6 Titel in Zeitungen E. Aus den Tannen

Nachweis Findsystem: Findbuch.net

LAUFZEIT

1881-1950

BESTANDSHALTENDE INSTITUTION

Württembergische Landesbibliothek (1881-1883, 1897, 1900, 1903); Stadtarchiv Altensteig (1884-1896, 1898-1899, 1901-1902, 1904-1945, 1950)

GESCHICHTE

Die Altensteiger Lokalzeitung „Aus den Tannen“ wurde Ende September 1877 durch den Buchdruckereibesitzer Friedrich Keller aus Sulz am Neckar gegründet, der kurz zuvor auf Wunsch einiger einflussreicher Bürger im Ort eine Druckerei eröffnet hatte. Die Probenummer des neuen Blatts erschien am 29. September 1877 unter dem Titel „Aus den Tannen. Intelligenz- & Anzeige-Blatt von der oberen Nagold“. Der Redakteur versprach darin für die Zukunft politische Unabhängigkeit, zweimalwöchentliche Erscheinungsweise und geringe Kosten von 87 Pfennig pro Quartal. Die Reaktionen auf diese Ankündigung fielen unterschiedlich aus: So bemerkte eine etwas herablassende Rezension des Nagolder Konkurrenzblatts „Der Gesellschafter“ (29.9.1877), dass sich die „mit Inseraten [...] von Altenstaig sehr befriedigend“ ausgestattete Zeitung formal und inhaltlich „in nichts von den sonstigen im Lande existierenden Lokalblättern“ unterscheide. Unter der Altensteiger Bürgerschaft sorgte das Erscheinen des „Tannenblättles“ hingegen unmittelbar für positive Resonanz - die Jubiläumsnummer 1902 beschrieb es als einen „schönen Zug Altensteiger Gesinnung [...], dass bei der Gründung fast jeder Bürger dem Unternehmen seine Gunst erwies, ja für das Blatt geradezu als Werber auftrat“.

Trotz dieser verheißungsvollen Anfänge zog sich der ursprüngliche Verleger und Redakteur Keller, der den Aufbau der Altensteiger Druckerei vor allem als eine Art wirtschaftliche Spekulation betrachtet haben dürfte, schon binnen kurzer Zeit wieder in seine Heimatstadt Sulz zurück. Am 6. Juni 1878 verkaufte er Zeitung und Verlag an den Bauernsohn Wilhelm Rieker (1856-1925) aus Hofen bei Bönnigheim, der seit Gründung des Blatts an der Kellerschen Buchhandlung mitgearbeitet hatte. Dem neuen Inhaber gelang es in den Folgejahren, „Aus den Tannen“ zu einem lebensfähigen und respektablen Lokalblatt auszubauen. Bereits kurz nach seinem Amtsantritt stellte er das Blatt auf dreimalwöchentliches Erscheinen um, was ihm bis 1882 eine Auflage von 730 Exemplaren (bei einer Altensteiger Gesamtbevölkerung von 2005 Einwohnern) bescherte. Seit 1886 fungierte die Zeitung als offizielles Amtsblatt der Stadt Altensteig und gab sich deshalb den neuen Titel „Aus den Tannen. Amtsblatt für Altensteig, Stadt. Allgemeines Anzeige- und Unterhaltungsblatt von der oberen Nagold“. Zehn Jahre später schließlich durfte Rieker seine Position als so gefestigt ansehen, dass er einen weiteren Ausbau seines Blatts in Angriff nehmen konnte: Seit Oktober 1896 wurde – ebenso wie der Nagolder „Gesellschafter“ auch „Aus den Tannen“ in vier Ausgaben pro Woche publiziert. Als Entschädigung für die damit verbundene Preiserhöhung gab Rieker von nun an zusätzlich eine wöchentliche kostenlose Unterhaltungsbeilage „Der Sonntags-Gast“ heraus. Bis zum 25-jährigen Jubiläum der Zeitung 1902 wuchs die Auflage des „Tannenblättles“ allmählich auf über 1200 Exemplare an.

Im Oktober 1904 musste Rieker aus gesundheitlichen Gründen den Journalistenberuf aufgeben; seine Nachfolge als Leiter von Blatt und Verlag trat der aus Brackenheim stammende Küferssohn Ludwig Lauk (1878-1947) an. Lauk, der in seinem Grußwort an die Leser versprach, „gediegenen Lesestoff“ bieten und sich „einer strengen Objektivität befleißigen“ zu wollen, führte die Altensteiger Zeitung über die folgenden Jahrzehnte erfolgreich in die Zukunft. Bereits 1906 gelang es ihm, seiner Publikation den zusätzlichen Charakter eines „Amts- und Anzeigeblatts für Pfalzgrafenweiler“ zu verleihen. Nur ein Jahr später folgte Lauk dem „Gesellschafter“ in seinem Übergang zur täglichen Erscheinungsweise. Der neue Anspruch der Zeitung machte sich einerseits in erhöhten Abonnement- und Reklamegebühren, andererseits aber auch in einem erweiterten Untertitel deutlich: „Unparteiische Tageszeitung und Anzeigeblatt, verbreitet in den Oberamtsbezirken Nagold, Freudenstadt, Calw und Neuenbürg“.

Während des Ersten Weltkriegs 1914-1918 übernahm die Redaktion des „Tannenblatts“ - ähnlich wie die anderen Zeitungen in den Oberämtern Calw, Nagold und Neuenbürg – weitgehend kritiklos die Kriegspropaganda der politischen und militärischen Führung. Ebenfalls in diesen Jahren begann das Oberamt Nagold der Redaktion regelmäßig amtliche Bekanntmachungen gegen Vergütung zur Veröffentlichung zu übergeben. Nach der Novemberrevolution von 1918 und dem Übergang zur Weimarer Republik wurde diese informelle Übereinkunft zunächst beibehalten, schließlich aber auch offiziell festgeschrieben: Mit Wirkung ab dem 1. Januar 1920 wurde „Aus den Tannen“ von der Nagolder Amtsversammlung zum zweiten Amtsblatt des Oberamtsbezirks neben dem „Gesellschafter“ ernannt.

Die Folgejahre brachten dem Altensteiger Blatt, das 1921 den neuen Titel „Schwarzwälder Tageszeitung ‚Aus den Tannen’“ erhielt, trotz der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Inflationszeit (Anfang 1923 belief sich der Bezugspreis für die Publikation auf 550 Mark monatlich!) ein deutliches Anwachsen der Leserzahl: 1926 konnte eine Auflage von 1950 Exemplaren nachgewiesen werden. Ludwig Lauk sah sich dadurch offenbar ermutigt, Ende der 1920er Jahre mit seinem Verlagsunternehmen nach Freudenstadt zu expandieren, wo er die 1924 gegründete nationalkonservative „Schwarzwälder Rundschau“ übernahm. Unter den Bedingungen der Weltwirtschaftskrise endete das Projekt jedoch kurz darauf mit einem Desaster: 1931 musste die „Rundschau“ - bereits zuvor nur mit „erheblichen Opfern“ aufrecht erhalten - ihr Erscheinen einstellen. Lauk zog sich anschließend wieder nach Altensteig zurück.

Dem Aufstieg des Nationalsozialismus im Deutschland der 1930er Jahre sowie der „Machtergreifung“ Hitlers im Januar 1933 stand Lauk zwar etwas weniger enthusiastisch als die Redaktion des Nagolder „Gesellschafters“, grundsätzlich aber mit erkennbarer Sympathie gegenüber. Obwohl aktive Gleichschaltungsmaßnahmen der örtlichen NSDAP-Stellen gegenüber dem „Tannenblatt“ unterblieben, stellte sich die Zeitung spätestens seit der Selbstauflösung des Reichstags durch die Annahme des Ermächtigungsgesetzes vom 24. März 1933 inhaltlich vorbehaltlos auf die Seite des neuen Regimes. Von der NSDAP wurde die Zeitung mit regelmäßigen Anzeigen und Inseraten bedacht; die Buchhandlung Lauk bewarb und vertrieb unterdessen nationalsozialistische Publikationen wie etwa Hitlers „Mein Kampf“. Seit dem 26.10.1933 wurde dem Altensteiger Blatt eine neue Beilage „Der Nationalsozialist“ beigefügt, deren selbstgestecktes Ziel es sein sollte, aus der teils noch skeptischen Bevölkerung „bis zum letzten Volksgenossen hundertprozentige Nationalsozialisten zu machen“.

Ab 1934 begann Lauk, der unter einer langwierigen Erkrankung litt, zunehmend Mitarbeiter in die Redaktion des „Tannenblatts“ aufzunehmen. Von 1934 bis 1937 vertraute er die Anzeigenleitung dem NSDAP-Bezirkskreisleiter des graphischen Gewerbes im Arbeitsamtsbezirk Nagold, Gustav Wohnlich, an, bis dieser aus beruflichen Gründen nach Rottweil übersiedelte. Anfang 1938 schließlich ernannte Lauk seinen Sohn Dieter zum Hauptschriftleiter der Zeitung; im Oktober 1939 übergab er ihm zusätzlich Buchdruckerei und Verlag. Aufgrund von Dieter Lauks wehrdienstbedingter Abwesenheit im Zweiten Weltkrieg nahm Ludwig Lauk die wesentlichen Redaktionstätigkeiten allerdings noch bis 1945 als Vertreter wahr. Inhaltlich unterstützte das „Tannenblatt“ während der Jahre des „Dritten Reichs“ mit einem breiten Programm, das scheinbar unpolitische lokale Berichterstattung mit aggressiver antisemitischer und antidemokratischer Propaganda verband, die Unrechtsherrschaft der NS-Diktatur. Die Auflagezahlen der Zeitung stiegen indessen bis 1939 nur noch langsam auf 2240 Exemplare. Am 9. Mai 1945 stellte „Aus den Tannen“ mit einer letzten, auf Befehl der französischen Besatzungstruppen gedruckten Ausgabe zur Bekanntgabe der deutschen Kapitulation im Zweiten Weltkrieg sein Erscheinen ein.

Obgleich es Dieter Lauk letztlich noch bis Ende Mai 1945 gelang, sieben Nummern einer kurzlebigen Zeitung „Neueste Nachrichten“ zu publizieren, musste er sich schon bald der restriktiven Pressepolitik der Alliierten beugen. Erst im Juli 1949 konnte infolge der Gewährung der Pressefreiheit das „Tannenblatt“ unter dem abgewandelten Titel „Schwarzwald-Echo“ wieder neu erscheinen. Bereits im Oktober 1952 schloss sich das Blatt jedoch mit dem ebenfalls von Dieter Lauk neu etablierten „Nagolder Anzeiger“ sowie dem „Calwer Tagblatt“ zu einem Zeitungsverbund unter gemeinsamer Redaktion zusammen, womit es seine formale Selbstständigkeit verlor.

BESCHREIBUNG VERFASST VON

Kilian Spiethoff (2022), Kreisarchiv Calw

LITERATUR

  • Hellmut J. Gebauer: 175 Jahre Calwer Presse. Eine chronologische Übersicht, Calw 2001
  • N. N.: 75 Jahre Heimatzeitung und Buchdruckerei Lauk, Altensteig, 1877-1952. Altensteig, 1952
  • Wilhelm Rieker: An unsere werten Leser, in: Aus den Tannen. Amtsblatt für Altensteig-Stadt. Allgemeines Anzeige- und Unterhaltungsblatt von der oberen Nagold, Nr. 151 (02.10.1902)