Berlin, 12. Dez. Die württembcrgischen Naturalpreise und 150,000 Mark für Brodbäckcrei und Provianlmagazin in Ludwigsburg wurden heute anstandslos vom Reichstag verwilligt.

Sigmaringen, l2. Dez- Gestern Abend hat in dem Nebengebäude des Fürst-Karl Landesspital dahier ein schauderhaf­tes Unglück stattgesuudcn, über dessen genauen Verlauf das Nähere noch nicht bekannt ist. Das erwähnte Haus dient mitunter auch zur Aufbewahrung solcher Geisteskranken, welche nicht tobsüchtig, überhaupt nicht gefährlich sind, und so sollen auch in einem Lo­kale desselben 3 Personen verwahrt gewesen sein, von welchen eine derselben, ans welche Art ist noch nicht ermittelt, wahrschein lich dem Lichte oder Feuer zu nahe kam, und deren Kleider Feuer fingen. Dieselbe muß brennend dein Belte zugelaufen sein und sich in dasselbe gelegt haben, denn als ein in der Nähe wohnen­der Gensdarm die außergewöhnliche Helle wahruchmend, Lärm machte, und das betreffende Lokal schleunigst geöffnet wurde, war die Person in dem angebrannten Bette schon lodt. Von den bei­den andern Personen soll die eine geisteskrank und die andere körperlich so schwach sein, daß sie ihr Bett nicht habe verlassen können, um Hilfe zn leisten.

Bei der letzten parlamentarischen Soiree des Fürsten Bis­marck betraten zwei Abgeordnete auch das Arbeitszimmer des letz­ter« und nahm der eine einen ans dem Tisch liegenden Revolver in die Hand. Derselbe entlud sich, zum Glück ohne den in der Nähe flehenden Abgeordneten zu verletzen.

Nach sicherem Bernehmen ist der preuß Justizminister Dr. Leon Hardt aus Gesnndhcitsrücksichlen entschlossen, das Porte­feuille niederzulegen, ob um gänzlich in den Ruhestand zu treten, oder später einen andern Posten zu übernehmen, sei dahin gestellt; diese Veränderung wird schon für die nächste Zeit zu erwarten sein. Als Nachfolger des Justizministers nennt man den Kultus­minister Dr. Falk oder den Unterstaats-Sekretär im Justiz-Mi­nisterium, Dr. Friedberg.

Ma funke, Redakteur derGermania" in Berlin und Reichstagsabgeordneter, wegen mchrer Preßvergehen zu 1 Jahr Gefängniß verurtheilt, ist plötzlich verhaftet und nach Plötzensee abgesührl worden. Der Reichstag bezweifelt, daß die Verhaftung eines Abgeordneten während der Dauer der Sitzungen ohne Zu­stimmung des Reichstages zulässig sei und hat auf einstimmig angenommenen Antrag Laskers die Gcschäftskommission zun.schleu- nigen Berichterstattung darüber beauftragt.

(Ein Freßküustle r.) In Fulda produzirte sich am 6. d. ein junger Mann von ungefähr 20 Jahren in einer Wirth- schast der Vorstadt mit folgender horriblen Leistung: Derselbe inner halb 2 Stunden 15 Knoblauchswürste, für 12 kr. Brod, 2 Handkäse, trank Vier und Branntwein dazwischen, vertilgte ein brennendes Talglich! sammt dem Dochte und verspürte noch Hunger. Gott segne seine Studia!

Brüssel, 12. Dez. Jndcpendance belge hebt heute die Wichtigkeit der Aktenstücke hervor, die im Prozeß Arnim ver­öffentlicht wurden und welche den Grafen Arnim als einen Ali- irten der Klerikalen und Legitimisten in Frankreich entlarven, und bemerkt:Was auch der Ausgang des Prozesses sei» mag, mit seinem Rufe als Diplomaten und als einsichtsvollen Ver­treters der Interessen seines Landes ist es vorbei." (In ähn­licher Weise ist auch die N. F. Pr. in Wien von ihrer Vorein­

genommenheit für Arnim znrückgekommen und schreibt: .Wie das juristische Unheil über Arnim ausfallen wird, mag noch zweifel­haft sein; sein politisches ist gesprochen.")

Epinal, 12. Dez. Es ist unglaublich, wie sehr sich die Wölfe in den Vogesen und Ober Lothringen vermehren. Man wagt sich nicht mehr ins Freie. Die Wanderer befinden sich i» Todesängsten. Diese scheußlichen Thiere kommen bis in die Dörfer und haben cs hauptsächlich auf Kinder abgesehen, die ge­wöhnlich in ihrer Angst fortspringen, dabei fallen und daun voll­ständig verloren sind. In der Nähe des Dorfes Pallegney sind zwei Menschen diesen Raubthieren zum Opfer gefallen. Das Gefährliche der Sache ist, daß sich die Wölfe hinter Steinhaufen verstecken, den einsamen Wanderer ablauern und alsdann über ihn hei fallen. Man beklagt allgemein, daß die Forstbeamten sich nicht zu einem allgemeinen Treibjagen mit ihren elsäßischen Kol­legen verständigen können.

Der junge Guizot, der bekanntlich zum Professor der Germanischen Sprachen am College de France ernannt wurde, hielt am 8. d. M. seine erste Vorlesung. Da man Ruhestörungen erwartete, so hatten die Universitätsbehörden Vorsichtsmaßregeln getroffen. Es blieb aber alles ruhig. Nur ein Student machte sich den Spaß, den Professor der Germanischen Sprachen auf Deutsch anzureden, worauf derselbe die Antwort schuldig bleiben mußte, da er die Haupisprache derGermanen" nicht sonderlich gnt kennt. Dies erregte allgemeine Heiterkeit, und die Vorlesung vlieb thatfächlich lO Minuten unterbrochen.

Allerlei.

(Ein menschlicher Koloß). Ans Worms, 3. December schreibt man: Gestern wurde der Gerbermeister einer hiesigen Fabrik zu Grabe getragen. Derselbe war durch seine enorme Gestalt er wog gegen 4 Centner allseitig bekannt. Der Sarg des Verstorbenen nahm einen solch colossalen Raum ein, daß er nicht in den Leichenwagen gebracht, sondern auf einer Nolle, welche in geschmackvoller Weise zu einem imposanten Leichen­wagen umgestaliet war, auf den Friedhof gefahren wurde.

Wie aus ärztlichen Kreisen mitgetheilt wird, hat die An­wendung der M o rph eu m - E in sp r i tz u n g e», welche ursprüng­lich zur Stillung von Nervenschmerzen verordnet wurden, bei Laien wie bei Aerzten in neuerer Zeit vielfach einen bedauerlichen Umfang angenommen. Wer hätte geahnt, daß die kleine Spritze zu subcutanea Jnjectionen auch verwendet werden würde, um einer Leidenschaft zu stöhnen, welche mit dem Opium-Essen der Chinesen die größte Verwandtschaft hat? Und doch ist das der Fall. Die in Folge der Morphium Einspritzung eintrctende Be­täubung muß anf manche Naturen einen besonderen Reiz aus- üben, so daß sie dies künstliche Betäubungs-Mittel bald ganz gewohnheitsgemäß anwenden und schließlich ohne ihren Morphium- Rausch gar nicht mehr existiren können. Die Erscheinungen, welche bei den dieser Leidenschaft stöhnenden Personen zu Tage treten, sind denen ähnlich, welche nach den Berichten der Reisen­den bei den Opium-Essern beobachtet werden: Zittern der Glieder, aschfahle Hautfarbe rc. Die Heilung von dieser unseligen Leiden­schaft ist sehr schwierig. Eine besondere Vorliebe für die An­wendung von Morphium-Einspritzungen ist bei hysterischen Frauen beobachtet.

Amtliche und HSrivar-Bekanntmachnngen.

K. Oberamtsgericht Nagold.

Sch uiden-Kquidstimle».

^u nachbenanuten Gantsachen werden die Schuldenliquidationen und die gesetzlich damit verbundenen Verhandlungen an den nachbenannten Tagen und Orten vorgenommen werden, wozu die Gläubiger hiedurch vorgeladen werden, um entweder in Person oder durch gehörig Bevollmächtigte, oder auch, wenn voraussichtlich kein Anstand obwaltet, durch schriftliche Rezesse ihre Forderungen

und Vorzugsrechte geltend zn machen und die Beweismittel dafür, soweit ihnen solche zu Gebot stehen, vorzulegen.

Diejenigen Gläubiger mit Ausnahme nur der Unterpfandsgläubiger welche weder in der Tagfahrt noch vor denselben ihre Forderungen und Vorzugsrechte anmelden, sind mit denselben kraft Gesetzes von der Masse ausgeschlossen. Auch haben solche Gläubiger, welche durch unterlassene Vorlegung ihrer Beweismittel, und die Unterpfaudsgläubiger, welche durch unterlassene Liqui­dation eine weitere Verhandlung verursachen, die Kosten derselben zu tragen.

Die bei der Tagfahrt nicht erscheinenden Gläubiger sind au die von den erschienenen Gläubigern gefaßten Beschlüsse bezüg­

lich der Erhebung von Einwendungen gegen den Güterpfleger und Gantanwalt, der Wahl und Bevollmächtigung des Gläubiger­ausschusses, sowie, unbeschadet der Bestimmungen des Art. 27 des Exekntionsgesetzes vom 13. November 1855, bezüglich der Ver­waltung und Veräußerung der Masse und der etwaigen Aktivprozesse gebunden. Auch werden sie bei Borg- und Nachlaßvergleichen als der Mehrheit der Gläubiger ihrer Kategorie beitretend angenommen.

Das Ergebniß des Liegenschaftsverkauss wird nur denjenigen bei der Liquidation nicht erscheinenden Gläubigern eröffnet werden, deren Forderungen durch Unterpfand versichert sind und zu deren voller Befriedigung der Erlös aus ihren Unterpfändern nicht hinreicht. Den übrigen Gläubigern läuft die gesetzliche fünfzehntägige Frist zur Beibringung eines bessern Käufers vom Tage der Liquidation an, oder wenn der Liegenschaftsverkauf erst später stattfiudet, vom Tage des letzteren an.

Als besserer Käufer wird nur derjenige betrachtet, welcher sich für ein höheres Anbot sogleich verbindlich erklärt und seine Zahlungsfähigkeit nachweist. _

Datum der fllame und Wohnort " Tagfahrt Ort

Ausschrm- amtlichen Be- des zur der Bemerkungen,

bende Stelle, kanntmachung Schuldners. Liquidation. > Liquidation._^ ____

Oberamts-

. Gericht 4. Dezbr. Nagold.

Michael Faß nacht, Taglöhuer in Unterihalheim.

1. März 1875,

Vormittags 10 U n t e r t h a l h e i m. Uhr.

Liegenschafts-Verkauf 27. Februar 1875, Vormittags 10 Uhr.