Spiel Gewonnene und dazu den früher mit saurer Mühe ehrlich erworbenen Sparpfennig verlieren, sondern auch an ilircr Seele schweren Schaden leiden Diesem Briefe ist das Originalschreiben einer jüdischen Bankfirma eine künstlerisch sehr schön ausgestattete Karte beigefügt, welche ans der Vorderseite die Firma des in Rede stehenden Bankhauses trägt, unter Aufzählung der verschiedenen Arten von Geld-Geschäften, welche dieselbe besorgt, darunter natürlich auch „B örsen-Prämien-Geschäfte". Die Rückseite enthält eine in den süßesten Syrenentöneu abgefaßte Dienstanerbietung des gedachten Bankhauses, unter welchen die „rechtzeitigen Informationen", welche dasselbe seinen „Kunden" für das Börsenspiel ertheilen will, besonders hervorgchoben sind. An diesen „rechtzeitigen Informationen" sind in der noch lange nicht verwundenen Schwindelperiode von 1870—73 Zehntausende von Existenzen zu Grunde gegangen.
Eine cigenthiimlichc Szene ereignete sich cun Montag Nachmittag in" einer Berliner Kirche. Ein Handwerker Halle am genannten Tage aus dein Standesamte eine Ehe geschlossen und war von dort ans nach einem Bierlokal, in Begleitung seiner jungen Frau und der Zeugen, gegangen. Um 3 Uhr sollte in der Kirche die Trauung stattfinden. Rechtzeitig sanden sich denn auch das Ehepaar und die Zeugen ein, aber in einem so berauschten Zustande, dag der Prediger die heilige Handlung nicht vornehmen konnte. Die Personen wollten sich aber trotz der Ermahnungen des Predigers und des Küsters nicht entfernen, so daß ein Schutzmann rcgnirirt werden mußte, welcher die Festgesclischast ans dem Gotlesbanse führte. <2t.-A.)
Oesterreich—Uuguril.
Wien, 25. Febr.. Abends. Meldung der „Pol. Corr." aus Salonichi: Hier in die Nachricht einge- troffen, daß Oberst Sqnge noch am Leben ist. Die Pforte beauftragte die Geueralgouverneure von Salonichi, Monastir und Kossvwv, Alles aufznbieten, um Syuge's Freilassung zu bewerkstelligen. Zur Zeit ist jedoch des Schneefalls wegen der Verkehr im Gebirge, wohin Shnge von den Räubern geschleppt wurde, sehr schwierig. Letztere verlanget!, wie es heißt, 8000 Pf. Löscgeid. In Salonichi ist das britische Kriegsschiff „Antilope" eingetroffen. (W. L.)
Der in Berlin erschienene Allarniartikel findet in Oestreich ein überaus lebhaftes Echo. Vielfach wird die Frage aufgeworfen, ob nicht etwa in Deutschland Stimmung gemacht werden soll für die neue Militärvorlage, jedoch geht die allgemeine Ueberzeugung dahin, daß Fürst Bismarck die russische Politik habe zwingen wollen, aus ihrer Schaukelei herauszntreten, um endlich einmal Farbe zu bekennen.
Salzburg, 20. Febr. Heute früh brach im dichtbevölkertsten Stadtviertel, in der Getreidengasse beim Kaufmann Schwarzcnberger, ein Brand aus, der zwar in Folge angestrengter Dichtigkeit der Feuerwehr auf das Haus selbst beschränkt blieb, aber leider fünf Menschenleben zum Opfer forderte. Ein Postbeamter mit Frau und Kind fand im Wohnzimmer seinen Tod: ein Schuhmacher wurde auf der Stiege todt gefunden: endlich verbrannte eine Köchin. Die Aufregung über diese Katastrophe ist eine um so größere, als auch in zwei Nachbarorten in vorletzter Nacht mehrere Bauernhäuser abbrannten.
Italien.
In Italien stellt man sich jetzt wegen der österreichischen Rüstungen in Südtyrol sehr erstaunt und besorgt. Die Rolle des Wolfes, dem das Lamm das Wasser trübt, verstehen die Herren auf der Halbinsel vortrefflich zu spielen. Erst reizen und drohen und dann, wenn der Bedrohte auf seine Sicherheit bedacht ist, die Miene des unschuldig Gekränkten annehmen, das haben die Italiener los. Bereits waren einige Interpellationen an die Regierung fix und fertig und sollten in der Kammer Cairoli an den Kopf geworfen werden. Dieser erhielt doch Wind davon und bewog die Interpellanten, mit ihren Anfragen bis zur Budget-Debatte zu warten. Damit wäre der Sturm vorläufig beschworen und die Regierung, weche Nachtragsforderungen für den Festungsbau einzubringen gedenkt, erhält durch die Interpellation gleichzeitig die Gelegenheit, ihre Forderungen zu begründen. (N.-Ztg.)
Schweiz.
Bern, 29. Febr. Der Durchbruch des Gvtthardtunnels erfolgte heute Vormittag Punkt 9 Uhr. (Schw. B.)
Frankreich.
Paris, 28. Febr. Der „Soir" erfährt gerüchtsweise, der Ministcrrath habe entschieden, daß wenn die Prüfung der Hartmann betreffenden Dokumente dessen Jdentät dargethan und das Verbrechen
festgestellt haben sollten, die französische Regierung der Auslieferung Hartmanns zustimmcn werde. (W. L.)
Spanien.
Madrid, 25. Febr. Der oberste Gerichtshof hat gestern das Todesurtheil gegen den Attentäter Otero bestätigt. Bei Vorlesung des Urtheils zeigte sich der Attentäter ziemlich gleichgültig. „Ich bin nicht überrascht", sagte er, „ich habe es erwartet." Das Urtheil soll rasch vollzogen werden.
England.
Die seit den letzten Tagen durch die deutsche Presse laufenden Allarmnachrichteu über Rußland verfehlen, ihren Eindruck in England nicht. Die „Times" meinen, diese Artikel kämen von Leuten, welche das Vertrauen des Fürsten Bismarck besitzen und daß der letztere nicht der Mann sei, uunöthigcr- weise in das Alarmhorn zu blasen. Die Lebensfrage des gesammten europäischen Contineuts dreht sich um einen Knotenpunkt: Soll Deutschland, Frankreich oder gar Rußland die leitende Militärmacht sein? Dies sei mit einem Worte die Lage und bis diese Frage nicht durch eine zerschmetternde Niederlage des Einen oder Andern gelöst ist, vermögen wir keine Hoffnung auf einen beständigen Frieden in Europa zu fassen. Der Sieg Frankreichs käme einem Siege Rußlands und aller Wahrscheinlichkeit nach einer Zerstörung Oestreichs gleich. Die Politiker Englands werden sich die Frage vorlegen müssen, ob sie einen Sieg Frankreichs und Rußlands über Deutschland und Oestreich für wünschenswerth erachten.
Die in Kabul Vorgefundene russische Corre- spondenz läßt die Parlamentarier nicht zur Ruhe kommen. Wiederholt werden von denselben Anfragen gestellt behufs Angabe des Inhalts dieser russischen Schriftstücke, allein die Minister suchen sich denselben unter allerlei Ausflüchten zu entziehen. Nach Meldungen englischer Blätter sollen die gehcimnißvvllen Schriftstücke Rußland in ein ungemein schlechtes Licht stellen.
Kapitän Webb wird zu Anfang des nächsten Monats in London drei Tage und zwei Rächte fast ununterbrochen schwimmen. In der ganzen Zeit wird er das Wasser nur auf IP 2 Sunden d. i. 30 Minuten per 24 Stunden verlassen.
Rußland.
St. Petersburg, 27. Febr. Die seit mehreren Tagen hier gesuchte Vera Sassulitsch soll nach der russischen „St. Petersburger Zeitung" hier in der Wohnung einer Freundin ergriffen worden sein. Die Schweizer Polizei hatte zuerst die russische von der Abreise der Sassulitsch nach St. Petersburg benachrichtigt. (St.-A.)
Die Nihilisten versenden Droh- und Brandbriefe, worin sie drohen, die ganze Stadt niedcrzubrennen. Die beiden Polizeibeamten Bogdanowitsch und Schack haben vom Exekutivkomite der Verschworenen Drohbriefe erhalten, worin ihnen ihr bevorstehendes Ende angezeigt wird, weil sie die Druckerei auf Wassili Ostrom ausgehoben haben. Viele, die von den Nihilisten ihr Todesurtheil empfangen haben, laufen heute noch vergnügt auf Erden herum, während andere, die nach den Begriffen der Mörder „Spione" waren, spurlos verschwinden. Wer einen Nihilisten anzeigt, gilt ihnen für einen Spion. — Am 23. Febr. wurde sämtlichen Hausbesitzern Petersburgs die Ansage von der Polizei gemacht, sie Möchten bei sich an einem geeigneten Ort fortwährend mehrere Kübel mit Wasser bereit halten und Nachts immer einige Laternen brennen lassen für den Fall, daß das Gas verlöschen sollte. — Einen Tag, nachdem die letzte Geheimdruckerei aufgehoben wurde, ist schon wieder eine neue Revolutionszeitung erschienen. Die Polizei sucht und fahndet, bis heute aber noch vergebens.
Moskau. In der Nacht vom 20. zum 21. ds. brannte ein Flügel der land- und forstwirthschaft- lichen Petrowskij'schen Akademie nieder, in dem 300 Studenten untergebracht waren. Das technische, agronomische, mechanische und botanische Museum ist mit allen Maschinen, Modellen und werthvollen Sammlungen ein Raub der Flammen geworden. Der Verlust beziffert sich auf etwa 400,000 Rbl. Die Ursache des Brandes ist unbekannt. Als das Feuer ausbrach, wurden Studenten der Akademie verhaftet. Wie erwähnt, glaubt man, daß die Nihilisten den Brand angestiftet haben.
(Eine Hinrichtung in Rußland.) Ueber eine höchst originelle Hinrichtung wird dem Petersburger „Nowoje Wrema" aus der kaukasischen Hauptstadt Tiflis geschrieben: „Am 9. d. M. wurde
daselbst der berüchtigteste und gefürchtetste Räuberhauptmann des ganzen Kaukasus, Tato Zulukidze, öffentlich gehenkt. Als der Delinquent nach der Richtstätte gebracht worden, ersuchte derselbe den Militär-Kommandanten, dieser möge ihm gestatten, vor seinem Tode einige Worte an das Publikum zu richten, was auch bewilligt wurde. Zulukidze bestieg nun feierlich und gravitätisch das Galgengerüste, verbeugte sich vor der Menge und sprach dann etwa wie folgt : „Verehrungswürdiges Publikum! Sogleich werde ich, wie Sie wissen, gehenkt. Ich bin aber unschuldig daran, daß ich ein Mörder und Räuber gewesen. Meine Eltern trifft die Schuld. Ich ab- solvirtc die vierte Gymasialklassc in Tiflis, doch verspürte ich schon in meiner Jugend räuberische Instinkte, die meine Eltern nicht zu unterdrücken wußten. Die Wahrheit wird sich Herausstellen, mögen Jene meinen Tod verantworten. Mir ist nicht leid um mein Leben. Lebt alle wohl!" Sprach's, verbeugte sich, wandte sich an den Geistlichen, wechselte mit demselben einige Worte, drehte sich dann eine Cigar- rette, rauchte diese ruhig etwa bis zur Hälfte, löschte dann das Feuer aus, drehte sich zum Scharfrichter um und ersuchte denselben seines Amtes zu walten. Dieser that, was nöthig und Zulukidze half ihm selbst, sich den Strick um den Hals zu legen. Eine Sekunde (darauf hing Zulukidze am Galgen. Doch plötzlich riß er die Augen auf und schrie laut: Z'o- prarv vvorion-leu(„Richte die Schlinge"). Der Henker richtete die Schlinge und Zulukidze war nicht mehr ... Das schrecklich blasse Gesicht mit weit geöffneten Augen bot einen schrecklichen Anblick. Drei Stunden später wurde die Leiche des Gehenkten ärztlich untersucht und dann zur Erde bestattet. Tato Zulukidze war kaum 39 Jahre alt."
Amerika.
Dreißig Tage gefastet. Am 28. Jan. starb in Einciuatti eine alte Daine, Margaretha Tnirrh, welche sich seit dem 30. Dezember v. Js. beharrlich geweigert hatte, irgend welche Nahrung vder Medizin zu sich zu nehmen. Ehe sie krank wurde, hatte sic ungefähr 150 Pfund gewogen, znr Zeit ihres Todes war ihr Körper noch 50 Pfund schwer.
Handel ä- Herkehr.
Aus den: 2.A. Horb, 26. Febr. Gestern war in Horb F a st e n m arkt und es waren ans demselben sämtl. Biehgattnngeu überaus stark vertreten, wie dies in den letzten Jahren selten der Fall gewesen. Besonders verdient die starke Zufuhr vvn Zug- und Mastvieh Erwähnung. Die Preise waren ziemlich hoch, für das Paar Ochsen wurden 20—40 Äarolin, für das Paar Kühe durchschnittlich 300 bezahlt. Für Saugschweine legt« inan 20—24 für Länserichweine pr. Paar etwa 40 an. Mit der Bahn wurden sieben Waggons, mit Bich beladen, abwärts crpedirt.
H»ffrrnr»g.
Und dräut der Winter noch so sehr Mit trotzigen Geberden,
Und streut er Eis und Schnee umher,
Es muß dvch Frühling werden.
Und drängen die Nebel nvch so dicht Sich vor dem Blick der Sonne,
Sie wecket dvch mit ihrem Licht Einmal die Welt znr Wsnnc.
Blast nur, ihr Stürme, bläst mit Macht,
Mir svll darob nicht bangen,
Ans leisen Sohlen über Nacht Kommt doch der Lenz gegangen.
Da wacht die Erde grünend ans,
Weiß nicht, wie ihr geschehen,
Und lacht in den sonnigen Himmel hinauf Und möchte vor Lust vergehen.
Sie flicht sich blühende Kränze in's Haar Und schmückt sich mit Rosen und Aehren,
Und läßt die Brnnnlein rieseln klar,
Als wären eS Freudenzähren.
Drum still! Und wie es frieren mag,
O Herz, gib dich zufrieden!
Es ist ein großer Maientng Der ganzen Welt beschicken.
Und wenn dir oft auch bangt und graut,
Als sei die Hüll ans Erden,
Nnr unverzagt ans Gott vertraut!
Es muß dvch Frühling werden.
— (Hopfenpfähle und Baumstangen dauerhaft zu machen.) Um Hopfenstangen und Baumpfähle dauerhaft zu machen, wird empfohlen, dieselben, nachdem sie ausgetrvcknet sind, etwa 30 Ceni. tief in Kalkwasser zu stellen und sie, wenn sic wieder abgetrocknet sind, init verdünntem Vitriol zu bestreichen, worauf man sie an der Sonne trocknen läßt. Dieses Mittel hilft angeblich weit mehr als das Verbrennen, Verkvhlcn oder Theeranstreichen, denn die so behandelten Pfähle werden halb versteinert.