den Posten eines Unterstaatssekretärs einnehmen. Das Uebcl. an dem Bismarck leidet, nimmt ihm weder seinen Appetit noch seinen Humor. Er gibt am Donnerstagen parlamentarisches Diner, und man hofft dabei aus Tischgespräche, welche für die vermißten Reichstagsrcden des Kanzlers entschädigen sollen."
lieber das Diner des St. Ballier schreibt man dem „Temps" aus Berlin, dasselbe habe einen in hohem Maße friedlichen Charakter gehabt. „Kaiser Wilhelm, der sehr gut aufgelegt war, sagte bei seiner Ankunft zu dem Wirthe: Sie glauben gar nicht, wie glücklich ich bin, mich hier bei Ihnen in der französischen Botschaft zu befinden. Dann erkundigte er sich nach Grövy und Freycinet. Von jenem sagte er: Er ist ein Mann von Charakter, ich schätze ihn sehr. Herr v. St. Ballier versicherte er mehrfach seiner besonderen Freundschaft, er sagte: „An Ihren Abgang von hier habe ich nie geglaubt: Herr v. Freycinet ist ein Menschenkenner, und ich wußte, daß er Sie nicht von uns fvrtläfzt. Melden Sie Herrn v. Freycinet meine herzliche Sympathie für sein Talent und seine Festigkeit. Ich darf dieses Compliment im Namen von ganz Deutschland machen, und bedaure, daß Fürst Bismarck nicht hier sein kann, um es Ihnen mit mir zu sagen. Allein er ist immer noch sehr leidend. Bei meinem letzten Besuch traf ich ihn zu Bett." Bezüglich des Gerüchts überein angebliches Zerwürfnis; zwischen ihm und dem Fürsten Bismarck sagte der Kaiser mit vollständiger Deutlichkeit, daß daran auch kein einziges Wort wahr sei. Er fügte hinzu, der Kanzler wolle wie er selbst den Frieden, insbesondere mit Frankreich. Er wisse, sagte er, dem Fürsten Hohenlohe Dank, daß derselbe in Paris stets für den Frieden gearbeitet habe; und da Hohenlohe selbst keinen Augenblick an den friedlichen Absichten der französischen Regierung gezweifelt habe, so brauche inan sich um die Fortdauer der guten Beziehungen beider Reiche keine Sorge zu machen." — Diese lange und herzliche Unterhaltung mit dem Botschafter wurde von der ganzen Tischgesellschaft angehört, denn der Kaiser sprach sehr klar und laut. Graf Herbert Bismarck drückte dem Botschafter den Wunsch seines Vaters aus, bald einen Besuch von ihm zu erhalten."
England.
London, 5. März. (RussischeKriegs- und Aliianzpläne.) Der meist zuverläßige Berliner Korrespondent des Londoner Standard sandte diesem Blatt, wie man dem B. T. telegraphirt, folgenden angeblich authentischen Beitrag zur Geschichte der deutsch-russischen Beziehungen. Als Deutschland sich weigerte, Oesterreichs Okkupation Bosniens zu hindern, unterbreitete die russische Regierung im Sommer 1879 Waddington einen bestimmten Plan zu gemeinsamen Angriffen gegen Deutschland. Gleichzeitig wurden russische Truppen in Polen gegen Deutschland vorgeschoben. Waddington und Grevy lehnten den russischen Vorschlag unter Opposition einiger mehr unternehmungslustiger Minister ab. Waddingtons und Grevys Haltung war um so wichtiger, als gleichzeitig der nämliche Vorschlag auch Italien von russischer Seite gegen Oesterreich gemacht worden war. Waddington und Grevy stützten ihre Ablehnung ihren Kollegen gegenüber hauptsächlich auf den demoralisirten Zustand Rußlands. Fürst Bismarck erfuhr diese russischen Pläne kurz vorder Abreise nach Gastein. Was hierauf folgte, ist bekannt. (W. L.)
Itzehoe, 3. März. Ein andauernder schwerer Orkan aus Südwest, von Gewitter- und Hagelschlag begleitet, hat ganze Strecken in der Marsch unter Wasser gesetzt.
Rußland.
Petersburg, 5. März. Der Attentäter auf den Grafen Loris Melikoff, Mladetzki, wurde heute Vormittags 11 Uhr mittelst Stranges auf dem Semenowsgenplatze hingerichtet. Eine unzählige Menschenmenge war auf dem Platze anwesend. Der Nichtplatz war vom Militär umstellt. Die Ruhe wurde nirgends gestört. (Sch. B.)
Kandel L Werkehr.
Vom Fuß des Schwarzwaldes, 4. März. Durch He Winterkälte haben unsere ausgedehnten Kohlrepsanlageu zum Theil nicht unerheblich gelitten. Der Schaden stammt aber nach allgemeiner Ansicht erst von der zweiten Hälfte des Januars her, wo die Felder nur mit einer unbedeutenden Schneedecke überzogen waren und so die Stengel des Repses über den Schnee bei einer Kälte von 12 bis 16 Grad emporragten. Diese Erscheinung zeigt sich vorzugsweise bei jenen
Aeckern, die früh eingesät und tüchtig gedüngt worden waren, so daß auf einzelnen Gütern ganze Uecker umgebrochen werden müssen, um noch zu Gerste oder Sommerweizen verwendet zu werden. Eine sichere Schätzung ist allerdings erst in etwa 14 Tagen möglich, wenn die Natur arbeitet und man daun sieht, was schcintodt, oder unrettbar verloren ist. Auch an Obstbäumen und sogar an Waldbäumen hat die Kälte Schaden angerichtet, denn es sind bei letzteren Fälle nachgcwiesen, daß die Kronen von Weißtanneu total verfroren sind! (Sch. M.)
Hali, 5. März. (Viehmarkt.) Zum diesmaligen Markte der immer einer der besten des Jahres ist, waren zu- gesührt 496 Ochsen, 277 Kühe und »57 St. Jungvieh, zusammen 1130 St. Es wurden 50"ig davon verkauft, nämlich 236 Ochsen, 126 Kühe, 195 St. Jungvieh, zusammen 557 St. Die Einzelnpreise belaufen sich aus: für Ochsen 565-980 für Kühe 72-308 für Jungvieh 43-283 Besuch des Marktes durch Landwirthe und Händler sehr gut. Der Ge- sammterlös beträgt 146 821 .Kl
(Preise der Lebensbedürfnisse in Stuttgart auf dem Wochenmarkt vom 6. März.j 1 Kilo süße Butter .k 2. 1 Kilo saure Butter .Kl 1.80, 1 Kilo Rindschmalz 2.40, 1 Kilo Schweineschmalz 1.20, 10 frische Eier 60 ^1, 10 Kalkeier 65 50 Kilo neue Kartoffeln .Kl 4.30—4.50, yz
Kilo Mastochsenfleisch 70 -4, yz Kilo Schweinefleisch 60 -I, y., Kilo Kalbfleisch 50 -I, yz Kilo Rindfleisch 54 4, yz Kilo Hammelfleisch 65 -1, 1 Kilo Weißbrod 30 -1, 1 Kilo Schmarzbrod 28 4, 1 Kilo Sausbrod 22 ll, 1 Paar Wecken wiegen 100 Gramm, 50 Kilo Heu ^Kl 3.30—3.60, 50 Kilo Stroh .« 2.50 bis 2.60, 1 R.-M. Buchenholz lltl 14.50, 1 R.-M. Birkenholz .Kl 12, 1 R.-M. Tannenholz .Kl 10. — Fleisch preise in der Markthalle: Rindfleisch 46 4, Schweinefleisch 50 4, Kalbfleisch 48 Hammelfleisch 40 4 je Pr. yz Kilo.
Ledermesse in Frankfurt a. O. In dieser Messe wird im Vergleich mit den andern Messen am Allerwenigsten Waare zugeführt und war auch diesmal wenig zugebracht. KipSfahlleder, sowie weiße und braune Schaffelle sind die Hauptartikel; Wildsohlleder und Brandsohlleder kommen gar nicht an den Markt. Der Verkauf begann schon am Sonntag den 22. c. und waren sammtliche Waaren in allen Sorten schon am Montag Mittag geräumt, so daß diejenigen Käufer, die am Montag früh ankamen, fast Alles verkauft fanden-, die Preise lassen sich wie folgt normiren: Braune Kipse wurden je nach Qualität mit ^il 1.50—1.90 per Psd. und geringere Pan- tinenkipse mit .Kl 1.20—1.45 per Pid. bezahlt. Schwarze Kipse, welche sehr wenig vorhanden, brachten in guter Waare .kl 1.90 bis 2 pr. Pfd., auch eine Partie geringere wurde mit .Kl 1.70 pr. Pfd. begeben. Fahlleder war sehr wenig am Platz und wurde mit .kl 1.80—2 pr. Pfd. bezahlt. Schwarz Geschirrleder in gewöhnlicher Waare wurde mit ^il 1.40—1.50 pr. Pfd. verkauft. Alaunleder wurde nur wenig zugebracht und wurde mit ^kl 1.20 - 1.25 pr. Psd. begeben. Weiße, sowie braune lohgare prima Schasledcr wurden mit .Kl 150 pr. 100 St. und darüber verkauft : zweite Sorte brachte .Kl 120—135 pr. 100 St. und sind diese beide letzten Artikel, sowie braune Kipse diejenigen Sorten, die sich im Preisverhältnisse zur letzten Hannoverschen Messe einer angenehmen Hausse erfreuten.
Dev Geheimnisvolle.
(Fortsetzung.)
Der Regen hatte nachgelassen, oder vielmehr gänzlich aufgehört; nur von den Bäumen fielen noch mitunter einzelne große, schwere Tropfen herab, der Sturm aber wüthete noch immer mit gleichem Grimm und trieb die leichten Wolken in einzelnen Schichten seltsam gestaltig am Himmel, so daß je zuweilen der Vollmond mit seiner klaren Scheibe einen Blick zwischen dies wüste Treiben hindurch thun konnte und die Grabhügel mit ihren vergoldeten Kreuzen und ihren weißen Leichensteinen in unheimlicher Beleuchtung zeigte-
Sie sehen, ich hatte Recht; er ist nicht hier, sagte der Doctor, während sein Auge in einem solchen Augenblick der Beleuchtung über den kleinen Begräb- nißplatz hinschweifte. Ah, ich wußte es wohl, dieser Gang würde vergeblich sein.
Nicht doch, erwiderte der Graf, über die halb verschütteten Grabhügel einstolpernd; wir müssen an der äußern Eingangsthür Nachsehen. Er wird uns dort erwarten.
Sie begaben sich nach dem großen Thorwege, der an dieser Seite den Eingang zum Gottesacker schloß und in dem gleichen Augenblick, in welchem der Graf den großen Flügel öffnete, schlug die Uhr auf dem Thurme der dicht daneben gelegenen Dorfkirche mit ihrem heisern schwirrenden Tone den ersten Schlag der elften Stunde.
Ah, ich sehe, Sie sind pünktlich, sagte eine klare, ruhige Stimme, und die beiden Männer schracken unwillkührlich zusammen bei diesem unerwarteten Laut. Außen in dem Schatten der Kirche stand der Ungar neben seinem Pferde, welches er an dem Stamme des alten Fliederbaumes angebunden hatte. Beide, der Graf wie der Doctor, hatten noch am Nachmittage das schöne Thier, einen kohlenschwarzen Hengst von türkischer Zucht, bewundert; jetzt aber, an diesem Orte, in dieser unheimlichen Beleuchtung, schienen ihnen die Gestalten von Roß und Reiter gar seltsam und fast geisterhaft anzuschauen.
Das Pferd sah die Fremden mit leisem, aber fast drohendem Schnauben herantreten. Kölöny aber sagte ihm einige Worte auf ungarisch und das Thier
stand ruhig und stille. Dann wendete er sich zu den beiden Herren.
Wenn Ihnen gefällig ist, meine Herren, sagte er dann, so gehen wir an's Werk. Die Nacht ist schlecht genug, um uns zu beeilen. Haben Sie die nöthigen Werkzeuge mitgebracht? Gut, das ist vollkommen hinreichend. Und nun zeigen Sie mir gefälligst das Grab, Herr Graf.
Dieser führte ihn stumm nach der betreffenden Stelle. Der Grabhügel selbst war ziemlich vernachlässigt, und mit Rasen bewachsen, da der Winter demselben den Schmuck der Blumen geraubt hatte. Dagegen erhob sich an der einen Seite desselben eine Spitzsäule von Marmor, welche dem Vorübergehenden sagte, daß unter diesem Grabhügel drei Personen, Großmutter, Mutter und Enkelin schliefen.
Der Ungar warf gleichgültig seinen Mantel über die Säule, um sich ungehinderter bewegen zu können, und sich auf das Grabscheit, welches er dem Doctor abgenommen hatte, stützend, sagte er in ruhigem Tone:
Liegt der Sarg sehr tief, Herr Graf?
Nein, erwiderte dieser, im Gegentheil. Es ist, wie ich Ihnen schon sagte, das Grab meiner ersten Frau und man hat den einen Sarg auf den andern gesetzt, ohne deshalb die Grube tiefer zu machen.
Gut! Und nun muß ich bitten, mich allein zu lassen. Am liebsten würde es mir sein, wenn jeder der Herren in einer der beiden Thüre Wache bielte, um jeden Unberufenen zurück zu weisen. Man könnte mich sonst hier für alles Mögliche halten, zuletzt noch gar für den Vampyr, der die Leiche jenes Mädchens ausgescharrt hat und hier wieder nach einem neuen Opfer sucht.
Er verzog bei diesen Worten sein Gesicht zu einer Art von frivolem Lächeln, mit welchem er gerade den Doctor anblickte, daß seine weißen, glänzenden Zähne im Mondlicht schimmerten und der Arzt unwillkührlich scheu einen Schritt zurück trat.
Hilf, Himmel, dachte er, denn er hütete sich wohl, das scharfe Gehör des Ungarn aufs Neue auf die Probe zu stellen: Hilf Himmel, wenn es wirklich Vampyre gäbe, ich möchte diesen Kerl am ersten für einen halten!
Gut, sagte inzwischen der Graf, dem der Ton des Ungarn ebenfalls zu mißfallen schien; hier haben Sie die Laterne. Thun Sie, wie Ihnen gutdünkt. Wir werben an den Einaangsthnren Klethen und jedenfalls aus Ihren Ruf sogleich bereit sein.
Er entfernte sich hiemit nach der einen Seite. Der Doctor, so gern er auch geblieben wäre, ging nach der andern, und zwar nach der großen Thür des Kirchhof's, welche auf die Straße hinausführte. Dort faßte er Posto und konnte von da aus das Treiben des Ungarn zwar nicht genau, doch wenn der Mond hinter den Wolken hervortrat, wenigstens einigermaßen beobachteten.
Dieser hatte sich auch alsbald seines Rockes entledigt, und war in voller Arbeit, die Erde des Grabhügels aufzuwühlen und bei Seite zu werfen.
Hm, sagte der Doctor zu sich selbst, der Kerl treibt das Geschäft, als ob er von Kindheit an dabei groß geworden wäre. Wahrhaftig, er würde einen guten Todtengräber abgeben.
Wirklich förderte Kölöny mit unglaublicher Geschwindigkeit sein unheimliches Werk. Zn höchstens zehn Minuten mußte er sich bereits bis auf den Sarg durchgewühlt haben, denn der Doctor sah die dunkle Gestalt, die bis dahin noch mit dem Oberkörper aus der allmälig immer tiefer werdenden Grube hervorgeragt hatte, gänzlich verschwinden. Gleich darauf hörte man einige dumpfe Schläge, dann das Krachen von brechendem Holze. Offenbar war er beschäftigt, den Sarg auszubrechen.
(Fortsetzung folgt.)
Allerlei.
— Viele Leute meinen, daß, weil in Schaltjahren der Februar 29 Tage statt 28 hat, der 29. Februar der hinzutretende Schalttag sei. Das ist aber nicht der Fall. Schalttag ist vielmehr, wie Mommsen nachgewiesen hat, der dem 24. Februar folgende Tag, nicht der dem 23. Febr. folgende, den die Gelehrten lange Zeit für den Schalttag gehalten haben. Genau genommen sollte man daher auch in Schaltjahren die Tage des Februar bis 28 zählen, zweien aber die Nummer 25 geben und dieselben etwa durch a und b unterscheiden.