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Samstag 21. März 1953,
Amtsblatt für den Kreis Calw
Nr. 12 / Seite 3
Wohnungsbauprogramms 1953, insbesondere bei der Erstellung der WE für Neuumsiedler und Sowjetzonen-Flüchtlinge, den Bau von Mehrfamilienhäusern in eigener Rechnung und, soweit dies möglich, auch im Auftrag von Gemeinden. Dabei geht sie von der Voraus- seßung aus, durch Bau von Mehrfamilienhäusern wesentlich Baukosten zu sparen. Dies wiederum zieht eine bessere Finanzierung und Wirtschaftlichkeit nach sich. Die Geschäftsführung der KBG. Calw hat in den vergangenen Wodien eingehende Berechnungen hierüber angestellt, und stellt das teilweise Ergebnis dieser Ueberlegungen im Folgenden den Wohnungsinteressenten und auch insbesondere den Herren Bürgermeistern zur Verfügung:
1. Durch den Bau von Mehrfamilienhäusern (mindestens 4 WE, höchstens 8—12 WE) wird die KBG. Calw in der Lage sein, unter Berücksichtigung abzuschließender Großaufträge und Rahmenaufträge, eine Baukostensenkung soweit durchzuführen, daß eine WE zu dem Preis erstellt wird, der durch die unter allen Umständen zu erzielende Wirtschaftlichkeit bedingt ist. Selbstverständlich kann dies nur möglich sein, wenn die betreffenden Gemeinden ihrerseits hinsichtlich der Bauplaßpreise, der Erschließungskosten, evtl. Bauholzverbilligungen usw. den sozialen Wohnungsbau auf das wärmste unterstüßen.
2. Bei diesen Mehrfamilienhäusern wird es notwendig sein, wie im Eigenheimbauprogramm, einen Teil der WE Neuumsiedlern und Sowjetzonen-Flüchtlingen zur Verfügung zu stellen.-
3. Die Finanzierung wird in allen Fällen durch die KBG. Calw bearbeitet und im Rahmen des Eigenkapitals durch folgende Mittel ausgeglichen werden:
a) Eigenkapital der Interessenten an einer Miet- bezw. Eigenwohnung - erforderlich sind durchschnittlich bei einfacher Bauweise ca. DM 3000.- bis 5000.-. (Bei geplanten Sonderprojekten mit höherer Baukostensumme pro WE, d. h. durchweg besserer Ausstattung unter Berücksichtigung besonderer Wohnbedürfnisse, ca. 3000.- bis 7000.-). Die Eigenmittel der Interessenten können, wie im Eigenheimbauprogramm, auch durch Arbeitgeberdarlehen, Verwandtendarlehen, Aufbaudarlehen, nach § 254 ff LAG., mittelfristigeZuschüsse aus Gemeindefinanzierungskassen od. Zurverfügungstellung verbilligten Bauholzes durdi die Gemeinde aufgebracht werden.
b) Einsaß v. 7-c-Mitteln, welche der KBG. Calw als Ueberbrückungskredit durch die Württ. Landeskreditanstalt bereits zugesagt sind oder von anderer Seite noch aufgenommen werden können.
c) Einsaß von Eigenmitteln der KBG. Calw zu verbilligten Zinssäßen.
4. Es ist beabsichtigt, einen Teil dieser WE als Eigenwohnungen nach Beendigung und Abrechnung der Bauvorhaben den Interessenten zum Kauf zu überlassen.
Evtl, können auch ganze Hausteile Käufern überlassen werden, wenn die Vorausseßungen hierfür gegeben sind.
Dies kann auch zur Folge haben, daß sich Baulustige, welche an einem Eigenheim interessiert sind, an diesem Programm beteiligen und dadurch die besonderen Vergünstigungen, welche eine größere Baustelle bietet, in Anspruch nehmen.
5. Die Mieten dieser in eigener Rechnung der KBG. Calw oder im Auftrag der Gemeinden durchzuführenden Bauvorhaben richten sich nach den allgemeinen Bestimmungen. Es ist beabsichtigt, die Eigenkapitalien der Wohnungsinteressenten in den Prozentsäßen zu tilgen, als die Wirtschaftlichkeit der geplanten Bauvorhaben es zuläßt.
(Wir bemerken hier noch ergänzend zu unseren Ausführungen unter I. Bau von Eigenheimen, daß nach unseren Berechnungen die Verzinsung des Eigenkapitals im Eigenheimbauprogramm 1953 kaum möglich sein wird.)
Das Büro der KBG. Calw steht den Wohnungsinteressenten zur Beratung jederzeit zur Verfügung. Wir bitten die Herren Bürgermeister, in den Gemeinderäten unsere Gesichtspunkte für den Bau von Miet- bzw. Eigenwohnungen in eigener Rechnung oder im Auftrag von Gemeinden zu erörtern und stehen zur Unterrichtung in Einzelfragen gerne zur Verfügung. Die Geschäftsführung der KBG. Calw gibt der Hoffnung Ausdrude, daß es gelingen möge, das Wohnungsbauprogramm 1953 für Einheimische, Heimatvertriebene, Neuumsiedler und Sowjetzonen-Flüchtlinge unter Einsaß intensiver Bemühungen erfolgreich durchzuführen.
Kreisbaugenossenschaft Calw e. G. m. b. H.
Im Dorfe der Vegetarier
In unserer Zeit, in der die Vegetarier-Bewegung für weite Kreise ein Begriff geworden ist, dürfte ein Bericht aus ihren Kindertagen interessieren, den wir einem Artikel aus „Ueber Land und Meer“, 1906, entnehmen:
*Auf schweizerischem Gebiet, unweit Brissago, lebt oberhalb von Ascona, von der übrigen Menschheit abgeschieden, in geräumigen eleganten Holzbauten eine kuriose Gesellschaft von Vegetariern. Männer und Frauen aus allen Teilen der Welt, Angehörige der verschiedensten Religionen, des mondänen Lebens müde, suchen hier geistige und körperliche Ruhe oder die verlorene Gesundheit in einer wirklich primitiven Lebensweise.
Ueber dem Toreingang zu einem großen, gutgepflegten Garten, in dem eine Anzahl größerer und kleinerer Häuschen im Villenstil liegen, steht in großen Lettern geschrieben: „Sanatorium Monte Veritä“ (Berg der Wahrheit). Ich wollte schon auf eines der Häuschen zugehen, als ich mich hei einer Wegbiegung einer menschlichen Gestalt gegenübersah: das Haupthaar in langen Locken auf die Schultern herabfallend, den Bart unbeschnitten lang wie das Haar, den Oberkörper in einem sackähnlichen Rocke steckend, ohne Kragen, einen Teil des Halses freilassend, die kurzen Hosen und die unbekleideten Füße, die in Sandalen steckten - beinahe eine biblische Erscheinung. Es war das Oberhaupt der Ansiedlung, Henry Oedenkoven.
Die Gesellschaft der Vegetarier des Monte Veritä hat die gesellschaftliche Gruppierung der Vegetarier sowohl hier als auch später in andern Ländern zum Zwecke. Davon überzeugt, daß die heute übliche Weise der Er
nährung, der Wohnung und Kleidung mit deren Folgen die Hauptursache der körperlichen und moralischen Entartung sowie der gesellschaftlichen Uebelstände sei, trachten die Vegetarier innerhalb ihrer Ansiedlungen soziale Einrichtungen auf vegetarischer Grundlage zu schaffen, die ihnen ermöglichen, mit den Naturgeseßen in besserem Einklang zu bleiben. Sie trachten den Beweis zu liefern, daß Vegetarismus die Gesundheit und das allgemeine Wohlsein erhöht, daß er in jeder Hinsicht ökonomischer ist als gemischte Nahrung, daß er die freiere Entfaltung harmonischen Lebens, die Entwicklung des Individiums fördert, daß er schließlich eine Lebensweise bietet, die jeden Fortschritt der Wissenschaft sowie Kunstgenüsse zuläßt; durch die vegetarische Lebensweise schwinden allgemach lästige und kleinliche Konventionen - an Stelle neidischen Wettbewerbs tritt brüderliche Mitarbeiterschaft, an Stelle gezwungener Arbeit tritt die freiwillige Beschäftigung, . . . über Eifersucht, Neid und Eitelkeit triumphiert die Liebe.
Die Gesellschaft besteht aus ständigen, aktiven. und passiven Mitgliedern. Aktive und passive Mitglieder sind Personen, die sich für die Erfahrungen und Entwicklung der Gesellschaft interessieren und sie unterstützen.
Das geistige Leben dieser Vereinigung ist sehr rege. Kunst und Wissenschaft, der Zusammenhang von naturtreuem Leben und wahrem Kulturleben, harmonische Tätigkeit, Weltanschauung, kurz alles, was anregt, wird durch Vorträge oder in Gesprächen gepflegt. Der Wahlspruch dieser Menschen ist: „Wahrheit in jeder Hinsicht soll erster Lebensgrundsaß sein.“
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