Samstag, 12. Dezember 1953

Amtsblatt für den Kreis Calw

Nr 50 / Seite 3

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Wir können uns heute nur schwer vor- stellen, daß es in der Geschichte einmal Weih­nachten ohne Christbaum und Bescherung ge- eben hat. Kaum glaublich aber ist, daß der ichterbaum und der Brauch der Bescherung sogar unter Strafe einstens verboten waren.

Der Christbaum trat vom Elsaß aus um 1500 den Siegeszug durch Deutschland an. Sebastian Brant bezeugt 1494 in seinem Narrenschiff die Sitte, grünes Tannenreis in der Stube aufzu­stellen. In Schlettstadt schmückte man um 1600 das Grün mit Aepfein und Oblaten, welche die Kinder am Dreikönigstag plündern dürfen. Aehnliches wird um dieselbe Zeit aus Straß­burg berichtet.

Im 17. Jahrhundert wird aber von kirchlicher und staatlicher Seite her das Aufstellen des Lichterbaums verboten. Der Kirche erscheint der Lichterbaum als heidnisch-germanischer Lichtkult in veränderter Form, die Polizei ver­bietet die Aufstellung des Tannenbaumes wegen Gefährdung des Forstbestandes und wegen Brandgefahr in den Häusern. Doch segt sich trog des Verbots der Brauch weiter durch. Bereits bestehendes Weihnachtsbrauch­tum, wie die Weihnachtspyramiden im Erz­gebirge, im Vogtland, in Berlin und Hamburg, verhindern längere Zeit die Verbreitung des Ghristbaumes in diesen Landschaften.

Es gab sogar einmal eine Zeit, in der die Weihnachtsbescherung verboten war. Erlasse und Verordnungen von Fürsten und freien Städten aus dem 16. und 17. Jahrhundert stell­ten die Bescherung zu Weihnachten unter Strafe. Lebten die Fürsten auch recht üppig und gut, so war es den leibeigenen Untertanen nicht möglich, sich gegenseitig zu beschenken. Solche Feiern waren Privileg der Feudalherren. Das Schenken galt für andere als unnötige Geldverschwendung, und diese stand dem spar­samen Untertan nicht an.

Später duldeten leutselige Fürsten, daß man sich in der Familia beschenkte. Das Gesinde blieb jedoch weiterhin von der Bescherung ausgeschlossen. Nach vielen Gesindeordnungen wurde selbst derjenige mit Freiheitsstrafen be­droht, welcher den Bediensteten Weihnachts­geschenke gab.

Zu Pfefferkuchen und Nüssen kam im Laufe der Jahrhunderte für die Kinder reicher Eltern Nürnberger Spielzeug hinzu. Es war hand­werklich ge a rbeitet und für die große Masse des Volkes zu teuer. Es ist nicht einwandfrei festzustellen, seit wann zu Weihnachten be­schert wird. Im alten Rom beschenkt man sich am Neujahrstag und bei den Saturnalien, die am 17. Dezember gefeiert wurde; die Sklaven wurden von ihren Herren bewirtet. Eine Kin­derbescherung gab es jedoch nicht.

Die nordischen Völker kannten den Brauch des Schenkens am Fest der Wintersonnen­wende. In Ländern wie England und Frank­reich, in denen heute noch vorwiegend am Neujahrstag beschert wird, ist dieser Brauch auf alte römische Einflüsse zurückzuführen.

Arme Leute erhielten im frühen Mittelalter am Heiligen Abend vor den Klosterpforten und Kirchentüren Wein und Brot, Backwerk, auch Geld- und Kleidungsstücke.

Gesdiidite des Bohnerwachses

Vom Kerzenzieher zur Großindustrie

Wenn auch der berühmte Tempel Salomon bereits einen parkettähnlichen Fußboden auf­wies, so können wir kunstvolle Parkettfußböden erst in den Schlössern des Mittelalters. Zum Verlegen der Hölzer verwendete man Bienen­wachs, das - mit Terpentin verdünnt - auch zur Pflege diente. Je mehr sich aber auch das Bürgertum, insbesondere in Süddeutsch­

land, ein Parkett leisten konnte, um so größer wurde die Nachfrage nach den Vorläufern un­seres heutigen Bohnerwachses. Der Zunft der Kerzenzieher, die aus ihren Bienenwachsab­fällen eine Paste herstellten, erwuchs immer stärker eine Konkurrenz in den Drogisten und Seifensiedern, die Bienenwachs und Terpentin- oel zu gleichen Teilen mischten. Für die Her­steller war es eine feuergefährliche Angelegen­heit, für Pugfrauen eine so schwere Arbeit, daß noch heute der Begriffbohnern bei manchen Hausfrauen Schreckvorstellungen aus­löst. Aber sehr zu unrecht, wie sich gleich zeigen wird, denn in den legten 25 Jahren ist die Wachschemie zu einer Wissenschaft ge­worden und an Stelle der Kerzenzieher stellt eine große Industrie allein im Bundesgebiet jegt jährlich für etwa 63 Millionen D-Mark 27000 Tonnen Fußbodenpflegemittel her.

Pflanzen, Tiere und Chemie Ueber den Rohstoff von dazumal lächeln unsere heutigen Wachschemiker nachsichtig. Das industriell hergestellte Bohnerwachs be­steht zu etwa 25°/o aus Wachsgemischen und zu 75°/ 0 aus Lösungsmitteln. Da gibt es Hart- und Weichwachse, solche pflanzlichen, tieri­schen oder chemischen Ursprungs, und so enthält beispielsweise alleinSigella 13 ver­schiedene Wachsarten aus allen 5 Erdteilen. Die Glanzwachse mit bester Härte kommen aus Amerika, nämlich Candelilla- und Canaua- wachs. Für legeres hat Brasilien sogar ein Weltmonopol, es wird als Wachspulver von der Blattunterseite einer Palmenart gewonnen, während Candelilla von einer mexikanischen Grasart stammt. Aus Ostasien, insbesondere Indonesien, wird Paraffin bezogen, das etwas härter als das unsrige ist. Indischer Schellack, der an die Lackindustrie geht, muß bei der vorhergehenden Entfettung sein Wachs ablie­fern, und schließlich steuern die australischen Schafe ihr Wollwachs bei. Aus Deutschland stammt das Rohmontanwachs des mitteldeut­schen Braunkohlengebietes. Hier hat zwar die Ostzone eine Art Weltmonopol, aber nur im Bundesgebiet kann es gebleicht werden, es gilt dann als der beste Ersag für Canauawachs

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