zu verlassen habe, widrigenfalls mit voller Strenge gegen sein Treiben eingeschritten würde. Er reiste gestern Nacht 12 Uhr mit dem Bruchsaler Zuge unter polizeilicher Aufsicht ab. Die HH. Bebel, Liebknecht, Bonhorst und Genossen entgien- gen der Landesverweisung nur dadurch, daß sie theils am Diens­tag Abend, theils am Mittwoch mit den ersten Frühzügen bereits abgercist waren.

Friedrichshafen, 7. Juni. Im Pfarrhofe zu Oberdorf wurde am vergangenen Freitag 'Nachmittag, während der Herr Pfarrer nnd auch die Haushälterin auf nur kurze Zeit von Haus > abwesend waren, mittelst gewaltsamen Einbruchs ein Diebstahl verübt, wobei Hrn. Pfarrer 108 fl. baar Geld und ein Paar Sliefel, der Haushälterin 500 fl. baar Geld und verschiedene Schmuckgegenstände entwendet wurden.

M anlbron n, 7. Juni. Heute früh wurde ans der Straße zwischen Diefenbach und Sternensels im Ehausscegraben der Leich­nam eines Knechts des Papierfabrikanteu Weiß von Enzberg gefunden. Derselbe wollte mit einer Papierladung nach Heil­bronn fahren. Wie es scheint, wurde er angefallen und seines Geldes beraubt. Drei der Thal verdächtige Männer wurden be­reits festgenommen.

Aus Bayern. Durch diejenigen Bezirke des Landes, in welchen der größte Prozentsatz von Solchen gefunden wird, die weder lesen noch schreiben können, durch Ober-, Niederbayern und die Oberpfalz, geht nun die Agitation um Abschaffung des 7. Schuljahrs. Verschiedene derpatriotischen" Abgeordneten, Hafenbrädl, Pfarrer Pfahler, Triller, Westermayer, Professor Greil, Bierbrauer Ponschab treten für die Adressen ein. Man schlägt zwei Mücken mit einem Schlag. Erstens bleibt das Volk dumm, und das ist für die jesuitisch geleitete katholische Kirche ein Vortheil, und zweitens sind die kleinen Bauern undHäusler" (Gütler), welche ans verblendeter Selbstsucht die Kinder mög­lichst b,.ld ungehindert zur Feldarbeit vewenden möchten, für die Gunst der geistlichen Herren Pfarrer und Bierbrauer dankbar, und wählen das nächstemal wieder gut patriotisch.'

Berlin, 10. Juni. Die Kreuzz. charakterisier sehr richtig die Opposition, die in den radikalen Blättern gegen die Ergeb­nisse des Zollparlamcnts auch jetzt noch fortgesetzt wird. Sie sagt:So lange eine Herabsetzung des Eisenzolles nicht in Aus­sicht stand, forderte man sie im Interesse des Arbeiters, der gro­ßen Masse des Volkes ; jetzt, da sie erreicht ist, soll sie nur den Kapitalisten zu Gute kommen. Nnd selbst der Neis scheint, seit­dem der Reiszoll herabgesetzt ist, nicht mehr zu den wichtigen Nahrungsmitteln gehören; aber demVolke"" ist das Aergste angethan, nachdem man ihm den Kaffee um 3 Pfennige per Pfund vertheucrt hat! Man vertheile diese 3 Pfennige auf die Tassen Kaffee, welche man im gewöhnlichen Haushalt aus einem Loch zu brauen pflegt, um darnach den Werth von Deklamationen zu ermessen, welche jetzt verkünden, daß der Arbeiter sich fortan bei jeder Tasse Kaffeeder neuen deutschen Einheit erinnern werde!"" Glücklicherweise bestraft jede Uebertreibung sich selbst."

Das neue Strafgesetzbuch tritt am 1. Januar 1871 im ganzen Norddeutschen Bunde in Kraft; von diesem Tage an darf nur auf die in demselben enthaltenen Strafarten erkannt werden. Der Landesgesetzgebung bleibt Vorbehalten, Uebergangsbestimmun- gen zu treffen, um die in Kraft bleibenden Landesstrafgesetze mit den Vorschriften des neuen Strafgesetzbuches in Uebereinstimmung zu bringen.

Hechingen, 8. Juni. Am Sonntag den 19. Juni wird eine große Anzahl Mitglieder der deutschen Partei von Stuttgart und anderen Städten dem Hohenzollern einen Besuch abstatten, wobei sich auch nationalgesinnte Männer der oberen Lanüeslheile, wie Rottweil rc., hier einfinden werden. Die Stadt Hechingen wird den Besuch so vieler bedeutender Persönlichkeiten und deut­scher Gesinnungsgenossen durch herzlichen Empfang, Decoration und Beflaggung der Gebäude zu ehren suchen und Allem auf­bieten, den Gästen den Aufenthalt hier angenehm zu machen.

Breslau, 7. Juni. sW ollmarkt.s Der Markt begann heute früh um 6 Uhr mit einer außerordentlichen Konkurrenz von Käufern, welche die feineren und besser behandelten Stämme rei­ßend schnell aufkauften. Das Geschäft nahm hierdurch einen selten dagewesenen rapiden Verlauf, so daß schon Vormittags 11 Uhr das Hauptgeschäft als beendet zu betrachten war. Feinere Wollen erfuhren eine Steigerung von etwa 10 Thlrn. gegen die vorjährigen Juni-Marktpreise, während Mittelaualitäten sich um 5-8 Thlr. besserten.

Wiesbaden, 9. Juni. Der Rhein. Kur. enthält ein Te­legramm aus Ems, worin als Resultat der Monarchenzusammen­kunft die Verlobung des russischen Großfürsten Wladimir mit der Prinzeß Marie, ältesten Tochter des Prinzen Friedrich Karl von Preußen, bezeichnet wird. (S. M.)

Der Schaden bei dem Brand in Bremen, welcher dadurch angieng, daß ein bjährigcr Knabe mit einem Streichholz eine Cigarre anzündete und das brennende Hölzchen weawarf, wird auf 1 bis 2 Mill. geschätzt.

In Dörverden (Hannover) machten schlechte Spaßma­cher einen verheiratheten Handwerker betrunken, führten ihn auf

den Kirchhof, zogen, ihn aus und banden ihn an einem Grab­steine an. Andern Morgens fand man den armen Mann, aber

todt. Der Spaß wird den Narren schlecht bekommen.

Wien, 7. Juni. Der Reichskanzler Graf Beust ist auf seiner Reise nach dem Bade Glcichenberg in Gratz nicht unerheb­lich erkrankt.

Wien, 9. Juni. Der sozial-demokratische Vereinzur Wahrung der Volksrechte" ist wegen Annahme des Eisenacher Programms als staatsgefährlich aufgelöst worden.

Paris, 10. Juni. Mony hat im gesetzgebenden Körper eine Jnterpellationsforderung eingebracht wegen des Ueberein- kommens, das zwischen Italien, der Schweiz, Baden und dem nordd. Bund wegen Erbauung der Gotthardbahn abgeschlossen worden sei. Die Kammer wird morgen den Tag der Berathung bestimmen. (S. M.)

Aus No m. Pater Hötzl, der Franziskanerprior von Mün­chen, wurde bekanntlich wegen seiner Schrift:Ist Döllinger ein Häretiker?" nach Rom citirt. lieber die dortigen Vorgänge gibt der neueste 52. Brief derAllg. Ztg." Aufschluß:An die An­kunft des N. Hötzl in Rom schienen sich eine Zeitlang noch ernstere Conflicte knüpfen zu wollen, da es im Verlaufe seiner Angelegen­heit das Ansehen gewann, als ob die Minderheit ihrer Ansicht bezüglich der Lehre Döllingers über den für die Oekumenicität des Concils erforderlichen Oonsansus Aeneralis einen Ausdruck zu geben nicht nmhin könne. Denjenigen, welche die Belehrung Hötzls übernommen hatten, lag weniger an dessen Bekehrung als an dem großen Ziel, seinen Fall zu benutzen, um Uneinigkeit innerhalb der Minderheit zu erregen. Dem Pater wurde gesagt, daß man von ihm nicht eine Retraction, sondern blos eine Er­klärung verlange, und da die erste, welche derselbe vorlegte, un­genügend befunden wurde, so schlug man ihm am 31. Mai eine andere vor. Die Stelle in dieser Erklärung, worauf Alles an­kommt, die den Kern der Frage berührt, ist von hervorragenden Führern der Minderheit gelesen und erwogen worden Männern, deren Namen geeignet sind, volles Vertrauen zu erwecken. Mit einigem Grund konnte der Pater Ehre und Gewissen, irdische und überirdische Verantwortlichkeit gesichert zu haben glauben, indem er das Urtheil freisinniger deutscher Bischöfe suchte und sich durch sie bestimmen zu lassen beschloß. Die befragten Bischöfe, denen die Stelle selbst unannehmbar vorkam, hielten es für schwie­rig, den Mann zu retten, der sich in so kindlichem Vertrauen nach Rom gewagt hatte und »leinlen: es stehe ihnen nicht zu, ihm in seiner Lage zuzumuthen, der äußersten Gefahr sich auszusetzen, oder ihn zum Opfer für ihre eigene Sache zu machen. Sie fanden es ihrer -Stellung nicht würdig, ihn znm Verlust der Freiheit oder zum Bruch mit seinem Orden zn treiben, in einem Moment, wo sie selbst der Lehre, die ihm aufgedrängt wird, noch nicht öffentlich, feierlich nnd entschieden entsagt haben. Eben so wenig wollten sie sich durch diese Sache vorzeitig comprouittiren oder entzweien lassen. Dadurch, daß sich diese Prälaten nicht bestimmt genyg gegen ihn aussprachen, mag Pater Hötzl auf die irrige Meinung gekommen sein: er handle in Uebereinstimmung mit der Minderheit, als er unterschrieb." Was geht aus diesem Berichte hervor? Nichts anders, als daß die Herren von der viel gerühmten Minorität den ehrlichen Franziskaner wie man zu sagen pflegt

hängen ließen, um sich seinetwegen nicht zu compromittiren. Sie handelten nach den Worten jenes klugen Mannes, dem Vor­sicht der bessere Theil der Tapferkeit war:ich sag' nicht so, und sag' nicht so, damit man nicht darnach sagt, ich hätte so gesagt, oder so." An diesem einen Beispiel wird es wieder recht klar, daß die Minorität nur den Muth hat, die Wahrheit zu sagen, nicht sie bis zum Aeußersten zu vertreten. Die deutschen Gegner der Unfehlbarkeit werden sich alle ducken; alle ohne Ausnahme, und heimgekehrt dem deutschen Volke das neu Jabricirte Dogma als eine Lehre, dieimmer, überall und von Allen" geglaubt worden sei, verkündigen.

London, 10. Juni. Charles Dickens (Boz) ist gestern Abend auf seinem Landgute in Folge eines den Tag vorher er­littenen Gehirnschlagflusses verschieden.

Aus Konstantinopel 8. Juni erfährt man folgende Ein­zelheiten über die am 5. Juni stattgehabte Feuersbrunst: Das Armenierviertel, welches zufolge eines großen von den Armeniern zur Feier des 10. Jahrestags der Verfassung unternommenen Landausfluges vollständig menschenleer war, ist gänzlich nieder­gebrannt, und es konnte in demselben nichts gerettet werden. Auch das von der italienischen Arbeiterkolonie bewohnte Quartier ist gänzlich niedergebrannt. Bis jetzt wurden 150 Leichen auf­gefunden, und es werden noch fortwährend solche unter den Trümmern hervorgezogen. Die durch Mauereinsturz gefährdeten Straßen sind durch Militärkordons abgesperrt. Das französische Spital wurde gerettet. Die Regierung läßt Zelte errichten und allen Jenen, die es verlangen, Lebensmittel verabreichen. Im Hotel der englischen Botschaft wurden schon eine Stunde vor Annäherung des Feuers Vorsichtsmaßregeln ergriffen; Spritzen waren ausgestellt, Matrosen auf das Dach postirt, die eisernen Fensterläden geschlossen, doch blieb Alles vergeblich. Mehrere Menschenleben wurden schwer verlezt. Elliot war ohne Rücksicht