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Nr. 152

Amts- unä Anzeigeblatt für äen Oberamtsbezirk calw

Samstag, den 2. 3u!i 1932

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Jahrgang 105

Einigung der Gläubigermächle in Lausanne

Eine unannehmbare Schlußformel Die Entscheidung Deutschland zugeschoben

TU. Lausanne, 2. Juli. Die Gläubigermächte Deutsch­lands haben in der gestrigen Sitzung des Büros, an der die deutschen Vertreter wiederum nicht teilnahmen, in großen Linien einen gemeinsamen Vorschlag für die endgültige Regelung der Tributsrage aus­gearbeitet, in dem jedoch noch die beiden entscheidenden Punkte, die endgültige Festsetzung der Ziffer der Abschluß­zahlung und die Klauseln zwischen dem Zusammenhang der interalliierten Schulden und den deutschen Reparationszah­lungen offengelassen worben sind. Ueber diese beiden Hauptpunkte soll heute vormittag nach der Rückkehr Herriots und Chamberlains eine neue Sitzung stattfinden, in der dann endgültig entschieden wird. Der gemeinsame Vorschlag der Gläubigermächte soll sodann der deutschen Abordnung über­mittelt werden.

Ueber den Inhalt des gemeinsamen Planes liegen vor­läufig nur Mitteilungen von französischer und englischer Seite vor, die jedoch keineswegs als vollständig angesehen werden können. Nach diesen Mitteilungen enthält der Plan der Gläubigermächte folgenden Vorschlag:

Der Vorschlag der Gläubigermächte an Deutschland wird in der Form einer großen Erklärung der deutschen Abordnung vorgelegt, die als Abschluß der Lausanner Kon­ferenz von den Konferenzmächten angenommen werben soll. Der Vorschlag der Gläubigermächte enthält folgende Rege­lung der Tributfrage: Die deutsche Negierung hin­terlegt bei der Baseler BIZ. zu Gunsten der Gläubiger­mächte Reichsbahnbons in Höhe einer Summe, die endgültig erst von den Gläubigermächten festgelegt werden wird. Während einer Dauer von drei bis fünf Jahren tritt ein vollständiger Zahlungsaufschub für Deutsch­land ein. Nach dem Ablauf dieser Frist werden die Reichs­bahnbons in den Handel gebracht, jedoch nur unter der Vor­aussetzung, baß der Kurs der Aoung-Anleihe eine bestimmte Höhe erreicht hat. Die alliierten Gläubigermächte verpflich­ten sich mit allen Mitteln bei der amerikanischen Negierung für eine Streichung der internationalen Schulden einzusetzen. Falls die amerikanische Regierung die Streichung ablehnt, werben dreiviertel der deutschen Reichsbahnbons von den alliierten Gläubigermächten den Vereinigten Staaten als Abzahlung für ihre Schulden übergeben. Das restliche Viertel der deutschen Reichsbahnbons wird bei der gemeinsamen Kasse für den Wiederaufbau Europas, je­doch zu Gunsten Frankreichs eingezahlt.

Falls die Vereinigten Staaten auf eine Streichung der interalliierten Schulden eingehcn, werden dreiviertel der Reichsbahnbons der deutschen Regierung wieder zurückerstattet. In diesem Fall würde die deutsche Regierung somit nur einviertel der anfänglich fest­gesetzten Reichsbahnobligationen zu entrichten haben.

Dieser Vorschlag enthält somit eine Mindest- und eine Höchstgrenze für die Restzahlung an die alliierten Mächte. Als Gesamtbetrag, den Deutschland nach diesem Vorschlag zahlen soll, wurde gestern abend in englischen und fran­zösischen Kreisen einBetragvondbisSMilliarden genannt, von denen im Falle der Schuldenstreichung durch die amerikanische Regierung ein Viertel, jedoch in negativem Falle die Gesamtsumme in der Form von Reichsbahnbons zu entrichten ist.

Neue Opfer politischer Zusammenstöße

TU. Berlin, 2. Juli. Kurz nach Mitternacht wurden von unbekannten Tätern auf zwei nationalsozialistische Verkehrs­lokale in Berlin-Schöneberg Feuer Überfälle verübt. Vor einem Lokal in der Zietenstraße hielten sich mehrere Nationalsozialisten auf. Plötzlich raste ein Kraftwagen heran. Die Insassen feuerten 8 Schüsse auf den Vorgarten des Lo­kals ab. Wenige Sekunden später raste der Wagen schon davon. Bei diesem Feuerüberfall sollen 7 Personen verletzt worden sein. Sie wurden von einem Parteiarzt verbunden und dann in ihre Wohnungen gebracht. Kurze Zeit darauf wurde allem Anschein nach ans demselben Kraftwagen ein Feuerüberfall auf ein Lokal in der Hauptstraße verübt. Der ISjhrig« Nationalsozialist Kirschbach erhielt einen schweren Brustschuß, die 22jährige Frieda Neuber trug eine Fußver­letzung davon. Auch hier konnten die Täter unerkannt ent­kommen. '

In Bremen hatte die NSDAP, für Freitag abend im Kaffee Flora in Walle, einer vorwiegend von Kommunisten und Sozialdemokraten bewohnten Gegend, eine Versamm­lung einberufen. Die Nationalsozialisten wurden mit Last­kraftwagen von ihrem Parteiheim unter polizeilicher Be­wachung zum Versammlungslokal gebracht. Die Menge ver­suchte wiederholt gegen die Nationalsozialisten vorzugehen, wurde aber immer wieder von den Polizeibeamten, die mehr-

Ferner soll die deutsche Regierung nach dem Vorschlag der Gläubigermächte verpflichtet werden, die Verzinsung und Amortisierung der Dawes- und Aoung- anleihe weiterzuführen und ferner in 10 Jahres­raten von 117 Millionen, die durch das einjährige Hoover- moratorium vom 1. Juli 1931 bis zum 1. Juli 1982 auf­geschobene Summe zu tilgen..

Für die von den Alliierten Mächten geforderte Verbin­dung der interalliierten Schuldenregclung mit der Tribut- regelnng ist eineelastische" Formulierung gefunden worden, die endgültig erst heute vormittag festgesetzt werden soll.

In den Verhandlungen der Gläubigermächte Deutschlands am Freitag abend ist nach französischen Mitteilungen ein­gehend darüber beraten worden, in welcher Weise die Bonds, die die deutsche Regierung als Abschlußzahlung für die Tri­butleistungen den Gläubigermächten übergeben soll, garan­tiert und mobilisierbar gemacht werden können, da diese von den Gläubigermächten den Vereinigten Staaten als Abfin­dung für die interalliierten Schulden angeboren werden sol­len. Ferner sei in den Beratungen der Gläubigermächte von neuem der Grundsatz desunmittelbaren Zusammenhan­ges zwischen der interalliierten Schulöenfrage und der Re­parationsfrage" allgemein anerkannt worden, ohne daß je­doch die endgültige juristische Formel hierfür gefunden wor­den sei. Man wolle auf diese Weise das Risiko einer ableh­nenden Haltung der amerikanischen Regierung in -er inter­alliierten Schuldenfrage auf die deutsche Regierung abwäl­zen. Von französischer Seite wurde am Abend di« Parole ausgegeben, daß jetzt die Verantwortung für die allgemeine endgültige Regelung bei Deutschland liege.

Die Entscheidung über den Vorschlag der Alliierten.

Die deutsche Abordnung hat gestern bis in die Nachtstun­den hinein in fortlaufender telephonischer Verbindung mit Berlin gestanden, um das Kabinett über den Vorschlag der Alliierten in der Tributsrage zu unterrichten. Es bestehe in Kreisen Ser Abordnung die Auffassung, daß die endgül­tige Entscheidung nur vom Gesamtkabinett, nicht jedoch lediglich von den in Lausanne anwesenden Kabi­nettsministern gefaßt werden kann. Nach in Lausanne um­laufenden Gerüchten besteht in Regierungskreisen die Ab­sicht, am Sonntag in einer süddeutschen Stadt eine Kabinettssitzung abzuhalten, in der eine end­gültige Stellungnahme zu dem großen Vorschlag der Gläu­bigermächte herbeigeführt werden soll. Die Verhandlungen über die Abhaltung der Kabinettssitzung sind vorläufig noch im Gang. Eine Entscheidung liegt noch nicht vor.

Heute werden zunächst noch längere Verhandlungen zwi­schen den Gläubigermächte« stattfinden, da die Endsumme, sowie die juristische Formel über Len Zusammenhang zwi­schen den alliierten Schulden und der Tributfrage noch nicht feststehen und in diesen Fragen noch erhebliche Meinungsver­schiedenheiten -wischen den Gläuvigermächten bestehen.

Kabinettssitzung in Freibnrg?

Wie derLokalanzeiger" berichtet, handelt es sich bei dem süddeutschen Ort, in dem vielleicht am Sonntag vormittag eine Sitzung des gesamten Reichskabinetts über den Vor­schlag der Alliierten stattfinben soll, um Freiburg im Breis­gau.

einandergetrieben. Einen planmäßigen Straßenbahnzug hiel­ten die Demonstranten an, zwangen die Fahrgäste zum Aus­steigen und kippten den Anhänger ans die Straße. An einer anderen Stelle wurde ein Privatkrastwagen umgeworfen. Die Polizei nahm acht Verhaftungen vor.

InKöl n kam es am Thürmchens-Wall zu einem folgen­schweren Zusammenstoß, in dessen Verlauf eine Person Lurch einen Kopfschuß getötet und -wei Personen durch Schulter- bzw. Armschüsse leicht verletzt wurden. Nach den bisherigen polizeilichen Feststellungen liegt dem Vorfall folgender Tat­bestand zugrunde: Ein Nationalsozialist in Uniform war mit seinem Motorrad zu einer kurzen Besprechung vor ein Haus am Thürmchens-Wall gefahren. Als er wieder auf die Straße trat, war nach seiner Darstellung das Motorrad von jungen Burschen umringt, die sich daran zu schaffen machten. Als er sich dies verbat, wurde er tätlich angegriffen und mit Niederstechen bedroht. In der Notwehr will er dann die verhängnisvollen Schüsse abgegeben haben.

In Hattingen kam es nach der Rückkehr einer Ab­ordnung Nationalsozialisten von -er Beerdigung eines in Wattenscheid erschossenen Nationalsozialisten zu einer schwe­ren Schlägerei mit Komuntsten. Die Schlägerei artete in eine Schießerei aus, wobei, soweit bisher feststeht, »wei I Kommunisten getötet und vier schwer verletzt wurden.

Tages-Spiegel

In Lausanne werden heute die Gläubigermächte der -ent» schen Abordnung einen gemeinschaftlichen Vorschlag über die Endregelung der Tributsrage vorlegen.

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Wie verkantet soll bas Reichskabinctt über die Annahme oder Ablehnung des Glänbigervorschlags entscheiden und z» diesem Zweck unter Teilnahme des Kanzlers eine Sit­zung in Freibnrg im Breisgau abhalten.

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Der Reichspräsident hat seine Reise nach Nendeck ans nächste Woche verschoben. Er beabsichtigt, von Nendeck aus die Amtsgeschäste weitcrznführcn.

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Der preußische Staatsrat hat gegen das vom Landtag be­schlossene Amnestiegesetz Einspruch erhoben.

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Die japanische Regierung hat ihren Vertreter anf der Ab­rüstungskonferenz angewiesen, den Abrüstungsvorschlag Hoovers abznlehnen.

v. Gayl setzt Zeitungsverbote durch

TU. Leipzig, 2. Juli. In der Angelegenheit des vom Reichsinnenminister von Gayl geforderten Verbot des Vorwärts" hat der 4. Strafsenat des Reichsgerichts am Freitag unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Dr. Vün- ger folgenden Beschluß gefaßt:Das Verbot wird für zu­lässig erklärt. Der Senat ist der Auffassung, daß die in Frage kommenden Artikel geeignet sind, den Reichspräsiden­ten und die Reichsregierung verächtlich zu machen, zudem aber auch lebenswichtige innen- und außenpolitische Inter­essen zu gefährden. Der Senat hält, zumal in der jetzigen Zeit, einen wirksamen Schutz dieser Interessen für unbedingt erforderlich." Ueber die Frage eines Verbots derKöl­nischen Volkszeitung" ist noch nicht verhandelt worden.

Stillhaltekonferenz in London

TU. London, 2. Juli. Am Freitag vormittag begann in der Martinsbank in London die erste der vierteljährlichen Stillhaltekonferenzen, die in dem Stillhalteabkommen vor­gesehen sind. Zu ihr waren Vertreter Deutschlands, der Bereinigten Staaten, Englands, Frankreichs, Hollands, Schwedens und der Schweiz erschienen. Der offiziellen Ver­lautbarung zufolge fand einevorläufige Aussprache all­gemeinen Charakters" statt.

Der Zweck der Konferenz besteht darin, Erfahrungen über Las bisherige Arbeiten des Stillhalteabkommens auszutau­schen und festzustellen, welche Abänderungen auf Grund der jeweiligen Lage notwendig werden. Wie verlautet, führte dies zu einer Darlegung der finanziellen Verhältnisse in Deutschland, aus der klar ersichtlich wurde, daß eine Beschleu­nigung der Schuldentilgung zur Zeit nicht möglich ist. Es ist damit zu rechnen, daß die deutsche Forderung auf Herabsetzung der Zinssätze und Kommisstonssätze zur Sprache kommt und in den Vordergrund der Verhand­lungen rückt.

DerExonomist" erklärt, die deutsche Forderung auf Herabsetzung der Zinssätze werde in London auf Verständ­nis stoßen, aber die Engländer hielten es für ausgeschlossen, daß die Deutschen bessere Bedingungen bekommen könnten, als sie von englischen Banken ihren Kunden allgemein gege­ben würden. Somit sei höchstens mit einer Herabsetzung der Zinssätze auf 8 v. H. zu rechnen.

Krawalle im Wiener Landtag

TU. Wien, 2. Juli. In der Freitagsitzung des Wiener Landtages kam es zu stürmischen Zwischenfällen. Auf einen Zwischenruf hin stürmten Nationalsozialisten und Sozial­demokraten aufeinander los. Es kam zu einem allgemeinen Handgemenge in der Mitte des Saales, so daß der Prä­sident die Sitzung unterbrechen mußte. Erst nach einer ge­raumen Weile geglang es den besonnenen Elementen, die Streitenden zu trennen.

In der Nacht zum Freitag wurde das Haus des Inter­national Country-Clubs, eines Wiener Golfklubs, der seine Anlagen im Lainzer Tiergarten außerhalb der Stadtgrenze hat, von Nationalsozialisten überfallen. Die Gruppe, die nach verschiedenen Meldungen etwa 50 Mann stark gewesen sein dürfte, griff die Mitglieder des Klubs, darunter aus­ländische Diplomaten, die eine Feier abhielten, mit Stöcken an und verletzte vier Personen so ernstlich, daß sie die Hilfe der Rettungsgesellschaft in Anspruch nehmen mutzten. Drei weitere Besucher wurden leicht verletzt. Die Landespresse­stelle der NSDAP, in Oesterreich teilt zu dem Ueberfall mit, dieser sei offenbar von marxistischer Seite inszeniert worben, um die NSDAP, bei den ausländischen Diplomaten in Wien »u mitzkredttieren.

fach von dem Gummiknüppel Gebrauch machen mußten, ans-