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Nr. 207
Amts- unä Anzeigeblatt für äen Oberamtsbezirk (alw
Samstag, den 5. September 1931
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Zernsprecher Nr. S
verantwort!. Lchrkftlektuna: Zrteckrich Hans Scheel« vruck unä Verlag äer A. velschlägerschen Suchäruckerei
Jahrgang 104
Einberufung des Reichstages erneut abgelehnt
Die Deutschnationalen fordern Rücktritt des Kabinetts Brüning und Absage des französischen Ministerbesuches in Berlin
TU. Berlin, S. Scpt. Der Aeltestenrat des Reichstages trat gestern nachmittag unter Vorsitz des Präsidenten Löbe zu einer Sitzung zusammen, um zu dem kommunistischen Antrag auf frühere Einberufung des Reichstages Stellung zu nehmen. Sämtliche Parteien waren vertreten mit Ausnahme der Fraktion des Deutschen Landvolkes. Nach nur kurzer Beratung wurde der kommunistische Antrag auf sofortige Einberufung des Reichstages gegen die Stimmen der Antragsteller, der Deutschnationalen und der Nationalsozialisten abgelehnt.
Der Vorsitzende der Reichstagsfraktion des Deutschen Landvolkes, Dö brich, hatte vor der Sitzung einen Brief an den Reichstagspräsidentcn als Vorsitzenden des Aeltesten- ausschusses gerichtet, in dem erklärt wird: „Wir nehmen an der Sitzung des Aeltestenrats nicht Teil, weil wir es für zwecklos halten, periodisch auf Antrag irgend einer Partei, die damit ihre rein parteipolitischen Ziele verfolgt, ergebnislose Verhandlungen zu führen."
In der Aeltestenratssitzung schloß sich der deutschnationale Reichstagsabgeorbnete Berndt dem von dem Abg. Torgler begründeten kommunistischen Einberufungsantrag an. Er gab hierbei eine äußerst scharfe Erklärung ab, in der er sagte, es müsse endlich zu dem Verfahren „Notverordnung" Stellung genommen werden. Zur Außenpolitik bemerkte er, die außenpolitischen Geschehnisse namentlich der letzten Tage machten eine Aussprache im Reichstag vom Ehrenstandpunkt der Nation aus zur Pflicht. Für den Ausgang der deutschen Politik in der Frage der Zollunion treffe in erster Linie den Neichsaußcnminister Curtius die Verantwortung. Darüber hinaus sei das ganze Kabinett verantwortlich und müsse deshalb zurücktreten. Die deutschnationale Neichstagsfraktion halte ferner angesichts der feindlichen Haltung Frankreichs den bevorstehenden Besuch -er französischen Minister ln Berlin für Heuchelei und für eine Verhöhnung des deutschen Volkes. Sie verlange von der Negierung, sie möge diesen Besuch als unerwünscht erkennen lasten.
Staatssekretär Plinder gab die Erklärung ab, die Reichsregierung lege nach wie vor Wert darauf, daß es für die Reichstagseinberufung beim alten Termin bleibe, und baß auch die Reichsregierung an dem Termin -es 13. Oktober festznhalten gedenke.
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Die Winterhilfe für Erwerbslose
Im Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft und im Reichsarbeitsministerium fanden am 3. und 4. Sep-
TU. Gens, 8. Sept. Der Völkerbundsrat trat gestern nachmittag unter dem Vorsitz des spanischen Außenministers Lerrouxzu einer Sitzung zusammen, um das vor einigen Wochen eingercichte Gesuch der österreichischen Regierung auf Prüfung der wirtschaftlichen Lage Oesterreichs und Durchführung finanzieller Sanierungsmaßnahmen zu prüfen. Man beschloß ohne weitere Aussprache, die Ueber- weisung des österreichischen Hilfegesuchcs an den Finanzausschuß des Völkerbundes.
Aus Kreisen der französischen Abordnung erfährt die Telegraphenunion, daß für die kommende von der Wiener Regierung beim Völkerbund beantragte internationale Anleihe für Oesterreich ein Betrag von 500 090 009 Schilling vorgesehen ist. Dieser Betrag soll auf den Kapitalmärkten verschiedener Staaten ausgenommen werden. Die Bank von Frankreich soll sich ferner bereit erklärt haben, den von Oesterreich der Bank von England geschuldeten Betrag von 150 Millionen Schilling, der seinerzeit zur Sanierung der Oesterreichischen Kreditanstalt gewährt wurde, zu übernehmen, -und zwar in Anrechnung auf die kommende internationale 800 Millionen Schilling Anleihe. Die näheren Bedingungen der Anleihe werden unverzüglich vom Finanzausschuß des Völkerbunds ausgearbeitet.
Einen großen Raum der gestrigen Ratssitzung nahm ferner die Aussprache über die Lage in den A-Mandaten ein, das heißt den früheren Besitzungen des türkischen Territoriums, nämlich Irak, Syrien, Libanon und Palästina. Der deutsche Vertreter, Dr. Curtius, stimmte den Ausführungen der Vertreter Italiens, Frankreichs und Englands zu und betonte, daß das Prinzip der Gleichberechtigung und offenen Türe geivahrt bleiben müsse. Ebenso trat er für den Schutz der Minderheiten ein. „Das Ziel baldigster Beendige«- der Mandatsverhandlungeu darf nicht aus de»
tember Besprechungen zwischen den beteiligten Restorts und den kommunalen Spitzenverbänden darüber statt, in welchem Umfange im kommenden Winter Arbeitslosen und anderen Unterstützungsempfängern Naturalleistungen a n - stelle von Geldleistungen gewährt werden könnten. Die in Frage kommenden Gesichtspunkte wurden eingehend erörtert. Die Ressorts werden jetzt Fühlung mit den beteiligten Wirtschaftskreisen nehmen. Dann wird die Anssprache fortgesetzt.
Im Anschluß an diese amtliche Mitteilung erfahren wir aus dem Neichsernährnngsministerium folgendes: Im Reichsernährungsministerium ist man der Auffassung, daß es angesichts der bevorstehenden weiteren Steigerung der Arbeitslosigkeit und angesichts der aufs äußerste angespannten Lage der öffentlichen Finanzen neben der allgemeinen Versorgung das besondere Ziel sein müsse, Borsorgefür die ausreichende und verbilligte Ernährung der Arbeitslosen zu treffen. Zn dem Zwecke müßten alle beteiligten Wirtschaftskreise — die Landwirtschaft, die Lebensmittelindustrien, der Zwischen- und Einzelhandel — gemeinsame Opfer bringen. Die Bemühungen des Reichsernährungsministeriums gingen dahin, die notwendigen Vorbereitungen für die Maßnahmen der Reichsregierung zu leisten.
Verlängerung der Devisenabgabefrist
Im Hinblick auf die schweren Strafen, die bei Nichterfüllung der Verpflichtung zur Ablieferung der Devisen ein- treten und um zu verhüten, baß hieraus für die Betroffenen schwere Schädigungen entstehen können, hat sich die Reichs- regicrung im Benehmen mit der Rcichsbank entschlossen, die für die Ablieferung der Devisen- und Goldbestände vorgesehene Frist (vom 29. August bis 5. September 1931) um 14 Tage bis zum 19. September 1931 zu verlängern, damit alle davon Betroffenen auch wirklich Kenntnis von der sic treffenden Verpflichtung erlangen.
Die hierfür notwendige Durchführungsverordnung wird heute veröffentlicht werden. Sie enthält außer der Fristverlängerung insofern eine Erweiterung der bisherigen Bestimmungen als nunmehr Ansprüche ans Konten bei ausländischen Banken ohne Rücksicht der Reichsbank oder den Devisenbanken anzubieten sind. Für solche Bankguthaben gilt also nicht mehr die in -er Verordnung vom 29. August vorgesehene Ausnahme, nach der Ansprüche, die später als am 29. November 1931 gestellt werden, nicht angeboten zu werden brauchten.
Augen verloren und nicht verbaut werden", erklärte der Reichsaußenminister. Dann sprach er den Wunsch ans, daß der Irak bald ans dem Mandatsverhältnis ausscheiden möge. Diese Erklärung war insofern wichtig, da unmittelbar nach der Unabhängigkeitserklärung des Irak ein Handelsvertrag zwischen Deutschland und dem Reich des Königs Faisal zum Abschluß gelangen soll.
Die oberschlesische Minderheitenfrage wurde auf ausdrücklichen Wunsch -es Reichsaußenministers vertagt, um noch einige berechtigte Forderungen Deutschlands in der oberschlestschen Schulfrage durchzusetzen. Diese Minderheitenfragen werden nach der Wahl des neuen Völker- bnndsrates in der dritten Septemberwoche zur Debatte stehen. Die deutsche Minderheit in Posen und Pommerellen hat gestern beim Völkerbund eine neue Beschwerde eingereicht, die sich gegen die Haltung der polnischen Regierung in der Agrarreformfrage richtet. Die Minderheit beklagt sich über die ungerechte Anwendung des Agrarreform ge- setzes, des Vorkaufsrechtes und der Auflassungsgenehmigungen durch die polnische Regierung. Bereits seit 1926 habe sich die deutsche Minderheit mehrfach über denselben Sachverhalt Dein? Völkerbund beschwert. Sie habe gehofft, daß die fast zweijährige l!) Behandlung ihrer Beschwerde vom August 1929 Abhilfe schaffen werbe. Bis jetzt sei ihr über das Schicksal ihrer Eingabe jedoch nichts bekannt geworden.
Lord Reading will nach Genf kommen.
Wie die Telegraphenunion aus zuverlässiger Londoner Quelle erfährt, glaubt der englische Außenminister Lord Reading trotz der reichen Kabinettsarbeiten noch nach Genf kommen zu können. Er hofft sich, wenn auch nur für einige Tage, freimachen zu können, «m mit den in Genf versammelten Staatsmännern die wichtigsten akuten Internationa
Tages-Spiegel
Der Aeltestenrat -es Reichstages hat gestern eine vorzeitige Einberufung -es Reichstages erneut ahgelchnt. Von seiten -er Deutschnationalen Volkspartei «urde der Rücktritt -es Reichskabinetts gefordert.
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Die Negierung hat noch keine Entscheidung über die Ratural, Unterstützungen für die Arbeitslosen getroffen.
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Die Deptsenabgabesrist ist von der Reichsregierung bis zum IS. September verlängert worden.
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Die Länder haben jetzt mit ihren Sparaktionen begonnen, di« sich teilweise auf einen Schul- und Verwaltungsabba« beziehen.
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Der Völkerbundsrat hat gestern seine Arbeit ausgenommen. Aus der Tagesordnung standen die Finanzhilfe für Oester, reich sowie Mandats- und Minderheitenfragen.
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I« Genf verlautet, daß Frankreich noch eine Berzichterklii» rung auf die Zollunion für die Zukunft verlangen will.
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Nachdem die Funkverbindung mit dem Polar-U-Boot Na«, tilus mehrere Tage Unterbrochen war» hat sich die Besatzung jetzt wieder gemeldet. An Bord des Bootes ist alles wohl.
len Fragen besprechen zu können. Obwohl die Reichsregierung aus den bekannten Gründen und entgegen anderslautenden Meldungen noch nicht in der Lage war, die Frage einer neuen Wirtschaftskonserenz, einer Neparations- und Kriegsschuldenkonserenz usw. zu besprechen, wird sic jedoch alle Maßnahmen zur Förderung der internationalen Verständigung und beim Besuch LavalS und Briands in Berlin die Vorbereitungen für die Abrüstungskonferenz usw. auf das wärmste unterstützen.
Die Sparakiion der Länder
— Berlin, 5. Sept. Die Sparaktion in den Ländern, zu der -er Noterlaß der Reichsregierung den Anstoß gegeben hat, ist in vollem Gange. Die Veröffentlichung der preußi- schen S p a r v o r s ch l ä g e, die in der nächsten Woche erfolgt, soll auch eine Herabsetzung der Notariatsgebühren bringen. Ferner erwägt man, inwieweit die Diätar- und Vordienstzeit noch auf das Besoldungsalter angerechnet werden soll. Einschneidende Aenderungen stehen auf dem Gebiet des Schulwesens bevor. So soll es den städtischen Schulverwaltungen künftig untersagt werden, Studienassessoren durch das Provinzialschulkollegium zur Verwendung im städtischen Schuldienst anzufordern. Die bereits tätigen Studienassessoren müssen abgcbaut werden. Für Berlin würde das bedeuten, -aß zum 1. Oktober rund 349 Assessoren und Assesso- rinnen entlassen würden. Außerdem soll die Pflichtstunöcn- zahl in den höheren Schulen erhöht werden. Auch das würde für Berlin allein den Abbau von 100 Stuöicnräten bedeuten. Auch die übrigen Länder werden in der nächsten Zeit ihr« Sparprogramme bekanntgeben. In Bremen soll, ähnlich wie das schon in Hamburg beschlossen worden ist, die Zahl der Senatsmitglieder herabgesetzt werden. Thüringen wird noch in der ersten Septemverhälfte seine Maßnahmen treffen, und zwar wird ein ganz neuer Haushaltsplan für die zweite Hälfte des Rechnungsjahres 1931 aufgestellt werden. Man beabsichtigt unter anderem eine Kürzung der Diäten für die Abgeordneten, die zugleich Beamte sind. In einzelnen Ländern dürften nach dem Gutachten des Reichssparkommissars auch Verwaltungsvereinfachungen durchgeführt werden. So plant man in Hessen die 18 Kreisämter des Gebiets auf 11 zusammenzulegen,' in Thüringen sollen die 16 Landkreise auf 12 verringert werden und in Braunschweig ist beabsichtigt, die 6 Kreise des Landes auf 4 zu beschränken.
Weitere Gehaltskürzungen in Bayern
Das bayerische Gesamtministerium hat unter dem 3. September 1931 eine Notverordnung erlassen, durch welche die Dienst- und Versorgungsbezüge der Ledigen und kinderlos verheirateten Beamten und Angestellten der Gemeinden, Bezirke und Kreise und der sonstigen unter der Aufsicht des Staats stehenden Körperschaften öffentlichen Rechts, die den Betrag von 1600 RM. überschreiten, mit Wirkung vom 1. Oktober um weitere 5 Prozent gekürzt werden. Weiter ist die für die Staatsbeamten vor einigen Tagen getroffen« Regelung auch auf die Beamten der Gemeinden «nd der sonstigen Körperschaften ausgedehnt worden. Der Erlaß einer weiteren Notverordnung über die Angleichung der Bezüge der Beamten und Angestellten der genannten öffentlichen Körperschaften steht in Len nächste» Tagen bevor.
Der Völkerbundsrat beginnt seine Arbeit
Die Finanzhilfe für Oesterreich, Mandats- und Minderheitenfrage auf der Tagesordnung