Ungarn und Italien zu bekämpfen haben würden. Dieser Friedenswall werde hoffent­lich den Krieg hinausschieben helfen für lange Zeit.

^Deutscher Reichstag. Freitags Die Anleihe- Vorlage zum neuen Wehrgesetz wurde definitiv in dritter Le­sung ohne Debatte angenommen. Dagegen stimmten nur die anwesenden Sozialdemokraten Bebel, Singer, Kräcker. In erster Lesung wurde dann das Vogelschutzgesetz beraten, wel­ches im Wesentlichen Zustimmung fand. Von einer Kommis­sionsberatung wurde abgesehen. Dann folgten Wahlprüfun- geu. Für giltig erklärt wurden die Wahlen der Abgg. v. Ocrtzcn-Parchim skons.s, Clauß-Sachsen snatlib.s, Funke skons.s, Pause ffreis.f. Daraus vertagt sich das Haus auf Sonnabends sSoimabendsitzniigs, Die Beratung der Wahlprüfungen wird fortgesetzt.

Vom Kronprinzen. Vor der Villa Zi- riv hielt ein berittener Bote, der nach der Ope­ration das Telegramm der Aerzte direkt zum Tele­graphenamt in San Remo brachte, und so war es denn auch möglich, daß der Kaiser 17 Minuten nach der Operation sich bereits im Besitz des günstig lau­tenden Telegramms besand. Die Depesche lief chiff­riert ein und wurde von dem Palais-Chiffreur in großen Buchstaben, auf großem Bogen geschrieben, durch den diensthabenden Flügeladjutanten dem Kai­ser überreicht.Gott fei Dank, daff ich end- ^ lich aus dieser zweitägigen Ungewißheit er- j löst bin." Die sollen lt.H. C." die Worte des ^ Kaisers nach dem Lesen des Telegramms gewesen sein. Fürst Bismarck empfing eine Abschrift der Depesche, direkt aus dem Kaiserpalais. Ucber die Ope­ration wird jetzt bekannt, daß der Kronprinz chlo­roformiert wurde, weil Dr. Bramann, der stets so zu verfahren Pflegt, cs wünschte. Allgemein wird die Kaltblütigkeit des Kronprinzen vor der Operation bewundert. Als Dr. Schräder in dem Moment der Operation das Herz untersuchen wollte, sagte der Kronprinz zu ihm:Nicht aufgeregt sein, Schräder, ich bin jetzt ruhig." DieAg. Havas" meldet, die Operation habe nicht 10 sondern 20 Minuten gewährt. Der Kronprinz habe seine letzten Worte vorher an den Arzt gerichtet, welcher weinte. Beim Aufwachen aus der Narkose ergriff der Kronprinz die Hand seiner ältesten Tochter und legte sie auf sein Herz. DasBritish Med. Journ." sagt, die Operation sei schon lange vorhergesehen worden, es sei auch jetzt noch sehr wahrscheinlich, daß Krebs nicht vorliege, sondern eine Obstruktion des Kehl­kopfes, welche, wieunschuldig" sie auch an sich sein mag, wirksam doch nur mit dem Messer des Chirur­gen behandelt werden kann.

Den preußischen Schusterinnungen wurde von der Militärverwaltung eine Bestellung von einer halben Million Stiefel für die nach der neuen Wehrordnung erforderlichen Truppenkörper gemacht.

Berlin, 13. Febr. Der russische Botschafter Graf Schuwaloff, der wieder zurückgekehrt ist, machte gestern dem Reichskanzler einen längeren Besuch. Er soll ihm die Anerkennung des Zaren für die letzte Reichstagsrede ausgesprochen haben.

Berlin, 13. Febr. Das Abgeordnetenhaus nahm heute den Gesetzentwurf, betr. die Verlänge­rung der Legislaturperiode, in dritter Lesung an.

Berlin, 14. Febr. DasBert.Tagbl." meldet unter Vorbehalt, der sozialistische Abgeordnete Ha- scnclever sei in der Irrenanstalt Dalldorf gestorben.

Oesterreich-Nugaln.

Wien, 11. Febr. DieN. Fr. Pr." gibt den Inhalt der zwischen Deutschland, Oester­reich und Italien abgeschlossenen Verträge fol­gendermaßen an: der zwischen Oesterreich und Italien abgeschlossene Vertrag verpflichtet Oesterreich zu einer wohlwollenden Neutralität, falls Italien einen Krieg gegen Frankreich führe und Italien zu dem gleichen Verhalten während eines Krieges Oesterreichs gegen Rußland. In Anbetracht dieser Abmachungen ver­pflichtet Oesterreich, die italienischen Mittelmeer-Jnte- rcssen nach Kräften zu fördern und auf der Balkan­halbinsel nichts zu unternehmen, ohne sich vorher mit Italien in's Einvernehmen zu setzen. Der Ver­trag zwischen Italien und Deutschland gilt der Er­haltung der nationalen Selbständigkeit und Freiheit beider Reiche. Unter der feierlichen Versicherung, daß kein Bertragsteil den Frieden willkürlich brechen werde, versprechen die beiden Vertragschließenden, falls der eine oder der andere von Frankreich ange­griffen werden sollte, einander mit der gesamten Kriegs­macht bis zum gemeinsam abzuschlicßenden Frieden beizustehen. Eine hinzugefügte Vertragsklausel be­

stimmt, daß, falls Frankreich und Rußland gegen Oesterreich und Deutschland oder auch nur gegen Deutschland einen gemeinsamen Angriffskrieg unter­nehmen, die gesamte Kriegsmacht der Verbündeten aufzuwenden und der Frieden gleichfalls nur gemein­sam abzuschließen ist. Der Vertrag findet seine Er- ^ gänzung in besonderen Vereinbarungen mit England, z um die österreichischen und italienischen Küstenstriche ? vor einer eventuellen Landung des Feindes zu schützen.

! Wien, 12. Febr. Es verlautet hier bestimmt, daß der Bündnisvertrag zwischen Deutschland und Oesterreich ursprünglich noch einen vierten Artikel enthielt, der die Giltigkeit des Vertrages auf 7 Jahre festsetztc. Nach Ablauf der ersten sieben Jahre beantragte Kalnoky die dauernde Giltigkeit des Vertrages auf unbestimmte Zeit, worauf Bismarck einging. Die hiesigeExtrapost" erhält aus Pest die Meldung, daß zwischen England und Italien Vereinbarungen bestehen, welche sich nicht blos ans Sicherung der Freiheit des Mittelmeeres, sondern unter Umständen auch aus den Schutz Konstantino­pels beziehen.

Wien, 13. Febr. Prinz Reuß konferierte gestern mit Kalnoky. gleichzeitig arbeitete der aus Petersburg angelangte früher hiesige Botschafter Novikoff mit Lobanoff mehrere Stunden lang. Aus diesen Konferenzen schließt man, umsomehr, da erstere an einem Sonntag stattfand, demnächst würde die Anregung zu einem Gedankenaustausch innerhalb der Mächte stattfinden. Angeblich wäre ein Rund­schreiben Rußlands bereits unterwegs. In hiesigen Regierungskreisen nimmt eine entschiedene Friedens­zuversicht überhand.

Frankreich.

Paris, 10. Febr. In der gestrigen Kammer- beratung über das Flotten-Erfordernis machte der frühere Admiral de Mahy Enthüllungen über den schlechten Zustand der Kriegshäfen und Flotte. Als ihm zugerufen wurde:Dergleichen verrät man dem Feinde nicht!" , .antwortete de Mahy: ,,Der Feind weiß dies Alles genau, nur Frankreich weiß es nicht." Er erklärte, es sei patriotische Pflicht, dem Lande offen zu sagen, daß man von ihm demnächst schwere Opfer für Flottenzwecke werde verlangen müssen.

Da viele Obersten französischer Ka­vallerieregimenter eine beschleunigte Abrichtung der Remonten angeordnet hatten, erließ der Kriegsmini- ^ ster Logerot unter dem 25. Januar ein vertrauliches Rundschreiben an sie, welches ihnen befahl, die Re- ! monten ruhig nach der alten langsamen Methode ab- ^ zurichten , da eine baldige kriegerische Verwendung , der Reiterei nicht zu erwarten stehe. Die Ernennung von 5 Armee- und Generalinspektoren wird in Kur- , zem erfolgen. Boulanger wird aber nicht darun­ter sein.

Paris, 13. Febr. Dem neulich erwähnten Hetzartikel Dsroulöde's imFigaro" schließt sich ein Artikel Ranc's imMatin" würdig an. Dieser gambettistische Polistiker bleibt dabei: Frankreich darf sich von Bismarck nicht einschläfern lassen, es muß sichohne Unterlaß vorbereiten für den Tag der großen Wäsche. Früher führte man das Wort Na­poleons an: In 50 Jahren wird Europa republi­kanisch oder kosackisch." Eine falsche Ansicht! Na- ! Poleon hatte nicht vorausgesehen die Kvsacken des Fortschritts, die mit dem Telegraphen arbeitenden Barbaren, mit einem Wort die deutschen Barbaren. Heute handelt es sich darum', ob in Europa freie ! Völker bestehen, oder ob Sklavenmassen unter dem > Stiefel des Pommerschen Grenadiers ihr Leben hin- ^ schleppen sollen." Solchen Blödsinn sollte man einem Rane nicht zutrauen.

Belgien.

Brüssel, 11. Febr. DerNord" sagt, die Rede des Reichskanzlers Fürsten Bismarck's sei als eminente Friedenskundgebung aufzufas­sen, welche in St. Petersburg den besten Ein­druck hervorgerufen habe. Man habe an der Newa nicht die geringste Ursache, daran zu zweifeln, daß die deutsch-österreichische Allianz wirklich einen aus­schließlich defensiven Charakter besitze. Am mei­sten beruhigt habe aber in St. Petersburg die Aeuße- rung des Reichskanzlers, daß Deutschland mithelfen wolle, den Einfluß Rußlands in Bulgarien wie­derherzustellen. Mehr begehre Rußland in der bul­garischen Frage überhaupt nicht. Wenn Deutschland und Oesterreich-Ungarn entschlossen sind mit Rußland gemeinsam an der Wiederherstellung des Berliner Vertrages in Bulgarien zu arbeiten, dann sei kein

Grund zu weiterer Besorgnis vorhanden, und der Nord" glaubt, daß den letzten Wochen der Aufre­gung nunmehr eine Periode der Ruhe folgen werde, in welcher die europäische Diplomatie die Zeit finden könnte, die bulgarische Frage auf friedlichem Wege zu regeln.

Brüssel, 11. Febr. DasFrkf. Journ." er­fährt aus verläßlichster Quelle, daß Belgien und Holland mit Deutschland eine Vereinbarung trafen, wonach beide Königreiche im Falle eines rus­sisch-französischen Angriffs aus Seiten des Fciedcns- bundes stehen werden.

Italien.

DieAgenzia Stefani" bezeichnet die Nachrich­ten von der beschlossenen Rückberusung der Truppen aus Massauah und von der unhaltbaren Lage der Italiener in Afrika, sowie die Meldung von einer Niederlage der Italiener am 7. Febr. als unbegründet.

San Remo, 12. Febr. Das Befinden des Kronprinzen ist fortdauernd befriedigend.

SanRemo, 14. Febr. Gestern erklärte Pro­fessor v. Bergmann den Aerzten, daß die Operation von Dr. Bramann gut ausgeführt worden sei. Er setzte eine neue Kanüle ein. Da dem hohen Patien­ten das Sprechen untersagt ist, bedient er sich einer Schiefertafel, um sich verständlich zu machen. Vir- chows letztes Gutachten wird jetzt veröffentlicht wer­den; er hat nichts krebsähnliches gefunden.

England.

London, 13. Febr. DieMorningpost" de­mentiert die Gerüchte von Unterhandlungen behufs des Beitritts Englands zu einer französisch-russischen Koalition gegen die Tripel-Allianz. DerStandard" sagt, so lange die Tripel-Allianz die Bürgschaft der Erhaltung des Friedens sei, werde sie Englands Unter­stützung fanden; bei einer Friedensstörung durch eine Macht außerhalb der Allianz werde England sich gegen den Angreifer wenden.

London. Der freundliche Empfang des Ba­rons de Worms beim Fürsten Bismarck wird hier lebhaft erörtert. Der Kanzler soll Veranlassung ge­nommen haben, dem Kabinett Salisbury die lie­benswürdigsten Versicherungen zu geben. Er werde dem Lord Salisbury in allen britischen Jnteresseu- fragen gerne auf halbem Wege entgegenkommcn. lieber die Abmachungen Deutschlands mit Rumänien ist das Kabinett ^Salisbury in offenster Weise unterrichtet worden. Danach nimmt Rumänien in jeder Orient­verwicklung die Stellung einer Vormacht unter den christlichen Staaten an der untern Donau ein. Die französischen Bemühungen, England zum Hand-in- Handgehen mit Rußland in Mittelasien zu bereden, sind als gescheitert anzusehen, worauf die neueste Er­kältung der französischen Sympathien für die Jnsel- macht zurückzuführen ist.

Rußland.

Aus Petersburg wird bestätigt, daß der Zar persönlich über die Rede des Reichs­kanzlers sich in ungemein günstiger Weise ausge­sprochen hat. Am Freitag fand beim Kaiser ein Mi­litärrat statt. Wohlinformierte Offiziere behaupten, die Generale Richter, Gurko, Kostande hätten von neuen Truppenverschiebungen nach der Westgrenze entschieden abgeraten, da schon jetzt die Uebersicht auf's Höchste erschwert sei. Der Zar soll geäußert haben:Bismarck hat Recht, ich wünsche kei­nen Krieg." Den Zeitungen wurden Angriffe auf Deutschland untersagt. Die Veranlassung hierzu wurde in der Rede des Fürsten Bismarck gefunden, deren friedlicher Charakter maßgebenden Orts immer mehr Anerkennung findet. Bei Hofe hat die jüngste Wendung der Dinge in hohem Grade befriedigt. Die bulgarische Frage läßt jedoch kaum eine baldige Lösung erhoffen, da das Petersburger Kabinet nicht geneigt ist, Vorschläge zu machen.

Afrika.

In ganz Nordafrika, besonders in Oran und Tunis, verspürt man seit einigen Tagen heftige Erdstöße. Die Einwohnerschaft ist erschreckt und wagt nicht in den Häusern zu verbleiben.

Amerika.

In Rio Tinto hat's zwischen der Bevölkerung und der spanischen Garnison einen Zusammenstoß ge­geben, bei dem 45 Personen getötet und viele andere verwundet worden sind.

jReichsgericht.j Eine als vorsätzliche Miß­handlung im Amt strafbare Ueberschreitung des Züch­tigungsrechts seitens eines Lehrers liegt nach einem Urteil des R.-Ger., III. Straffen., vom 1. Dez. :::ir