Simson blieb mit 214 Stimmen erster Präsident, zum zweiten wurde der Herzog von Ujest mit 223, zum dritten Bennigsen mit 168 gewählt. Der Reichstag nimmt daraus nach kurzer Debatte die Art. 25—28 nach den Vorschlägen der Regierungen an. (Sie betreffen die geschäftlichen Fragen des Reichstages re.) Zu Art. 28 (Unverantwortlichkeit der Reichstagsmitglieder) wird der Antrag Lette's, den Schutz der Reichstagsmitglieder gegen Verfolgung während der Sessionsdauer betreffend, angenommen. Hieran schließt sich eine lange Debatte über Art. 29: „Die Mitglieder des Reichstags dürfen als solche keine Besoldung oder Entschädigung beziehen." An derselben nahmen von den Bundeskommissären Graf Bismarck und v. Friesen (Sachsen) für die Fassung des Entwurfes Theil. Schließlich wurde aber das Amendement Weber-Thünen, welches die Zahlung der Reisekosten und Diäten für die Reichstagsmitglieder fordert, bei namentlicher Abstimmung mit 136 Stimmen gegen 130 angenommen.
Berlin, 31. März. Die Mitglieder der verschiedenen Fraktionen sind heute znsammengetreten behufs einer morgen zu stellenden Interpellation wegen der luxemburgischen Angelegenheit. Graf Bismarck, dem hiervon Kenntniß gegeben worden, hat von diesem Schritte abgerathen.
Berlin, 1. April. Auch die Fraktion der freien Konservativen wird heute wegen Luxemburgs interpelliren. — Der Kronprinz von Sachsen wird heute wegen wichtiger Militärfrageu erwartet. — General Gäben ist zum Kommandanten Luxemburgs bestimmt.
Berlin, 31. März. Der Abg. Salzmann will dem norddeutschen Parlamente eine Petition vorlegen, die aus Reuß eingegangen und mit zahlreichen Unterschriften bedeckt ist, worin die preußische Regierung um Annexion des Fürstenthums gebeten wird.
Berlin, 1. April. Im Reichstag erfolgte die Interpellation Bennigsen's in Betreff Luxemburgs. Bennigsen erklärte: die Parteien werden zusammenstehen, wenn Deutschlands Integrität bedroht wird: das Einigungswerk wird sich schleunig vollziehen, wenn die Einmischung des Auslandes droht. Wir suchen den Krieg nicht. Wird er aber provocirt, so mag Frankreich ihn verantworten. Graf Bismarck antwortete: Von einem Abschluß der Niederlande mit Frankreich sei der preußischen Regierung nichts bekannt. Aus die Frage der Niederlande, wie Preußen die Abtretung Luxemburgs aufnehmen würde, sei erklärt worden: Preußen müsse dem König der Niederlande die Verantwortung überlassen. Preußen werde die Ansichten der Unterzeichner der Verträge von 1839, der Bundesgenossen und des Reichstags ermitteln. Preußen lehnte die angebotenen guten Dienste der Niederlande zwischen Preußen und Frankreich ab. Weitere Ausschlüsse seien unthunlich. Doch hoffe er (Gras Bismarck) die Wahrung der deutschen Rechte auf friedlichem Wege. — Der Reichstag erledigte die Artikel 39—44, betreffend das Zoll- und Handelswesen und die Eisenbahnen, größtentheils in der Fassung des Entwurfs, mit mehreren von der Regierung gutgcheißencn Amendements. (Lr.A.)
Berlin, 1. April. Gutem Vernehmen nach ist der Kronprinz von Sachsen mit seinem Ehef des Generalstabs zu der Meldung hier eingetroffen, daß die sächsischen Truppen mit dem heutigen Tage bundesmäßig formirt sind. Der Kronprinz von Lachsen und sein Begleiter tragen bereits die bundesmäßige Uniform. Der Kronprinz ist zum kommandirenden General des zwölften Bundesarmeekorps ernannt worden. (St.A.)
Graf Bismarck soll vor Kurzem, als ein Diplomat ihn in Gegenwart des französischen Gesandten um die Stärke der preußischen Besatzung in Luxemburg befragte, mit graziöser Beiläufigkeit erwidert haben: „Da? ach, da liegen über eine Million Deutsche."
Köln, 28. März. Der Kreuzztg. wird „nicht als Sensationsnachricht, sondern um der vaterländischen Sache zu dienen," j als verbürgt mitgetheilt: daß seit einiger Zeit Offiziere der sran- > zösischen Artillerie und des Jngenieurcorps die preußischen Pro- ^ vinzen des westlichen Staatstheils bereisen, um strategischer Stu- ! dien willen. Aus Homburg) Frankfurt a. M., Wiesbaden, Mainz ! sind dem Korrespondenten in dieser Beziehung Nachrichten zuge- ^ gangen, denen er vertrant. Die französischen Offiziere, welche ! nur in Eivil erscheinen, sind der deutschen Sprache mächtig, und ! knüpfen in den neuen Landestheilen Verbindungen mit Personen ^ an, welche theils aus Frankreich sind, theils für französische In- z
teressen Theilnahmc zeigen. Nun, der preußische Generalstab wird es unstreitig nicht versäumen, seine Kenntniß der französischen Grenzprovinzen zu bereichern, ohne daß die dortigen Blätter über Kundschafter zu berichten bekommen.
Der Allg. Ztg. wird ans Münster in Westfalen den 31. März geschrieben: Die aus Anlaß der Luxemburger Frage sich steigernden Verwicklungen mit dem Tuilerienkabinet haben die preußische Regierung veranlaßt, die umfassendsten Vorsichtsmaßregeln zu ergreifen. Es ist bereits Befehl ertheilt, die Festungen Mainz und Coblenz schleunigst zu armiren und die Reserven^ für das westfälische und rheinische Armeekorps einzuziehen.
Frankfurt a. M., 30. März. Man versichert, es stehe eine Zusammenkunft des Königs von Preußen mit dem Könige Ludwig II. vou Baiern unhe bevor. Ort und Zeit der Zusammenkunft noch unbestimmt.
Luxemburg. Die „Köln. Ztg." enthält einen Brief des Gouverneurs der Festung Luxemburg, v. Brauchitsch, worin die von der Allg. Ztg. gebrachte Nachricht, daß derselbe die preußische Garnison von dem Abschluß der Convention und dem bevorstehenden Abzug der Preußen in Kenntniß gesetzt habe, als böswillige Erfindung bezeichnet wird.
Luxemburg, 30. Mürz. Die,,Jndepedance Belge" bringt folgende Depesche:^ „Ein offizielles Telegramm aus dem Haag autorisirl die großherzogliche Regierung, auf das Bestimmteste die Behauptungen einiger Blätter in Betreff der Abtretung des Großherzogthums an Frankreich, zu dementiren. In Luxemburg herrscht große Freude."
Das „Luxemb. Wort" behauptet, die luxemburgische Regierung habe dem Norddeutschen Bund beitreten wollen, aber Graf Bismarck habe dieselbe keiner Antwort gewürdigt. Die Deutschen mögen sich nicht täuschen: der preußische Premier scheint längst in eine Abtretung Luxemburgs au Frankreich eingewilligt zu haben." Die Köln. Ztg. sagt darüber: daß Graf Bismarck seine ungeheuren Erfolge nicht hat erreichen können, ohne gewisse Zugeständnisse an Frankreich zu machen, ist möglich. Wir müßten das freilich schmerzlich beklagen. Uebrigens kann das Land ohne Zustimmung der Kammer nicht veräußert werden. Die Luxemburger Verfassung spricht dies ausdrücklich aus.
Haag, 1. April. Der „Staats-Courant" enthält in seinem nichtamtlichen Theile ein „Mitgetheilt", welches im Namen der Luxemburgischen Kanzlei die Nachricht von der erfolgten Abtretung des Großherzogthums demcntirt und hebt hervor, von einer Abtretung könne erst dann die Rede sein, nachdem auch die dabei interessirten Großmächte sich darüber verständigt hätten. (Dann hat es noch gute Weile.) (S. M.)
Paris, 1. April. Die Ausstellungseröffnnng ist unter großem Andrange schönstens verlaufen. Der Kaiser und die Kaiserin haben mit großem Gefolge die Maschinen- und Kunst- gallerie durchschritten, bei den 4 süddeutschen Staaten von Kom- missäreit und Preisrichtern durch den Präsidenten v. Steiubeis begrüßt. Auf dessen Anrede: „Wir fühlen uns glücklich, an einem Friedenswerke ohne Gleichen mitzuarbeiten", entgegnete der Kaiser: „Ich danke, ich höre das mit vielem Vergnügen" und grüßte mit der Kaiserin freundlich. (St.-A.)
Kopenhagen, 28. März. Der König von Dänemark reist nicht über Paris, sondern wird baldigst hierher zurückkehren. Prinz Johann reist am Sonnabend nach Griechenland. Der König vou Griechenland begibt sich nach Petersburg, um sich mit der Großfürstin Olga Konstantinowna zu verloben und kommt im Monat Mai nach Kopenhagen.
London, 28. März. Der Pariser Korrespondent jdes „Globe" will aus glaubwürdiger Quelle erfahren haben, daß der Kaiser Napoleon durch geheime Agenten der italienischen Regierung ein Schutz- und Trutzbündniß mit Frankreich angeboten und eine ablehnende Antwort erhalten habe. Italien scheine ein inniges Bündniß mit Preußen vorzuziehen. In amtlichen französischen Kreisen werde sehr über Italiens Undank geklagt.
Konstantinope l. Der von Frankreich mittelst einer Note formulirte, von Oestreich, Rußland, Italien und Preußen durch mündliche Erklärungen der Gesandten einzelnweise befürwortete Vorschlag der Abtretung Candia's wurde von der Pforte entschieden abgelehnt. Erdbeben fanden in Saloniki und Drama
(Stadt im östlichen Makedonien) statt.__
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.