Die Eisenacher deutsch-evangelische Kirchenkonferenz ist am 5. Juni beendigt worden, und wie es scheint mit Befriedigung der Theilnehmer; ob auch der Gläubigen, ist natürlich eine andere Frage. Bei derselben kamen zwei Eingaben ganz entgegengesetzter Richtung ein, die eine von Professor Baumgartner gegen das strenggläubige Kirchenregiment in Schwerin, die andere von einem jüngeren Geistlichen gegen das liberale Kirchenregiment im Groß- herzogtbum Baden. Beide SLriftcn sind all acta genommen.
Coburg, 10. Juni. Eine mit Preußen abgeschlossene Mi- litär-Convention tritt für unser,, Staat, wenn der am 17. Juni zusammentretende Gesammtlandtag für Coburg-Gotha dieselbe genehmigt, mit dem 1. Juli d. I. in Kraft. (K. Z.)
Ein Praktischer Arzt, vr. Jahn, in Quellendorf bei Dessau, ist von den Geschworenen des Giftmordes für schuldig befunden worden und hat im Gefängniß die Hand an sich gelegt. Er hat ein Mädchen, mit dem er in Liebesverhältnissen stand, durch das Pflanzengift Oonlin nnigebracht. Ein seltener, vielleicht einziger Fall in Deutschland, sagen die Berichterstatter und fügen hinzu, den neuesten Fortschritten der Chemie sei die Entdeckung der Pflanzengifte im menschlichen Körper zu danken.
Am 9- Juni, Abends, kam Magdeburg in große Gefahr, indem der Blitz in den nördlichen Thurm der Ulrichskirche schlug und so zündete, daß auch bald der südliche Thurm und die ganze Bedachung der Kirche in Flammen stund. (Nach einem Tel. der Börsenh. ist die Kirche abgebrannt.)
Berlin, 5. Juni. Landtagsschluß. Die Thronrede besagt, daß die beendete Session zu bedeutenden Ergebnissen geführt habe, und geignet sei, die Regierung in der Richtung zu befestigen, welche sie bisher verfolgt habe. Sie werden Preußens Gewicht in Deutschland und in Europa verstärken. Hierauf führt die Thronrede die von den Häusern genehmigten Verträge und Gesetze namentlich auf, und berührt die Vortheile, welche hierdurch in Aussicht gestellt wurden. Besonders wird für die Mittel zur Heeres- organisation gedankt; über die Bewilligungsform, die das Lchens- prinzip nicht berühre, könne hinweggeschen werden. Die Heeresorganisation gebe Preußen Kraft, für seinen eigenen wir für den Schutz des gesammtcn deutschen Vaterlandes gerüstet dazustehen. Die Heercsorganisation sei für die Sicherung deutscher Grenzen um so unentbehrlicher, als die Revision der Wchrverfassung des deutschen Bundes nicht gelungen sei. Die dänische Regierung sei den Anforderungen der deutschen Bundesversammlung nicht vollständig nachgekommen. Dänemarks gemachte Anerbietungen stellen eine Lösung der schwebenden Angelegenheiten nicht in sichere Aussicht, aber der Charakter der preußischen Beziehungen zu den Großmächten gibt Bürgschaft, daß dieselben durch ernste Maßnahmen nicht werden getrübt werden, welche innerhalb der Gränzen des deutschen Bundesgebiets nothwendig werden könne». „Wenn die Landesvertrctung die Schranken innehält, deren Uebcrschreitung nur der Umsturzpartei Vorschub leisten könnten, so darf ich einem gesegneten Fortgang Meiner Regierung entgegensetzen. Mein Wahlspruch ist: Königthum von Gottes Gnaden, Festhalten an Gesetz und Verfassung, Treue des Volks und des stegbewußten Heeres, Gerechtigkeit, Wahrheit, Vertrauen, Gottesfurcht. Folgen Sie diesem Wahlspruch, dann dürfen Wir eine hoffnungsreiche Zukunft erwarten." (A. Z.)
Eine großartigere Wette, wie solche selbst in England zu den seltensten gehört, ist jetzt zwischen dem Herr» Oberlieutenant Grafen Szirmay des 11. Husarcnregiments und dem Herrn Grafen Wilzek im Gange. Graf Zzirmay will nämlich das riesige Problem lösen, 40 deutsche Meilen in 40 Stunden auf einem und demselben Pferde reitend zurückzulegen. Der Wettpreis, wie die Art und Weise der Ausführung, sind vorderhand ein „interessantes Geheimniß." Die Rennbahn ist die Freudenau im k. k. Prater zu Wien.
Turin, 6. Juni. Die „Opinione" bestätigt, daß Graf Cavour mit großer Seelenruhe gestorben; in den Augenblicken des Deliriums sprach er oft die Worte: „Italien, Rom, Venedig, Napoleon." Dann fügte der Kranke hinzu: „Ich will keinen Belagerungszustand; Italien soll wieder geboren werden durch die Freiheit; Italien kann nicht untergehen." — Die „Armonia" berichtet, Graf Cavour habe einen Beichtvater zu sich kommen lassen, bevor die Aerzte den Tod für nahe erachtet hatten. Die Journale constatirten, daß der Sterbende in Gegenwart seiner ganzen Familie alle Tröstungen der Religion empfangen hat; auch seine Freunde waren zugegen. — Eine Deputation des Stadtra- theS hat darum nachgesucht, daß die Leiche Cavour's auf einem
besonderen Platze des Turiner Friedhofes beerdigt werde; aber die Familie des Verstorbenen hat diesem Wunsche nicht willfahrt, da Graf Cavour zu wiederholten Malen den Wunsch geäußert hatte, in seiner Villa Satena beerdigt zu werden. (Jnd. b.)
Turin, 6. Juni. Unter den Napvleonisten herrscht über den Tod Cavours große Verwirrung- In der Nacht vom 4. auf den 5. ließ Kaiser Napoleon fünfmal durch den Telegraphen sich nach dem Gesundbeikszustande des Grafen erkundigen, zuletzt erbot er sich seinen Leibarzt Dr. Connean nach Turin zu senden.
Turin, 6. Juni. Der „Movimento" von Genua widerlegt mit Bestimmtheit das Gerücht von der Krankheit Garibaldi's. — Der Trauergotkesdienst, welcher gestern für de» Grafen von Cavour in Mailand gefeiert wurde, hatte eine unermeßliche Menge angezogen. (H. T.)
Turin, 11. Juni. Das Ministerium ist gebildet. Ricasoli hat die Präsidentschaft und das Auswärtige, Minghetti die Justiz, Menabrea die Marine, Dclla Rovere das Kriegs- und Scia- loja das Handelsministerium. Die anderen Minister bleibe».
(T. d. S. M.)
Mailand, 7. Juni. Die Nachricht, daß Cavour's Tod insbesondere durch eine falsche Behandlung von Seite der Aerzte herbeigeführt wurde, erweckt eine solche Erbitterung in der Bevölkerung gegen dieselben, daß sie es ohne Zweifel für rathsam erachten werden, sich den Augen des Publikums zu entziehen. Innige Freunde des Verstorbenen riefen mittelst Telegraphen die Professoren Tommast und Buffalini. Der Erste begab sich von Pavia sogleich nach Turin, der Zweite antwortete, daß er alsbald abreise, sobald er wisse, daß ihn die Familie Cavour zur Berathung empfange. Aber die Familie gab eine abschlägige Antwort und ließ außer dem Hausarzt Rosst nur den Berather Muffani den Zutritt zum Krankenbette. Dieselben erkannten in den ersten Krankheits- Symtomen die Blut-Anhäufungen, denen Cavour öfters unterworfen war, und wollte» durch Aderlässe abhelfen; als jedoch das Fieber nicht nachließ, so glaubten sie, es sei das Wechselfieber, daun eine Typhoide und endlich ein Podagra-Anfall, der sich gegen Brust und Gehirn geschlagen So geschah eS, daß durch ganz verkehrte Mittel, wie Aderlässe und Chinin, das Ende des großen Mannes schneller und unabänderlicher herbeigeführt wurde.
k(Fr. I.)
Paris, 6. Juni. Es heißt, der Sultan soll an einem Magenkrebs leiden und unwiderruflich verloren sein (H. Ti)
Paris, 10. Juni. Die „Italic" glaubt versichern zu können, daß Napoleon III. in Folge des Todes des Herrn von Cavour sich beeilte, dem König seine Theilnahme zu bezeigen und ihn seiner wohlwollenden Absichten, seiner Sympathien für Italien und seines Wunsches, daß Italien die Schwierigkeiten, welche aus einem so schweren und unerwarteten Ereigniß entstehen könnten, besiegen möge, zu versichern. (St. A.)
In Paris macht ein Witzmort des Claviervirtuosen Liszt die Runde. Der Kaiser sagte zu ihm: es kommt mir vor, als ob ich hundert Jahre alt wäre. Das wundert mich nicht, antwortete Liszt. Sie sind das Jahrhundert.
Im französischen gesetzgebenden Körper bestreitet Ollivicr, daß das Budget im Gleichgewicht sei, da die Ausgaben nicht durch die Einnahmen beglichen würden; man habe von ersteren einen Theil verheimlicht und bei letzteren bereits eine mögliche Vermehrung in Anschlag gebracht. Man habe die Gewißheit, daß die Armee weit mehr als 400,000 Mann betrage, wie angegeben worden, und dieß werde einen Mehraufwand von 120 Millionen erfordern; er, der einer Meinung angehöre, die cs mit der Ehre des Landes nicht leicht nehme, fordere die Regierung zu einer friedlichen Haltung auf; die Ungewißheit des Friedens sei unheilbringend für das Land; man solle Europa einen Vertrag über allgemeine Entwaffnung Vorschlägen und am Princip der Nichtintervention festhalten; die übertriebenen Baute» einstellen, durch welche Frankreich wie eine Mauerwerkstätte aussehe, und den Fanatismus für gradlinige Straßen sufgeben und sich des Unglücks der Regierung Ludwigs XIV. erinnern.
In Paris macht eine Flugschrift Aufsehen, die den Titel trägt: „Die Geistlichen müssen heirathen." Von der hohen römischen Geistlichkeit wird sie heftig angegriffen, die niedere Geistlichkeit hat kein Bedenken gegen das Heirathen.
Konstantinopel, 9. Juni. Die europäische Conferenz hat am 7. entschieden, daß der Chef des Libanon auf drei Jahre ernannt, und nicht ohne Einwilligung der Pforte abgesetzt werden könne. Nach Ablauf dieser Frist wird sich die Pforte von neuem