Jugendzeit her, sein uneigennütziger Minister und darf sich manch­mal ein Wort mehr erlauben als ein anderer. Dieser Persiguy macht jüngst den Kaiser auf die Gefahren seiner jetzigen Politik aufmerksam, seine und seiner Familie Zukunft stehe ans dem Spiel, sagte er. Der Kaiser hörte zu und sagte nichts. Nach drei Tagen aber ließ er ihn rufen, empfing ihn warm und sagte: Ich habe mir reiflich überlegt, was Sie gesagt; Sie haben um o größeren Eindruck aus mich gemacht, weil Sie ruhiger als 'onst gesprochen haben. Ich werde nichts davon vergessen! ! Damit reichte er ihm die Hand.

London, DieMorning Post" beschuldigt Rattazzi, daß er sciner Zeit Garibaldi die Unterstützung der italienischen Ne- gierung für den Fall einer Jnsurrectionirung Griechenlands zu­gesichert habe. Dasselbe Blatt behauptet ferner, die Revolution in Griechenland sei fremden Ursprungs und weist dabei auf Rußland hin.

Man schreibt demMessager du Midi" aus Athen vom 22. Oktober: Der Lärm und die Flintenschüsse dauern in Pyräus und in Athen fort. Vergangene Nacht ging es sehr stürmisch im Pyräus zu, in beiden Städten fand große Illumination statt. Leider werden die ruhige Bevölkerung und die Fremden durch die in den Straßen herumlaufenden bewaffneten Soldaten, welche alle Einwohner brandschatzen, sehr beunruhigt. Man darf sich nicht verheimlichen, daß die in den Gefängnissen befindlichen Ver­brecher und andere Böscwichte nicht zögern werden, die Gelegen­heit zu benutzen, um bedauerliche Handlungen zu begehen. Man hofft, daß die Regierung die Ordnung Herstellen werbe.

St. Petersburg, 5. Nov. Justizminister Panin ist ent­lassen, Adjunkt Zamirtnin mit Leitung beauftragt. Ein Dekret des Kaisers schafft in Polen die Bebieutenstcuer ab, dagegen Erhöhung der Brantweinsteuer. (S. M.)

Kräuter-Aenuchen.

(Fortsetzung.)

Seine Frau hatte schon vorher bewußtlos nach Hause getra­gen werden müssen. Alle Gäste zerstreuten sich erschüttert oder theilnahmlos; selbst der edle Bräutigam ging mit dem Versprechen, sogleich gründliche Nachforschungen anstellen lassen zu wollen, und selbst den Wald zu durchstreifen. Er beorderte auch zwei Trit- thcile der achtzehn Mann starken Schloßwache, alle Iagdbedienste- ten. Kammerdiener und Marstallknechte zum Nachsuchen. Der ganze, mehrere Stunden weit sich ausdchnende, dichte Wald mit allen seinen Schluchten und Gründen war durchzogen, als gälte es einem Kesseltreiben, aber von der schönen Anna ließ sich keine Trittspur auffindcn.

Die Ausgesandten kehrten resultatlos nach dem Residenz­schlosse zurück. Der Fürst setzte auf Antrieb seiner leutseligen Gemahlin eine Belohnung von 100 Thalern auf das Wiederbringeu des verschwundenen Mädchens aus. Mittlerweile» erhielt der Hoff rentmeffter die betrübende Kunde, daß Niemand sein verlorenes Kind habe entdecken können und baß man vermuthe, sie habe sich, vielleicht durchs Fenster der Sacristei oder einer Schloßhalle sprin­gend, in den schwarzen Grund gestürzt, welcher neben dem Schloß- thurme, dicht an der Rückwand des Marstalls lag und einen vielleicht 80100 Klafter tiefen, etwa zum vierten Theile mit schwarzem Schlammwasser gefüllten, daher unergründbaren Schlund mit jähen Felswänden bildete.

Während der Hofrentmeister und sein Weib, niedergeschmcttert durch diese sehr wahrscheinlichen Berichte und von Niemand ge­tröstet, sich in der bittersten Alleinheit der Verzweiflung Hingaben, begann die Hyder des Neides »nd Hasses gegen den lüsternen Hofmann ihr höllisches Spiel. Man sprach es vertraulich aus, daß der Hosrcntmeister, im letzten Augenblicke sich eines Bessern besinnend, selbst den Fluchtplan erdacht und Anna's Verschwinden ungeordnet habe, um den eitlen Gecken ohne eigene Verantwort­lichkeit los zu werden. Anna befinde sich jedenfalls auf dem sichern Wege zu entfernten Verwandten und werde eines schönen Tages als junge Frau Hofcommiffar oder Justizamtmann wieder zum Vorschein kommen. So wenig glaubwürdig auch dieses frivole Gerücht war, so fand es doch Nachbeter.

Sei es, daß der Hofstallmcistcr, wie alle körperlich und geistig lückenhaften Gecken, mit viel bissiger Gehässigkeit aber wenig edlem Selbstvertrauen begabt, selbst an jenes Gerücht glaubte, oder daß er nur eine äußere Gelegenheit ergreifen wollte, sich der Reutmeisterfamilie wieder zu nähern, ohne die odiöse Trauungs­geschichte in den Vordergrund stellen zu müssen, genug, er kün­

digte am Tage nach dem auffallenden Ereigniß dem Hofrentmeister an. daß er ihm am Nachmittage einen sceundschastlichen Besuch abstatten wolle, und bei dieser Veranlassung die durch seine Nach­lässigkeit lange verschobene Revision der Kammercafse, worin sämmtliche Einnahmen derjfürstlicheu Schatulle aufbewahrt wurden, gelegentlich mit bewirke» werde. Diese Casse verwaltete der Hof­rentmeister und bestritt daraus alle vom Fürsten autoriflrteu An­weisungen. Der Hofmarschall war seit lange bestallter Revisor.

Die Stunden bis zum Erscheinen des Hofmarschalls verstri­chen im Amthause in unheimlicher Stille. Am Nachmittage begab sich die Frau des Hofrentmeisters zu einer Freundin, nm sich ihr Leid mildern zu lassen, und der Letztere war allein i:n Hause, so wie er's gewünscht.

Kaum hatte der Revisor die Treppe betrete», so fiel in der Rentcassenstube ein Schnß und der lun-,»eilende Hofinarschall fand den Rentmeister vor der eisernen Kassette liegend in seinem Blute. Der schlaue Mann begriff sofort die ganze Schwere des Mo­ments; er entriß der Leiche den einen Schlüssel. öffnete mit bei­den die Kassette und entnahm derselben 6000 Thaler in Staats­papieren. Dann warf er den eiueu Schlüssel, nach seiner Absicht de» des Rentmeisters, ins Wasser. Jetzt wollte er sich wieder entfernen, aber er mußte Gründe habe», dies unbeobacht t zu thuu, denn er wählte, als er nahende Schritte im Hausflur ver­nahm, eine nach dem Garten führende Hintertreppe und ent­schlüpfte, anscheinend ungesehen, in den Wald.

Nach wenigen Minuten entstand Lärm. Die Wiktwe des Hosrentmeistcrs kehrte zurück und warf sich, Verwünschungen über Anna ausstoßend, die sie für die einzige Urheberin alles Jammers hielt, weinend über die blutende Leiche. Der Fürst ließ die of­fene Casse und das Archiv durch de» inmittels uack dem Schlosse zurückgekchrten Hofmarschall und den Gericktsdirector in Beschlag nehmen; gleichzeitig erfolgte die gerichtliche An hebung der Leiche, bei welcher ein entladenes Jagdgewehr mit fürstlichem Wappen lag. Am Caffeubcstande fehlte», nach Vergleichung des Ein­nahme- und Ausgabe-Manuals, 9000 Thaler. Dieser Umstand machte Aussehen, verwirrte aber die Urtheile noch mehr, da von einem Forstläuser angczeigt ward, er habe den jungen Gottwald Ferner in der Nähe des Schlosses gesehen, und von einem Hof- diener, der aus der Höhe des Schloßberges gestanden hatte, sei eine Gestalt in Jagdklcidern durch den in der Tiefe liegenden dunklen Amtsgarten geschlüpft, nachdem der Schuß gefallen sei. Hierdurch wurde vielseitig die Annahme erweckt, es liege ein Raub­mord vor, und da eine sofort nach Waidmannsheil abgesandte Staffette die Nachricht zurückbrachte. Ferner sei seit drei Tagen verschwunden, so ward der Verdacht gegen ihn bestärkt und das Amt erließ einen Steckbrief. Diese Maßnahme aber konnte die officielle Vermulhnng nicht auSschließcn, daß der Hofrentmeister Mohl sich eines Cassendesects schuldig gemacht und, Entdeckung seines Verbrechens fürchtend, sich selbst das Leben genommen habe. Seltsamer Weise fand man aber, daß das Gewehr früher im Be­sitz Ferner's gewesen und diesem, wie der alte Schloßförster Lud« Miller bekundete, angeblich gestohlen worden war. Da der Ver­dacht nach beiden Seiten hin gleich stark war, so wurde das sämmtliche Privateigenthum Mohl's vorläufig saistrt und die Wittwe, ohnehin eine nirgend beliebte Frau, welcher die veränderte Situa­tion auch die Scheinfreunde entzogen hatte, angewiesen, blutarm das Amthaus zu verlassen. (Fortsetzung folgt.)

As s e r l e i.

Aus dem Bierlande und zwar aus Passau wird folgende Bier-Jeremiade laut:O liebe, werthe Brauer",Nehmts mit dem Bier genauer! Seht, alles ist ja sauer, Was trinken wir Passauer; - In jeder Schenk herrscht Trauer. Es wird uns täglich lauer Bei dem Getränk und flauer Nicht geht's mehr auf die Dauer Die Nasen färbt es blauer, Die Wangen macht's uns grauer, Und selbst die Stimm' wirb rauher. Dies Bier verträgt kein Bauer Es frißt die stärkste Mauer! Die Mägen packt ein Schauer Vor Euch,Ihr Essigbrauer!"

In L- verlangten die Schuhmacher, der Stadtvarsteher solle den auswärtgen Schuhmachern verbieten, daß sie in die Stadt L. schaffen dürf­ten. Als dieser Forderung keine Folge gegeben werden konnte, rotteten sich die Schuhmacher in gefährlichen Haufen zusammen, und konnte nicht einmal durch die Polizei vertrieben werden. D« rief Plötzlich einer der Vorübergehenden den versammelten rebellischen Schuhmachern zu:Der "'erber kommt" und im Nu waren die Haufen zerstoben.

Druck und Prrlag der «. W. saiser'sLeu »uchhiiidlun,. «»»«»>»: Potzle.