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Donnerstag, den 8. Dezember 1932

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Jahrgang 105

Wieder Prügelszenen im Reichstag

Handgemenge zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten Morgen voraussichtlich

Vertagung des Reichstags bis Januar

TU. Berlin, 8. Tez. In der gestrigen Neichstagssitzung kam es vvr Eintritt in die Tagesordnung zu einem Zwischen­fall, als ein kommunistischer Abgeordneter von dem Werks- ,inglück in Premnitz Mitteilung machte und diese Mitteilung in agitatorischer Weise ausnutzte. Die Abgeordneten hatten sich zu Ehren der Verunglückten erhoben, um dann aber unter Pfui-Nusen ihre Plätze wieder einzunchmen, als der Kommunist im Zusammenhang mit dem Unglück von Antreiber-System" sprach. Vizepräsident Esser be­dauerte, das; die Mitteilung von einer solchen Katastrophe i» agitatorisch«: Weise von den Kommunisten ausgenntzt worden sei.

Bei der Beratung der Gesetzentwürfe über die Stell­vertretung des Reichspräsidenten kam es dann zu einem weiteren ernsten Zwischenfall. Der kommunistische Abgeord­nete Schneller erhob schwere Beleidigungen gegen Reichs­präsident von Hindenburg, worauf dem Abgeordneten das Wort entzogen wurde. Die Ordnungsmastnahme des Prä­sidenten rief stürmische Protestruse der Kommunisten hervor. Aus einer Trübine entstand im selben Moment gleichfalls ein Zwischenfall. Ein Besucher, der die beleidigenden Aus­drücke des kommunistischen Redners mit Beifallsrufen be­gleitet hatte, wurde von den übrigen auf der Tribüne an­wesenden Personen herausgedrängt. Bei den Kommunisten entstand darauf heftige Bewegung. Sie verlangten mit stür­mischen Rufen die Beseitigung derjenigen, die auf der Tribüne de» Zwischenruser entfernt hatten. Sie riefen fort­gesetzt im Ehor:Raus! Raus!" Im Saal herrschte infolge­dessen auch bei den übrigen Parteien größte Unruhe. Da es dem Vizepräsidenten Esser nicht gelang, die Ruhe wieder herzustcUc». ordnete er schließlich die Räumung der be­treffenden Tribünen und die Unterbrechung der Sitzung an.

Aus der Tribüne selbst kam es weiter zu erregten Aus­einandersetzungen. Einige nationalsozialistische Abgeordnete aus dem Saal erschienen auf der Tribüne und entfernten eine» Besucher, der sich durch Zwischenrufe hervorgetan hatte. Schließlich nahmen Beamte des Reichstags die völlige Räumung dieser Tribüne vor. Die kommnnistische« Abge­ordneten waren inzwischen zn den Plätzen der National­sozialisten vorgedrungen und gerieten mit diese« in ein hef­tiges Handgemenge, in besten Verlauf die Kommunisten wieder zurückgedrängt wurden. Aschenbecher, Tischkästen und andere Gegenstände dienten als Waffen, so daß es ver« schiede»« Verletzte gab.

Nach Wiedereröffnung der Sitzung wurde der national­sozialistische Gesetzentwurf über die Stellvertretung des Reichspräsidenten durch den Reichsgerichts­präsidenten in erster und zweiter Lesung gegen Deutsch­nationale »nd Kommunisten angenommen. Dann ging man

Berlin, 8. Dez. Auf der Sitzung des Hauptausschusses des Deutschen Industrie- und Handelstages sprach Reichs­arbeitsminister Dr. Syrup in seiner Eigenschaft als Neichskommissar für den Frciw. Arbeitsdienst über Wesen, Zweck und Erfolge dieses Arbeitsdienstes. Er führte dabei «. a. folgendes aus:

Die Massenarbeitslosigkeit wird zu einer Ge­fahr für das Schicksal ganzer Jahrgänge, zu einer Gefahr für unsere Jugend überhaupt. Hier im Wege des Frciw. Arbeitsdienstes mitzuhelfen, ist das Grundmotio der Verordnungen über den Freiw. Arbeitsdienst. Heute beträgt die Zahl der Arbeitsdienstsreiwilligen 280 000.

Der Arbeitsdienst umfaßt zwei große Jdeenkreise, einen wirtschaftlichen und einen v o l k s e r z i*e h e r i s ch e n. Es ist selbstverständlich, daß beim Arbeitsdienst die Arbeit im Mittelpunkt stehen muß. Dabei handelt es sich um eine körperliche Primitivarbeit, die von jedem Arbeitsdienst­willigen unbeschadet seiner Herkunft nach kurzer Eingewöh- nnng verrichtet werden kann. Alle Erfahrungen zeigen, daß die Engend nach einem derartigen Einsatz ihrer aufgespci- cherten Körperkräftc verlangt. Weiterhin müssen die Ar­beiten zweckvoll sein. Notwendig ist es, Lcistungsergrbnikse »» erzielen, jedoch weniger ausgesprochene Spitzenleistungen etwa durch Gewährung von Prämien. Die Er­füllung dieser Forderung ist in Frage gestellt, wenn bei Negiearbeiten nicht aus den Erfolg der Arbeiten gesehen wird, sondern der Arbeitsdienst als eine willkommene Be- schäftigungsgelcgenheit für Wvhlsahrtserwcrbslose also als eine Entlastung von Wohlfahrtslasten betrachtet wird. Wecker müssen dre Arbeiten gemeinnützig und zusätzlich sein. Sie

zum sozialpolitischen Teil der Tagesordnung über. Bei der Debatte drehte es sich nicht nur um die Aufhebung des zweiten Teils der September-Notverord­nung, sondern gleichzeitig auch um die Winterhilfe und um die Arbeitsbeschaffung. Bei dieser Gelegen­heit stellten die Kommunisten die Forderung, daß der Reichs­kanzler v. Schleicher erscheinen möge. In der Wilhelm­straße stellte man sich auf den Standpunkt, daß die Regie­rung erst kommen könne, wenn der Reichskanzler sei^Pro- gramm entwickelt habe. Bei der Abstimmung ergab sich dann, daß die Sozialdemokraten und die Kommunisten allein blie­ben und daß die Nationalsozialisten gegen den Antrag stimmten. Gegen Abend wurde die sozialpolitische Aussprache abgebrochen. Der letzte Punkt der Tagesordnung die Am­nestievorlage, ging in den Ausschuß. Der Vizepräsident Esser teilte dann noch mit, daß Herr Hugenbcrg in einem Schreiben die Annahme der Wahl zum Schriftführer ab­gelehnt habe. Nationalsozialisten und Sozialdemokraten hat­ten sich am Vortag denScherz" geleistet, den deutschnatio­nalen Parteiführer zum Schriftführer zu wählen.

Der Reichstag vertagte sich bann auf Freitag, 11 Uhr. Er will an diesem Tage die Aussprache über die sozialpoliti­schen Anträge abschließen und im übrigen die dritten Lesungen der bisher in zweiter Beratung erledigten Gesetz­entwürfe vornehmen. Daraus soll Vertagung bis Januar erfolgen. Der Antrag der Sozialdemokraten auf Aufhebung der Terrorverordnung kommt nicht mehr zur Beratung. Man will ihn im Januar wieder hervorholcn. Dieser Antrag birgt insofern einen schweren Konfliktfall, weil die Reichsregierung bereits damit gedroht hat, den Reichstag änszutoien, wenn oer Antrag angenommen wer­den sollte. Zunächst ist also die Gefahr, die mit diesem Au­ing verbunden ist, gebannt. Somit bleibt nur noch ein sozialdemokratischer Antrag auf Aufhebung der Juni- Verordnungen und ein anderer Antrag auf Auf­hebung der September-Verordnung übrig. Auch hier hat die Neichsregierung die gleichen Drohungen ausgesprochen. Da aber die Nationalsozialisten ebenso wie das Zentrum und die übrigen Parteien der Mitte mehr Wert darauf legen, daß der sozialpolitische Teil Ser September Notverordnung in der Versenkung verschwindet, ist mit einer kritischen Zuspitzung der Gesamt- sttuation am Freitag nicht mehr zu rechnen.

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De-- Rechtsausschuß des Reichstages, der sich am Mittwochabend nach der Vollsitzung konstituierte und zu sei­nem Vorsitzenden den Abg. Dr. Frank U (NS.) wählte, wird heute zur Beratung der verschiedenen Amnestie­vorlagen zusammentreten.

sollen den Arbeitsmarkt nicht noch weiter etnengen, sondern Maßnahmen sein, die weder jetzt noch in absehbarer Zeit ohne Einsatz des Arbeitsdienstes vorgenommen werden kön­nen. Aus einer solchen grundsätzlichen Einstellung heraus erwächst auch die Pflicht, allen Bestrebungen öffentlicher Körperschaften entgegenzutreten, ihre Pflichtanfgabe im Wege des Freiw. Arbeitsdienstes zu erfüllen.

Sodann wandte sich der Reichsarbeitsminister der Frage der Finanzierung des Arbeitsdienstes zu. Ein Beschluß darüber, in welchem Ausmaße der Arbeitsdienst im nächsten Haushaltsjahr weitergeführt werden soll, konnte von der Neichsregierung bisher noch nicht getroffen werden. Nach den bisherigen Erfahrungen sei im nächsten Haushaltsjahr mit einem durchschnittlichen Einsatz von 200 000 Arbeits­dienstwilligen zu rechnen. Das bedeute, daß dem ReichS- kommissar ein Betrag von 120 Millionen zur Verfügung gestellt werden müsse. Ferner würden die Träger der Ar­beiten auS ihren Mitteln weitere 80 Millionen Reichsmark aufzubringcn haben. Würde man die Einberufung eines ganzen Jahrganges unserer männlichen Jugend in Betracht ziehen, so bedeute bas nach einem Abzug der körperlich Untauglichen einen Einsatz von mehr als 500000 junger Leute und mithin eine Gesa m tauf Wen­dung van rund 600 Millionen N eichSmart. Diese Zahlen ließen schon von der finanziellen Seite her erkennen, daß die Forderungen auf Einführung der Arbccks- dicnstpflicht nicht lenkst zn erfüllen seien, ohne daß der pri­vaten Wirtschaft erneut große Geldmittel entzogen werden.

Zur volkserzieherischcn Seite des Arbeitsdien­stes führte der Neichsarbeitsminister u. a. aus. daß die

Tages-Spiegel

Der Reichstag hat das Gesetz der Stellvertretung -es Reichs­präsidenten in erster und zweiter Lesung angenommen und den Amneftieantrag dem Ncchtsansschuß überwiesen.

Zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten kam es ge, stern im Reichstag zu Prügelszeneu.

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Der Reichstag wird voraussichtlich morgen seine letzte Sit­zung in diesem Jahr abhalten und sich dann bis Januar vertagen. Mit einem Widerstand von nationalsozialistischer Seite rechnet man nicht mehr.

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Die Fiinfmächteverhandlungeu i« Genf sind infolge der Abwesenheit Herriots und Macdonalds gestern ins Stocken gerate»,- sie werden erst morgen fortgesetzt.

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Reichsanßenministcr Neurath gab dem Franzosen Paul- Bonconr, -er in der Aussprache über den Mandschurei- Konflikt ausfällig wnrde, eine -entliche Antwort.

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Ein Explofionsnnglück in einer Kunstseidefabrik der I. G. Farben-Werke bei Rathenow forderte gestern 12 Todes­opfer «nd sechs Schwerverletzte.

Werkarbeit des Arbeitsdienstes nicht Alleinzweck sei. Neben die Werkarbeit müsse die Ausnützung der Freizeit, die der körperlichen und geistig-sittlichen Ertüchtigung der jungen Menschen dienen soll, treten.

Hiernach nahm der Reichsarbeitsminister nochmals kurz Stellung zu der FrageFreiw. Arbeitsdienst oder ArbeitS- dienstpflicht". Hier sei vor allem die Frage entscheidend, ob dir ideologische.-Grundlag- des Arbeitsdienstes trotz der Bewegtheit und politischen Zersplitterung unserer Jugend bereits so stark sei, daß die praktische Durchführbarkeit der zwangsweisen Arbeitsdienstpflicht ohne Gefahr schwerer innerer Spannungen unter den Dienstpflichtigen erfolgen könne. Erst dann, wenn man im vollen Bewußtsein der Verantwortung für unsere Jugend diese grundlegende Frage bejahe, könne man in weitere Erörterungen über die Ar. beitsdienstpflicht eintreten. Zum Schluß betonte er, daß sich der Gedanke des Freiw. Arbeitsdienstes durchgcsetzt habe. Er habe nicht zuletzt die Erkenntnis gezeigt, daß dieArbcit nicht allein Erwerb und Lebensunterhalt, sondern sittliche Pflicht des Einzelnen und ein ehrenvoller Dienst an Volk und Nation sei-

Die Preußenfrage

Zentrum «nd Nationalsozialisten zur Prentzensrage Nach derDAZ." sollen die Verhandlungen zwischen den Nationalsozialisten und dem Zentrum über die Lage der Preußenfrage gestern wieder ausgenommen worden sein. Die Besprechungen seien außerordentlich weit fortgeschritten. Es bestehe jetzt begründete Aussicht, daß bei der Tagung des Preußenhauses in der nächsten Woche eine Minister- p r ä s i d e n t e u w a h l erfolgen könne.

Ein neuer Ausweg in Genf?

TU. Genf, 8. Dez. In leitenden Kreisen der fünf Groß­mächte besteht der Wunsch, den deutschen Vorschlag und die Erklärung Herriots zur Gleichberechtigungsjrage mitein­ander z« verbinden und damit einen Ausweg aus der gegen­wärtig festgefahrenru Lag« der Abrüstungskonferenz zu schaffen. Es soll die Absicht bestehen, den in dem deutschen Vorschlag vorgesehenen Sachverstänüigenausschuß zu beauftragen, eine Lösung der materiellen und formellen Gleichberechtigungsfrage auf der Grundlage der Erklärung Herriots zu finden. Nach der deutschen Anregung soll dieser Sachverständigenausschuß spätestens bis Ende Januar einen Vorschlag ausgearbeitet haben, in dem die deutsche Gleich­berechtigung anerkannt nnd unter Beseitigung des Teiles 5 des Versailler Vertrages das künftige Abrüstungsabkommen als die allgemeine und dämit auch für den deutschen Nüstungsstand gültig« Regelung festgesetzt werden. Tie fünf Großmächte sollten dann Ende Januar zur endgülti­gen Entscheidung der Glcichberechtignngsfrage von neuem zusammentrcten.

Ter allgemein nnd vage gehaltene Charakter der fran­zösischen Glcichbcrechtigungsformcl soll nunmehr den Aus­gangspunkt der Verhandlungen der Sachverständigen bitten, Nach dieser französischen Formel wird die deutsche Gleich­berechtigung im Nahmen eines Systems anerkannt, das die gleiche Sicherheit allen Mächten gewährt. Man will nun erst die Stellungnahme d7r benttchen Regtt- rimg zur französischen Gleichbcrechiigungssvrmel abivarten.

Arbeitsdienst und Arbeitsdienstpflicht

Reichscn beilsminister Dr. Syrup erläutert die vorläufige Undurchsührbarkeit der

Arbeitsdienstpflicht