brüssel, 26. April. Die Angelegenheit der gestrigen Tumulte anläßlich der Vermählung der Prinzessin von Arenberg nimmt eine sehr erste Wen­dung, da sich unter den insultierten Prinzen auch der Erzherzog Friedrich befand. Kammer. Der Ab­geordnete von Brüssel, Simons, interpellierte den Minister des Innern über die Unordnungen, welche bei Gelegenheit der gestern stattgehabtcn Trauung des Prinzen von Croy-Dülmen und der Prinzessin Aren­berg beim Ausgang aus der Kirche stattgefunden. Der Abgeordnete verlange eine Untersuchung der Sache. Der Minister des Innern gab seinem Bedauern über diesen Vorfall Ausdruck und teilte mit, daß die Unter­suchung bereits eingeleitet sei. Buls, Bürgermeister von Brüssel, hielt die angeführten Thatsachen für über­trieben , erklärte sich jedoch mit der Einleitung der Untersuchung einverstanden, welche zeigen werde, wen die Schuld der Vorgänge treffe. Im Senat wurde eine gleiche Interpellation eingebracht. Baron Grein dl ist zum belgischen Gesandten in Berlin ernannt.

England.

London, 24. April. Für die Ueberschwemmten Niederdeutschlcmds sandte der Lordmayor gestern weitere 20000 -L nach Berlin. Unter den neuerdings cingegangencn Beitragen befinden sich 105 Psd. St. von den Direktoren der Bank von England.

Rußland.

Petersburg. Während von allen Seiten Berichte einlaufen, die die Situation als friedlich schildern, bringt die offiziöse Presse einen Brief von der russischen Grenze, worin ausgeführt wird, daß die militärischen Kreise Rußlands auf den baldigen Ausbruch eines Krieges mit Oesterreich rechnen. Es heißt in demselben:Die militärischen Kreise des be­nachbarten südwestlichen Rußland rechnen, nach allen Anzeichen zu schließen, fester denn je auf einen Krieg mit Oesterreich. Es scheint dies übrigens auch von den anderen Teilen des Zarenreichs zu gelten. Die Begriffe von der militärischen Leistungsfähigkeit Ruß­lands scheinen hierbei recht hochgeschraubte zu sein. Der ununterbrochene Fortgang der russischen Rüst­ungen und insbesondere die fieberhafte Thätigkeit, welche in dieser Beziehung gerade in den nachbarli­chen Provinzen Rußlands entfaltet wird, trägt, wenn­gleich hierbei vorläufig von einer eigentlichen Mobil­machung im westeuropäischen Sinne nicht gesprochen werden kann, nur dazu bei, die Kriegserwartungen der kriegslustigen Militärs zu steigern und dem Sä­belgerassel einen neuen Sporn, den der Pflichtmäßig­keit, zu geben. Sehr gespannt ist man, ob die mili­tärischen Zwischenstationen an den Eisenbahnen, welche im Frühsommer vorigen Jahres eröffnet wurden, dem­nächst werden geschlossen werden oder nicht. Man