Aus Stadt und Land

Calw, den 4. September 1931. tzßt deutsches Obst!

Diese Mahnung ist Heuer mehr als sonst angebracht. Würt­temberg ist ln der Lage, alle Bedürfnisi« bes Obstverbrauchs befriedigen. Trotzdem kommen immer noch Pfirsiche und Weintrauben vom Ausland herein. die der einhemnschen Obstzucht die größte Konkurrenz machen. Es sollte eigentlich für jeden Deutschen eine Selbstverständlichkeit sein, die ein- Letmische Ware zu bevorzugen und nur im Notfall zur aus­ländischen zu greifen. Unverantwortlich bleibt es, wenn deut- sckes Gelb ins Ausland wandert, obgleich der deutsche Er­zeuger eine vorzügliche Ware auf den Markt bringt. Der Bauer und der Obstzüchter hat schwer unter der Ungunst der Witterung zu leiden und man mutz dem Dichterwort Recht geben, das sagt: Des Lebens ungemischte Freude ward kei­nem Sterblichen zuteil. Zuerst herrschte bei dem Obstzuchter die größte Freude über den sichtbaren Erntesegen, aber wie steht es jetzt? Sturm- und Hagelschäden an vielen Plätzen und zugleich ein Sudelwetter den ganzen August hindurch, so daß Pflaumen, Birnen und teilweise auch Aepfel klumpen­weise auf den Bäumen faulen. Und zu allem Ueberöruß nun noch Preis« für unsere Frücht«, die kaum den Pflückerlohn aufbringen. Es darf allerdings erwartet werden, daß wieder angemessene Preise erlöst werden, so bald das geringe Obst vermostet werden kann. Unseren Hausfrauen sei eindringlich ans Herz gelegt, endlich einmal Ernst zu machen und den Einkauf fremder Ware zu unterlassen, auch der Bauer schlägr sich selbst ins Gesicht, wenn er sein Obst auf den Markt bringt und sich mit einem Preis zufrieden gibt, der ihm seine auf­gewendete Mühe nicht entfernt lohnt, um nachher französische Weintrauben kaufen zu können. Der Bezirksobstbauverein hat deshalb auch die Obstvermittlungsstelle eingerichtet, da­mit Bestellungen für größere Mengen von Tafel- und Most- vbst aufgegeben werden können, die dann vom Erzeuger direkt ins Haus geliefert werden.

Berkehrseinschriinkung auf der Nagoldbah«

Infolge Geschäftsrückganges in Pforzheim fallen von kommendem Montag ab die Personenzüge Z3083 von Calw ab 6.28 bis Pforzheim an 6.27, Z3106 Pforzheim ab 12.37 bis Calw an 13.43 und Z3126 Pforzheim ab 17.32 bis Calw an 18.39 aus. Außerdem hält zum Ein- und Aussteigen von Reisenden in Ernstmühl Z3124 lab 18,98) Werktags, ausgenommen Samstags. Auch auf der Enztalbahn kommen aus dem gleichen Grunde drei Personenzüge in Fortfall.

Turner-Wafferfahrt aus der Nagold

Kommenden Sonntag vormittag werden die Wasserfahrer des 11. Turnkreises Schwaben bei jeder Witterung eine Wasserfahrt auf der Nagold von Calw bis Pforzheim aus­führen. Da die Wehre innerhalb Calw nicht geöffnet werden können, dürfte der Aufbauplatz an die Turnhalle verlegt werden. Die Abfahrt wirb gegen 9 Uhr erfolgen.

Die wirtschaftliche Lage des Handwerks im August.

Die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise Haben sich im Monat August gegenüber dem Vormonat noch gesteigert und beginnen sich in ihrem ganzen Umfange be­merkbar zu machen. In allen Handwerkszweigen sind Auf­tragsbestand und Umsatz weiter zurückgegangen, so baß ein großer Teil der Betriebe vollständig zum Stillstand ge­kommen ist, und ein weiterer Teil kaum in der Lage ist, die vorhandenen Lehrlinge weiter zu beschäftigen. Die schwie­rige Lage der öffentlichen Finanzen brachte es mit sich, daß die Behörden als Auftraggeber fast völlig ausfielen. Aber auch das private Publikum war mit Rücksicht auf die schon eingctretene und noch zu erwartende Schmälerung seiner Kaufkraft gezwungen, sich äußerste Beschränkung aufzuer­legen und selbst notwendige Arbeiten zurückzustellen. Die Bautätigkeit ist durch diese Verhältnisse fast gänzlich zur Ruhe gekommen. In ländlichen Bezirken hat das Handwerk besonders unter der Notlage der Landwirtschaft zu leiben. Trotzdem die Unkosten der Betriebe, Löhne und sonstige Ab­gaben, kaum eine Änderung erfahren, mußte das Handwerk eine starke Reduzierung seiner Preise vornehmen, wenn es Aufträge erhalten wollte. Die Zahlungsweise der Kund­schaft mar nach wie vor außerordentlich schlecht. Die Zahl der arbeitslosen Arbeitskräfte hat sich stark erhöht. In fast allen Handwerksberufen wurden weitere Gehilfenentlassun­gen nötig. Die Schwarzarbeit hat infolgedessen weiter er­heblich zugenommen. Die Löhne haben keine Änderung er­fahren.

Wie finde ich meinen Gepäckträger?

Nach der neuen Eisenbahnverkshrsordnung ist Ser Ge­päckträger verpflichtet, bei Uebernahme bes Gepäcks dem Reisenden einen Zettel mit Nummer auszuhändigen, damit das Auffinden des Gepäckträgers dadurch erleichtert wird. Im eigenen Interesse des Reisenden empfiehlt es sich, daß er auf Aushändigung des Nummerzettels besteht, falls der Gepäckträger es einmal vergessen sollte.

Wetter sür Samstag und Sonntag.

Unter dem Einfluß eines von England vorbringenben Tiefdruckfeldes ist für Samstag und Sonntag vorwiegend bewölktes und zu Niederschlägen geneigtes Wetter zu er­warten.

Emmingen, 3. Sept. Auf Anordnung des Oberamtsarzt wurde die hiesige Schule wegen Diphtherie und einer a Hautkrankheit vorläufig auf 14 Tage geschloffe . Stuttgart, 3. Sept. Bei einem auf der Kreuzui

und Wilhelmstraße in Feuerbach erfolgt« rwischen einem Lastkraftwagen und eine , ^ Jahre alte Lenker des letzter«

"^unerhebliche Kopfverletzung zu. Auf der Kre «ung der Vachinger- und Ktrchstraße in Kaltental kam e d^nenkraftwagen ins Schleudern, wodurch er sich meh mals überschlug. Der 61 Jahre alte Fahrzeuglenker z« Ach innere Verletzungen z«.

SCB. Stuttgart, 3. Sept. Nach einem Erlaß des Finanz­ministeriums sind die staatlichen Besolöungskassen ange­wiesen, den Rest der vorauszahlbaren Dienstbezüge für den Monat September am 19. b. M. auszuzahlen.

wp. Stnttgart, 3. Sept. Unter überaus großer Beteili­gung der Landtagsfraktionen von politischen Verbänden und Vereinigungen, Kriegervereinen und sonstigen Korporatio­nen erfolgte am Donnerstag nachmittag die Beisetzung des verstorbenen Lanötagsvizepräsidenten und Gemeinderats Hermann Hiller auf dem Pragfriedhof.

SCB. Eßlingen, 3. Sept. Oberbürgermeister Dr. Lang v. Lange« hat in der letzten Zeit innerhalb der Stadtver­waltung zahlreiche Sparmaßnahmen durchgeführt. Durch Aufhebung und Nichtbesetzung verschiedener Stellen, durch straffere Zusammenfassung der Ämter und Zusammenlegung von Aufgabenkreisen gelang es ihm, eine jährliche Erspar­nis von über 87 909 zu erzielen.

SCB. Göppingen, 3. Sept. Heute nacht gegen 1 Uhr ist der ledige Architekt Julius Dangelmaier von Göppingen zwischen Bierenbach und Rechberghausen mit seinem Motor­rad an einer Kurve aus der Fahrbahn geschleudert worden und gestürzt. Er fiel dabei in einen Bach und war an­scheinend bewußtlos. Bis der unverletzte Soziusfahrer Hilfe geholt hatte, war Dangelmaier ertrunken.

SCB. Friedrichshafen, 3. Sept. Die Einnahme der Paß­stelle FriebrichShafen aus der 109-NM.-Nusreisegebühr be­trägt 1909 RM. Alle zehn Personen reisten über Friedrichs- Hafen nach der Schweiz oder Oesterreich. In Konstanz waren es 37 und in Freiburg 42 Personen.

Turnen und Sport

21. Deutscher Tnrntag

Die Deutsche Turnerschaft hielt im Turnsaal des Sport­forums in Berliu-Grunewalb den 21. Deutschen Turntag ab. Nach der Eröffnungsansprache des 1. Vorsitzenden, Staats- Minister a. D. Dominicus, referierte der dritte Vorsitzende, Dr. Thiemer-Dresden, über das Ausland und die Deutsche Turnerschaft. Insgesamt gehören der Deutschen Turnerschaft im Ausland 198 Vereine mit 21226 Mitgliedern an, die sich vor allem auf Brasilien, Chile, Nordamerika und Südafrika verteilen. Der Vortrag gipfelte in der Forderung, einen be­sonderen Kreis für diese Vereine mit der Bezeichnung Kreis Ausland ins Leben zu rufen, dem zugestimmt wurde. Ein Antrag Brandenburgs, die ohne die Zustimmung der Kreise erfolgte Aenderung des deutschen Turnabzeichens von rotweiß in blanweiß rückgängig zu machen, fand ebenfalls Annahme.

Im weiteren Verlauf der Tagung gab es verschiedene Entschließungen, von denen vor allem die gegen das Verbot der bayerischen Bischöfe eine besondere Bedeutung hat. Die bayerischen Bischöfe hatten nämlich in einer Entschließung sich gegen die Teilnahme von Frauen und Mädchen an einem Turnfest gewandt. Der Turntag war der Ansicht, daß in dem öffentlichen Auftreten von Frauen und Mädchen in Tur- nerinnenkleibung keine Gefährdung der Moral zu erblicken sei und wies diese Behauptung energisch zurück. Oberturn- wart Steüing berichtete dann über den Stand der Vorberei- tungsarbetten zu dem 15. Deutschen Turnfest 1933 in Stutt­gart. In nichtöffentlicher Sitzung wurde der Haushaltsplan für 1932 und 1933 beraten und die reine Kopfsteuer zur D. T. auf 69 Rpf. festgesetzt.

Im tropischen Australien

Ein Reise-Erlebnis, erzählt von Joseph M. Belte r.

Mit meinem Freunde Frank Michelis, dessen guten deutschen Namen die Leute in Townsville zuMeikeelis" und Mitschelis" verkehrt hatten, war ich durch Queensland nach dem tropischen Norden geritten. Wir hatten schon auf dem Anmarsch zum Lhnd-Flusse täglich annähernd 40 Grad Cel­sius gemessen. Das Reiten war zur Qual geworden. Und doch war die Hitze noch zu ertragen, weil sie trocken war.

Nun lagerten wir seit zwei Wochen schon am Flußuser selbst, inmitten eines von Eukalypten, Palmen und Leichardt- Pinien gebildeten Urwaldes, in dem Farne von unwahr­scheinlicher Höhe wucherten, Sarsaparillareben rankten und Schlingpflanzen aller Art, besonders Calmusrciben, die Bäume mit einem säst undurchdringlichen Geflecht überzogen. Hier am Fluß, in der Nähe des Wassers, war die Hitze un­erträglich. Feucht, dunstig, unsagbar drückend lag sie über der Landschaft. Gegen sieben Uhr morgens zeigte das Thermo­meter schon vierzig Grad. Um diese Zeit erhoben wir uns Lager, auf dem wir uns unruhig und nur im Halbschlaf während der Nacht gewälzt hatten. Schon das An­kleiden bedeutete Anstrengung. Der Schweiß begann in Strö­men zu fließen. Wenn es auf die Streife ging, troffen wir schon. Die Kleider waren warm, feucht, die Luft umgab uns wie ein Dampfbad. Nun, nach vierzehn Tagen der Qual fühlten wir uns völlig erschlafft, ohne alle Willenskraft. Stundenlang lagen wir im dürftigen Schatten einer Palme, immer kochender, entnervender stand die Luft um uns, kein Windhauch regte sich. Stöhnend, mit fieberglänzenden Augen lagen wir da, hilflos in der unerträglichen Hölle dieses Klimas.

Nachts, wenn die Temperatur etwas gesunken war, kam der Mut wieder, nein, nicht der Mut, nur die Erkenntnis, daß wie hier in wenigen Wochen zugrunde gehen müßten. Wir beschlossen, am nächsten Tage aufzubrechen. Kam dann der Tag, kam die Sonne und mit ihr die dampfende Hitze, die klebrige Feuchtigkeit, in der diese tropische Natur sproßte und trieb, dann lagen wir hilflos, ohne Mut und Kraft da, krank, wie gelähmt. Ueber uns schwirrte es von Weißen und schwarzen Kakadus, bunte, kleine Rosellapapageien huschten durch das Buschdickicht, in den Gründen lockten Kasuare, nichts berührte uns mehr. So vergingen die Tage. Sollten wir hier verkommen? Schon streckte der Busch seine tödlichen Krallen nach uns aus. Es mußte etwas geschehen.

In der Nacht die südlichen Sterne leuchteten hell, der Mond stieg hoch und warf lichten Schein in das bedroh­liche Dunkel des palmendurchzogenen Busches gingen wir zum Lynd-Flusfe, um zu baden. In den dunklen Zweigen der Bäume schrien fliegende Filme, fernher klangen der klagende Ruf der Mopoke oder der Schrei eines Brachvogels. Das Bad erfrischte. Wir beschlossen, am nächsten Tage fluß­abwärts zu streifen, um festzustellen, wo wir uns am besten mit den Pferden eine» Wea bahne« könnt«».

Geld-, Volks- und Landwirtschaft

Börsenbericht

SCB. Stuttgart, 3. Sept. Bei der heutigen Wiedereröff­nung der Börse kam es nur zu geringen Umsätzen. Das ge­fürchtete Angebot ist, wenigstens was den Rentenmarkt be­trifft, ausgeblieben. Nur für 8proz. Goldpfandbriese bestand lebhafte Nachfrage. Sie notierten 86 Proz. gegen 98 Pro» am 11. Juni. Zu stärkeren Rückschlägen kam es am Aktien­markt. Die Kurse lagen, so weit sie nicht ganz gestrichen wur­den, sehr stark unter der letzten Notiz; so notierten J.G.Far- Len 95 <21), Süöd. Zucker 89 (20,5), Darmstäöter Bank

76 (24), Deutsche Bank und Diskonto 75 l25), Commerz­bank 72 l25).

Die Namen «nserer Währungen.

Mark, Franc, Pfund usw., diese Bezeichnungen habe« alle ihre Geschichte. Das Wort Mark ist aus einem fran­zösischen Wort marc abgeleitet, das früher ein Stück Gold bezeichnete. Der Franc verdankt seinen Namen der latei­nischen InschriftFrancorum rex" (König der Franken); diese Inschrift befand sich auf alten Geldstücken. Das Pfund hat seinen Namen von dem Gewicht eines bestimmten Sil­berwertes in England. Die spanische Währungseinheit Pe­seta bedeutet etwakleines Stück". Der Rubel wurde ab­geleitet von dem slavischen Wort rubbi, das wir mitAus- zackung" übersetzen müssen. Verfolgt man die Geschichte der russischen Münzen zurück, so findet man die ersten Stücke tatsächlich mit Auszackungen hergestellt. Der holländische Gulden heißt auch Florin, und dieser Name kommt aus Florenz. Der portugiesische Excudo stammt von einem fran­zösischen Wort ecu, es bedeutet Wappenschild. Der deutsche Taler hieß ursprünglich Joachimsthaler. In Joachimsthal wurde Sen dort vorhandenen einstmals reichen Silberminen eine Münze angeschlossen, deren Produkte man einfach Joachimsthaler nannte. Davon blieb der Begriff Taler übrig. Dollar ist die amerikanisierte Form des Wortes Taler, ebenso bedeutet das skandinavische Wort rixdak nichts weiter als das deutsche Rcichstaler. Das Wort Rupie ist dem Sanskrit entnommen; es bedeutet dort eigentlich Vieh. Aber das Vieh galt einstmals in Indien als Geld im Tauschverkehr, und so blieb das Wort erhalte».

LC. Berliner Produktenbörse vom 3. Sept.

Weizen märk. 295297, Roggen märk. 168170. Ge»»« 152169, Hafer märk. 189139, Weizenmehl 25,5032,25, Roggenmehl 23,5026, Weizenkleie 11,5912, Noggenkleie 9,7510,25, Viktoriacrbscn 2228, Leinkuchen 13,7913,99, Trockenschnitzcl 6,896,99, Sojaschrot 12,19, Speisekartoffeln weiße 1,40IM, rote 1,501,60, gelbe 1)601,80. Tendenz: fester.

Stuttgarter Großmärkte

Kartoffelgroßmarkt aus dem Lconhardsplatz: Zufuhr 299 Zentner, Preis 33M RM. Mostobstmarkt auf dem Wil­helmsplatz: Zufuhr 809 Zentner, Preis 9,901,29 RM. j« für 1 Zentner.

Stuttgarter Schlachtviehmarkt.

Dem Donnerstagmarkt am städtischen Bich- und Schlacht- Hof wurden zugeführt: 6 Ochsen (unverkauft 3), 2 Bullen.

77 (40) Jungbullen, 52 (22) Rinder, 8 Kühe, 462 Kälber, 733 Schweine.

Früh am Morgen brachen wir auf. Die Gewehre hatten wir zwar bei uns, aber an Schießen dachte niemand. Flucht, nur Flucht aus dieser Hölle, aus diesem tödlichen, fieber­bringenden Klima war es, das uns trieb.

Tie Wildenten am Fluß lockten vergebens. Im Busch liefen Truthühner ihres Wegs, Koalabären trieben in den Kronen der Eukalypten ihr Wesen, und hoch im schmerzhaft Hellen Blau des Himmels zog ein Adlerhabicht seine ruhe­vollen Kreise. Dann tauchte im Halbdunkel des Busches ein Heller, beschopfter Kopf auf, ein Kasuar. Mochte er laufen!

Zwei Stunden später stießen wir auf eine Lagune,, in der es von Wildgeflügel wimmelte. Enten und Gänse, Peli­kane und Störche waren zu Tausenden hier versammelt. Mit geruhsamem Geschnatter zogen die Enten, weiß leuchteten die Uferbänke von Geflügel auf, ein so überwältigender Anblick, daß selbst unsere erschlafften Jägerherzen darüber schneller zu schlagen begannen. Mit einiger Vorsicht pirschten wir uns an die Lagune heran. Auf den flachen, schlammigen Ufern lagen vermorschende Baumstümpfe, die Ufer selbst waren mit einem leuchtenden Teppich von blauen und rosafarbigen Winden bedeckt. Am jenseitigen Ufer der Lagune neigten Palmen ihre Fächer über die bewegte Flut.

Ich wählte als Ziel eine starke Löffelgans, die unweit vorüber ruderte. Im Feuer aber geschah etwas, was uns mit plötzlichem Erschrecken, ja mit Entsetzen packte. Mit einem Schlage wurden die zahlreichen, vermodernden Baum­stämme lebendig. Sie schnellten herum, glitten über di« Schlammbänke und tauchten ins Wasser. Es waren Krokodile!

Jetzt erst sahen wir, wie das Wasser von Krokodilen wimmelte. Seit Jahrhunderten vielleicht waren die Stille und das Schweigen dieser weltentlegenen Lagune nicht gestört worden. Jetzt aber wurden die Wasser lebendig, es plätscherte und ruderte darin. Ein Hexenkessel von widerlichen Rep­tilien war es. Und von seinen Ufern stob wie eine rauschende, tosende Wolke das unzählige Heer der Vogelschwärme auf.

Schaudern packte uns. Wir hatten ahnungslos noch in der vergangenen Nacht in dem seichten, flachen Wasser des Flusses gebadet, in demselben Wasser, das hier von Kroko­dilen bevölkert war. Bleich vor nachträglichem Entsetzen blickten wir uns an. Stumm traten wir den Rückweg an.

Am Abend saßen wir über unsere Karten gebeugt. Um uns stand der tropische Urwald, schweigend und tödlich feucht. Riesige Fledermäuse schwirrten. Das Feuer warf einen tan­zenden Schein. In den Bäumen über uns trieb unsichtbares Getier sein gespenstisches, heimliches Wesen. Früh am Morgen sattelten wir die Pferde. Wir ritten auf Palmcrville zu, daS wir auf der Karte als bedeutende Stadt verzeichnet gefunden hatten. AIS wir es viele Wochen später erreichten, stellte es nch heraus, daß dieStadt" nur mehr aus zwei Bretter­hütten bestand. Es war ein ehemalige Goldgraberstadt. Die Palmer Goldfelder wurden aufgegeben, die Stadt verschwand. Nur noch die Holzstümpfe ragen aus dem Boden, auf denen «M dr« Häuser Pajmervilles ruhten.