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Nr. 202

Montag, den 31. August 1931

Jahrgang 104

Die Wirlschaftsberatungen des Reichskabinetts

Keine Bankenaussicht, aber ein Einsichtsrecht des Reiches Herabsetzung der

Freigrenze in der Devisenbewirtschaftung

TU. Berlin, 81. Aua. Der Wirtschaftsausschuß des Reichskabinett hat am Samstagmittag sein Beratungen, die sich mit -er Bankenaufsicht und dem Schicksal der Dresdener und der Danatbank befaßten, beendet. Eine amtliche Verlaut­barung über die letzte Sitzung und den Verhandlungsgcgen- stand wird nicht hcrausgegeben. Ueber den Wiederzusammen­tritt des Wirtschaftsausschusses verlautet nichts.

Aus zuverlässiger Quelle erfährt Sie Telegraphen-Union, daß das Kabinett sich nicht zu einer direkten Ban­ke n a u f s i ch t nach dem Vorbild Amerikas entschließen wird, da der größte Teil der Sachverständigen sich gegen ein derartiges Aufsichtsrecht wendet, weil es praktisch nichtöurchführbar zu sein scheint. Man wird sich viel­mehr mit einem Einsichtsrecht des Reiches in bestimmten Fällen begnügen. Für die Pcrsonalfragen bei den beiden Großbanken will das Kabinett lediglich Richtlinien aufstellcn und Einzelheiten den Generalversammlungen überlassen.

Aufruf der Devisenbestände über 1000 Reichsmark ImDeutschen Reichsanzeiger" wird die dritte Verord­nung des Reichspräsidenten über die Devisenbewirtschaf­tung veröffentlicht, in der die Devisenbestände im Nenn­betrag von über 1000 Reichsmark aufgerufen werden, die durch den Aufruf in der ersten Durchführungs­verordnung zur Kapitalfluchtverordnung vom 21. Juli 1981 nicht erfaßt worden sind. Für die durch die zuletzt genannte Verordnung bereits erfaßten Anmeldepflichtigen gilt der neue Aufruf nur für die Goldbestände und für solche aus­ländische Wertpapiere, die anders als gegen ausländische Zahlungsmittel oder Forderungen in ausländischer Währung erworben worden sind. Die wichtigste Neuerung an dieser jüngsten Verordnung ist die Herabsetzung der Frei­grenze des Paragraph 11 der Deviscnbewirtfchaftungsver- ordnung von 3090 NM. ans 1000 NM. Anmeldestellen sind wie bisher die Neichsbank und die von ihr ermächtigten Kreditinstitute.

Diskontsenkung wahrscheinlich noch vor Börscneröffnnng Bei der Begründung der letzten Diskontermäßignng hatte die Neichsbank betont, daß sie es als eine ihrer wich­tigsten Aufgaben ansehe, weitere Diskontcrmäßigungen zu ermöglichen. Der Zeitpunkt für eine neue Diskonter­mäßigung ist jetzt in unmittelbare Nähe gerückt. Die Ultimobeansprnchung der Neichsbank wird sich voraussichtlich

TU. Genf, 80. Aug. Die deutsche Abordnung für die Genfer Tagungen ist am Sonntag mittag in Genf einge- trofsen. Sie umfaßt einschließlich des technischen Personals über 60 Personen und übersteigt damit an Stärke die deutsche Abordnung für die vorjährige Völkerbundsversammlung. Mit dem gleichen Zuge traf auch der österreichische Außen­minister Schober in Gens ein. Auf der Fahrt zwischen Zürich und Genf ^hat der österreichische Außenminister Dr. Eurtius in seinem Sonderwagen ausgesucht. Es fand eine mehrstündige Unterredung zwischen den beiden Außen­ministern statt, die in erster Linie den bevorstehenden Ver­handlungen des Völkerbundsrates über die deutsch-öster­reichische Zollunion galt. Eine zweite Besprechung fand gestern nachmittag im Hotel Metropole statt. Auch sie hat in erster Linie den bevorstehenden Verhandlungen des Rates über den deutsch-österreichischen Zollunionplan gegolten. Wie verlautet, sollen gegenwärtig Bestrebungen im Gange sein, eine unmittelbare Stellungnahme des Rates zu dem deutsch-österreichischen Zollunionplan in der

Weise zu vermeiden, daß dieser Plan in die eingelciteten Verhandlungen des Ausschusses der wirtschaftlichen Sach­verständigen der Europa-Kommission zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit der Regierungen und Verständigung auf zollpolitischem Gebiet angegliedert wird.

Der Generalsekretär »es Völkerbundes gegen «eitere H »»«sfchiebung -er Erörterung über die Zollunionssrage

Nach in Genf eingetroffenen Mitteilungen soll das Gut- achten des Haager Gerichtshofs über den beutsch-öster- Z"llunionsplan am 2 . September beim Bölkerbu-ndssekretariat eintreffen. Der Haager Gerichtshof hatte ursprünglich dem Generalsekretär mitgeteilt, daß in­folge der ausgedehnten Plaidoyers die Erstattung des Gut­achtens nicht vor dem 6. September möglich sein werde. Der Generalsekretär -es Völkerbundes hat jedoch den Haager

wieder in normalen Bahnen beivegen. Da auch die Still- haltcverha-ndlungen ein gutes Stück vorwärts gekommen sind, ist anzunehmen, daß sich die Reichsbank nach Bekannt­gabe des MtimoausweiseS, der am 2. September vorltegen wird, zu einem neuen Diskontabbau entschließen wird.

Neuregelung der Kurzarbeiterunterstützung

DerDeutsche Rcichsanzeiger und Preußische Staats­anzeiger" veröffentlicht eine Verordnung über Kurzarbeiter­unterstützung des Verwaltungsrates der Reichsaustalt für Arbeitsvermittlung. Die Verordnung tritt am 31. August in Kraft. Dadurch treten mit dem gleichen Tage alle bisherigen Vorschriften über Kurzarbeiteruntersttttzung außer Kraft.

Personalwechsel im-Auswärtige« Amt.

Der Gesandte Mayer ist zum Ministerialdirektor und als Nachfolger des Ministerialdirektors Trautmann, der deutscher Gesandter in China geworden ist, zum Leiter der Ostabteilung beim Auswärtigen Amt ernannt worden.

^ Neuer Antrag auf Reichstagseinberufnng

Die kommunistische Reichstagsfraktion beabsichtigt einen neuen Antrag auf Einberufung des Reichstags zu stellen, um eine möglichst baldige Beratung über den kommunisti­schen Antrag auf Aufhebung der Notverordnung über die Sicherung der Haushalte von Ländern und Gemeinden Her­beizuführen. Die Kommunisten werden zu diesem Zweck die Einberufung des Aeltestenrates des Reichstages beantragen. Diesem Antrag muß stattgegeben werden, wenn drei Mit­glieder des Aeltestenrates dafür eiutrctcn. Ueber diese drei Mitglieder des Aeltestenrates verfügen die Kommunisten schon allein. Der Antrag auf Rcichstagseinberufung bedarf dagegen der Zustimmung der Neichstagsmchrheit.

Waffensuchc ln Berlin.

In Zusammenhang mit den kürzlichen Schießereien am Bülowplatz veranstaltete die Berliner Polizei am Samstag morgen 6 Uhr eine umfassende Waffensuchc in der Kösliner-, Nostiz-, Markus- und Linienstraße. Beschlagnahmt wurden 14 Gewehre und Karabiner, 16 Revolver und Pistolen, eine Anzahl von Seitengewehren, Schlagringen, Stahlruten und eine größere Menge von Gewehr- und Pistolenmunition. Die von einem starken Aufgebot von Kriminal- und Schutz- polizcibeamten durchgeführte Durchsuchung hatte außerdem die Festnahme einer Anzahl von Personen zur Folge.

Gerichtshof dringend ersucht, das Gutachten einige Tage früher einznrcichen, damit der Völkerbundsrat, der am 1. September Zusammentritt, noch vor den Neuwahlen im Lause der nächsten Woche sich mit dem deutsch-österreichi­schen Zollunionsplan befassen könne, da eine weiter« Hinaus­schiebung der Erörterung dieser Frage nicht wünschenswert erscheine. Der Haager Gerichtshof hat daraufhin zugesagt, wenn irgendmöglich, das Gutachten noch bis zum 2. Septem­ber einznrcichen.

Briand kommt erst nächste Woche nach Genf.

Nach einer amtlichen Mitteilung aus Paris hat der be­handelnde Arzt Außenminister Briand am Samstag besncht und ihn auf gutem Wege zur völligen Gesundung angetrof­fen. Trotzdem sei es dem Arzt notwendig erschienen, Briand zu bitten, sich vor der Wiederaufnahme seiner vollen amt­lichen Tätigkeit noch eine Woche Ruhe zu gönnen. Unter diesen Umständen wirb sich Briand erst am 7. September nach Genf begeben. Bis dahin sollen Francois Poncet, Flan- din und Rollin Frankreich vertreten.

Eröffnung des siebenten europäischen Minderheiten- kongresses

Der siebente europäische Minderheitenkongreß ist am Samstag in Genf eröffnet worden. An dem Kongreß nehmen Vertreter von 40 europäischen Minderheiten aus 14 Staa­ten teil. Besonders stark sind die deutschen Minderheiten auf dem Kongreß vertreten, die die bekannten deutschen Minder­heitenführer aus der Tschechoslowakei, Rumänien, Polen, Ungarn. Lettland, Estland, Südslawien und Litauen ent­sandt haben. Der Kongreß wurde durch den Präsidenten Wilfanin deutscher Sprache eröffnet, der in großem Zügen die Aufgabe und Bedeutung -es MinderHeitenkongresses dar­legte und hierbei unterstrich, daß die Minderheitenbewegung nach wie vor von dem zähen, entschlossene« Willen zur nativ-

Tages-Spiegel

Der Wirtschaftsausschuß des Reichskabinetts hat eine Neichs- anssicht über die Banken abgelehnt, jedoch a» einem Ein» sichtsrecht -es Reiches festsehalten.

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Die Freigrenze in der Devisenbewirtschaftung ist von 8000 ans ibvo RM. herabgesetzt worden. Die Bedingungen für die Kurzarbeiternnterstützung wurden durch Neichsverord- nung verschärft.

I« Genf, wo morgen -ie Bölkerbnndsratstagung eröffnet wird, fanden erste Besprechungen zwischen den Ministern Dr. Cnrtius und Schober über zoll- und wirtschaftspolitifche Fragen statt.

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Der polnische Außenminister Zaleski betonte in Paris, daß die Bemühungen «m einen Nichtangriffspakt mit Rußland fortgesetzt werde« müßten.

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Die neue englische Regierung verfügt im Unterhaus über eine Mehrheit von 60 Stimmen. Wie verlautet, wird die Negierulrg -as Parlament «m weitgehende Vollmachten ersuchen.^

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Die Leipziger Herbstmesse, ei« Gradmesser für die Lage der deutschen Wirtschaft, hatte a« ihrem Eröffnungstage eine« außerordentlich ruhigen Geschäftsgang. Die Zahl der A«s- stellerftrme« ist «m 860 znriickgegangen.

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I« Berlin fand gestern der 21. Deutsche Turntag statt. Die Leichtathletik-Länderkämpse gegen England und die Schweiz nmrden von Deutschland gewonnen.

nalen Selbstbehauptung beseelt sei. Die fortgesetzten Be­drückungen und Verfolgungen der Minderheiten hinderten heute die Einigung Europas und drohten zu einer ernsten Gefahr zu werden.

Explosion in einem Verkehrsflugzeug

durch Fahrlässigkeit eines Passagiers TU. Fürth, 30. Aug. Ein aufregender Vorfall hat sich am Samstag nachmittag in dem Verkehrsflugzeug D 1727, das die Strecke MünchenNürnberg-Berlin befliegt, in der Nähe von Fürth ereignet. Ein Passagier rief im Wasch­raum der Maschine aus vorläufig unbekannten Motiven in 600 Meter Höhe eine Explosion hervor, die glücklicherweise keinen Schaden anrichtete. Der Täter wurde bei der Lan­dung in Fürth der Kriminalpolizei übergeben. Der Ver­haftete ist ein Metallschlcifer namens Hütte aus Obern­dorf bei Schweinfurt.

Wie die Polizeidirektion Nürnberg bekanntgibt, ist Hütte wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Nach seinen Angaben liegt dem Unglücksfall folgender Tatbestand zugrunde: Er hatte sich in den Waschraum zurückgezogen, um zu rauchen. Zugleich versuchte er, aus einer Flasche hochprozenti­gen Zwetschgenschnaps zu trinken. Dabei soll das alkoholische Getränk Feuer gefangen haben. Nach Ansicht der Polizei haben die Angaben des Täters eine gewisse Wahr­scheinlichkeit für sich, um so mehr, als er bei dem Unfall selbst Brandwunden erlitten hat. Erst die Untersuchung der Angelegenheit wird jedoch volle Klarheit bringen können.

Graf Zeppelin" auf Südamerika-Fahrt

TU. Friedrichshofen, 31. Aug. Das LuftschiffGraf Zeppelin" ist Samstag 21.36 Uhr zu seiner zweiten großen Südamerikafahrt unter persönlicher Führung Dr. Ecke- ners aufgestiegen. Das Luftschiff wird folgenden Weg ein- schlagcn: Nhonetal, Mittelmeer, Gibraltar, Kapverdische- und Kanarische Inseln. Das Luftschiff führt Brennstoff für 100 Stunden mit sich. Die Gesamtstrecke, die es zurücklegen wird, beträgt etwa 16 000 Kilometer. Letzte Nacht gegen 3 Uhr passierteGraf Zeppelin" die Kanarischen Inseln.

Taifun über China

Über 160 vvv Todesopfer?

TU. London, 31. Aug. Einer Reutermeldung aus Schang­hai zufolge, hat ein furchtbarer Taifun die Deiche des Großen Kanals" in der Provinz Kiangst zerstört, sv baß Hunderte von Quadratmeilcn mit dichtbevölkerten Städten und Dörfern sintflutartig überschwemmt worden sind. Mel­dungen aus Aangtschu schätze« die Zahl der Ertrunkenen auf über 100 000, während die Zahl der Obdachlosen in die Millionen geht.

Die Ausläufer des Taifun richteten auch in Schanghai und Nanking beträchtlichen Schaden an, doch sind i« diese» beide» Städte» keine Menschenleben zu beklagen.

Vor Beginn der Völkerbundsratstagung

Deutsch-österreichische Aussprache über die Zollunion Eröffnung des

Minderheitenkongresses