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^ 15 t) Mi 1 twoch. den 1. Juli 1931 Jahrgang 104

Die Meinungsverschiedenheiten in Paris

Frankreich bleibt hartnäckig Ein Appell Washingtons an die Weltmeinung?

Geringe Ausficht auf Verständigung -

TU. Washington 1. Juli. In den Abendstunden des Mon­tags gab Unterstaatssekretär Castle nach einer längeren Besprechung mit dem Präsidenten Hoover und dem stell­vertretenden Staatssekretär für die Finanzen, Mills, fol­gende Erklärung ab:

Alle Regierungen, mit Ausnahme der franzö­sischen, haben nunmehr dem Plan des Präsidenten Hoover zugestimmt. Einige Schwierigkeiten entstanden dadurch, die Haltung Frankreichs mit dem Geist des Vorschlags -es Prä­sidenten Hoover in Einklang zu bringen. Die Besprechungen des amerikanischen Botschafters in Paris» Edge, und des Schatzsekretärs Mellon mit der französische« Regierung wer­den fortgesetzt."

Diese Erklärung Hoovers macht die französische Regie­rung in unmißverständlicher Weise für die Verschleppung der erstrebten Einigung verantwortlich. Sie wird in maßgeben­den Kreisen dahin ausgelcgt, daß Hoover die Weltmei­nung gegen die Unnachgiebigkeit Frank­reichs aufrufen will.

Nach einer Meldung Berliner Blätter aus Washington wurden am Dienstag im Staatsdepartement die Punkte fest- gestellt, um die sich der Streit mit Frankreich dreht:

1. Amerika wolle, daß die dentsche Regierung de» unge­schützten Teils der Reparationen alsbald in voller Höhe zu Budget-Zwecken zurückcrhalte.

2. Daß die Zurückzahlung dieses Kredits in 25 Jahren er­folge. Man -eutete z» diesen Punkten an» daß man eventuell aus eine kürzere Zeit, etwa 10 oder 15 Jahre, hernntcrgehen werde, nicht aber auf 5 Jahre.

3. Die Frage des Garantiefonds gehe nicht Amerika au. Diese Frage muß Frankreich mit den übrigen Uoungplan- gläubigern regeln.

Zusammenfallend wurde erklärt, man sei nicht entmutigt, sondern erhoffe eine baldige Einigung, da ein Fehlschlag katastrophal wäre. Die Berliner Blätter verzeichnen weiter in parlamentarischen Kreise» Washingtons umgehende, aller­dings unbestätigte Gerüchte, daß Hoover nicht nachgeben, aber auch Deutschland nicht im Stich lassen werbe. Er berate schon jetzt mit seinen amtlichen und parlamentarischen Mitarbei­tern, wie man Deutschland nötigenfalls ohne Frankreichs Mitwirkung helfen könne. Man stehe in Washington auf dem Standpunkt, daß Hoover die Ret­tungsaktion mit dem ganzen Gewicht seiner Stellung cinge- leitet habe und nun auck, durchführen werde.

Die Bcrzögerungspolitik der Franzosen droht den Stich­tag zu gefährden, den Hoover für seine Aktion ins Auge gefaßt hat, nämlich den 1. Juli. Allerdings ist die nächste fällige Rate, die Deutschland an die BIZ. zu leisten hat, am 1. Juli noch nicht fällig, da man sich seinerzeit im Haag dahin geeinigt hat, daß die deutschen Zahlungen jeweils in der Mitte des Monats erfolgen sollen. Die Ueberweisung, um die es sich handelt, brauchte also erst am 18. Juli erfolgest', nnd es wäre ohne weiteres denkbar, den Beginn des Welt- feicrjahres rückwirkend, so wie Hoover es gewollt, auf den 1. Juli festzusetzen.

Frankreich gibt nicht nach.

Zu der Unterbrechung Ser amerikanisch-französischen Ver­handlungen erklärte einer der beteiligten französischen Mi­nister folgendes: Washington hat nunmehr bas Wort. Man muß aber zugeben, daß Deutschland die Angelegenheit nicht erleichtert. Sicher sollte alles zum 1. Juli fertig sein, aber wir können nicht schneller gehen. Wir sind jedoch nach wie vor optimistisch über den endgültigen Ausgang der Verhand­lungen. Ministerpräsident Lava! betonte, daß er Mellon

in Uebereinstimnuing mit allen Regicrungsmitgliedern ge­antwortet habe. 4§r sagte wörtlich-Präsident Hov- vcr kann sich hinter seinen Kongreß ver­schanzen und ich verschanze mich hinter die Kammer, die ihrer Meinung Ausdruck gegeben hat. Ich fühle, daß wir an der äußersten Grenze der Zugeständnisse angclangt sind. Die französische Oeffcntlichkeit würde nicht begreifen, daß wir noch weiter gingen. Ich ^bleibe aufrichtig, aber fest."

Auch der Senat hinter Laval

Der französische Senat sprach gestern abend der Regie­rung mit 197 gegen S Stimmen bei etwa 100 Stimmenthal­tungen das Vertrauen auf Grund einer Tagesordnung aus, die von den Senatoren de Jouvenel und Victor Berard im Einvernehmen mit Ministerpräsident Laval ausgearbeitet war, die die Haltung der Negierung bei den Verhandlungen über den Hoovervorschlag billigt. Die Tagesordnung legt außerdem die Aufrechterhaltung der ungeschütz­ten Annuität fest.

In der Aussprache kam die Ansicht zum Ausdruck, die Ge­fahr einer Zahlnngsunterbrechung sei nicht abzuschätzen, die eines Moratoriums dagegen recht wohl. Viel besser würde Frankreich mit der strikten Beobachtung des Noungplanes fahren, der ja einen beratenden Ausschuß vorsieht, der Deutschlands Finanzlage zu untersuchen hätte. Mit einer Rückkehr zum Uoungplan und der Annahme eines Moratoriums hätte die Regierung in der Kammer eine homogenere Mehrheit gefunden. Millerand verlangte, daß die Regierung in ihren Besprechungen mit den deutschen Staatsmännern auch die Frage derOstgrenze anschncide. Der Moment sei gekommen, um vom Reich die Verpflichtung zu einem Ostlocarno zu erlangen.

Italien notifiziert seinen Verzicht.

Die amtliche italienische Agentur meldet: Während man erwartet, daß die gegenwärtig laufenden Verhandlungen so bald als möglich ein endgültiges Abkommen zwischen den interessierten Regierungen ergeben, hat die italienische Re­gierung, folgerichtig ihrer vollen und herzlichen Zustim­mung, dem Vorschlag des Präsidenten Hoover entsprechend, im Voraus dafür gesorgt, mit der Durchführung des ameri­kanischen Planes zu beginnen. Zu diesem Zweck hat der Außenminister nach Vereinbarung mit dem Finanzminister die Regierungen der Gegnerstaaten davon verständigt, daß die italienische Regierung die Summe«, die m«n ihr in An­wendung des Nonugplanes und des Haager Abkommens z«m 1. Juli schuldet, nicht einzusordern beabsichtigt. Gleichzeitig hat die italienische Regierung die Regierungen der Gläubi­gerstaaten davon verständigt, daß die Regierung, in Erwar­tung einer Entscheidung, die von Italien im gleichen Ber- falltermin geschuldete Summe zurück erhält.

Im Washingtoner Staatsdepartement wurde die Erklä­rung, wonach Italien von sich aus den Hooverplan bereits in Kraft gesetzt hat, äußerst beifällig ausgenommen. Man be­zeichnet das Vorgehen Italiens als einegroßartige Hand­lung", die von anderen Nationen <d. h. ziemlich unmißver­ständlich Frankreich) befolgt werden sollte.

Rene französische Botschafter für Berlin nnd Washington

In Washington verbreitete Gerüchte wollen wiffen, daß der französische Botschafter in Angora, Graf de CHam- brun, zum Nachfolger des französischen Botschafters bei der amerikanischen Negierung, Claudel, ausersehen ist. Die Gerüchte scheinen sich zu bestätigen. Man erwartet, -atz Claudel bald zum Nachfolger des französischen Botschaf­ters bei der Reichsregierung, de Margerie, ernannt wird.

Kommunistische Ausschreitungen in Berlin und Breslau

TU. Berlin, 1. Juli. Dienstag abend fanden in Ser Wil- mersdorfer Straße und in der Frankfurter Allee im Osten Berlins größere kommunistische Aufmärsche und Kundge­bungen statt, wobei Polizeibeamte tätlich angegriffen, mit Steinen beworfen und sogar beschossen wurden. Zu einem schweren Zusammenstoß kam es gegen 19 Uhr in -er Frank­furter Allee, wo ein Aufmarsch von 800 Kommunisten statt- fanü. Eine herbeieilenbe Polizeistreife rief sofort bas Uebcr- fallkommando an. Als dieses eintraf, wurden die Beamten mit Steinen beworfen und beschossen. Dabei wurde der Führer des Ueberfallkommandos, der Polizeioberwacht­meister Emil KuHseld, durch einen Bauchschuß schwer ver­letzt. Er wurde sofort in die Rettungsstelle gebracht, wo er verstarb. Den übrigen Beamten gelang es, die Menge durch Schreckschüsse auseinanberzntreiben, wobei 17 Personen festaenommen wurde». . - - .

Am Dienstag mittag kam es in Breslau am Ncu- markt zu Geschästsplünderungen durch kommunistische Er­werbslose. Trupps von 1820 Mann drangen in verschie­dene Geschäfte, Bäckereien und Fleischereien auf dem Neu­markt und in der Brette Straße ein und drohten die Läden zu plündern und zu demolieren, wenn ihnen nicht Lebens­mittel ausgehändigt würben. Die eingcschüchterten Ge­schäftsleute sahen sich gezwungen, Backware, Wurst und Fleisch an die Plünderer zu verteilen. Als ei» Ueberfall- kommando erschien, hatten sich die Erwerbslose» bereits ent­fernt. Die Polizei gibt über die Vorfälle einen Bericht aus, in dem nur von einemungebärltchen Benehmen von Käufern" gesprochen wirb. Die Ermittelungen sind sofort aufgenommen worben. Die -drohten Geschästsinha- ^r aber halten mit ihren Aussagen ans Furcht vor Len Plünderern, die immer noch in den angrenzenden Straßen in starker Anzahl vorhanden find, zitrück. Inzwischen sind starke Polizeikräfte bcreitgesteltt worben, um weitere Aus­schreitung«« M verhüten.

Tages-Spiegel

Die BcrhandlnngSpause in Paris hat z« keiner Entspannung der Lage geführt. Die amerikanische« wie die französische« Negiernngsvertrcter verharren hartnäckig a«f ihren Standpunkten, während die französische Presse sich bemüht, Dentschland in die Verhandlungen htneinznziehe«.

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Der französische Senat sprach -er Regierung Laval sei« Ver­trauen z« ihrer Haltung in de« Verhandlungen mit Ame­rika aus.

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Italien hat von sich ans, entsprechend dem Hooverpla», vor­läufig aus weitere Tributzahlunge« verzichtet.

Reichskanzler Brüning beabsichtigt, sobald es die außenpoli­tische Lage gestattet, eine« mehrtägigen Erholungsurlaub anzntrete«.

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In Wien wurde gestern der österreichisch-ungarische Handels­vertrag unterzeichnet.

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Zn schwere« kommunistischen Ausschreitungen kam es in Berlin nnd Breslau. Rach der Berliner Universität ist jetzt auch die Münchener Hochschule geschloffen worden.

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Der badische Landtag nahm die Wahl der neuen Regier««-

vor. Sie verlief programmäßig.

Botschafter Dr. Sthamer -st

TU. Hamburg, 1. Juli. Der frühere deutsche Botschafter in London, Dr. Sthamer, ist in der Nacht zum Dienstag einem Herzschlag erlegen. Friedrich Sthamer wurde am 24, November 1886 in Groß-Beüen im Lauenburgrschcn ge­boren. Nach vollendetem Studium war er Rechtsanwalt in Hamburg. Am 13. Juli 1904 wurde er Senator. Am 22. Dezenrber 1919 wurde er zum ersten Bürgermeister ge­wählt, aber bereits im Januar 1920 zum Geschäftsträger und später zum deutschen Botschafter in London ernannt. Diesen Posten bekleidete er bis Oktober 1930. Seitdem lebte er wieder in Hamburg.

In dem amtlichen Bericht über das Hinscheiöen Dr. Stha- mers heißt es u. a.: Dr. Sthamer hat durch seine gewinnende Persönlichkeit, sein klares Urteil und seine hervorragenden Charaktereigenschaften, die jedem, die ihn kannten, Achtung gebieten mußten, in den 10 Jahren, während derer ihm die Vertretung der deutschen Interessen an einem der wichtigsten Posten des Auswärtigen Dienstes «»vertraut war, seinem Baterlande unschätzbare Dienste geleistet. Wenn heute die Beziehungen zwischen Deutschland und England wieder ver­trauensvolle sind, so ist Las ohne Zweifel zu einem großen Teile Dr. Sthamer zu verdanken, dem unter den Männern, die nach dem Kriege für Deutschland gearbeitet haben, einer der ehrenvollsten Plätze gebührt. Die Reichsregierung, das Answärtige Amt und das ganze deutsche Volk werden ihm stets ein dankbares Andenken bewahren.

Grenzzwischenfall an der Weichsel

Drei Deutsche trotz Passierschein von polnischem Grenzbeam» te« verhaftet.

TU. Marienwerder. 1 . Juli. Wie dieWeichselzeftung" meldet, wurde am Montag abend der Deichgeschworene Mar­tins aus Ruönerweide mit seinen beiden Serien beim Ba- den in der Weichsel von einem polnischen Grenzbeamten widerrechtlich verhaftet. Es nutzte nichts, daß Martins dar- auf hinwies, daß er als Beamter des gemischten Deichans- schuffes das Recht habe, jederzeit die Grenze zu überschreiten und er außerdem noch einen für ihn und seine Söhne gül­tigen Grenzpassierschein vorwies. Der polnische Grenzbeamte wies alle Einwände mit der zynischen Bemerkung zurück, daß er nicht lesen könne. Wie verlautet, sollen die drei Deutschen nach Grünhof in der Nähe von Mewe verschleppt worden sein. Berständlicherweise Hat sich der Bevölkerung wegen dieser neuerlichen Rechtsverletzung und Unsicherheit an der Grenze eine ungeheure Erregung bemächtigt. Eine Verbindung mit den Verhafteten konnte trotz eifriger Be­mühungen bisher nicht hergestellt werden.

Sibirien-AlaskaCanada

Die amerikanischen Weltslieger in Canada TU. London, 1. Jnlt. Die beiden amerikanischen Flieger Cost und Gatty sind auf amerikanischem Gebiet gelandet. Sie trafen t» Nome auf Alaska ein nnd haben den Flug von Si­birien ans ohne Zwischenfall zurückgelegt. Nach kurzer Zwi- fchenlandung flogen die Flieger nach FairbankS anf Alaska und erreichten von hier aus Edmonton in der Provinz Alberta lCanaba).