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Nr. 114
Donnerstag, den 19. Mai 1932
Jahrgang 105
Arbeitsbeschaffung und Arbeitslosenfürsorge
Teilkompromiß über die Finanzierungsfragen im Reichskabinett -- Ausdehnung der Krisensteuer und Beibehaltung der Bürgersteuer
TU. Berlin, 19. Mai. Das Reichskabinett setzte gestern seine Beratungen über bas Arbeitsbeschasfungs- programm und Sic Arbeitslose nsürsorge fort. Dem Vernehmen nach sind die Arbeiten erheblich weiter gefördert worden. In den späten Abendstunden empfing der Reichskanzler in Gegenwart der zuständigen Ressortminister Vertreter der Gewerkschaften.
Wie die „DAZ." aus der Reichsregicrung nahestehenden Kreisen erfährt, soll-cs bei den Kabinettsvcrhandlungen gelungen sein, über die Finanzierung, die bisher unlösbare Schwierigkeiten hatte, eine grundsätzliche Einigung herbeiznstihrcn. Es werde allerdings zugegeben, daß einige Differenzpunkte noch offen seien, die in den nächste» Tagen bereinigt werden sollen. Der überraschende Fortschritt vom Mittwoch werbe vor allem auf zwei Chefbcspre- chungen zurückgeführt, die Mittwoch nachmittag stattgefunden haben. Worin die erzielte Einigung bestehe, werde natürlich von den amtlichen Stellen vorläufig nicht gesagt. Es liege aber nahe, sie auf der Linie zu suchen, die bereits durch die Vorschläge der Gewerkschaften bekannt geworden sei: Ausdehnung der Krisen st euer und Beibehaltung der Bürger st euer. Das würde im wesentlichen eine Hilfe für die Gemeinden bedeuten, denen dafür vermutlich die Verpflichtung aufcrlegt werden dürste, für künftige reibungslose Abwicklung ihrer Anleiheverpflichtungen zu sorgen. Die Ressortarbeiten zur Ausführung der im Kabinett vereinbarten Grundsätze würden noch eine Reihe von Tagen in Anspruch nehmen.
Nach anderen Informationen ist, wie die DAZ. weiter berichtet, die am Mittwoch erzielte Einigung überhaupt nur auf einen Teil der zur Debatte stehenden Fragen beschränkt geblieben. Ucber die anderen Fragen werde weiter verhandelt. Der Fortschritt vom Mittwoch hat danach nur den Charakter eines grundsätzlichen Kompromisses, von dem aus man zu einer Lösung der Gesamtfragen zu gelangen hoffte. Dem Vernehmen nach seien auch Besprechungen Dr. Brünings mit Vertretern der Arbeitgeber und des Handwerks vorgesehen.
Die „Vosstsche Zeitung" weist zu berichten, dast das Kabinett jetzt übereingekommen sei, jede Zusammenlegung der einzelnen Fürsorgeckrtcn für die Arbeitslosen vorläufig zu vermeiden, zumal die dadurch zu erwartenden Ersparnisse im Neichsarbcitsministcrium als verhältnismäßig gering veranschlagt würden. Ferner sei es eine Tatsache, dast trotz grösster Anstrengungen des Kabinetts die Beratungen über die entscheidenden Fragen des Reich shaushaltcs und der Arbeitslosenhilfe noch
an dem Punkt stehen, wo sie seit Wochen gestanden haben. Ucber die Durchführung der Siedlung führten das Ostkommissariat (Schlange-Schüningen) und das Neichsarbeitsmini- sterium lStcgerwaldj einen heftigen Nessortkrieg, ohne daß es gelungen sei, hie Frage der Zuständigkeit befriedigend zu klären, geschweige denn zu einer vernünftigen Gesctzes- vorlage zu kommen. Neuerdings scheinen sich auch bei der Prämienanleihe Schwierigkeiten ergeben zu haben.
Vorerst keine Umbildung des Neichskabinetts Zu den Pressemeldungen über eine Krise im Reichskabinett bzw. eine baldige Umbildung des Kabinetts wirOvon zuständiger Stelle mitgeteilt, ip den nächsten Tagen werde der Reichskanzler die Besprechungen mit Herrn von Schleicher und Dr. Goerdeler fortsetzen. Personelle Angelegenheiten sind mit ihnen am Dienstag nicht besprochen worden. Im Vordergründe der Arbeiten des Neichskabinetts stehen jetzt nicht die personellen, sondern die sachlichen Fragen (Haushalt- und sozialpolitische Fragen, wie Arbeitslosen-, Siedlungs- und Arbeitsdienstsragen). Erst nach Abschluß dieser Arbeiten wird der Reichskanzler dem Reichspräsidenten Bericht erstatten, wobei natürlich auch die Personalfragen erledigt werden sollen. Da der Reichspräsident bis Ende des Monats in Neudeck bleiben wird und der Reichskanzler persönlich voraussichtlich nicht nach Neudeck fahren wird, so ist anzunehmen, dast der Vortrag Dr. Brünings beim Reichspräsidenten erst in Berlin, also möglicherweise erst Anfang Juni, erfolgen wird.
Der Reichstag wird nicht einbernfe«
Die kommunistische Reichstagsfraktion hatte bekanntlich den Antrag gestellt, den Reichstag zur Erledigung der noch ausstehenden Abstimmungen über die Mißtrauensanträge und so weiter für Donnerstag den neunzehnten des Monats einzuberufen. Wie wir erfahren, ist der kommunistischen Reichstagsfraktion jetzt vom Neichstagsbüro mitgcteilt worden, daß nach dessen Berechnungen hinter diesem Antrag nicht das für die Einberufung erforderliche Drittel der Zahl aller NeichStagsabgeordneten stehe, so daß der Antrag als abgelehnt gelten müsse.
Der Auswärtige Ausschuß des Reichstags zum 24. Mai einverufen
Der Auswärtige Ausschuß ist nunmehr vom Vorsitzenden, dem Abg. Frick (Nat.Soz.), für Dienstag den 24. Mai einbcruscn worden. Auf der Tagesordnung steht der «Bericht des Reichskanzlers und Neichsaußenministers über die Genfer Verhandlungen, Tribute, ausländische Schulden, Abrüstung, Memelland und Danzig".
Die Genfer Abrüstunqsverhandlungen auf dem loten Punkt
Sabotage der deutschen Luftabrüstungsforderungcn TU. Geuf, 19 Mai. Im LuftsahrtauSschutz der Abrüstungskonferenz kam es am Mittwoch völlig unerwartet zu einer großen politischen Aussprache über die Entwaffnungs- bestimmunaen des Versailler Vertrages. Die Aussprache wurde hervoraerufen durch eine ungewöhnlich scharfe, rein den französischen Standpunkt vertretende Erklärung des belgischen «enators Bronsxrs, welcher den Vorschlag deutichen Vertreters, die völlige Abschaffung der Militärluftfahrt als Vcrhandlungs- irund läge zu nehmen, ablehnte. Ministerialdirektor Brandenburg hatte n. a. darauf verwiesen, baß Deutschland mangels jeglicher Luftabwehr die Luftwaffe in jeder Form als eine äußerst gefährliche Angriffswaffc betrachte 'ind daher die gänzliche Beseitigung der Luftwaffe fordern müsse. Der deutsche Vertreter hatte zur Bekräftigung seines Vorschlages auf die Lnftabrttstungsbestimmungen des Vcr- 'aillcr Vertrages aufmerksam gemacht. Der belgische Vertreter erklärte, -er deutsche Vorschlag werfe die Frage der Gleichberechtigung und der Gleichstellung der Rüstungen auf, Sic als eine rein politische Frage im Ausschuß nicht behandelt iverdcn könne. Der französische Luftfahrtminister Dumesnil schloß sich diesem Standpunkt an.
Ministerialdirektor Brandenburg venvahrte sich in deutscher Sprache in scharfer Erklärung dagegen, daß die Verhandlungen von Seiten der deutschen Abordnung einen politischen Charakter erhalten hätten. Der deutsche Vertreter verlas sodann die Präambel zum Teil 5 des Versailler Vertrags, in der bekanntlich die Entwaffnung Deutschlands als öer erste Schritt zur allgemeinen Abrüstung erklärt wird «nd betonte, -aß derAngriffscharakter öer Mili- täriiiftfahrt deutlich aus -er Antwortnote -er alliierten und assoziierten Mächte an -ie deutsche Regierung vom
10. Juni 1919 hervorgehe, in der die Abschaffung der deutschen Militärluftfahrt damit begründet wurde, -aß hierdurch alle kriegerischen Augriffsmöglichkeiten unmöglich gemacht werden sollten. Die Vertreter von Sowjetrußland, Holland und Ungarn schlossen sich den Ausführungen des deutschen Vertreters an. Daraus wurde der Antrag -er deutschen Abordnung aus ein völliges Verbot der gesamten militärischen Luftfahrt mit 22 gegen 7 Stimmen abgelehnt.
Zum erstenmal ist jetzt offen von französischer und belgischer Seite die Gleich bcrechtigungssorderung Deutschlands in schroffer Weise abgelehnt worden. Die auch von deutscher Seite teilweise gehegte Hoffnung, daß ein gewisses Verständnis für den grundsätzlichen deutschen Standpunkt in der Abrüstungsfrage vorhanden sei. hat sich damit als völlig unbegründet erwiesen. Die Vertreter Frankreichs und Belgiens haben sich offen auf den Standpunkt gestellt, daß Deutschland im Versailler Vertrag nicht nur die Angriffswaffen, sondern auch die Ver- teidigungsmittcl genommen worden sind, und haben somit die deutsche Auffassung, die Frage der Angriffswaffen sei durch den Versailler Vertrag bereits entschieden, vollständig abgelehnt. Unter diesen Umständen erscheint es äußerst fraglich, wie weit noch auf der Abrüstungskonferenz eine Durchsetzung des deutschen Standpunktes möglich sein wird.
Deutsche Klage im Haag gegen Polen
TU. Gens, 19. Mai. Die deutsche Regierung hat in dem seit vielen Jahren vor dem Völkerbundsrat schwebenden Klageversah ren des Fürsten Pleß gegen die polnische Regierung einen entscheidenden Schritt unternommen. Der deutsche Vertreter im Völkerbundsrat, Graf Welczek, hat dem Generalsekretär -es Völkerbundes mitgeteilt, daß die deutsche Regierung sich mit einer Klage gegen Polen an den internationalen Haager Ge-
Tages-Spiegel
Das Reichskabinett hat gestern seine Beratungen über Arbeitsbeschaffung und Arbeitslosenfürsorge fortgesetzt. Es soll ein Vergleich über die Finanzierungsfrage« innerhalb des Kabinetts zustande gekommen sein.
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In Berlin befürchtet man, daß -er Reichshaushalt nicht mehr bis 1. Juli verabschiedet werden kann. Es müßte dann ein Notetat erlassen werden.
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Das Reichstagsbüro hat den kommunistische« Antrag auf Einberufung des Reichstags abschlägig beschieden.
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Die Reichsregierung hat sich mit einer nenen Klage gegen Polen an den internationalen Haager Gerichtshof gewandt.
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Im Lnftfahrtansschuß der Abrüstungskonferenz trat in aller Deutlichkeit der Wille Frankreichs und seiner Bundesgenossen zutage, die deutsche Gleichberechtignngssordernng z« hintertreibe«.
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Der Ausfuhrüberschuß im deutschen Außenhandel ist von 152 Millionen im März anf 45 Millionen im April zurückgegangen, und zwar infolge Steigerung der Einfuhr einerseits und eines Rückganges der Ausfuhr andererseits.
Nach de« nenesten Erhebungen des Internationalen Ar»' beitsamtes in Gens ist -ie Arbeitslosigkeit in de« letzten Monate« aus -er ganzen Welt weiterhin angewachsen. Selbst Italien und Frankreich «eisen jetzt über eine Million Arbeitslose anf.
richtsyof gewandt habe. Die deutsche Regierung geht dabei von der Erwägung aus, daß nach den bisherigen Erfahrungen weitere Einsprüche beim Völkerbundsrat gegen die fortgesetzten Ilnterdrückungsmaßnahmen der polnischen Regierung gegen die deutsche Minderheit in Oberschlesien in diesem Falle zwecklos find.
Der Fall des Fürsten Pleß, der als Führer -er deutschen Minderheit in Polnisch-Oberschlesten seit Jahren von den polnischen Behörden aus alle mögliche Art, insbesondere durch völlig unberechtigte Steuerforderungen wirtschaftlich geschädigt wird, hat den Völkerbundsrat schon wiederholt beschäftigt. Die polnische Regierung hat sich einer gütlichen Regelung dieser Angelegenheit bisher stets ent- zogen.
Hernot übernimmt die Politik Tardieus
«Herabsetzung der deutschen Tribntzahlungen unmöglich!"
TU. London, 19. Mai. «Daily Herald" veröffentlicht eine Unterredung mit H e r r i o t, in der dieser erklärte, daß eine Herabsetzung der deutschen Tributzahlungen unmöglich sei, wenn sich die Vereinigten Staaten und England nicht zu entsprechenden Herabsetzungen der Kriegsschnldenzahlungcn bereit erklärten. Uebcr die Abrüstung sagte Herriot: Die Radikalsozialistische Partei beurteilt die Abrüstung als eine Frage der interna- tionalenSicherheit. Sie glaubt. Saß die Begrenzung oder Herabsetzung der Rüstungen nur unter der Obhut des Völkerbundes möglich ist. Diese Herabsetzung kann nur schrittweise im Verhältnis zur Entwicklung der Sicherheit -urchgeführt werden. Sie befürwortet die Organisation einer internationalen bewaffneten Macht, die Jnternationa- lisierung der Tanks, schweren Artillerie, strategischen Eisenbahnen und Dampfschiffahrtslinien, die für die Mob'lisie- rung von Truppen verwendet werden können.
„Daily Herald" kommentiert diese Erklärungen Herriots dahin, daß Herriot, nachdem er die Wahlen mit Hilfe der Sozialisten gewonnen habe, nunmehr seine Verbündeten über Bord werfe und seine Regierung unter Einschluß der Tardieu-Parteien bilden wolle, gegen Sie sich seine ganze Propaganda bei den Wahlen gerichtet habe. Kurz gesagt habe Herriot die Politik Tardieus in der Frage der Tri- bute und der Abrüstung in jeder Beziehung übernommen.
Ein Kabinett der Persönlichkeiten in Wien
TU. Wie«, 19. Mai. Die Bildung einer Konzentrationsregierung aller bürgerlichen Parteien unter Dollfuß ist gescheitert. Der Bun-espräsi-ent hat Dr. Dollfuß erneut mit -er Regierungsbildung beauftragt. Der Auftrag lautet jetzt auf Bildung eines überparteilichen Mi- nisteriuutzS. Dr. Dollfuß glaubt binnen kurzem eine vollständige Ministerliste fertig zu haben. Die Ministerliste dürfte sich voraussichtlich zum Teil aus Parlamentariern, «rm Teil aus Richtparlamentariern zufammensetzen.