beschäftig!, sondern nur eine kurze Zeit hindurch seine Dienste beansprucht, so daß der arme Mann im Winter, wo seine Bedürfnisse am größten sind, dazu vernrtheilt ist, auf der Bären, haut zu liegen
(Bier-Polizei) Eine in Torgau behördlicherseits getroffene Maßregeln dürfte auch anderwärts mit großem Dank aufgenommen werden. Dort sind nämlich am 24. v. M. sämmt- liche Schänkwirthe und Brauer auf die Polizei geladen und ist ihnen protokollarisch erklärt worden, daß sie zur Vermeidung einer Strafe bis 60 Thaler, eventuell 6 Wochen Gefängniß weder saueres, noch schales, noch junges Bier zum Genuß verkaufen dürfen, daß sie auch unter Eontrole einer Sanitätscommission gestellt sind, welche ans zwei ihnen beuannlen Aerzten und einem der beiden dortigen Apotheker besteht und ermächtigt ist, jede Revision in dieser Beziehung vorzuuehmen, wie denn jeder Brauer und Schänkwirth verpflichtet ist. bei einer Exetntivstrase von ö Thaler» für jeden einzelnen Fall dieser Commission jede verlangte Auskunft zu geben und jegliche Revision zu gestatten.
Beim Herannahen des 2 September, des Tages von Sedan, nimmt die offiziöse „Provinzial-Corresp. Veranlassung, die allgemeine Feier desselben, als des geeignetsten Gedächmißtages an die glorreichen Ereignisse, dringend zu empfehlen. Diese schreibt: „Die Bedeutung des 2. Septembers 1870 für die Geschicke Deutschlands ist von jeher in allen patriotischen Kreisen richtig erkannt worden. Gleich bei der ersten Nachricht von dem gewaltigen Schlage, der die Macht des sranzöschen Kaiserthums zertrümmerte, stand in den Gefühlen des Volkes die Ueberzeu- gung fest, daß mit diesem Ereignis) nicht allein der siegreiche Ausgang des Feldzuges, sondern auch die Selbstständigkeit und die Wiedergeburt Deutschlands besiegelt sei. Dieser Eindruck ist durch den Verlauf der nachfolgenden Begebenheiten bestätigt worden und hat sich im Herzen der Nation als eine freudige und dankbare Erinnerung festgesetzt. Daraus erklärt sich der unablässig wiederholte und mit wärmster Begeisterung befürwortete Wunsch, daß der 2. September alljährlich dem Gedächtniß jener großen Ereignisse gewidmet und als ein Nationalfest gefeiert werden möge. Kaiser Wilhelm hat, so oft Wünsche in der an- gedeukelen Richtung an ihn herantraten, sich stets dahin ausgesprochen, daß cs unstatthaft sei, durch unmittelbares Eingreifen von Seiten der Staatsleitung den Gefühlen und Kundgebungen des Voltes die Bahn vorzuzeichnen. Der Monarch hat aber darüber keinen Zweifel gelassen, daß es ihm zur Befriedigung gereichen würde, wenn das Andenken an die Großthaten des letzten Krieges und an die Wiederaufrichtnng eines „Deutschen Reiches" aus freiem Antriebe von der Gesammtheit des deutschen Volkes alljährlich gefeiert und wenn für diese Feier der Tag des 2. Septembers gewählt würde. — Nach noch Weiterem, für die Wahl des Tages Sprechendem, schließt das Blatt und schließen auch wir mit dem Wunsche: „So möge denn die nationale Dankbarkeit ven 2. September dauernd zu einem Festtag für das ganze deutsche Volk weihen!"
Straßburg, 5. August. Heute traf hier die vorletzte Teilzahlung der Kriegsentschädigung mit 116 Millionen in Gold, Silber und Wechseln ein.
Ga st ein, 5. August. Der deutsche Kaiser ist heule Abends hier eingetroffen, und von den äußerst zahlreich versammelten Badegästen aufs herzlichste empfangen worden. Der Ministerpräsident Fürst Auersperg, Graf Moltke und der russische General Gras Adlerberg empfingen den Kaiser aus der Schloßtreppe. Der Ort ist beflaggt.
Der Schah von Persien spielt auch in Oestreich den König der Könige mit großer Unbefangenheit. Schon auf der Reise dahin brachte er den ihm entgegen gesandten General Graf Crenne- vitle in Hells Verzweiflung. Er stieg aus und übernachtete, wie und wo cs ihm einfiel. Majestät, sagte ihm einmal der General, die Bahuzüge kommen in Confusion, es kann Unglück geben! — So ändern Sie die Bahnzüge, war die gleichmüthigc Antwort. — Endlich war er glücklich im Luftschloß Laxenburg bei Wien gelandet. Der Kaiser halte ihn empfangen und begleitete ihn im Wagen ins Schloß; der Schah nahm allein den ganzen Ehrensitz ein und der Kaiser hätte sich rückwärts setzen müssen, wenn der Hofmarschall nicht auf den Einfall gekommen wäre, dem Schah zu sagen, die österr. Religion verbiete dem Kaiser rückwärts zu fahren. Erst dann rückte der Schah etwas zur Seite. „Zwei Tage ließ der Schah den Kaiser auf seinen Gegenbesuch warten. Und wie geht's in dem schönen Schloß und Park in Laxenburg zu! Es ist als ob lauter Meerschweinchen dort logirten. Park und Schloß wimmeln von mehr noch liederlichen als lustigen Wienerinnen und die Zeitungen laufen über von den Mysterien von Laxenburg. Die Wiener finden die Berliner mit ihren unzähligen und bedenklichen Geschichten vom Schah und seinem Gefolge sehr rücksichtsvoll. Sie erzählen von einem artilleristischen Feuer der Blicke zwischen dem Schah n»d der Fürstin O. im Parke von Laxenburg. Der Schah stülpte, als er der Dame begegnete, seine» Operngucker über die goldene Brille und schoß Blitze, d-e Fürstin hielt Stand und beschoß ihn mit Hilfe ihres Lorgnons aus ihren feurige:: Augen; dann wandten sich beide
langsam den Rücken. Das persische Hofgesinde! schwärmt in allen Kneipe» herum und macht Schulden auf Rechnung des Kaisers, es requirirte sogar Wäsche aus dem kaiserlichen Haushalt. Die Wiener versichern, der goldbcsctzie Rock sitze den Persern viel näher ans dem Leib als das Hemd; ja, sie erzählen schwarz auf weiß, daß die schönsten Appartements des Schlosses von den Persern als — als Appartements benutzt werden. — (In der Ausstellung interessirten den Schah am meisten die schönen Statuen und namentlich die Büsten, er setzte seinen hohen Führer den Kaiser förmlich in Verlegenheit. Als er später sein eigenes Bild erblickte, lachte er zum ersten Mat mit dein ganzen Gesicht und zwang dadurch auch den Kaiser „ganz hin" zu sein.)
Paris, 5. August. Nach telegraphischer Meldung ans Wien stattete der Graf von Paris gestern dem Grafen Cham- bord einen Besuch ab. Der Graf von Paris will, wie die „Agence Havas" erfährt, dem Grasen Chambord seine Ehrerbietung und Willfährigkeit bezeugen; er anerkennt denselben als Familienhaupt und entsagt seiner Kronprälendentschaft, gibt indessen seine politischen Ideen nicht auf und hält daran fest, daß die Krone nur durch die Nationalversammlung übertragen werden könne. Das „Journal de Paris" betrachtet den Besuch als ein Zeichen der vollzogenen Versöhnung und versichert, daß dadurch ein Zerwnrsniß unter den Prinzen von Orleans nicht hervorge- rnfen werde.
Im Osten von Frankreich herrscht eine düstere Siimmnng. Die gegenwärtige Negierung ist dort allgemein und furchtbar gehaßt. Niemand wagt auch nur ein Wort zu Gunsten der Versailler Regierung zu sagen, und man duldet eher, daß man sich belobend über oie Deutschen ausspricht, als daß man auch nur ein gutes Wort zu Gunsten von Broglic und Genossen sagt. Was dort noch besonders empörte und auch die, welche bisher zur Versailler Regierung hielten, in Entrüstung versetzt hat, ist, daß man die Kundgebungen bei der Räumung verhindern wollte, und die Regierungsblätter zu behaupten wagen, daß in Elsaß- Lothringen die furchtbarste Entrüstung herrsche, weil die Ostprovinzen so wenig Patriotismus hätten, um sich Belustigungen hinzugeben, während noch zwei französische Provinzen in der Hand des „Feindes" seien. — Die Stimmung in diesem Theile von Frankreich ist so grimmig, daß der Präsident Buffet, der sich seit einigen Tagen in diesen Gegenden befindet, aus'Furcht vor unliebsamen Demonstrationen sich noch nicht in der Oeffent- lichkeit zu zeigen wagte. Sofern es die deutschen Truppen an- betrifst, ist die Stimmung im Osten eher eine gute. Man sah sie zwar fortwährend als Fetnde an, die man los sein wollte, aber überall gab man zu, daß sie sich unter den schwierigen Umständen ans ausgezeichnete Weise betragen hätten. General o. Manteufsel selbst war nicht unbeliebt, zumal er sich, besonders in Belfort, sehr belobend über die Franzosen ausgesprochen und man erfahren hatte, daß er keineswegs ein Freund der neuen Versailler Regierung sei.
Die französischen Klerikalen wissen nicht mehr, was sie erfinden sollen, um das dumme Volk zu bethören. Sie finden die unzähligen Pilgerfahrten, welche sie überall angeordnet haben, noch nicht hinreichend, um auf die Einbildungskraft der ungebildeten Menge zu wirken; jetzt suchen sie den alten Chauvinismus unter den Soldaten, Bauern und Arbeitern wieder aufzuregen durch Publikationen, in denen die Rachegedanken gegen Deutschland mit frommen Phrasen gemischt erscheinen. Das ist nun freilich sehr plumpes Machwerk, aber die Verfasser kennen ihre Leser. Eine religiöse Zeitschrift: „Le Sosier de Marie", welche zu Ehren der heiligen Jungfrau heraus-zegeben wird, veröffentlicht die Weissagungen eines neuen ultramontanen Propheten, den Msgr. Vision unter seinen besonder» Schutz genommen hat. In dieser famosen Prophezeiung heißt es: „Ein neuer Krieg wird bald zwischen Frankreich und Preußen ausbrechen. Ein fürchterliches Kriegswerkzeug wird von einem Franzosen erfunden werden." Dann folgt die Beschreibung der ersten Kriegsbegebenheiten und endlich die der entscheidenden Schlacht und ihre Folgen: „Am Vorabend der großen Schlacht fordern die Italiener Nizza zurück und dringen schon in der Richtung ans Lyon vor, aber sobald sie die allgemeine Niederlage der Preußen erfahren, gehen sie über die Gränze zurück. Entscheidende Schlacht zwischen den Franzosen und den Deutschen. Große Eile der Bewaffnung; vollständiges Schweigen in dem französischen Heere; es ist ausgestellt auf einer unbewaldeten Höhe, hat zu seiner Rechten eine Ebene und vor sich einen Kanal, einen Wald und die Preußen in furchtbarer Anzahl Der französische General verzweifelt an dem Erfolge, aber man beruhigt ihn. Das Gefecht beginnt, die Niederlage der Preußen ist vollständig; der Kanal ist gefüllt mit Leichen. Der Feind zählt 80,000 Kampfunfähige. Man verfolgt die Preußen, welche ihre Bagage im Stiche lassen; ihre erste Armee flieht über Chalons, Verdun, Thionville, Koblenz, Mainz bis Königsberg. Die zweite Armee, an der Loire geschlagen, flieht über Nancy und Metz. Die dritte flieht über das Elsaß. Unsere drei siegreichen französischen Armeen rücken bis Berlin vor, wo man Papiere auffindet, die Rnß- 1 land, Italien und Spanien kompromittiren und jman rückt über