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berg auf zum Abendhimmel, worauf um 8 Uhr ein Bankett im Gasthaus z. Sternen unter Mtwirkung der hiesigen Stadtkapelle stattfand. Stadtpfarrver- weser Weitbrecht gab hier ein getreues Lebens­bild unseres Kaisers, welchem sich der begeistert auf­genommene Toast auf Seine Majestät anschloß. Am Festtage selbst verkündeten morgens in aller Frühe Böller salvcn den festlichen Tag und später er­klangen von der Stadtkapelle die feierlichen Töne von:Heil dir im Siegerkranz". Bon 910 Uhr hatte jede Schulklasse ihre Schulfeier mit Verteilung von Bretzeln an die freudig erregten Schüler. Um 10 Uhr feierlicher Festzug mit Musikbegleitung in die Kirche, woran sich die Vereine, die königl. und städtischen Beamten beteiligten. Als Predigttext wählte der Geistliche die Worte 5 Mose 32,3. Ich will den Namen des Herrn preisen. Gebt unsrem Gott allein die Ehre". Abends 7 Uhr ver­sammelten sich die Mitglieder des Kriegervereins, Liederkranzes und Turnvereins, sowie eine recht stattliche Anzahl hiesiger Bürger und Beamten im Gasthaus z. Linde.- Nach einleitendem Gesang hielt Schullehrer Schittenhelm eine Rede, in welcher er unfern erhabenen Kaiser, als den neu er st an de­nen Kaiser, als den mutigen Heldenkaiser und als den edlen Friedenskaiser in warmen Worten schilderte. Mit einem dreifachen Hoch auf den greisen Heldenkaiser schloß die mit Begeisterung aufgenommene Rede. Noch manches patriotische Lied ließ der Liederkranz ertönen und erntete namentlich mit seinen neueingeübten Kaiserliedern von Eichler den verdienten Beifall.

H Haiterbach, 23. März. Zu Ehren des kaiserlichen Geburtssestes wurde hier am Montag abend durch den Kriegerverein ein Zapfenstreich ver­anstaltet und nachher auf dem vorderen Staudach ein Freudenfeuer abgebrannt. Rings am Horizont sah man ähnliche Flammenzeichen in großer Zahl zum Himmel steigen. Am Kaiserfest selbst wurden die Einwohner durch Böllerschüsse und das Gewir- bel der Tagwache aus dem Schlafe geweckt. Um 9 Uhr begann die Schulfeier in sämtlichen Klassen. An dem Festgottcsdienst, dem als Predigttext Ps. 118, 23. 24 unterlegt war, beteiligten sich au­ßer der Schuljugend der Kriegcrverein, die bürger­lichen Kollegien und noch weitere Mitglieder der Gemeinde, im ganzen ein zahlreiches Auditorium. Abends fand ein Bankett in der Sonne statt, dessen Teilnehmer die Räume dieses Gasthauses ganz füll­ten. In der schwungvollen Festrede wies Herr Stadtpfr. St. auf die trostlose Lage hin, in welche der korsische Eroberer vor 81 Jahren unser ganzes deutsches Vaterland und Preußen insbesondere ge­bracht hatte, hob hervor, wie hauptsächlich das preu­ßische Königshaus es gewesen sei, dem Deutschland seine Wiedercrstehung zu verdanken hat und wie der Löwenanteil an diesem unsterblichen Verdienste unse­rem greisen Heldenkaiser Wilhelm zukomme, der schon bei Lebzeiten mit Recht den Namen des Großen ver­diene. Das ansgebrachte 3fache Hoch auf Kaiser Wilhelm den Großen fand begeisterten Widerhall. Doktor Warenhäuser toasticrte als deutscher Offi­zier auf den Kaiser als den obersten Kriegsherrn, dessen Ruf das deutsche Heer, das er zu Ruhm und Sieg geführt hat, jederzeit freudig folgen werde. Der Liederkranz füllte die Zwischenpausen durch gut vorgctragene patriotische Lieder aus. Nicht unerwähnt soll bleiben, daß einige Mißvergnügte das Abbrennen des Freudenfeuers als eine Verschwendung bezeichneten, die angesichts der vielen Armen besser unterblieben wäre. Dieser vaterlandslosen Gesinnung die Spitze abzubrechen, wurde auf Vorschlag unter den Festgästen eine Geld- kollektc znm Besten würdiger Ortsarmcn veranstaltet. Das Ergebnis der Sammlung wog den Wert des verwendeten Brennmaterials völlig auf.

(Weitere Festberichte aus unserem Leserkreis sowie solchen aus Berlin selbst mußten wir wegen Mangels an Raum für das nächste Blatt zurückstellen.)

Tübingen, 23. März. Gestern abend starb nach langem schwerem Leiden einer der angesehenste,! Volksschul­lehrer des Landes, Herr Oberlehrer U tz, nicht ganz 57 I. alt.

Stuttgart, 23. März. Unter allgemeiner herzlicher Teilnahme hat Stuttgart den 9 0. Ge­burtstag desKaisers gefeiert. Die Beflaggung war eine so reiche, wie man sie kaum bei einer frühe­ren Gelegenheit wahrgenvmmen, in vielen Straßen trug fast jedes Haus ein oder mehrere Festabzeichen. In der Stiftskirche war vormittags Festgottes- dienst. Viele hervorragende Persönlichkeiten, auch

das gesamte Personal der K. preuß. Gesandtschaft waren anwesend. Stiftsprediger Dr. Burk predigte über Psalm 21, Vers 27. In allen Lehran­stalten fanden im Laufe des Vormittags Feierlich­keiten statt. Die militärische Feier bestand in einer sog. großen Paroleausgabe durch den komman­dierenden General v. Alvensleben. Die Mann­schaften wurden in den Kasernen festlich bewirtet und die Offizierkorps veranstalteten in ihren Kasinos Fest­essen. Beim kommandierenden General speisten die Generäle und Generalstabsoffiziere. Bein: preußischen Gesandten Graf Wesdehlen fanden sich vormittags viele Personen ein, um ihre Glückwünsche darzu­bringen. Den Glanzpunkt der Stuttgarter Kaiserfeier bildete das Festbankett in der Liederhall e, an welchem weit über 3000 Personen teilnahmen. Die eigentliche in einen Toast auf den Kaiser aus­klingende Festrede hielt Dr. Göz. Im K. Ho f- theater war Festvorstellung, die mit einem von Prof. Bayer gedichteten, von Frau Wahlmann-Will- führ gesprochenen Prolog mit lebenden Bildern er- öffiict wurde, die eine Reihe von Szenen aus der preußischen Geschichte zum Gegenstand hatten.

Berlin, 22. März. DasB. T." enthielt ein Telegramm aus Petersburg, laut welchem ein Polizei-Offizier auch am letzten Atten­tatsversuch beteiligt sei und einen Selbstmordversuch machte, als er verhaftet werden sollte. Er hat wich­tige Geständnisse bezüglich der jüngsten Verschwörung gegen den Zaren abgelegt.

Berlin, 23. März. Der Kaiser befindet sich vollkommen wohl und hat von den Anstrengungen der letzten Tage bisher keine Einwirkung auf sein Allgemeinbefinden verspürt. Die gestrige Jllumi- Nation gestaltete sich durch die ausgedehnte Anwen- düng des elektrischen Lichts besonders glänzend und wurde durch das eingetretene Regenwetter nur wenig beeinträchtigt.

Berlin, 23. März. Nach einem Telegramm der Kreuzzeitung aus Rom beruht die Nachricht, Herr v. Keudell habe seine Entlassung eingereicht, auf boshafter Erfindung. (Soll doch wahr sein.) j

Berlin, 23. März. Bei dem gestrigen - Diner beim Reichskanzler, woran die Botschaf- ^ ter und Gesandten der fremden Mächte und die Vor­tragenden Räte des Auswärtigen Amts teilnahmen, toastete der italienische Botschafter auf den Kaiser, j der Reichskanzler auf die fremden Souveräne und Staatsoberhäupter, und der österreichische Botschafter auf den Reichskanzler.

Berlin , 23. März. Der Reichsanzeiger ^ veröffentlicht einen Erlaß desKaisers, worin j derselbe für die tief empfundene Teilnahme des Vol- ^ kes an seinem Geburtstage und für die so zahlreich ihm erwiesenen liebevollen Aufmerksamkeiten seinen innigsten Dank ausspricht. Sodann heißt es:In frühester Jugend habe ich die Monarchie meines tiefgebeugten Vaters in einer verhängnisvollen Heim­suchung gesehen; ich habe aber auch die hingehendste Treue, die Opferfreudigkeit, die ungebrochene Kraft und den unverzagten Mut des Volkes in den Tagen , seiner Erhebung und Befreiung kennen gelernt. Jetzt . in meinem Alter blicke ich nach so manchen Wechsel- fällen meines Lebens mit Stolz und Befriedigung auf die großen Wandlungen, welche die ruhmvolle Vergangenheit in der jüngsten Zeit durch ein unver­gängliches Zeugnis deutscher Einigkeit und aufrichti­ger Vaterlandsliebe in Deutschland geschaffen. Möge unserem teuren Vaterlande die lang ersehnte Errungenschaft, wie ich es zuversichtlich hoffe, in un­gestörter segensreicher Friedensarbeit zu stets wach- j sender Wohlfahrt aller Klassen der Nation gereichen." ^

Wenn alle die Millionen herzlichster Wünsche und Gebete für den Kaiser Wilhelm in Er­füllung gehen, vie aus den Herzen des ganzen deut­schen Volkes am 22. März zum Himmel gestiegen sind, dann wird er das glücklichste und gesegnetste Alter feiern, das es geben kann. Es ist nicht mög- ! lich, auch nur in der kürzesten Form eine Uebersicht der Festfeier in Alldeutschland zu geben; es war ein ' Nationalfest wie kein anderes, ähnlich jenem des 2. September 1870, das kein Deutscher, der es erlebt, hat, vergessen wird. Eines wird und muß die oor- überrauschende Festesfreude überleben. Kaiser Wil­helm hat dem deutschen Volk für alle Zeiten die Lehre gegeben, einig zu sein. In die innere Politik hat der Kaiser statt des früheren gegenseiti­gen Mißtrauens die gemeinsame patriotische Gesin­nung eingeführt. In dieser Gesinnung mit dem

! Kaiser aufs engste verbunden, leuchten die deutschen ! Fürsten dem Volk mit der Hingabe an das Reich herrlich voran. Es gibt vom 22. März kein Blatt, auch nicht bei den Deutschland abgewendetsten Völ­kern Europas, das nicht seinem Respekt vor dem Kaiser Ausdruck gibt und ihn als Unterpfand des Friedens feiert.

Seit der Anwesenheit des Grafen v. Lesseps in Berlin ist die Angelegenheit der Beteiligung Deutschlands an der Pariser Weltausstellung in Fluß gekommen. Seitens der französischen Regie­rung ist, wie gemeldet, die Einladung zur Beteili­gung bereits ergangen. Für die deutsche Regierung wird es sich nun zunächst darum handeln, die Mei­nung der interessierten Kreise zu hören. Im voraus glaubt man jedoch, wie offiziös geschrieben wird, an­nehmen zu dürfen, daß unter den gegenwärtigen Um­ständen eine einfache Ablehnung keinesfalls, und wahr­scheinlich die Zusage der Beteiligung in Bezug auf das Gebiet der Künste erfolgen wird. Von den weiteren praktischen Erwägungen wird es abhän- gen, ob der Industrie die Beteiligung auf eigene Kokten überlassen bleibt oder ob das Reich unter Bestellung eines Kommissars eine gewisse Garantie übernimmt.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 23. März. Im großen Festsaale des Grand-Hotels" fand gestern ein Festmahl der deutschen Reichsangehörigen in Wien unter Teilnahme der deutschen Diplomaten und Konsulatsbeamten zu Ehren des Kaisers Wilhelm statt.

Wien, 23. März. In diplomatischen Krei­sen verlautet, Großfürst Wladimir habe in Ber­lin erklärt, der Zar betrachte die Aufrechterhaltung der traditionellen guten Beziehungen zum Berliner Hof als eine Pflicht, deren Erfüllung auch in seines Reiches Interesse liege.

Dem Wiener Korrespondenten derTimes" wird aus Sofia mitgeteilt, daß die Regenten im Begriffe stehen,extreme Entschlüsse" zu fasten. Die Offiziere der Nationalpartei, welche jetzt, nachdem von 500 Offizieren 100 aus der Armee ausgetreten, entlassen oder erschossen sind, ein geschlossenes Ganze bilden, sollen ein energisches Vorgehen verlangen. Wenn die Mächte nicht bald zu einer Entscheidung gelangen, werde die Sobranje einberufen werden, um Bulgarien als unabhängiges Königreich auszurufen, denn die Regenten selber betrachten die Situation für kaum länger haltbar. Man glaube, der Zar sei die­ser Idee nicht abgeneigt.

Budapest, 23. März. Bei dem gestrigen Hofmahl brachte Kaiser Franz Josef einen Trinkspruch in den herzlichsten Ausdrücken auf seinen intimen Freund, den deutschen Kaiser und König von Preu­ßen aus. Anwesend war der deutsche Botschafter Prinz Reuß mit dem ganzen Personal.

Italien.

Rom, 23. März. Der deutsche Botschafter v. Keudell überreichte gestern Vormittag dem Minister des Auswärtigen Grafen Robilant die Abzeichen des Schwarzen Adlerordens.

Frankreich.

Paris, 22. März. Die gestrige Gala-Soire auf der deutschen Botschaft war glänzend. Die Säle vermochten die zahlreichen Gäste des Grafen v. Mün­ster kaum zu fassen. Unter den zwölfhundert An­wesenden befand sich das ganze diplomatische Korps, sämtliche Minister, darunter auch Boulanger, welcher aber erst um Mitternacht kam.

Ministerpräsident Go bl et hat den Fürsten Bismarck telegraphisch gebeten, Namens der franzö­sischen Regierung Kaiser Wilhelm zu seinem 90. Geburtstage zu beglückwünschen.

Rußland.

Die drei Studenten in Petersburg, die ersten Verhafteten, haben ihre wahren Namen genannt; einer weinte bitterlich. Man habe ihnen, sagten sie, nur die Wahl gelassen, die Mordgeschosse zu schleudern, oder selbst ermordet zu werden. Ein Jeder von ihnen sei von zwei erfahrenen Revolutio­nären begleitet gewesen, welche den Aufstellungsort und das Zeichen zur Ausführung hätten geben sollen. Von den gefundenen Bomben halte eine die Form einer Botanisierbüchse, die andere die eines dicken Buches und war mit Kugeln und vergifteten Blei- stücken geladen. __

(Hiezu eine Beilage und das Unterhaltungsblatt ZZ17.)

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B-rla, dri G. W. Aais - r'sch-n «uchbandlunz in Na«old.