soll sich vorerst nach London zurückgezogen haben.

sFür Schlachtenmaler.) Bei einem der letzten Ge­fangenentransporte aus Sedan ereignete sich in einem Eisenbahn­wagen eine gräßliche >Lcene. Ein bayrischer Unteroffizier der Be­deckungsmannschaft schlief durch die großen Strapazen ermattet ein. Bei einem gefangenen Turko erwachten Mordgedankcn, frech wie eine Katze schlich er sich heran, bemächtigte sich des Faschinen- messers des Schlummernden und war im Begriff demselben den Hais abzuschneiden. In diesem Momente stürzte eine bayrische Wache aus den Meuchler los und spießte ihn mit dem Bajonett durch den Hals an die Wand, zum Schrecken aller, die es mit­angesehen haben. (B.-Z)

VomKocher. Wenn man gegenwärtig die Praktiken und Manipulationen der Volkspartci, wie sie in dem Adressensturm der weltgeschichtlichen 150,000 zur Anwendung gelangten, auch für die Stuttgarter Resolutionen und die Berliner Adresse exe- kutiren wollte, es müßten wahrlich in unglaublich kurzer Zeit all' die Prahlhansereien, die derBeobachter" und dessen Reisc- prediger Hanßmann seiner Zeit in die Welt hinausgeschrien, so gründlich zu Schanden werden, daß Herr K. Maier selbst darob erschrecken könnte. Die Volksstimmung hat unter der Wucht der Ereignisse in den letzten sechs Wochen bis in das entlegend- ste Gehöft hinaus dermaßen nach Preußen umgeschlagen, daß es nur eines Winks bedürfte, und Mann um Mann würden ohne jede weitere Zuthat von Flausenmachcrei und Ucberredung zur Unterschrift der bekannten Resolutionen sich herzudrängen. Dessen bedarf es aber nicht; wozu auch? Deutschland ist, Gott sei Dank, darüber einig, daß wir einer Verheerung und Verwüstung unserer Familienehre nur durch die starke Macht des norddeutschen Bun­des und der mit demselben vereinigten süddeutschen Truppen ent­gangen sind und daß wir nur durch die nunmehr erlangte Einig­keit unsere Machtstellung unter den Nationen in dem Grade ein- nehmen können, den wir uns fortan keck vindiciren dürfen. Sind wir, wozu es wohl bald auch kommen kann, vollends mit Deutsch­österreich vereinigt, welche Macht der Erde wird es fernerhin wagen, uns anzugreifen? Jedoch, wir wollen nicht den Krieg, wir wollen den Frieden, aber die Basis dazu liegt einerseits in der Niederwerfung der gallischen Krakehler, andererseits haupt­sächlich in der Vereinigung und Einigkeit der deutschen Stämme. Das ist eine Binsenwahrheit, die in Fleisch und Blut unseres ganzen Volkes übergegangcn. Meint noch da und dort ein Ver­sprengter, er müsse dennoch auch fernerhin unter der Fahne des Beobachters marschiren: laßt ihn laufen! Es gibt wie incurablc Narren, so auch hartgesottene politische Hanswurste. Sind sie ja jetzt ein höchst unschädliches Gewächs. (S. D.)

Ulm a. D. sMeßbericht.) Zu der am 19. und 20. d. gehaltenen Leder messe waren die Zufuhren über alles Erwar­ten groß, ebenso zahlreich stellten sich auch die Käufer ein. Die Preise stellten sich für Sohlleder und Schmalleder um einige Kreu­zer höher, als die auf der letzten Heilbronner Messe, dagegen haben sich die Preise für Kalbleder wenig verändert. Mit Aus­nahme des Zeugleders wurden fast alle Lager verkauft. Die Gesammtzufuhr beträgt 53,251 Pfd. und wurden hievon verkauft 49,101 Pfd. Umsatzsumme ca. 45,OM fl.

München, 24. Sept. Die Ministerkonserenzen haben ge­stern und heute fortgedauert, man glaubt, daß sie morgen zu Ende gelangen. Gestern Nachmittag war Hr. v. Delbrück zum König nach Schloß Berg hinausgefahrcn. Am späten Abend brachte ihm dann vor seinem Absteigquartier, dem Gasthof zum Bayrischen Hof, die Volksversammlung, welche in der Wcstend- halle staitgtfunden, und welche die bekannten Stuttgarter Reso­lutionen fast ohne Wiederspruch angenommen hatte , eine Huldi­gung. Mit Lampions und deutsche Lieder singend, zog man vor das Hotel, woselbst zuerst dem Minister, dann dein deutschen Bundcsseldherrn und zukünftigen deutschen Kaiser jubelnde Hoch gebracht wurden. Minister Delbrück indcß trat ans den Balkon und brachte ein Hoch dem deutschgesinnten König Ludwig, bestem bundestreuen, raschen Entschluß allein die Erringung der glänzen­den Erfolge des gegenwärtigen Kriegs zu verdanken sei. Diese feine Wendung hat in wirklich nationalen Kreisen, wo man An­gesichts der noch vorhandenen Verhältnisse wegen des Ucbereifers in den Hochrufen fast erschräck, wahre Befriedigung erregt.

Berlin, 24. Sept. Die Nordd. A. Z. schreibt:Nicht nur aus Preußen, sondern aus allen deutschen Ländern und auch von den Deutschen im Auslande gehen uns Adressen zu, die an den König gerichtet werden, und die alle die Bitte aussprechen, daß der König beim Friedensschluß dem berechtigten Verlangen Deutschlands Rechnung tragen und das Schwert nur dann in die Scheide stecken möge, wenn die Wiederkehr eines solchen Frie- dcnsbruches, wie die französische Nation sich desselben schuldig gemacht, so weit unmöglich gemacht werde, als es menschlicher Voraussicht möglich ist. Die Unterschriften zählen nicht mehr nach Tausenden, sondern nach Hunderttausend«:, und die ganze gewaltige Popularität, über welche Graf Bismarck in Deutschland gebietet, würde nicht ausreichen, den Strom der öffentlichen Mei­nung aufzuhaltcn, wenn der Bundeskanzler überhaupt der Ansicht sein könnte, die für Deutschlands Sicherheit nothwendigen For­

derungen nicht mit aller Entschiedenheit zu stellen. Mögen sich daher die Franzosen, Republikaner und Imperialisten, besonders die Erstereu, nicht täuschen. Mögen sie die thörichte Idee ver­lassen, durch den sortgcsetzlen Widerstand einen besseren Frieden erkämpfen zu wollen. Sie werden nur das Gegenthcil erreichen. Mit jedem neuen, jedem unnützen Opfer, das unS der Krieg kostet, und jedes Opfer ist nach der Kapitulation von Sedan unnütz, mehrt sich der Unwille in Deutschland, mehren sich die Ansprüche, die wir zu machen berechtigt sind. Mag sich die pro­visorische Regierung vorsehen, wenn ihr das Wohl des Landes am Herzen liegt. Wir können natürlich nicht wissen, ob die kaiserl. Regierung nach dem Tage von Sedan zu Friedensvor­schlägen geneigt war; aber das wissen wir, daß die Friedcnsbe- dingungcn Deutschlands vor Sedan andere gewesen wären, als vor Paris, und andere vor Paris als in Paris. Die Verantwortlichkeit Frankreichs hiefür trifft daher nur die Män­ner, welche die bestehende Regierung stürzten zu dem ausgespro­chenen Zwecke der weiteren Kriegführung und der sich aus der­selben ergebenden Konsequenzen."

Berlin, 27. Sept. Ein Rundschreiben des Staatssekre­tärs v. Thiele vom 26. Sept. benachrichtigt die Berliner Ge­sandtschaften, nachdem die französischen Machthaber den Waffen­stillstand abgelehnt haben, Paris zum Kriegsschauplatz gemacht sei, auch eine anerkannte Regierung nicht bestehe, die faktische nach Tours verlegt sei, so bestehe die Sicherheit des Verkehrs nach, aus und in Paris nur nach Maßgabe der militärischen Ereignisse. (S. M)

Wien, 24. Sept. Herr Thiers ist gestern Abends hier eingetrosfeu, um nach einer Besprechung mit dem Reichskanzler heute Abend die Fahrt in die russische Hauptstadt fortzusctzen.

Tours, 23. Sept. Touls Einnahme eben durch einen Reitbotcn bekannt geworden, verschlimmert noch die Stimmung der Stadt. Lord Lyons ist heute nach Havre gereist. Der Sitz der Regierung wird in den nächsten Tagen südwärts verlegt werden. (S. M.)

Brüssel, 26. Sept. lieber einen angeblichen Kampf in Paris erzählt man sich hier: Bewohner des Faubourg Belleville, größtentheils Pöbel, begannen einige Häuser zu plündern. Die Nationalgarde iutervenirte ohne Erfolg, Mobilgarde und regu­läres Militär mußte aufgeboten und zwei Kanonen und zwei Mitrailleusen in den Straßen ausgeführt werden, bevor mau den Pöbel zu Paaren treiben konnte. Viele T»dte und Verwundete.

Genna, 24. Sept. Fünfhundert Garibaldincr unter Ma­jor Mazza wurden heute in dem Moment, als sie sich nach Mar­seille einschiffen wollten, von den Königlichen Truppen fcsigenom- men und entwaffnet.

London, 24. Sept. Die Situation meldet: Favre kehrte nach Aaris zurück, da er als Acußcrstcs die Schleifung der Gränzfestungen, die Ueberlassung eines Theils der Kriegsflotte und den Ersatz der Kriegskostcn anzubieten vermach e. Pa- likao verweilt gegenwärtig auf Wilhelmshöhe. Die Ti­mes erklärt, der Kaiser habe Frankreich mit geringfügigstem Ver­mögen verlassen. (S. M.)

London, 26. Sept. Times, Standard, Morning Post und Daily News besprechen Bismarcks Bedingungen für die Be­willigung eines Waffenstillstandes. Sie finden dieselben maßvoll und den Umständen angemessen. (S. M.)

London, 26. Sept. Die Situation kündigt in Folge der Proklamation der franz. Regierung zu Tours ein Manifest Na­poleons an. Eine Depesche aus Tours meldet: Die Prä­fekten der westlichen Departements haben eine Konföderation ge­bildet , um die Vertheidigung zu organisiren; ob im Anschluß an die Regierung oder unabhängig, wird nicht gesagt. (S. M.)

London, 27. Sept. Zwei englische Kabinetskouriere pas- sirten Rouen auf dem Wege nach Tours. Gerüchte gehen, daß in Paris die Anarchie im Zunehmen begriffen sei. Der Lloyd- gcsellschaft wird aus Calais gemeldet, die französische Polizei habe befohlen, Franzosen auch nicht gegen Paß die Einschiffung zu gestatten.

Petersburg, 25. Sept. Ein Artikel des Petersburger Journals sagt : Die fremden Mächte ermuthigen nicht den Wider­stand der Franzosen. Das Journal billigt die Bedingungen, welche Deutschland für den Waffenstillstand gestellt hat.

New-York, 9. Sept. Unaussprechlichen Jubel hatchiex die Kunde von der Kapitulation von Sedan hervorgerufen. Zeuge von größerer Aufregung war selbst nicht der Tag von Richmond. Selbst Amerikaner wurden in den Jubel hineingeris­sen. Die deutsche Fahne wird jetzt hier mindestens so viel ge­sehen wie die amerikanische. Daß die große Mehrheit der Amerikaner auf deutscher Seite steht, unterliegt keinem Zweifel. Gleich im Anfang gab Präsident Grant ffo deutlich wie es sich mit seiner Stellung vertrug, die Parole, uitd so wie er denken und fühlen alle anständigen Amerikaner.

Redaktion, Druck »nd Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.