Motto.

Z. Juni. Wer redet, waS er will, muß hören, was er nicht will.

4. Per Unwürdigem kann Dich der Wille, der ernste, bewahren;

Alles Höchste, es kommt srei von den Göttern herab.

T a g e s - N e » i g l e i t e n.

Der erledigte Posthalterdienst in Böblingen wurde dem Oekono- mcn Christian Keck daselbst mit dem TitelPosthalter" übertragen.

G estorbe»: 29. Mai zu Stuttgart F-rhr. Karl v. Hügel, Staatsminister, K. Kammerherr, früher würlt. Gesandter in Lon­don und 18561864 Minister der auswärt. Angelegenheiten, Großkrenz d. O. d. w. K. und d. F.O. ec., 65 Jahre alt. !

Stuttgart, 28. Mai. Im Wirthshausezu allen Win- ^ den", vis-a-vis vom Pöllitentiarhause, ereignete sich gestern Abend ein tragischer Vorfall. Hr. Ochsenmetzger Murr, welcher wegen Ehrenkränkung zu einer Gesängnißstrafe vcrurthcilt wurde, trat et­was angetrunken in die Wirtschaft und richtete an die anwesenden Gäste die Frage:Wie stirbt ein General?"Ans dem Schlacht- scldc", war die Antwort.Ich will es euch zeigen, wie ein General stirbt", erwiderte Murr, zog ein scharsgeschliffenes Rasir- messer aus der Tasche und fuhr hierauf dreimal über seinen Hals. Die Zeugen dieser Schauerthat wurden von dem aus den Adern strömenden Llutc übergossen und entsetzten sich gewaltig. Der unglückliche Lebensüberdrüssige wurde unter wackerem Beistände des menschenfreundlichen Wirthes sofort verbunden und in den Katharinenhospital gebracht, wo er heute früh, trotz der schweren Verwundung und dem grossen Blutverluste, noch am Leben war. N achschri 's t. So eben erfahren wir, daß Murr seinen Wunden erlegen ist. (B.-Z)

Stuttgart, 80. Mai. Die 4. allgem. Versammlung deutscher Müller und Mühlinteressenteu tagt seit heute unter dem Präsidium des Herrn van den Wyngaert aus Berlin in dem festlich geschmückten großen Saale der Liederhalle. Die Versamm­lung wurde Namens der Regierung von dem Hrn. Präsidenten v. Steinbeis und im Auftrag des Ministeriums und der beiden Centralstellen von Hrn. Oberregierungsrath v. Reinhardt, Na­mens der Stadt Stuttgart von Hrn. Sting ans Cannstatt, dem Vorstand des Zweigvereins des Müllerverbands, begrüßt. Nach Erledigung von formellen Geschäften wurde auf einen Bericht von Prof. Wiebe aus Berlinüber Fachschulen zur Bildung von Müllern" übergegangen. In Württemberg bestehl eine solche für Müller schon seit Jahren und wird von 3040 Zöglingen besucht. Eine Ausstellung von Wasserwerks-Bauplaneu und Ma­schinen ist mit der Versammlung verbunden. Besondere Aufmerk­samkeit erregen die Mchlsäcke von Jute, dem bekannten neuen Faserstoff.

(Glückliche Uebereiukunft.) Die schon seit ein paar Wochen bei den hiesigen Schuhmachern zwischen den Arbeitgebern und Arbeitern bestehenden Differenzen in Betreff des Lohnes für die verschiedenen im Geschäft vorkommenden Arbeiten, bei denen in letzter Zeit der Ausschuß des Gewerbevereins vermittelnd auf­getreten war, indem er am Freitag Abend dieser Angelegenheit eine eigene, von Arbeitern und Arbeitgeber» zahlreich besuchte Sitzung widmete, wurden am Samstag Abend in Folge einer längeren Besprechung zwischen den Vertrauensmännern, die von beiden Theilen mit Führung der gegenseitigen Verhandlungen ge­wählt worden waren, auf gütliche Weise beigclegt; nach einer kurzen unter sich gehaltenen Berathung erklärten die Arbeiter, aus das entgegenkommende Anerbieten der Arbeitgeber, dem geringen Arbeiter den bisherigen Lohnsatz um 15, dem mittleren um 20, dem guten um 25 Prozent zu erhöhen, eingehen zu wollen.

Weil der Stadt. Das dem Astronomen Johannes Keppler hier in seiner Vaterstadt errichtete eherne Denkmal wird am 24. Juni ds. Js. feierlich enthüllt werden.

München, 30. Mai. Der Kriegsminister v. Prankh hat dem Vernehmen nach sein Entlassungsgesuch eingereicht.

Justus v. Liebig ist schwer krank. Ein schmerzlicher Absceß im Nacken, der seit einigen Wochen besteht und den gan­zen Organismus in Mitleidenschaft zieht, hat bereits zwei Ope­rationen veranlaßt, die heftigen Blutverlust zur Folge hatten. Liebig selbst ist heiter und spricht mit Zuversicht von seinem nahen Ende.

Berlin, 28. Mai. Entsprechend dem Bamberger'schen Antrag, die Münzreform als gemeinsame Angelegenheit der Zoll­vereinsregierungen zu betreiben, sind, wie dieC. S." weiß, die Vereinsregierungen ersucht worden, dem Präsidium des Zollver­eins ihre Intentionen in Betreff jenes Antrags kund zu geben.

Eine norddeutsche Zeitung hält dem Reichstage eine gute Nachrede und faßt das Ergebniß der letzten drei arbeitsvollen Jahre dahin zusammen: Norddeutschland ist fest begründet als eine staatliche, wirthschaflliche und rechtliche Gemeinschaft. Es hat eine Vertretung nach außen, ein geschlossenes Heer, eine Ach­tung gebietende Flotte, es hat ein Bürgerrecht, ein Strafrecht, und es wird in kürzester Frist eine Gerichtsorganisation und einen gemeinsamen Straf- und Civilprozeß erlangen.

Die Militärverwaltung hat jetzt eine statistische Ueber- sicht über die Mannschaften aus dem Feldzuge von 1866 zusam­

mengestellt, welche vom 1. Juli 1866 bis Ende 1869 als In­valide anerkannt worden sind. In dieser Zeit sind 11,785 Mann als Invalide anerkannt, und zwar sind davon Invalide gewor­den: durch Verwundung 8020, durch unmittelbare Dienstbeschä­digung 11l6j, durch Anstrengung und schädliche Witterungsein- flüsse 1937 und durch ansteckende Krankheiten 712. Der Betrag an Pensionen und Zulagen für diese 11785 Mann stellte sich für ein Jahr auf 839,784 Thlr. Der Gesammtverlust der Armee durch den Krieg von 1866 beträgt bis Schluß des Jahres 1869: an Gefallenen 2416, von den Verwundeten nachträglich gestor­ben 1397 und an Invalide 11,785, also im Ganzen 15,598 Mann, wobei aber die Offiziere nicht mit eingeschlossen sind.

DerNationalzeitung" zufolge wäre der 12. Sept. für die Reichstagswahlen bestimmt. Die Laudtagswahlen würden un­mittelbar darauf folgen.

In Langensalza wurde am 22. ds. das für die am 27. Juni 1866 daselbst gefallenen Landwehrmänner errichtete Denk­mal feierlich eingeweiht.

Wiesbaden, 29. Mai. Fast sämmtliche, ca. 300 Schrei- nergehülfen machen von Montag ab Strike, da die Meister auf den Vorschlag der Gesellen nicht cingegangen sind, wonach für jeden Schreinerarbeiter der Taglohn in der Werkstelle auf 1 fl. 30 kr., im Bau ans 1 fl. 45 kr. festgesetzt werden sollte. Die ledigen Gesellen reisen ab, die verheiratheten sollen ans den Ge­werkkassen unterstützt werden, auch hoffen sie auf Sammlungen in den Städten Deutschlands, selbst Englands, Frankreichs und Amerikas. (S. M.)

Stettin, 21. Mai. Gestern vernichtete eine Feuersbrunst fast das ganze Dorf Splietau; 70 Gebäude sind niedergebrannt.

Die Wiener Weltausstellung für 1873 ist gesichert: der Kaiser hat bereits die vom Ministerralh zur Erlassung der be­treffenden offiziellen Ankündigung erbetene Genehmigung ertheilt. Private Kreise, welche der Regierung die Aufbringung der zu 6 Mill. Gulden veranschlagten Kosten erleichtern wollen, haben schon jetzt einen Beitrag von 1*/, Mill. gezeichnet.

Die Bevölkerung Wiens (ohne Militär und ohne Popu­lation der Vororte) beläuft sich auf 607,514, wovon 300,125 dem männlichen und 307,389 dem weiblichen Geschlechte ange- höern. Seit dem Jahre 1864 hat sich die Bevölkerung Wiens um 57,220 Einwohner vermehrt.

Paris, 26. Mai. Gestern ermorderte ein Knabe von 11 Jahren einen Metzgerburschen an der Halle. Letzterer hatte den Hund des Knaben geneckt, worüber dieser so wüthend wurde, daß er ein großes Messer ergriff und es ihm in den Leib stieß.

Paris, 28. Mai. Zwischen Limoges und Poitiers ist ein Personentrain in ein 70 Fuß tiefes Thal hinabgestürzt; fünf Waggon wurden zertrümmert. Die Zahl der dabei verunglück­ten Personen ist noch nicht bekannt.

Von den in Rom beim Konzil anwesenden Bischöfen sind bereits 13 gestorben.

Am 2. Mai empfing der Pabst eine Versammlung von mehr als 100 katholischen Laien, welche ihm eine mit 300 Unterschriften bedeckte Ergebenheitsadresse überreichten. Es finden sich darin u. a. die Herzoge von Modena und Parma, die Fürsten Löwen- stein-Jsenburg, Czartoryski, die Grafen Schönburg, Blome, Stol- berg, die Lords Henry Kerr, Gainsborough, Clifford, Herries rc. Von den Engländern scheint die Kundgebung ausgegangen zu sein. DieTimes" veröffentlicht jetzt die Adresse, sowie die Antwort des Pabstes. Dieser sagt u. a.: Ich weiß, daß ich in der eingeschlagenen Bahn von Gott unterstützt bin, weil ich fühle, daß sie die richtige Bahn ist und der Widerstand, den wir jetzt gewahren, nicht siegen wird. Ich werde beschuldigt, Krieg zu führen gegen die moderne Gesellschaft; was nicht wahr ist. Die Maximen der modernen Civilisation sind mit gewissen Aus­nahmen falsch. Der Falschheit setzen wir die Wahrheit entgegen. Christus ist die Wahrheit. Und es ist die Pflicht aller Christen in allen Lebenslagen, die Wahrheiten, die Christus gelehrt hat, aufrecht zu halten. Darin muß jeder von Euch die Richtschnur für seine Handlungen in Euren verschiedenen Ländern sehen. Wenn es uns mit allen unfern Anstrengungen nicht gelingt, die moderne Gesellschaft vor der Selbstzerstörung zu retten, so werden wir die Katastrophe beklagen; aber wir werden uns wenigstens bewußt sein, alles zu ihrer Abwendung gethan zu haben, was in unfern Kräften steht. (St.-A)

Madrid, 28. Mai. Der Kolonialminister Moreto legte den Cortes einen Gesetzentwurf betreffs Abschaffung der Skla­verei in den spanischen Besitzungen vor. Es sollen durch den­selben alle Sklavenkinder, welche nach der Verkündigung des Gesetzes geboren werden, frei sein, während die Regierung alle seit dem 18. September 1868 (dem Beginne der Revolution) geborenen Sklavenkinder um den Preis von 50 Escudos los­kaufen würde. Louis Blanc fragt, ob es wahr sei, daß der Bischof von Osma den Geistlichen seiner Diöcese den Befehl ge­geben habe, den Ankäufern von Kirchengütern die Absolution auf dem Todtenbette zu verweigern. Der Justiz- und Kultusminister Montero Rios erklärt, keine Kenntniß von der Sache zu haben; er werde jedoch, wenn es sich so verhalte, die strengste Strafe