Aus demOberamt Ravensburg, 20. März. Die Müllerin auf der Aachmnhle, Gemeinde Bodnegg, wnroe dieser Tage verhaflet. Bor sieben Jahren starb ihr erster Mann ganz schnell und sie heirathele bald daraus einen Andern, der — wie damals die Sage ging — schon bei Lebzeiten ihres Mannes ihr Galan war. Diesen zweiten Mann bekam sie auch bald satt und knüpfte ein Liebesverhältnis mit einem Müllerknecht an. Ihr Ehemann bekam jedoch davon Wind und entlief? denselben. Ein Briefwechsel unterhielt aber trotzdem das Verhältnis Die Frau soll nun in letzter Zeit einen Brief geschrieben haben, worin sie demselben mittheilt, auf baldige Heivath gefaßt zu sein, sie werde ihren Mann beseitigen wie de» ersten, der vergiftet worden sei. Das Mädchen, das den Brief überliefern sollte, verlor denselben. Schulkinder sollen daS vei hängnißoolle Schreiben gefunden und erbrochen haben, worauf es dem Gericht übergeben wurde. Dasselbe hat bereits die Untersuchung eingeleilet und kann deshalb schon in den nächsten Tagen Näheres berichtet werden.
Nosenfeld, 18. März. Heute fand tie feierliche Einweihung des vom 114. (großh. bav.) Regiment seinen acht am 3l. Juli vergangenen Jahres hier verunglückten Nameraden errichteten schönen Denkmals im Beisein der Offiziere und einer Abtheilnng der Garnison Hohenzolleru statt. Herr Hauptmann v. Lost 1 er übergab dasselbe in herrlicher Ansprache an die hiesigen ^Behörden, worauf Stadtpfarrer Föhr im Namen der Gemeinde mit vtsprechenden Worten solches übernahm.
Lahr, 15. März. Bei der diesjährigen Pi ämienverloosung des Lahrer hinkenden Boten für 1874 wurden folgende Gewinne gezogen,: 300 Mark auf Nro. 541,630, 180 Mark auf Nro. 20.842 150 Mark auf Nro. 335,161, 120 Mark aus Nro. 167,719, 105 Mark auf Nro. 286,303, 00 Mark auf Nro 472,008, 75 Mark auf Nro. 653,485, 60 Mark auf Nro. 04,976, 30 Mark auf Nro. 8.527. (N. Tgbl.)
Berlin, 20. März. Die Militärkommission des Reichstages beendete heute die zweite Lesung des Militärgesetzes. §. 1 wurde mit 22 gegen 6 Stimmen abgelehut. Mit demselben Stimmverhältniß wurde der von Bethnsy-Huc eingebrachle Antrag, die Ziffer der Friedenspräsenz auf 284,000 zu normiren, abgelehut. Der Kriegsminister erklärte in, Laufe der Verhandlung, daß die Vorlage ohne § 1, also ohne jede Fixirung der Friedensziffer, für die Bundesregierung unannehmbar sei. Die § 2, 3 und 4 wurden nach den Beschlüssen der ersten Lesung angenommen, ebenso das Uebrige. (N. Tgbl.)
Das 9. Stück des Reichs-Gesetzblattes enthält die Bekannt- machnnn, betr. die Außerkurssetzung der Kronentdaler, sowie von Münzen des Konventionsfnßcs. Vom 7 März 1874. Dieselbe lautet: Ans Grund der Artikel 8, 13 und >6 des Münzgesetzes vom 9. Juli 1873 (Reichs-Gesetzblatt Seite 213) hat der Bundesrath die nachstehenden Bestimmungen getroffen: § I. Vom 1. April 1874 an gelten nicht ferner als gesetzliches Zahlungmittei: 1) die Kronenthaler deutschen, ostreichischen oder brabanler Gepräges, 2) die im Zwanzig- guldensuß ausgeprägten ganzen, halben und viertel Konventtons- (Spezies) Thaler deutichen Gepräges. Es ist daher vom 1. April 1874 ab außer den mit der Einlösung beaustragten Kaffen Niemand verpflichtet, diese Münzen in Zahlung zu nehmen, tz 2. Die im Umlause befindlichen, im § 1. bezeichnenden Münzen werden in den Monaten April, Mai und Juni 187! von den durch die Landes-Zentralbehörden zu bezeichnenden Kaffen derjenigen Bundesstaaten, welche diese Münzen geprägt haben, bezw. in deren Gebiet dieselben gesetzliches Zahlungsmittel find, nach dem in dem H 3 festgesetzten Werthsverhältniffe sür Rechnung des Deutschen Reichs sowohl in Zahlung angenommen, als auch gegen Reichs- bezw. Landesmünzen umgewechsclt.^ Nach dem 30. Juni 1374 werden derartige Münzen auch von diese» Kasten weder in Zahlung noch zur Umwechselnng angenommen. § 3. Die Einlösung der in 8 1 bezeichnenden Münzen erfolgt zu dem nachstehend vermerkten festen Werthsverhältniffe:
Kronenthaler .... 2 FI. 42 Kr. bezw. 1 Thlr. 16'/« Srg-,
'/> Konventions (Spez.-)
Thaler zu .... 2 „ 24 „ „ 1 „ 11'/,- „
Konventivnsthalcr
Konvcntionsguld) zu 1 „ 12 „ „ — „ 20'j, „
'/« Konventionsthaler zu - „ 26 „ „ — „ lO'/r „
tz. 4. Die Verpflichtung zur Abnahme und zum Umtausch (Z 2 ) findet aus durchlöcherte und anders als durch den gewöhlichen Umlauf im Gewicht verringerte, ingleichen aus verfälschte Münzstücke keine Awendung.
(Religiöser Wahnsinn) In dem Dorfe V. bei Vandsvurg in Preußen befindet sich eine ziemliche Anzahl von Pietisten, an sie schloß sich auch der Bauer E. an, ein ruhiger und arbeitsamer Munn, und wurde ein eifriges Mitglied derselben. Fleißig besuchte er die religiösen Versammlungen, las emsig die Bibel und arbeitete mit aller Kraft feines Geistes daran, sich ganz und gar von dem Myslicismus dieser Leute dnrchdringen zu lassen und mit seinem Denken und Handeln in ihm anfzu- gehen. Ende Januar ruhte er eines Abends angekleidet auf dem Bette. Plötzlich springt er mit dem Rufe auf: „Hosiannah dem Lohne David, gebencdeiet, der da kommt im Namen des Herrn!" erklärte sich für Jesus, ergreift eines seiner Kinder, schlägt es mit dem Gesichte unter den Worten! „Bekenne deine Sünden, die Lündcn müssen getilgt werden" so heftig ans die Tischplatte, daß ihm alle Vorderzähne lose wurden; darauf nimmt er ein anderes, hebt es bis zur Zimmerdecke und läßt es aus dieser Höhe auf die Erde fallen, jedoch kam dieses ohne Schaden davon. Hierauf geht der Vater des E. in das Zimmer. Kaum aber erblickt der im Wahn besangenc Sohn den Vater, so stürzt
er sich mit grimmiger Geberdc auf denselben, jedoch gelang cs ihm noch glücklicherweise, sich den Händen des rasenden Sohnes durch die Flucht zu entziehen. Sogleich hinter dem Vater läuft auch der gestörte Sohn auf die Straße und begibt sich gradenwegS zu seiner Schwester, einer verheirathetcn Bäuerin, in demselben Dorfe. Der Vater, welcher Unheil befürchtete, folgte ihm von ferne und suchte mit mehreren Leuten gleichfalls in das Haus zu gelangen; aber der Sohn verriegelt sofort die Thür, so daß cs den Begleitern Mühe u»id Zeit kostete, sich Eingang zu verschaffen. Unterdessen tritt der gestörte Bruder an die Schwester und verlangt den Bruderkuß; diese sucht ihn durch gute Worte zu beruhigen, aber vergebens. Sofort ergreift er sie, wirft sic auf das Bett und sucht sie zu würgen, jedoch gelang es ihr, sich von ihm zu befreien; aber wiederum ergreift er sie und bringt sie zu Boden, wirft sich auf sie, umspannt mit beiden Händen so krampfhaft ihre Gurgel, daß die Zunge aus dem Munde hervorzedrängt wurde, und jetzt gibt er ihr den Bruderkuß; aber so blutig und schmerzvoll, daß er ihr dabei die Zunge bis znm Bande radical abbiß. Jetzt erst gelang es der Umgebung, in das Hans zu kommen und zum Glücke noch zeitig genug, um der Unglücklichen das Leben zu retten, weil sie deren Verstümmelung auch nicht hatte« verhindern können. Merkwürdig ist doch die Aeußerung feiner frommen Genossen in einer ihrer nächsten Versammlungen über diesen unglücklichen Vorfall, welcher uns gleichzeitig auch den Schlüssel gibt zu diesem ungeordneten und verwirrenden MysticismnS. Ganz offen und ernsthaft sprachen sie es aus, daß der gestörte E. zwar auf dem Wege der Erleuchtung, aber nicht würdig gewesen sei, in dieselbe einzutrcten, darum habe er nicht dnrchgekämpft, sondern sei im Kampfe unterlegen.
Kreis Adenau, 18. März. Wie sehr der katholische Klerus hin und wieder agitirt, erhellt aus folgenden Fällen. Ein Geistlicher aus der Umgegend hat die Erklärung abgegeben, wahrscheinlich würden im künftigen Jahre die Kirchen geschlossen sein, so daß kirchliche Trauungen nicht mehr möglich wären; man möge sich deßhalb vorsehen. In Folge dessen blühen die Trauungen auch bei solchen Paaren, die sonst nicht beabsichtigten, so rasch zur Ehe zu schreiten. Aus deinsciben Grunde werden in vielen Gegenden, u. A. in der Nähe von Grevenbroich und Lätzdocs, die Kinder schon mit 10 und 11 Jahren zur ersten Communis» zugelassen, was bisher erst mit 12 und 13 Jahren üblich war.
Die englischen Taschendiebe haben unter den Gästen in Chislehurst, wie es scheint, furchtbare Verheerungen angerichtet und hierbei keinen Rang respectirt: sh wurde dem Exminisier Chevrean die Uhr und, was eine noch viel erstaunlichere Leistung ist, dem Herzog von Eramont das Groß-Krenz der Ehrenlegion vom Leibe weg gestohlen.
Eine neunfache Mörderin von vierzehn Jahren. Sonnabend den 16. Februar, schreibt der „Golos", fand im St. Petersburger Bezirkstzencht die Untersuchung der geistigen Fähigkeiten eines vierzehnjährigen Mädchens statt, das beim Gatschinaschen Erziehnngshause gedient und neun Kinder um- gcbracht hat. Vier derselben tödteie es, indem es ihnen zwei Finger in den Mund steckte, eines ertränkte es in einem Wasserbehälter und eines erschlug es mit einem Beil. Der letztere Fall führte denn auch zur Entdeckung der früheren Morde. Das Mädchen sieht kaum wie elf Jahre alt aus und ist außerordentlich roth im Gesicht. Während der Untersuchung erzählte cs sehr ausführlich seine Mordthaten und, wie cs schien, beschäftigten es sehr die Blasen, die aus dem Wasierfaß aufgcstiegen waren, nachdem es sein wehrloses Opfer in dasselbe versenkt. Aus den Akten ergab sich, daß es außer den Morden an den Kindern auch versucht hatte, ein Kalb zu vergiften, was ihm aber nicht gelungen war. Da die Verbrecherin auf alle ihr vorgelegten Fragen vernünftig und ruhig antwortete, gelangten die Experten zu dem Resultate, daß sie einer längeren Beachtung unterzogen werden müsse, weßhalb sie dem Nikolai Hospitale überwiesen wurde.
(Die siamesischen Zwillinge.) Die „Medical Times" enthält die Beschreibung der weiteren Resultate, welche die Secirung der siamesischen Zwillinge ans Tageslicht gefördert. Während man annahm, daß Jeder der Zwillinge eine besondere Leber gehabt, stellte sich heraus, daß die Lebern der Beiden nur eine Masse bilden; nicht nur Blutgefässe verbanden die Lebern von Chang und Eng, sondern die Gewebe liefen ohne Unterbrechung fort. Nach der Secirung erschienen die beiden Lebern, wie sie auf dem Secirtisch ausgestellt waren, als Eine Masse. Da somit die direkte Lebensverbindung durch das gemeinsame Band durchlief, erscheint es jetzt als ziemlich festgcstellt, daß jeder Versuch, die Zwillinge zu trennen, den Tod derselben herbeige- sührt haben würde.
Allerlei.
— Bei einem Brande rief ein Bürger dem andern zu, mit ihm au die Brandstätte zu eilen, um löschen zu helfen; der Angerusene erwiderte aber: „Jo, Hannes, wo denkst de dann hin, ich wer mer den Mann zum Feind mache!"