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Nr. 207
Rmls- unä Knzeigeblatl für äen Oberamtsbezirk Oalw
Montag, den 5. September 1932
17
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Jahrgang 105
. Tages-Spiegel
Hilfsmaßnahmen für die Landwirtschaft
Der Reichskanzler sagt äußerste Beschleunigung der Landwirtschaftshilfe zu Ein Briefwechsel HugLnberg - v. Papen
TU. Berlin, 3. Sept. Geheimrat Hilgenberg hat an t>en Reichskanzler von Papen folgenden Brief gerichtet: „Sehr geehrter Herr Reichskanzler! In Ihrer Rede in Münster haben Sie auf die Wichtigkeit der Wiederherstellung der landwirtschaftlichen Rentabilität hingewiesen. Sie haben deren dringende Notwendigkeit auch in Ihrer programmatischen Erklärung vor dem Deutschen Lanbwirtschaftsrat kurz nach Uebernahme der Kanzlerschaft schon betont. Zugleich haben Sie angedcntct, Satz nun die Bahn für einschneidende Maßnahmen frei sei. In unseren mündlichen Besprechungen erlaubte ich mir schon darauf hinzuweisen, daß sich aus dem Fehlen näherer Ausführungen über solche Maßnahmen innerhalb der Landwirtschaft eine große Sorge und Unruhe ergeben hat. Mir scheint nach dieser Richtung eine Ergänzung Ihrer Darlegungen wünschenswert zu sein.
Es ist nach Lage der Dinge unvermeidlich, daß die von meiner Partei seit langem geforderte grundsätzliche Umstellung der landwirtschaftlichen Handelspolitik auf das K o n t i n g e n t sy st e m nunmehr beschleunigt durchgeftthrt werden muß. Die Erfordernisse der deutschen Währungspolitik führen zu den gleichen Forderungen wie diejenigen unserer handelspolitischen Lage. Ein unseren Bedürfnissen und unserer finanziellen Leistungsfähigkeit angepaßtes Kontingentsystem ist eine Ser gesamten deutschen Wirtschaft zugute kommende Maßnahme. Auch die Frage der Sch u l b e n r e g e l u n g, die zugleich die Frage der Ermöglichung einer künftigen gesunden deutschen Z i n s f u ß e n t w i ck l u n g ist, bedarf der Beschleunigung. Sie kann nur im Zusammenhang mit eurer Herabsetzung der Auslandszinscn erreicht werden. Wie unsere Auslandsgläubiger wissen, ist eine solche durch die Devisenlagc Deutschlands unvermeidlich geworden.
Das rapide Absinken der Preise der bäuerlichen Vercde- lungswirtschast ist eine Erscheinung, die bei der Gesamtlage Deutschlands verhängnisvolle Wirkungen haben muß. Diese ständige weitere Verschlechterung der deutschen Wirtschasts- grundlagen mit durchgreifenden Mitteln abzustoppen und wieder gutzumachen, ist eine dringende Notstands- maßnah m e. Wenn in diesen Punkten nicht geholfen wird, steht zu befürchten, daß auch die zur Ankurbelung der übrigen Wirtschaft und zur Einschränkung der Arbeitslosigkeit angekündigtcn Maßnahmen nicht die erhoffte Wirkung ha
ben. Vielmehr droht der fortschreitende Verfall der Landwirtschaft die Kaufkraft des deutschen Volkes weiter einzuschränken und die Aufnahme der durch Gewerbe und Industrie hergestellten Güter in großem Ilmfange unmöglich zu machen."
Reichskanzler von Papen hat darauf wie folgt geantwortet: „Sehr geehrter Herr Geheimrat! Ich danke Ihnen für Ihr Schreiben, das sich mit der Wiederherstellung der landwirtschaftlichen Rentabilität beschäftigt und beehre mich, darauf folgendes zu erwidern! Wenn in landwirtschaftlichen oder politischen Kreisen der Eindruck entstanden sein sollte, daß die jetzige Ncichsrcgiernng die Schwere und Bedeutung des herrschenden landwirtschaftlichen Notstandes nicht voll würdige und nicht zu sofortiger tätiger Hilfe bereit sei, so beruht dies auf Mißverständnis. Ich stimme in der Beurteilung der Lage mit Ihnen durchaus ein. Schon unter dem Gesichtspunkt der deutschen Deviscnlage ist eine Entlastung des deutschen Marktes von'übermäßiger landwirtschaftlicher Einfuhr unerläßlich. Im Grundsatz hat sich daher die Reichsrcgierung für die Anwendung von Kontingenten entschieden, soweit die Verhandlungslage das zu läßt. Wenn ich auf diese Fragen in meiner Rede in Münster nicht näher cingcgangen bin, so ergab sich dies lediglich daraus, daß ich mich dort nur mit den Krundzttgen Ser nächsten Notverordnung befaßt habe. In dieser können die erivartetcn Maßnahmen zum Teil deshalb nicht enthalten sein, weil es zu ihrer Durchführung neuer Vorschriften nicht bedarf, zum Teil deshalb, weil die bezüglichen Vorbereitungen noch nicht abgeschlossen sind.
Fch darf andererseits witterten, daß über das zunächst beabsichtigte Maß hinaus heute beschlossen ist, dem Herrn Reichspräsidenten eine Entlastung von der Grundsteuer durch Steucrgutscheine in Höhe von 40 Prozent des Steuerbetrages vorzuschlagen. Ich bitte, überzeugt zu sein, daß im übrigen die erforderlichen Maßnahmen mit äußerster Beschleunigung zu Ende geführt werden sollen. Das Neichskabinctt ist sich völlig klar darüber, daß die Rettung der Landwirtschaft eine deutsche Lebensfrage ist. Es wird Sache der Reichsregierung sein, unter Wahrung der Interessen der gesamten deutschen Wirtschaft die Reihe der schon durchgesührten einschneidenden Hilfsmaßnahmen für die Landwirtschaft zu einem ausreichend wirksamen Gesamtwert zu vervollständigen."
Der Slahlhelmaufmarsch in Berlin
180000 Stahlhelmer in der Reichshauptstadt — Teilnahme der Reichsregierung
an den Kundgebungen
— Berlin, 8. Sept. Am Sonntag erreichte der Stahlhelmtag seinen Höhepunkt mit dem großen Stahlhelmanfmarsch aus dem Tempelhofer Feld, an dem sich 180 MV Stahlhelmer beteiligten. Eine große Zahl von Ehrengästen war zugegen. U. a. waren der Kronprinz und die Kronprinzessin anwesend, während die Prinzen Eitel Friedrich und Oskar mit ihren Potsdamer Kameraden in Reih und Glied marschierten. Dem greisen Generalfclbmarschall von Mackensen huldigten die Zuschauer besonders. Zahlreiche hohe Neichswchrofsiziere wohnten von Anfang bis zu Ende dem Appell bei, ebenso der österreichische oberste Hcimwehrführer, Fürst Starhemberg, in Begleitung zweier Unterführer. Etwas später erschienen die Vertreter der Reichs- und Staatsregierung: Reichskanzler von Papen, Reichswehrmtnistcr von Schleicher, Neichsiunen- minister Freiherr von Gayl, Rcichsernährnngsministcr von Braun, Neichsfinanzministcr Gras Schwerin von Krosigk, die preußischen Minister Dr. Bracht und Ernst, mit ihnen zahlreiche hohe Ministerialbcamte. Man sah auch viele Parlamentarier und Vertreter der Wehrorganisationen. Besonders herzlich wurde der Reichskanzler von den Zuschauermassen begrüßt.
Die beiden Bundesführer Seldte und Dü st erb erg schritten die endlose Front der Feldgrauen ab, die in vier Treppen aufgestellt waren, dahinter die Motorbrigade, die Verpflegungsstaffel und die Sanitätsabteilungen. Taufende von schwarz-weiß-roten Fahnen wehten tm Winde. Nach dem Abschrciten der Front bestiegen Sie Bundesführer die Nednerkanzel, neben der mehrere hundert neu zu weihende Fahnen aufgestellt waren. Zunächst nahm der erste Vundes- führer Seldte das Wort. Er führte ans:
Zum zweitenmal steht der graue Heerbann der alten .Frontsoldaten in der Rcichshauptstadt. Damals im Jahre 1937 waren wir 190 000. Heute haben wir diese Zahl weit übertroffen. Damals traten wir mit der Verkündung un
serer ersten Stahlhelm-Botschaft zum erstenmal aktiv vor die deutsche Oefsentlichkeit als die neuen bewußten Staatsbürger einer werdenden Nation — heute sind die Forderungen dieser Stahlhelmbotfchaft in weitgehendem Maß« das Programm -er deutschen Neichsregie- rnng. Heute sind wir so weit, baß soldatisches Denken nnd soldatische Haltung wieder verstanden werden in Deutschland, daß die Dinge, die die anderen nicht meistern konnten, von selbst an uns Hera «kommen: an die Besten, an die Zähesten, an die Tapfersten, an die Treuesten — anDeutschlandsSol baten. Dieser Erfolg der soldatisch-nationalen Idee ist euer Erfolg, meine Kameraden. Die alte deutsche Armee ist nicht mehr; aber der Geist der Disziplin, der Geist des Dienens am Ganzen, der Geist des Opfers für die Gemeinschaft, dieser Geist der alten Armee, der Geist der Front, mit dem wir den Geist eines neuen deutschen Staatsbürgertnms verbinden, steht unter den alten ruhmreichen Farben heute wieder auf diesem historischen Feld. Der Stahlhelm, der den grauen Rock trägt, in dem 1914 ein einiges Volk zum Schuhe der Heimat auszog, dieser Stahlhelm ist keine Partei. Er kämpft nicht für sich, sondern für Deutschland. Er will nicht die Gewalt, sondern das Gesetz. Er fordert nicht die staatliche Macht, sondern den machtvollen Staat, unter dem Deutschland in freier, friedlicher Arbeit einer besseren Zukunft entgegengehen kann.
Dann wiederholte der 1. Führer des Bundes das Gelübde auf die Stahlhelmfahne und viermal wiederholten die feldgrauen Masten den Eid ihres Führers: „Wir geloben es", daß es wie Donnergrollen über die wette Fläche hallte. Stahlhelmer und Zuschauer, eine halbe Million Menschen, sangen dann bas Deutschlandlied, dem das Lied vom guten Kameraden folgte.
Reichskanzler v. Papen hat in einem Briefwechsel mit Hngenberg beschleunigte Durchführung der Hilfsmaßnahmen für die Landwirtschaft zugesagt.
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In Berlin fand gestern ein machtvoller Aufmarsch des „Stahlhelm" statt. Mitglieder der Rcichsregieruug, vor allem der Reichskanzler, nahmen an allen Veranstaltungen des Stahlhelms teil.
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Der frühere Reichsfinanzminister Dr. Dietrich hat ans dem Demokratentag in Bietigheim die Prästdialregiernng und ihr Wirtschaftsprogramm abgelehnt.
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Der Neubau des Völkerbundpalastes in Gens wurde von streikenden Arbeiter« erstürmt. Sämtliche Fensterscheiben des Baus sind eingeworsen.
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In der Mandschurei kam es zu neue« Kämpfen mit chinesischen Freischärlern. In Schanghai hat sich die Lage durch einen Handgranatenanschlag aus ein japanisches Geschäft verschärft.
Der deutsche Weltslieger von Gronau hat nach Ueberquc- rung des nördlichen Pazifik Tokio erreicht, wo er mit großen Ehrungen empsagen wnrde.
Im Anschluß daran weihte der zweite Bundessührer, Oberstleutnant a. D. Duesterberg, die neuen Fahnen mit einer Ansprache, in der er u. a. ausführte: Die Erkenntnis der harten Notwendigkeit, über alle sachlichen und persönlichen Gegensätze hinweg sich wieder in gemeinsamer Liebe zu Volk, Heimat und Vaterland zu finden, ist in sichtbarem Wachsen. Bünde und Parteien sind nicht Selbstzweck. Sie sind nur lebensbercchtigt im Dienste am Vaterland. Wie die Feldgrauen einst für Deutschland kämpften, litten, bluteten und sielen, so will der Stahlhelm weiter für Deutschland arbeiten und streiten, bis Deutschlands Freiheit errungen ist.
Hieraus begann bei strahlendem Sonnenschein aus dem Tempelhofer Feld die eigentliche Parade, der gewaltige Vorbeimarsch der 189 909 Stahlhelmer aus allen deutschen Gauen im Paradeschritt vor den Bundesführern und den Ehrengästen. Zuerst kam der Landesverband Groß-Berlin, ihm folgten Oldenburg-Ostfriesland, Niedcrsachsen, Baden, Württemberg, Bayern, Schlesien, Groß-Heffen, Mitteldeutschland, Ostpreußen und all die vielen anderen Landesverbände des Bundes der Frontsoldaten. Den Vorbeimarsch des besonders stark vertretenen Gaues Schlesien nahm neben den Bundesführern auch der Kronprinz ab, der bei dieser Gelegenheit die Mitglieder der Reichsregierung, die der Parade mit sichtlichem Interesse folgten, herzlich begrüßte. Der Vorbeimarsch der Stahlhelmkolonnen an den Bundes- ftthrern bauerte länger als 8 Stunden. Die Dunkelheit war schon längst hereingebrochen, als die letzten Züge das Tempelhofer Feld verließen.
Die beiden Bundessührer hatten vor dem Aufmarsch Kränze am Ehrenmal sowie an den Denkmälern Friedrichs des Großen und Kaiser Wilhelms I. niedergclegt.
Ein Wehrsportabend
hatte am Samstag im Grunewaldstadion stattgcfunden. Auch hiezu waren Reichsrcgierung und der frühere Kronprinz erschienen. Stahlhelm und Jungstahlhelm dankten den Vertretern der deutschen Wehrmacht für ihr Erscheinen und Interesse mit einem dreimaligen „Frontheil". Die Wehrsportübungen brachten Freiübungen, Hindernislaufen, Staffelläufe, außerordentlich interessante Gas- und Sanitätsübungen, sowie Ordnungsübungen. Die Veranstaltung schloß mit einem Fahnen-Aufmarsch und einem Schlachtenkeuerwerk.
Botschafter v. Schubert bei Mussolini
Unterredung über die Gleichberechtignngssrage TU. Rom, 6. Sept. Amtlich wirb gemeldet: Der Chef der Regierung empfing den deutschen Botschafter von Schubert, mit dem er eine Unterredung über die von der Reichsrcgierung aufgeworfene Frage der Gleichberechtigung hatte.
Alle Blätter bringen diese Mitteilung an hervorragender Stelle, zum Teil sogar in Fettdruck. Die Presse enthält sich, wie üblich, einer eigenen Stellungnahme, wohl aber kommt z. B. in der Ueberschrtft des „Lavoro Fascista" die hiesige Auffassung deutlich zur Geltung. Diese Ueberschrift lautet „Eine geschichtliche Wirklichkeit". Aus Paris verlautet, daß die französische Regierung die Angelegenheit an den am 29. September in Genf zusammentretendcn Abrüstungsausschuß als ständige Instanz verweisen werde. Im „Büro" sei auch Deutschland vertreten und könne seine Forderungen zur Sprache bringen.