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Nr. 299

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Amts- unä Anzeigeblatt für äen Oberamtsbezirk Lalw

Mittwoch, den 21. Dezember 1932

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Jahrgang 105

Keine Reichstagseinberufung vor Weihnachten

Der politische Weihnachlsfriede gesichert Die Straferlaß-Vorlage vom Reichspräsidenten unterzeichnet Der Reichsrat verzichtete auf Einspruch

TU. Berlin, 2l. Dez. Der AcItestenrat des Reichs­tages beschloß am Dienstagabend gegen die Stimmen der Kommunisten und Sozialdemokraten, vor Weihnachten keine N c i ch ö t a g s s i tz u n g mehr stattsinden zu lassen. Der Aeitcstcnrat wird zwischen Weihnachten und Neujahr nochmals zusammcntreten, um dann Zeitpunkt und Tages­ordnung der nächsten Neichstagsiitzung scstzusctzcn, die nicht vor Anfang Januar stattfinden dürste.

Neichsarbeitsminister Dr. Tyrup gab im Acltcstenrat Auskunft über den Stand der Beratungen des Reichs-kabi- nctts über die W i n t e r h i l s e m a h n a h m c n. Es werde sich voraussichtlich ermöglichen lasten, sür jeden Hanpknntcr- stiiknngScmpfängcr mehrmals 4 Pfund Fleisch um je 89 Pfennige verbilligt und ferner mehrmals zwei Zent­ner Kohlen, ebenfalls um je 80 Pfennig verbilligt avzn- gebcn. Be! gegenwärtig 6,9 Millionen Hauptliiiteistittznngs- empfängern, einschließlich der Äleinrcnter ufw., würde das einen Aufwand von 3 7 Millionen erfordern. Dazu würden noch einige Millionen kommen für Zwecke der Kin­de rspeifnng. Das Reichskabinett werde heute hierüber endgültige Beschlüste fassen. Aus finanziellen Gründen könne die Negierung über dieses Ausmaß der Winterhilfe nicht hin- ausgchcn.

Der Straferlaß in Kraft gesetzt

Die Entscheidung beö Aeltestenrates über die Einberufung des Reichstages war bekanntlich von der Ncichsratsentschci- dung in der Amncstiefrage abhängig gemacht worden. Ter Neichsrat hat in seiner gestrigen Vollsitzung mit 44 gegen 13 Stimmen der Länder Bayern, Württemberg und Baden sowie der preußischen Provinz Brandenburg bei Ent­haltung der Länder Vraunschwelg und Mecklenburg-Strelitz, sowie der preußischen Provinz Hannover beschlossen, Ein­spruch gegen das vom Reichstag beschlossene Amnestiegcsctz

TU. Berlin, 21. Dez. Die politische Notverordnung, durch die die Notverordnung gegen politische Ausschreitungen vom 14. und 28. Juni 1982. sowie die Notverordnung zur Siche­rung des inneren Friedens vom 9. August, sowie die zu­gehörige Ausführungsverordnung abgeändert werden, ferner die Bestimmungen, die an Stelle des abgelausenen Rcpu- blikschutzgesetzes treten, wurden am Dienstag veröffentlicht:

Tie Notverordnung heißt:Verordnung des Reichspräsidenten zur Erhaltung des inne­ren Friedens vom 19. Dezember 1932". Sie regelt in 19 Paragraphen die gesamte Materie neu. Gleichzeitig mit der Notverordnung, die im Rcichsgesetzblatt 214 Seiten um­faßt. veröffentlicht die Reichsregierung eine etwa 4 Schrcib- majchinensciten lange Erklärung, in der sie daraus hinweist, daß die Milderung der politischen Ausnahmebestimmungen ihren Zweck »erschien würde, wenn nunmehr die Hetze und die Gewaltakte andauern sollten. Für diesen Fall werden neue Maßnahmen angekündigt.

Die Notverordnung stellt die politischen Freiheiten des Staa.sbürgers in weitem Umfange wieder her und enthält eine Reihe von Uebcrgaugsbcstimmungen, durch die fest­gelegt wird, wie mit Personen zu verfahren ist, die nach den alten Bestimmungen bestraft worden sind usw. Als wichtigste neue Bestimmung trifft die Verordnung einen verstärkten Schutz der Persönlichkeit des Reichspräsidenten. Außerdem werden die verschie­denen Bestimmungen gegen die Verächtlichmachung des gleiches, der Länder, der Staatsform, der Flaggen über­nommen, sowie neu ein besonderer Schutz der Wehrmacht eingcsührt. Weiter fallen die Sondergerichte fort. Die Versammlungs- und Pressefreiheit wird wicderherge stellt. Als Verbotsgründe für Zeitungen bleiben nur noch Hochverrat und Landesverrat bestehen. Tie Polizei darf künftig auch weiter politische Beauftragte in Berfammlungen entsenden. Bestehen bleibt weiter das Recht der zuständigen Stellen, hochverräterische Vereine und Or­ganisationen aufzulösen.

Die Burgsriedensverordnung bleibt bestehen

Wie von zuständiger Stelle ergänzend mitgeteilt wird, blerbt die zur Zeit gültige Verordnung über den politischen Burgfrieden, die noch bis zum 1. Januar einschließlich Gültigkeit hat, bestehen, sie wird also durch die neue Ver­ordnung nicht betroffen.

nicht einzulcgen. Der Neichsrat nahm eine Entschlie­ßung an, in der die grundsätzlichen Bedenken gegen die Amnestie zum Ausdruck gebracht werden und erklärt wird, daß durch einen Einbruch das Zustandekommen des Gesetzes nicht verhindert, sondern nur hinausgeschoben würde, und daß dadurch die politische Entspannung und Beruhigung ver­eitelt würde. Reichskanzler v. Schleicher hat sich nach der Beschlußfassung des Ncichsratcs über das Amnestiegesetz am Dienstagabend zum Reichspräsidenten begeben, der durch seine Unterschrift die Zustimmung zur Voll­ziehung des Gesetzes gab. Das Amnestiegesetz soll heute im Rcichsgesetzblatt erscheinen.

Aus dem preußischen Justizministerium wird mit­geteilt-, daß bereits alle Vorbereitungen für den Fall der Verkündung der Amnestie getroffen worden seien, so daß die in Haft befindlichen Personen noch vor Weihnachten entlassen werden könnten.

Die wiirtt. Regierung stimmte gegen bas Amnestiegesetz

Im Neichsrat schloß sich sür die wiirtt. Staatsregiernng Gesandter Dr. Bosler dem von Bayern erhobenen Ein­spruch gegen den Amnesttegesctzentwurs des Reichstags an. Dr. Bosler erklärte zur Begründung: Das vom Reichstag beschlossene Gesetz bedeutet einmal einen starken Eingriff in ein den Ländern zustehendes Hohcitsrccht. Es überschreitet aber auch, abgesehen hiervon, weit die Grenzen des sach- l chen Bedürfnisses, auch wenn man ein solches Bedürfnis für eine Amnestie überhaupt anerkennen will. Es bedeutet in der beschlossenen Fassung nicht nur eine Gefährdung des öffentlichen Rechtsempfindens, des Ansehens der Rechts­pflege und der Arbeitsfreudigkeit aller daran beteiligten Organe, sondern auch eine Abschwächung des Abschreckungs- crfolgcs der Strafen und damit die Beseitigung von Hem­mungen gegen Störungen der öffentlichen Ordnung.

Winterhilfe und Landwirischostsschutz vor dem Reichskobinett

In der heute (Mittwoch) stattfindenden Kabinettssitzung wird über Pläne des RcichsarbeitS-, Wirtschasts- und Finanzministeriums über die Erweiterung der Le­bens in ittelhilfsaktion sür die Erwerbs­losen entschieden werden. Wie dieBo ff ische Zei­tung" erfährt, trägt man sich it der Absicht, von den zu­sätzlichen Mitteln, die neu bereit gestellt werden sollen, auch Summen zur Abgabe von Brot für Erwerbslose frei zu machen. Entweder solle auf Karten neben dem Fleisch verbilligtes Brot abgegeben werden, oder aber der Kauf von Brot anstelle des Fleisches gestattet werden. In jedem Falle werde in diesem Winter in irgend einer Form auch Brot in die Hilfsaktion einbezogen werden. Daneben schwebten noch Verhandlungen über die Einzelheiten der Kartoffel- und Kohlcnvcrteilung. Als Beginn der Abgabe isi der 1. Januar 1933 festgesetzt, als Schlußtermin vor­läufig der l. April 1933. Es bestehe jedoch durchaus Aus­sicht dafür, daß auch über diesen Termin hinaus diese amtliche Winterhilfe" gewährt wird.

Nach derB ö r s c n z e i t u n g" wird sich das Kabinett, wie verlautet, weiter mit der Frage des sogenannten Bei- mtschungszwanges für inländische Fette bei der Margartnecrzeugung beschäftigen. Es sei mög­lich, daß der Rcichscrnührungsininister vom Kabinett er­mächtigt werden iFird, Bestimmungen zu treffen, um die deutsche Margarineindustrie zur Verwendung eines be­stimmten Prozentsatzes inländischer Fette, in erster Linie Butter, anzuhalten. In politischen Kreisen glaube man allerdings, daß der Rcichsernährungsminister vorerst von dieser Ermächtigung nicht Gebrauch machen dürste, weil er­folgversprechende Verhandlungen über eine direkte Ver­ständigung mit der in Frage kommenden Industrie ein- gclcitet seien. Schließlich werde sich das Kabinett noch mit der Frage des Zollschutzes der landwirtschaft­lichen Veredelungsprodukts befassen.

Der Neichsernährungsminister v. Braun wirb am Don. nerstag im Rundfunk über die künftige Agrarpolitik der Üieichsregierung einen Vortrag halte».

Tages-Spiegel

Der Aeltestenrat hat gestern die Einberufung des Reichstags noch vor Weihnachten abgelehnt. Damit ist -er Wcihncchcs» friede gesichert.

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Die Kommunisten beantragten di? WirLereinbcrn'nng des Aeltestenrates. T'csem Antrag muß zwischen Weihnachten « .d Neujahr stattgegcbcn werben.

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Der Reichspräsident h«t d-s Amncstiegcs'tz nntcrzeich-et, nachdem der Neichsrat m-t 44 gegen 19 Stimmen beschlos» scn hatte, keinen Einspruch z» erhebe»

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Das Retchskatzinett wird sich heute mit der Winterß'.I'e für die Erwerbslosen und mit Schutzmaßnahmen für die Land­wirtschaft beschäftigen.

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Die neue politische Verordnung, die eine teilweise Auf­hebung der seitherigen politische« VerorLnnngeu enthält» ist veröffentlicht Worden.

Der württ. Landtag hat von der Negierung gefordert, ihren Einspruch gegen das Reichsamneftiegefetz zurückzuzieh:». Da sich Staatspräsident Bolz weigerte, einen solchen Be­schluß ansznsühreu, sprach der Landtag der geschäftsfüh» renden Regierung sein Mißtrauen aus.

Wieder Lodenplünderungen in Berlin

TU. Berlin- 21. Dez. In Berlin kam es auch am Diens­tag wieder au zwei Stellen zu Plünderungen von Laden­geschäften. So erschienen in einem Konfektionsgeschäft in Lchöneberg 15 junge Burschen, von denen z.v«i die Inhaber mit Pistolen bedrohten. Die übrigen suchten sich inzwischen Mäntel und Anzüge aus. Tie Täter entkamen unter Mit­nahme von lv Mänteln und etwa 13 Anzügen. Im Norden der Stadt erschienen nach Einbruch der Dunkelheit me re re junge Burschen vor einer Günieausichlachtcrei Sie schnitten die vor dem Schaufenster hängenden Gänse ab Tie Köpfe ließen sie hängen. Insgesamt wurden 2» Gänse gestohlen. Auch hier entkamen die Täter unerkannt.

Infolge der täglichen Ladcnplnndcruugcn sind nunmehr vom Polizeipräsidenten neue Maßnahmen getroffen worden. Zur Förderung der Aufklärung jeder einzelnen, in der Zeit vom 21. bis 24. ds. Ms. in Berlin etwa noch vorkommenden Plünderung eines Lebensmittelgeschäftes wird eine Be­lohnung von je 309 RM ansgesctzt.

Fluazenounglück bei Poris

TU. Paris, 21. Dez. Ein schweres Flugzeugunglück, dessen Folgen noch nicht zu übersehen sind, und das bis zur Stunde zwei Tote und 17 'Verletzte »orderte, ereignete sich gestern um die Mittagszeit in Antony, einem kleinen Ort unweit Paris. Ein Mililärjagdflugzcug stürzte aus bisher unbekannter Ursache ans ein HauS, wobei der Ben- zinbchälter explodierte und das Gebäude und der Apparat tn Brand gerieten. Das Dach des Hauses stürzte unter dem Gewicht des Flugzeuges ein und begrub die Einwohner unter den Trümmern.

An Bord des Flugzeugs befand sich ein Flieger, der bei dein Unglück verbrannte. Bei dem zweiten Todesopfer handelt cs sich um eine Frau, die mit ihren beiden Enkel­kindern das Haus bewohnte. Als das Flugzeug aus das Dach stürzte, flüchtete sie sofort mit den beiden Kindern. Sie kehrte jedoch kurz darauf nochcinmal in das brennende Ge­bäude zurück, um ihre Wertsachen zu retten. Allem Anschein nach ist sie dabei durch den starken 'Rauch betäubt worden und darauf ebenfalls verbrannt. Tie Zahl der Verletzten beträgt insgesamt 17. Davon mußten 8 Personen ins Krankenhaus gebracht werden.

Völkerbund und Moudschureikonflikt

Der 13er-Ausschȧ ergebnislos vertagt

TU. Genf, 21. Dez. Ter Iüer-Ausjchuß der außerordent­lichen VölterbundsoeriammUiiig zum japanisch-chinesischen Konflikt hal am Dienstag seine 'Verhandlungen unterbrochen und sich zunächst auf Len >6. Januar vertagt. In der kurzen Schlußsitzung wurde eine rein formale Entschließung ange­nommen, in der der Präsident und der Generalsekretär des 'Völkerbundes mit der Wetterführung der Verhandlungen beauftragt werden. Tiefe Entschließung kann jedoch den wahren Tatbestand der völligen Ergebnislosigkeit der bis­herigen Vcrmittlungsverhandlungcii des Völkerbundes nicht verschleiern. Der Völkerbund steht damit nach einein'.alb- jährigen Bemühungen, den Konflikt im Osten bciznlcgcn, vor einem vollständigen Zusammenbruch seiner Bemühungen, ,

Verordnung zur Sicherung des inneren Friedens

Milderung der polnischen Ansnohmebestimimmgen Wiederherstellung der Presse- und Versammlungsfreiheit - Verstärkter Schutz des Reichspräsidenten