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Nr. 137

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5lm1s- unä Knzeigeblall für äen Oberamlsbezirk Lalw

Mittwoch, den 15. Juni 1932

Sezugsprei,:

5n der Stadt 35SoIdpfennig« wöchentlich mit Drdgerlohn Post-Sezugspreir 35 Sold- psennige ohne Sestellgeld

Schluß äer Anzeigen­annahme » Uhr vormittags

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verantwortl. Lchriftleitung: Friedrich Hans Scheele Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Luchdruckerei

Jahrgang 105

Die neue Notverordnung ist unterzeichnet

Die Bilanzbereinigung des Kabinetts v. Papen: Neue Steuerlasten Kürzung der Sozialleistungen Vereinfachung des Verwaltungsapparats

TU. Berlin, IS. Juni. Der Reichspräsident von Hin- denburg hat am Dienstag nachmittag die erste Notverord- «nng der Regierung von Pape« Unterzeichnet. Sie besaßt sich mit Maßnahme« znr Erhaltung der Arbeitslosenhilfe und der Sozialversicherung, sowie zur Erleichterung -er Wohlfahrtslasten der Gemeinden und ferner mit Verein­fachungen und Ersparnissen anf dem Gebiet der Rechtspflege und der Verwaltung. Die Notverordnung über die politi­schen Maßnahmen wir- morgen folgen.

Kundgebung -er Reichsregierung zur 1. Notverordnung

Anläßlich der Verkündung der ersten Notverordnung er­läßt Sie Reichsregierung folgenden Aufruf:

Die Reichsregierung hat bei ihrem Amtsantritt den Wil­len bekundet, die soziale, finanzielle und wirtschaftliche Not Deutschlands durch organische, neuaufbauende Maßnahmen zu bekämpfen. Die Bilanz, die die Regierung vorgefundcn hat, nötigt sie, als ersten Schritt vor der Inangriffnahme ihres eigentlichen Programms die Kassenlage von Reich, Län­dern und Gemeinden vorläufig zu sichern und die So­zialversicherung vor dem tatsächlich drohenden Zu­sammenbruch zu retten. Werden diese notwendigen und unaufschiebbaren Voraussetzungen nicht erfüllt, so sind alle weiteren Maßregeln von Anfang an in Frage gestellt.

Für die ersten Rotmaßnahmen hat die Reglernng an Vorbereitungen anknüpfen müsse«, die schon das vorige Ka­binett getroffen hatte; da diese Maßnahmen jedoch nicht ansreichten, um Kassen und Finanzen z« sichern, ist die Reichsregiernng genötigt, über sie hinauszugehen. Es sind infolgedessen weitere Abstriche am Reichshaus­halt, sowie an allen Ausgaben -er öffentlichen Hand, be­schlossen worden. Es muß von der Ausgavenseite her versucht werden, eine Gesundung der Kassen- und Finanz­lage herbeizuführen, denn die Erfahrungen der letzten Mo­nate haben gezeigt, daß Stdnererhöhnngen nicht mehr zn einer Verbesserung, sondern nur noch z« einer Verschlech­terung der Einnahmen führe«. Es bleibt also eine der wich­tigsten Aufgaben, den gesamten Verwaltungsappa­rat Deutschlands weiter zu verbilligen.

Das bringt zwangsläufig auch scharfe Einschränkungen auf dem Gebiete der Sozialversicherung mit sich, deren Existenz jetzt auf dem Spiel steht.

Es ist eine schicksalhafte Entwicklung, daß es heute nach einem halben Jahrhundert des Bestehens der Sozialgesetz­gebung nicht mehr um die Höhe der Leistungen geht, son­dern »m ihre Erhaltung überhaupt. Die Reichsregierung, deren soziale Gesinnung in der von ihr vertretenen Welt­anschauung begründet ist, würdig^ ihrer ganzen entscheiden­den Bedeutung, die mit der Schöpfung des ersten Kanzlers des Deutschen Reichs begonnenen sozialen Einrichtungen, zu deren Erhaltung in dieser Stunde äußerster Not an das Gemeinschaftsgefühl aller Deutschen neue harte Anforderungen gestellt werden müssen.

Wenn die Neichsregierung heute zunächst den dringend­sten Erfordernissen der Stunde nachkommt, so betont sie be­sonders, daß sie nicht die Absicht hat, den Weg der Erschlie­ßung neuer Einnahmequellen in Zukunft weiter zu bestrei­ten. Ihr Ziel ist, die deutsche Wirtschaft vernunftgemäß «n» ter Ausschaltung künstlicher Experimente ne« z« befrnchten. Sie wird deshalb mit den auswärtigen Regierungen nach einer Lösung der Weltwirtschaftskrise suchen. Darüber hin­aus hält es die Reichsregierung angesichts der ungeheuren Wirtschaftsnot für ihre unabweisbare Pflicht, die Wirt­schaftsenergien des eigenen Landes zu mo­bilisieren und in erhöhtem Maße für die Verwertung der brachliegenden Arbeitskräfte nutzbar zu machen. Die Regierung wird alles daransetzen, um neben der Pflege des Güteraustauschs der Länder untereinander durch eine ziel- bewußte Binnenmarktpolitik, insbesondere unter Zuhilfenahme des Arbeitsdienstes, durch geeignete Maß­nahmen auf dem Gebiet der Siedlung und der bäuer­lichen Veredeln» gs Wirtschaft die deutsche Wirt­schaft einer allmählichen Gesundung entgegenzuflihren.

Der Wille des deutschen Volkes, von der Geisel der Ar­beitslosigkeit erlöst zu werden und die Hoffnung der jun­gen Generation, neue Grundlagen zu finden, werden von der Regierung als eine für die Zukunft der Nation ent­scheidende Aufgabe mit allen Mitteln unterstützt werden.

Der Inhalt der Notverordnung.

Die neue Notverordnung enthält im wesentlichen fol­gende Bestimmungen:

1. Eine Kürzung der Renten aus der Invaliden-, »gestellten- und Knappschaftspensionsversicherung, der Wit­wen- und Waisenrenten und der Unfallrenten.

2. Die Einführung einer Gesamthaftung der Jnvaliden- versicherungsträger gegenüber der Reichspost sowie der Län­der gegenüber der landwirtschaftlichen Unfallversicherung.

5. Eine Ermächtigung an die Reichsregierung, durch be­sondere Maßnahmen Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit, Vereinfachung und Verbilligung in der So­zialversicherung zu erzielen. Auf Grund dieser Er­mächtigung wird voraussichtlich im Laufe der nächsten Tage eine Ausführungsverordnung ergehen, die die angekündigten Kürzungen der Bezüge aus der Arbeitslosenversicherung und der Krisenfürsorge und der Erwerbslosenfürsorge enthält.

4. Eine Kürzung der kinderlosen Leichtbeschädigien, so­wie Einstellung der Kinderzulagen und Waisenrenten nach Vollendung -es 18. Lebensjahres.

6. Einen neuen Plan für die Arbeitslosen­hilfe. Der Gesamtzuschuß für die Gemeinden wird auf 672 Mill. RM. beschränkt. Ferner wird die Wohlfahrts­hilfe des Reiches für die Gemeinden neu.ge­regelt. U. a. durch Neuregelung des Begriffes der Wohl­fahrtserwerbslosen und durch Einführung einer Art Haus- haltszwangesfür die Gemeinden. Die Gemeinden sol­len die Wohlfahrtshilfe von einem bestimmten Stichtag ab nur erhalten, wenn sie bestimmten in der Notverordnung ausgeführten haushaltsrechtlichen Bestimmungen entsprochen haben. Um das zu ermöglichen, wird eine Aenderung des Finanzausgleiches zu ungunsten der Gemeinden durch die Länder verboten. Endlich wird hier die Schlüsselung der WohlfaHrtshilfe für die Gemeinden neu geregelt.

6. Es wird ein« Abgabe zur Arbeitslosen­hilfe ab 1. Juli eingesührt, die 1H Prozent für alle Lohn- und Gehaltsempfänger beträgt. Die Abgabe steigert sich bet den höheren Einkommen bis auf 6F Prozent. Dafür fällt die Krifenlohnfteuer fort.

7. Bei Ser Umsatzsteuer fällt die Freigrenze, die bis jetzt 8000 RM. beträgt, fort.

8. Es wird eine Salz st euer von 12 Pfg. pro Kilo­gramm eingeführt. Dt« Krisensteuer von den Veranlagten wird jedoch noch einmal im Januar 1933 erhoben.

9. Die Höhe der Aufbringungsumlage für Jndustriefirmen wird für 1W2 auf die Hälfte herabgesetzt.

1V. Die Kirchensteuer wird unbeschränkt pfändbar gemacht.

11. In der Frage der Arbeitsbeschaffung werden Ermächtigungen zur Förderung des Straßenbaues, des Was-

Tages-Spiegel

Die neue Notverordnung ist gestern vom Reichspräsidenten unterzeichnet worden. Der Reichssinanzminister erklärte der Presse gegenüber, sie bedeute eine Bilanzbereinigung, die der Regierung die Hände für eigene Reformen frei mache.

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Die sog. politische Notverordnung wirb morgen erscheinen. Der Reichskanzler empfing gestern Adolf Hitler, der we­gen -er Aufhebung des SA.-Verbots vorsprach.

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Zum Gedenken an die zehnjährige Wiederkehr des Tages der Abtretung oberschlesischen Gebietes an Polen setzen heute in -er preußischen Provinz Oberschlesten die Reichs-, Staats- «nd Kommunalgebäude die Flagge auf Halbmast.

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Die in Genf weilenden Staatsmänner entfalten eine rege Verhaudlnngstätigkeit. Man bespricht sich über die Lösung -er Abrüstungs- «nd Tribntfrage. Wie jetzt verlautet, wird auch Lansanne keine endgültige Lösung bringen.

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I« Berlin fand gestern die Gründungsversammlung der Neuen bürgerlichen Partei" statt.

serbaues und landwirtschaftliche Bodenverbesserungen gege­ben. Der freiwillige Arbeitsdienst soll ausgebaut werden. Kür Darlehen, die für Jnstandsetzungsarbeiten an Wohnungen und die Teilung von Wohnungen bestimmt sin-, werden Zuschüsse gegeben sowie Zinsvürgschaften.

12. Ferner wird ein« ganze Reihe von Maßnahmen auf dem Gebiete der Justiz- und der Verwaltung vor­gesehen, die eine Verbilligung des Verfahrens darstellen. Außerdem wird eine Reihe von Maßnahmen über die Ver­längerung der Schutzmaßnahmen bezüglich der Zwangsvoll­streckung getroffen.

Seine Verlängerung der Bürgerstener.

Wie von zuständiger Stelle mitgeteilt wird, wird die Bürger st euer, deren letzte Rate Ende Juni fällig ist, nicht verlängert. Di« Gemeinden hatten die Reichs- regierung um die Ermächtigung gebeten, die Vürgersteuer in der bisherigen Form weitere sechs Monate lang zu er­heben. Die Reichsregierung hat sich jedoch anf den Stand­punkt gestellt, daß die Gemeinden durch den ihnen gemäß der neuen Notverordnung vom Reich -»fließenden Betrag von 676 Millionen Mark statt 236 Millionen Mark im Vor­jahre in ihren Wohlsahrtsleistungen eine derartige Ent­lastung erfahren, - sie ohne die Bürgersteuer auskommen müssen.

Vorbesprechungen der Staatsmänner in Genf

Wird auch die Lausanner Konferenz nur eine Zwischenlösung bringen?

dieser Frage zu stellen. In französischen Kreisen besteht der Eindruck, daß diese Haltung Frankreichs zur Gleichberechti­gungsfrage ein gewisses Verständnis auf englischer Seite gefunden habe, jedoch habe di« englische Regierung bisher noch nicht endgültig Stellung genommen. In der Repara­tionsfrage hat Macdonald in Paris von neuem den Stand­punkt der vollständigen Streichung sämtlicher interalliierten und ReparationsschulSen vertreten und die Streichung als die Voraussetzung für die Wiederherstellung des Vertrau­ens und Ueberwindung der Weltwirtschaftskrise gefordert. Demgegenüber macht die französische Regierung eine end­gültige Regelung der Reparationssrage von der endgülti­gen Beseitigung Ser interalliierten Schulden abhängig.

In unterrichteten Kreisen besteht der Eindruck, daß die Lausanner Konferenz kaum über zwei Wochen dauern werde und mit einem befristeten bedingungslosen Moratorium «-schließen werde. Die endgültige Ent­scheidung über die gesamte Reparationssrage soll« sodann auf die Londoner Konferenz übertragen werden, die voraussichtlich im Oktober stattfinden werde.

Stillhalte-Konferenz in London

TU. London, 16. Juni. Am 1. Juli findet in London eine Konferenz der Stillhaltegläubiger Deutschlands und der deutschen Schuldner statt. Diese wird, wieFinanzial News* meldet, die erste der vierteljährlichen Zusammenkünfte sein, die in Artikel 17 des Stillhalteabkommens vorgesehen sind. Auf der Konferenz soll ein Ueberblick über die Lage gewon­nen, die Möglichkeit von weiteren Rückzahlungen besprochen und Fragen geregelt werden, die sich aus der Anwendung des Abkommens ergeben. Sollte Lausanne zu einem Fehl­schlag werden, so würde auf dieser Konferenz voraussichtlich auch die Frage einer Aufschiebung des Transfers auf die ans Ausland abzusührcndeu Zinszahlungen zu bespreche« svtn.

TU. Genf, 18. Juni. Den ganzen Dienstag über haben fortgesetzt zahlreiche Besprechungen zwischen den leitenden Staatsmännern stattgefunüen, denen als Vorbereitung für -te Lausanner Konferenz große Bedeutung beigemessen wer­den muß. Die Besprechungen haben ohneBeteiliguug von deutscher Seite stattgefunden. Macdonald und Simon hatten eine längere Unterredung mit Grandt und frühstückten sodann gemeinsam mit dem ame­rikanischen Botschafter Gibson. Der französische Minister­präsident empfing fortlaufend fast sämtliche hier eingetroffe­nen Außenminister. Der amerikanische Botschafter Gibson überreichte Herriot die Stellungnahm« der amerikani­schen Regierung zu der Frage -er Herabsetzung -er effek­tiven Trnppenbestände.

Die deutsche Abordnung für Lausanne ist gestern abend unter Führung des Reichskanzlers von Papen nach Lausanne abgereist.

Entscheidung über die Tributfrage erst anf der Londoner Konferenz

Ueber die bisherigen englisch-französischen Verhandlun­gen werden dem Vertreter der Telegraphen-Union von gut unterrichteter Seite folgende Mitteilungen gemacht: Eine feste Vereinbarung zwischen Herriot und Macdonald ist in Paris nicht erzielt worden. Herriot hat jedoch den Standpunkt der französischen Regierung in der Ab­rüstungs- und Reparationsfrage eindeutig dargelegt. Die französische Negierung ist darnach der Ansicht, baß die deut­sche Forderung auf Gleichberechtigung nicht vor die Abrüstungskonferenz gehöre, sondern als eine Teilrevi­sion des Versailler Vertrages, eine Angelegen­heit der Unterzeichnermächte des Versailler Vertrages sei. Im Falle einer Aufrollung der Gleichberechtigungsfrage be­absichtigt daher die französische Regierung die Vorfrage der Zuständigkett der Abrüstungskonferenz für die Behandlung