Motto. !
20. Mai: Ws Tadel nickt erlaubt ist, da gibt es kein Lsb.
2k. „ ' Wem Selbstgefühl den Busen schwellt,
Der trägt im Jnneru eine Welt.
22. „ Schwierigkeit muß aufmuntern, nicht abschrecken.
T a g c s - N e u i g l e i t e ii.
In Calw hat sich ein Verschönerungsoerein konstituii't, dem sogleich 134 Mitglieder bcigetreten sind. Der jährliche Beitrag wurde ans 24 kr. festgesetzt. — Das für Pfingstmontag projektirt gewesene Doppelfest der Turnhalle-Einweihung und des Nagold- Turnfestes , ist, eines Zwischenfalles wegen, verschoben worden.
Freudcnstadt, "l7. Mai. Heute Mittag vor 12 Uhr kam in dem Oekonomiegebände des -Gasthauses zum rothen Löwen, welches mit Futter und Hol; angefüllt war, auf bis jetzt unerklärliche Weise Feuer ans, welches jedoch Dank der schleunigen Hilfe der Einwohnerschaft, insbesondere der Feuerwehr, bald gelöscht'wurde, ohne größeren Schaden anzurichten. (St.-A.)
Tübingen, 15. Mai. Diejenigen, welche seiner Zeit an La;. Samson Cohn in Hamburg auf seine pomphaften Anzeigen (unter der Devise „Gottes Segen bei Cohn") Geld gesendet haben, ohne dafür die ausgebotenen Anlchensloose zu erhalten, denen vielmehr nichts oder nur leere Lotterieloose zur Hamburger Klasseulottcrie vom halben Werthe zugesendet worden sind, iute- rcffirt es vielleicht zu erfahren, daß gegen Cohn gerichtliche Untersuchung eingeleitet worden ist. Eine weitere und für die Be- theiligtcn wohl die beste Folge davon ist, daß denjenigen, welche ihr Geld zurückverlangten, dieses gegen Rückgabe der Lotterieloose wieder zngescndel worden ist. AVer es noch nicht zurückoerlaugt hat, wird gut thun, mit der Rückforderung nicht zu säumen.
In Karlsruhe haben 43 Schuhmachermeister ihre Werkstätte auf unbestimmte Zeit geschlossen, weil sie den hohen Anforderungen der Arbeiter nicht entsprechen können. Die meisten wollen beim Kricgsministerium Schritte wegen zeitwciser Beurlaubung von Soldaten ihres Gewerbes thun.
München, 18. Mai. Die letzten Tage hielt sich Pater Hyazinthe hier auf und konferirte mit verschiedenen hervorragenden Gelehrten, worunter v. Döllinger und Frohschammer. Er ist wieder abgereist. (St.-A.)
Fürst von Hohenlohe erhielt von dem Könige von Preußen das Großkreuz des Notheu Adlerordens, um ihm neuerdings einen Beweis seiner Achtung zu geben.
Preußen unterhandelt um dem Malayischen Häuptling von Lohore auf der Halbinsel Malakka wegen Ankaufs der Insel K alamne für den uordd. Bund. Die Erwerbung dieser Insel hängt mit der Einrichtung einer Flottenstation an der ostasiatischen Küste zusammen.
Wie die „Provinzial-Korrespondenz" mittheilt, hätte Graf Bismarck mit aller Bestimmtheit erklärt, daß die Regierung die Aufrechtcrhaltung der Todesstrafe für erforderlich erreichte und an ein Schwanken der preußischen Regierung nicht zu denken sei.
Karlsbad, 13. Mai. Der „K. Z." schreibt man: Ein großer und recht charakteristischer Unterschied zeigt sich jetzt in dem Auftreten des Kronprinzen von Preußen und des ebenfalls hier verweilenden früheren Kurfürsten von Hessen. Der Kronprinz hat nur einen Kammerdiener und einen Bedienten bei sich, geht ganz allein wie jeder einfache Privatmann an den Brunnen, um dort zu trinken, verkehrt mit allen auf die unbefangenste, freundlichste Weise, ließ alle hier anwesenden Preußen besonders bitten, ihn nicht ceremoniell, sondern nur nach allgemeiner Brun» nensitte durch bloßes Handanlegen an die Kopfbedeckung zu grüßen, fährt im Miethswagen spazieren und läßt sich sein Diner im Gasthofe bereiten. Mit ganz anderem äußeren Glanze tritt der ehemalige Kurfürst von Hessen auf. Er hat an 26 Personen Dienerschaft und darunter allein drei Köche bei sich, nnd erscheint nur von seinem Hofmarschall und seinem Privatsekretär umgeben, während zwei Lakaien in Livree in angemessener Entfernung langsam hinterdrein schreiten müssen.
Paris, 18. Mai. Die „Marseillaise" ist wegen Beleidigung des Kaisers und Aufreizung zu Haß und Verachtung der Regierung verurtheilt worden. Der Autor des Artikels ward zu 3 Monat Gefängniß und 5000 Fr., der Gerant des Blattes zu 1 Jahr Gefängniß und 10,000 Fr. verurtheilt. Außerdem hat das Gericht das Journal für zwei Monate suspendirt.
Ein Fainilicndraina in Paris. Der Schauspieler L. und seine Frau zankten sich täglich. Endlich wurde es so arg, daß der Mann ausrief: Ich halte es nicht länger aus, ich vergifte mich! —Ich halte mit! sagte die Frau. Der Mann läuft nach der Apotheke und läßt sich unter irgend einem Vorwand Arsenik geben, verthcilt das Gift daheim in zwei Gläser Wasser, Mann und Frau nehmen Abschied von einander und trinken. „Nun ist's um uns geschehen!" Die Frau weint still auf ihrem Bette, der Mann auf seinem. Eine Stunde nachher fragt der Mann mit schwacher Stimme: Frau bist Du todt? — Nein, noch nicht; und Du? — Ich auch noch nicht. — Nach einer Stunde thut die Frau dieselbe Frage und erhält dieselbe Antwort. Sechsmal Nachts wiederholt sich der der Auftritt. Morgens fragt die
unglückliche Frau zum letztenmal: Adolf bist Du todt? —Nein, ich habe aber erschrecklichen Hunger. — Ich auch, sagt die Frau, steht auf uud macht Kaffee, der Mann kommt nach und Beiden schmeckt es trefflich. Der liebe Gott will noch nichts von uns wissen, sagt der Alaun. Halten wir Frieden! — sagt die Frau, und sie hielten Frieden. Der kluge Apotheker hatte ihnen das Leben gerettet; denn er hatte dem Manne, seine Aufregung bemerkend, nicht Arsenik, sondern Magnesia gegeben.
Madrid, 18. Mai. Das Ministerium hat gestern beschlossen, dem provisorischen Zustand ein Ende zu machen, indem es den Regenten mit den königlichen Befugnissen bekleiden will, für den Fall, daß es unmöglich sein sollte, gegenwärtig einen Thronkandidaten zu finden.
Zwei Tage in Rom.
Als ich am ersten Morgen nach meiner Ankunft in Rom in einem Hotel am Spanischen Platz erwachte, fiel mir schwer anfs Herz, daß ich am Abend vorher verabsäumt hatte, den Kellner nach dem Preise der Zimmer zu fragen, die er mir anwies. Um so wenig wie möglich geprellt zu werden, verlangte ich mit dem Frühstück die Rechnung. Sie kam, — der Posten „Wohnung" war cxoribant. Ich beschloß daher, mir eine Privatwohnung zu nehmen, und machte mich zur Besichtigung von Quartieren auf den Weg.
Das war ein böser Gang.
In allen Winkeln der Hausflure und Treppen hatten die Bewohner der Häuser, die ich betrat, es sich bequem gemacht; in manchen war die Verunreinigung so groß und der Pesthauch so arg, daß ich nicht einzudriugen vermochte, sondern vor Eckel zurückbebte.
Endlich gelangte ich in einem nicht allzu unreinlichen Hause der besten Gegend Roms bis zu einer mit Eisen beschlagenen Thürc. Aus einem Bohrloche in dieser Thüre hing ein Endchen Bindfaden, welches sich im Winde schaukelte. Ich zupfte daran, — es- klingelte heißer, aber es wurde nicht aufgemacht. Als ich schon im Begriff stand, der Klingel noch einmal recht unsanft die Zunge zu lösen nnd mich dann zu entfernen, öffnete sich die Thüre und eine Mädchengestalt trat mir entgegen, die an Schönheit und Jugendfrische alles übertraf, was mir bisher zu Gesicht gekommen. Bei ihrem Erscheinen ward es auf der dunklen Treppe hell, — ich stand wie geblendet.
Sie trug ein leichtes offenes Jäckchen von rother Seide, mit weite», herunterhängenden Aermeln, so daß die elastischen Formen ihrer Büste und ihrer Armen unbedeckt waren. Nur auf Bildern von Titian hatte ich Aehnliches gesehen.
Daß ein Fremder vor ihr stehe, der eine Wohnung suche, brauchte ich ihr nicht zu sagen. Schweigend nahm ich ihren Arm, legte ihn in den meinigen, — sie ließ es ruhig geschehen — und begann mit ihr die Wanderung durch die zu vermiethenden Zimmer.
Doch was kümmerten mich die Möbel, was die Lage dieser Zimmer! Mußte in der Nähe von so viel Jugendglanz und Schönheit nicht alles vortrefflich sein? — Ich würdigte die Gegenstände um mich her keines Blickes, sondern betrachtete nur sie. Ihr schönes Auge leuchtete, ihr volles braunes Haar duftete, ihr Nacken glänzte, ihre warme Hand ruhte auf meinem Arm.
Ich pries mich glücklich, ein solches Paradies aufgefunden zu haben, — lauter Stellen aus Göthe's römischen Elegien schwirrten mir durch den Kopf, — nach dem Preise der Zimmer zu fragen, kam mir nicht in den Sinn. Ich nahm sie auf vier Wochen, gab einen Napoleon als Aufgeld und erhielt die Er- laubniß, noch am Abend desselben Tages einzuziehen. — Erst beim Fortgehen bemerkte ich, daß ein spilleriges Mädchen ulit einem gelben Affengesicht — vielleicht eine jüngere Schwester meiner Schönen — uns durch die Zimmer begleitet hatte.
Was aber nun anfangen mit der Ewigkeit von Zeit bis zur Stunde des Einziehens?
Zum Glück war ich noch nicht im Vatican gewesen, der „Barbari" entschloß sich daher zur „Kunstbeschanung der Antike".
Ist das eine Kletterei die vielen Stufen hinauf! Die Päbste wohnen nicht anders als sieben, acht Treppen hoch, wir in Deutschland begnügen uns mit weniger; aber so hoch die Zimmer des Pabstes und die Säle mit den Kunstschätzen auch liegen, so befinden sie sich doch immer noch im Menschengeruche der Stadt.
L>chon wollte ich erschöpft umkehren, als mir von oben ein Bekannter — ein reich gewordener Berliner Holzhändler — entgegen kam.
„I, Herr Schulz, was machen Sie denn hier?"
„Wollte mir doch auch einmal das Konzil und seine Unfehlbarkeit ansehen."
„Wie geht's Ihnen sonst?"
„Unverfroren."
Damit schoß" er an mir vorüber.
„Kein Talent, aber ein Charakter," dachte ich, und stieg, angefrischt durch die überraschende Begegnung, rüstig weiter!
Endlich versperrte mir ein eisernes Gitter, welches verschlaf sen war, den Weg; einige schmutzige Männer saßen hinter dem-