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verantwort!. Schriftleitung: Friedrich Hans Scheele Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdruckerei

Nr. 200

Samstag, den 27. August 1932

Jahrgang 105

Notverordnung über das Wirtschaftsprogramin

Veröffentlichung voraussichtlich Mitte nächster Woche Bedenken gegen die

Einsuhrkontingentierung

TU. Berlin» 27. Aug. Das Neichskabinett befaßte sich am Freitag nachmittag in einer Sitzung, die bis um 21 Uhr dauerte, mit dem Wirtschaftsprogramm, das der Reichskanz­ler in seiner Rede am Sonntag in Münster bekanntgeben wird. An der Sitzung nahm auch Neichsbankpräsident Dr. Luther teil. Heute vormittag wird noch an der Formulie­rung gearbeitet werden, worauf sich dann das Reichskabinett zu einer letzten abschließenden Beratung des Wirtschaftspro­gramms zusammenfinden wird.

Aus der Teilnahme des Reichsbankpräsidenten an den Beratungen ist zu schließen, baß das geplante Wirtschafts­programm die Billigung aller in Frage kommenden Reichs­instanzen findet.

Notverordnung über das Wirtschastsprogramm voraus­sichtlich Mitte der nächsten Woche

Es bestätigt sich, daß Reichskanzler von Papen Montag abend nach Neudeck zum Reichspräsidenten fahren wird, um ihm über die gesamtpolitische Lage Vortrag zu halten. Er wird dabei die Auflösungsverfügung für den Reichstag er­wähnen und über das große Wirtschaftsprogramm der Reichsregierung berichten. Die-Maßnahmen der Reichsregie­rung für die Durchführung des Programms für die Ar­beitsbeschaffung und die Belebung des Arbeitsmarktes, sol­len durch eine einzige große Notverordnung des Reichs­präsidenten burchgeführt werden. Die Veröffentlichung die­ser Notverordnung ist für Mitte der kommenden Woche zu erwarten. An der Reise des Reichskanzlers zum Reichs­präsidenten nach Neudeck werden, wie derLokalanzeiger" erfährt, wahrscheinlich auch der Reichswehrminister von Schleicher und der Rcichsinnenminister von Gayl teil­nehmen. Der Reichskanzler wird am Montag abend absah- ren und spätestens am Mittwoch nach Berlin zurückkehren.

Vorstellungen der Hansestädte.

Amtlich wird aus Hamburg mitgeteilt: Eine hansea­tische Abordnung trug am Donnerstag ihre Bedenken gegen die angekündigten Kontingentierungsplän« zur Einschrän­kung der Einfuhr ausländischer Agrarerzeugnisse im Aus­wärtigen Amt dem Reichsaußenminister Freiherr von Neu­rath, Sem Reichsinnenminister Freiherr von Gayl und dem Reichsarbeitsminister Schäfser sowie im Reichsfinanzmini­sterium dem vom Reichsfinanzminister in seiner Abwesenheit mit dem Empfang beauftragten Ministerialdirektor Dr. Ol- scher vor. Die Aussprache ergab weitgehende Uebereinstim- mung der Ansichten. Eine Denkschrift der Hansestädte wurde am Donnerstag dem Reichskanzler von Papen übermittelt. Abschriften dieser Denkschrift hat die hanseatische Abordnung auch den genannten vier Ministern übergeben. Den Hanse­städten wird Gelegenheit geboten werden, zu den etiva ge­planten Einzelmaßnahmen eingehend schriftlich und mündlich Stellung zu nehmen, bevor sie endgültig vom Reichskanzler verabschiedet werden.

Das Ringen um eine Koalition

Der Kurs des Zentrums.

Berliner Blätter veröffentlichen einen Artikel aus dem offiziellenPressedienst der Zentrumspartei", in dem es u. a. heißt: In der allgemeinen Not und Gefahr, in der selbst Staatsstreiche nicht ausgeschloffen erscheinen, ist es wiederum die Zentrumspartei, deren Bestreben daraus gerichtet bleibt, auch diesen Reichstag arbeitsfähig zu machen, die

lähmende radikale Mehrheit in ein positives Fahrwasser zu lenken. Darum die sorgenden Besprechungen, darum die Fühlungnahme der Zcntrumsführer mit allen anderen Füh­rern gegnerischer Parteien. Wie anch die Pläne der Neichs- regierung sich noch offenbaren werden, wir im Zentrum und in der Bayrischen Volkspartei rufen ihr ein gebieteri­sch e s Ha lt sofort zu, wenn sie den Weg der Verfassung ver­läßt. Dann werden wir mit den schärfsten Mitteln zur Ab­wehr drohender Gefahren greifen.

DieBayrische Volksparteikorrespondenz" warnt die Re­gierung Papen vor verfassungswidrigen Experimenten und schreibt u. a.: Di« Idee des präsidiellen Kabinetts dürft« un­möglich mit der Vorstellung verknüpft werden, daß es sich ohne weiteres um ein Konfliktkabinett handle, das mit der Volksvertretung überhaupt nichts zu tun habe und ihre Rechte einfach ignorieren könne.

Ein Vertrauensmann des Zentrums nach Nendeck entsandt?

Im Zusammenhang mit den Verhandlungen zwischen Zentrum und Nationalsozialisten über die Negierungsfrage im Reich soll, wie di«DAZ." erfährt, ein Vertrauensmann des Zentrums nach Neudeck zum Reichspräsidenten von Hin- denburg entsandt worden sein, um die Ansichten des Reichs­präsidenten über eine etwaig« Umbildung des Reichskabinetts zu sondieren.

Fortgang der Koalitionsbesprechnngen in Preuße«

Im Zusammenhang mit der gesteigerten Spannung -er politischen Lage nach dem Beuthener Urteil war verschiedent­lich die Meinung aufgetaucht, daß die Koalitionsbesprechun­gen zwischen Zentrum und Nationalsozialisten in Preußen ins Stocken geraten seien. Demgegenüber wird in unter­richteten Kreisen erklärt, daß diese Koalitionsbesprechungen fortdauerten, wenn auch zur Zeit noch nicht übersehen wer­den könne, an welchem Tage in absehbarer Zeit sie zum Ab­schluß gelangen würden. Vermutlich wird Mitte nächster Woche in dieser Hinsicht größere Klarheit herrschen.

DerVölkische Beobachter" zur Lage.

DerVölkische Beobachter" beschäftigt sich mit den angeblichen Plänen der Neichsregierung und schreibt u. a.: Trotz aller Dementis scheint die Reichsregierung sich end­gültig zu einer Auflösung des Reichstages noch vor den ent­scheidenden Abstimmungen entschlossen zu haben. Wir können der Reichsregierung schon jetzt versichern, daß Liese Speku­lation ein Fehlschlag ist und überhaupt nur von Leuten gefaßt werden kann, die weder die NSDAP., noch Li« am deutschen Volk eben durch den Nationalsozialismus zuwege gebrachte seelische Umstellung auch nur andeutungsweise er­faßt Haben.

Sollten diese Drohungen der Negierung aber nicht den gewünschten Erfolg zeitigen, so scheint Li« Reichsregierung tatsächlich auch mit dem Gedanken zu spielen, einer Neichs- tagsauflösung keine Neuwahlen folgen zu lassen. Hier­zu bemerkt derVölkische Beobachter": Wir können di« Re­gierung heut« schon versichern, daß st« sich auch mit dieser Hoffnung genau so einer Täuschung hingibt, wie mit der Drohung der Reichstagsauslösung. Die einzig« wirklich« Klärung Ser Kris« bleibt stets dieselbe: Ue bergab« der Staatsregierung an Adolf Hitler. Fe schneller sie vollzogen wird, desto bester für Deutschland. Fe länger sie unter Anwendung auch gefährlicher Experiment« verzögert wird, desto schlimmer für das deutsche Volk.

Tages-Spiegel

Politische Ausschreitungen

Kommunistischer Uebersall ans Nationalsozialisten

Wie dasHamburger Tageblatt" meldet, wurde in der vergangenen Nacht in Eimsbüttel ein SA.-Trupp in Stärke von etwa 20 Mann von SO bis 60 mit Latten und Pistolen bewaffneten Kommunisten überfallen. Der um­ringte SA.-Trupp war gezwungen, sich durchzuschlagen. Da­bei wurden drei SA.-Leute durch Lattenschläge schwer ver­letzt. Die Kommunisten haben nach dem Blatt auch einige Schüsse abgegeben, die jedoch niemand verletzten. Die Poli­zei konnte weitere Ausschreitungen verhindern. Eine grö­ßere Anzahl von Teilnehmern ist ergebnislos nach Waffen durchsucht worden. "

Sprengstofsdiebstahl in Oberschlesten

Wie das Oberpräsidium in Oppeln mitteilt, wurde in der Nacht zum Freitag im alten Lehmschacht der Ziegelei in Obersersno Kreis Tost-Gleiwitz die Sprengstoffkammer er­brochen und 60 Sprengpatronen, 25 Sprengkapseln und zwei Rollen Zündschnur gestohlen. Der Regierungspräsident hat für Ermittlung der Täter 300 Belohnung ausgesetzt.

Neue Regierung in Thüringen

TU. Weimar, 27. August. Der Landtag von Thüringen wählte auf Vorschlag der Nationalsozialisten und des Land­bundes am Freitag folgende Regierung: Ministerpräsident und Innenminister Gauleiter Sauckel, Nationalsozialist, Bolksbildungsminister Lehrer Wächtler. Nationalsozialist, Finanz- und Wirtschaftsminister Bürgermeister Marschler, Nationalsozialist.

Als Staatsräte wurden dem Kabinett beigegeben: Land­gerichtsrat Dr. Weber, Nat.Soz., der zugleich ehrenamtlich das Justizministerium übernimmt, Amtsgerichtsrat Dr. Mei­ster-Ebeleben lNat.Soz.j, Landwirt Junghans, Nat.Soz., so­wie vom Landbund Hauptgeschäftsführer Mackeldey.

Endkampf im Europa-Flug

--- Berlin, 27. Aug. Als Erster der am Europaslug teil­nehmenden Flieger ist S e i ö em a n um 18.36 Uhr in Staa­ken gelandet. Um 19.18 Uhr ist als Zweiter der deutsche Flieger Marienfeld in Staaken gelandet. Um 19.33 Uhr landete auf dem Flughafen Staaken als Dritter der Teil­nehmer am Europa-Nundilua der deutsche Flieger von Mas­se n b a ch.

Die Notverordnung über das Wirtschastsprogramm der Neichsregierung wird voraussichtlich Mitte kommender Woche erlassen werden. Reichskanzler v. Pape« begibt sich Montag abend zum Reichspräsidenten nach Nendeck.

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Die Koalitionsbesprechungen zwischen Zentrum und Natio­nalsozialisten nehmen ihren Fortgang. I» Preußen rech­net man für nächste Woche mit einer endgültigen Klärung.

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Reichspräsident v. Hindenbnrg wird am Reichssrontsoldaten- tag des Stahlhelm teilnehme«, falls er sich z« dieser Zeit in Berlin befindet.

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In Berlin bestätigt man jetzt, daß dort Verhandlungen mit einem Vertreter Frankreichs in der Frage der Rüstungs- gleichbercchtignng stattgesunden haben.

Das preußische Justizministerium hat erklärt, daß der nach Benthe« entsandte Zarnow-Ausschuß des Prcußcnland» tags zur Nachprüfung des Beuthener Urteils nicht be­fugt sei.

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Der Präsident des Preußischen Landtages, Kerrl, hat an den Reichskanzler ein Schreiben gerichtet, in dem er seine Ans faffnng über die Stellung der kommissarische« preußische» Regierung gegenüber dem Landtag nieberlegt.

Di« erst«n in Staaken gelandeten Europaflieger Seide- maun, Marienfeld und von Massenbach wurden von zahl reichen Vertretern der Luftfahrt mit Ministerialdirektor Brandenburg, dem Leiter der Lustfahrtabteilung im Reichs- verkehrsministerium an der Spitze, begrüßt. Freiherr von Massenbach hatte bei der Landung insofern Pech, als das Fahrgestell der Maschine -erbrach. Der Schaden wird sich jedoch bis -um Beginn der Höchstgeschwindigkeitsprüfung am Sonntag nachmittag beheben lassen.

Generalstreik in Manchester

London» 27. Aug. Die Vermittlungskonferenz in Man­chester zwischen den Vertretern der Weber, Spinner und Fabrikanten der Lancashirer Baumwollindustrie ist nach stundenlangen Verhandlungen am Vorabend des angekündig­ten Generalstreiks endgültig zusammengebrochen. Es ist mit der Erklärung des Generalstreiks, von dem ungefähr 400 009 Spinn«r und Weber betroffen werden, zu rechnen.

Japan baut Marinestalion in der Mandschurei

TU. London, 27. Aug. Einer Meldung des Daily Tele­graph aus Muküen zufolge hat die koreanische Regierung Sie süömanüschurische Eisenbahn ermächtigt, den mandschuri­schen Hafenort Raschln am japanischen Meer in einen gro­ßen und modernen Hafen umzuwanüeln, der als Endpunkt einer neu zu bauenden strategischen Eisenbahn von Kirin ans Meer hauptsächlich militärischen Zwecken dienen soll. Mit dem Bau der Eisenbahn soll sofort begonnen werden, so daß ihre Benutzung möglicherweise schon in zwei Jahren ausgenommen werden kann, obwohl die Dauer für die Durchführung des Gesamtprogramms auf 15 Jahre fest­gesetzt ist. Der neue Hafen ist nicht nur als eine Wladiwostok beherrschende Marinestation, sondern auch zur raschen Be­förderung japanischer Truppen nach der Mandschurei vor­gesehen. Ferner soll er den japanisch-mandschurischen Han­delsverkehr verbessern und einen günstigeren Beförderungs- Punkt für die Erzeugnisse der Provinzen Kirin und Chien- tao schassen.

Depressionskonferenz in Washington

TU. Washington, 27. August. Präsident Hoover hat am Freitag nachmittag im neuen Handelsministerium die De­pressionskonferenz mit einer Ansprache eröffnet. Er legte die Wirtschaftslage dar und unterstrich besonders die Not­wendigkeit gegenseitiger Hilfe und gegenseitigen Vertrauens, um Sie gegenwärtige wirtschaftliche Aufwärtsbewegung bei­zubehalten und weiter zu fördern. Unterstaatssekretär Mills vom Handelsministerium gab bekannt, daß der bisher tätige Vorbereitungsausschuß der Vollversammlung der Konferenz die Schaffung von großen Zentralstellen zwecks engerer Zu­sammenarbeit der össentlichen, privaten, industriellen und finanziellen Interessen vorschlagen wird. Die nächsten Ziele werden weitere Kreöitausüehnung und Arbeitsbeschaffung sein. Die fünftägige Arbeitswoche blieb unerwähnt. Das Programm soll von den Jndustrieausschüssen der Bundes­banken durchgeführt werden.