7. Juli 1951
Amtsblatt für den Kreis Calw
Kampf dem Unkraut
Wenn der Gartenbesitzer mit schmerzendem Rücken sein soeben gesäubertes Gartenbeet betrachtet, so muß er sich dessen bewußt sein, daß auf einem Quadratmeter Boden 10 000 bis 20 000 Unkrautsamen in Reserve liegen, die dafür sorgen, daß die Jätarbeit für ihn nicht abreißt.
Weit schwieriger als im Garten ist die Unkrautbekämpfung in der Landwirtschaft. Die durch Unkraut bedingten Ertragssenkungen werden in ganz Deutschland auf jährlich 4 bis 5 Millionen Tonnen Getreide und 10 bis 11 Millionen Tonnen Hackfrüchte geschätzt — in Geldwert ein Milliardenverlust für die deutsche Volkswirtschaft!
Die Unkräuter machen den Kulturpflanzen Nahrung, Wasser, Licht, Standraum usw. streitig. Durch natürliche Auswahl gut zum Daseinskampf gerüstet und durch ihre sehr große Anpassungsfähigkeit setzen sie sich den Nutzpflanzen gegenüber, unter denen sie wachsen, immer wieder erfolgreich durch. Ihre Wachstumsgebiete vergrößern sich rasch; Wind und Wasser tragen ihre Samen weit umher. Das meiste zu ihrer Verbreitung tut jedoch der — Mensch: Er verwendet verunreinigtes Saatgut nicht nur im eigenen Lande, sondern verschickt es auch weit in die Welt hinaus!
Eine normale aus 3 bis 5 Millionen Körnern je Hektar bestehende Getreideaussaat kann von den im Boden enthaltenen Unkrautsamen bis zum 50fachen übertroffen werden.
Unkrautsamen besitzen eine zähe Lebenskraft. Versuche haben gezeigt, daß noch nach 25 und mehr Jahren die meisten Samen gesund und keimfähig sind. Ackersenfsamen z. B. war noch nach 70 Jahren keimfähig!
Die Samenproduktion des Unkrautes ist ungeheuer groß. Die geruchlose Kamille z. B. erzeugt in einem Jahr 80 000—250 000 Samen. Den ausgesprochenen Samenunkräutern stehen die sich in der Hauptsache durch unterirdische Ausläufer vermehrenden Unkräuter in ihrer Ausbreitungsfähigkeit nicht nach. Norwegische Untersuchungen auf einem mit Quecke durchseuchten Boden ergaben folgendes Bild: Auf 1 ha Boden 290 Doppelzentner Queckenwurzelausläufer mit einer Gesamtlänge von 4950 km
(= ein Achtel des Erdumfanges) und 259 Millionen austriebsfähige Knospen. Diese 290 Doppelzentner Wurzelausläufer entziehen dem Boden eine Nährstof fmenge von etwa 15 Doppelzentnern Nitrophoska und haben einen Wasserverbrauch von 3000 cbm.
Die Unkräuter schaden unsern weit bescheideneren Kulturpflanzen aber nicht nur beträchtlich als Nährstoff- und Wasserräuber, sie können auch für die Garten- und Feldfrüchte als Überträger von Krankheiten und Schädlingen recht gefährlich werden. Viele Unkräuter sind Wirtspflanzen für Erdflöhe, Läuse und Käfer, andere übertragen Pilzkrankheiten, wie Mehltau und Rost, wieder andere vermindern den Wert des Erntegutes. Der Wachtelweizen z. B. gibt dem Mehl eine schlechte Farbe, Lauch und Hellerkraut verursachen einen unangenehmen Mehlgeschmack. Die im Getreide vorkommende Haftdolde macht das Bier bitter. Giftige Unkräuter rufen bei unsern Nutztieren oft schwere gesundheitliche Schädigungen hervor.
Die bisherigen Unkrautbekämpfungsmöglichkeiten in der Landwirtschaft — einmal die rein mechanischen Maßnahmen, wie Bodenbearbeitung, Hacken, sachgemäße Fruchtfolge usw., zum andern chemische Unkrautbekämpfungsmittel, die nur zum Teil die an sie gestellten Anforderungen erfüllten —, gewährleisteten keinen durchgreifenden Erfolg.
Erst mit dem 1949 von der BASF herausgebrachten Unkrautbekämpfungsmittel „U 46“ erhielt die Landwirtschaft ein sicher wirkendes und verhältnismäßig billiges Produkt. Es ist ein Wuchsstoff, der fast alle zweikeimblättrigen Pflanzen zum Überwuchs anregt und sie dadurch zum Absterben bringt. Versuche ergaben, daß mit 1 kg „U 46“ je ha 6,25 Doppelzentner Getreide mehr erzeugt werden können. Das Mittel ist im Gebrauch ungiftig für Mensch und Tier, greift die Spritzgeräte nicht an und ist wenig abhängig vom Wetter oder vom Wachstumsstadium des Unkrautes. Im Hackfruchtoder Gartenbau darf man es jedoch nicht anwenden, da es außer Getreide und Gräsern alle anderen Pflanzen vernichtet oder sie zumindest stark schädigt. Rr.
Blick ins Land
Trossingen. Direktor Ernst Hohner, der mit seinen Vettern zusammen die größte Mundharmonika- und Akkordeonfabrik der ganzen Welt leitet, wurde 65 Jahre alt. Trossingen verdankt ihm u. a. die Städtische Musikschule, das einzige Musiklehrerseminar für Harmonikainstrumente in Deutschland.
Konstanz. Die starken Regenfälle der letzten Zeit haben am Bodensee eine ernste Hochwassergefahr verursacht. Besonders auf der Schweizer Seite ist der Untersee schon beträchtlich über die Ufer getreten.
Sigmaringen. Die Vertreter der Handels- und Gewerbevereine von Nord- und Süd-Württemberg faßten den einstimmigen Beschluß, sich zu einem einheitlichen Landesverband zusammenzutun. Die Konstituierung des neuen Landesverbandes soll am 28. Juli 1951 in Ulm stattfinden.
Tübingen. Laut Mitteilung des Landesarbeitsamtes Tübingen gingen im Verlauf des vergangenen Vierteljahres insgesamt 60 Erwerbstätige aus Württemberg - Hohenzollern ins Ausland, um dort Arbeit aufzunehmen.
Friedrichshafen. Die „Bodensee-Woche“ findet vom 28. Juli bis 4. August statt. Man rechnet mit einer Teilnahme von 140 Booten.
Stuttgart. Die Eisenbahndirektion Stuttgart führt im Juli, August und September an jedem Nachmittag, mit Ausnahme der Sonntag-Nachmittage, Sonderfahrten nach täglich wechselnden Zielen aus, z. B. nach Schwäb. Hall, Freudenstadt, Wildbad und Bad Liebenzell.
Baden-Baden. Die neu eingerichtete Rheuma- Heilstätte „Höhenblick“ mit rund 100 Betten wurde jetzt ihrer Bestimmung übergeben.
Baden-Baden. Der Rundfunkrat des Südwestfunks hat beschlossen, 14 Tage vor der Volksabstimmung am 16. September eine Wahlsendung einzuführen, in der abwechselnd die Altbadener und die Anhänger des Südweststaates sprechen sollen.
Arbeitskräfte gesucht
Nebenstelle Calw
Männlich: 1 Gärtnergehilfe (18—22 J.), 1 Gartenarbeiter nach Calw für wöchentlich 18 Stunden, 1 Pferdeknecht, 27 landwirtschaftliche Arbeiter, 1 Kunststeinmacher (Terrazzomacher), mehrere Maurer, mehrere Bauhilfsarbeiter nach Calw und Möttlingen, 5 Maler, 1 Möbellackierer, 1 Möbelschreiner, der nach Zeichnung arbeiten kann, für Etuisfabrik, 1 Möbelschreiner als Fertigmacher, 1 Bau- und Möbelschreiner, 2 Möbelschreiner, 1 Maschinenarbeiter (Holz), 1 Platzarbeiter für Sägewerk, 1 Autosattlermeister als Abt.-Leiter, 1 Elektroinstallateur (bis 20 Jahre), 2 erfahrene Automechaniker, 1 Rundschleifer (Mechaniker), 1 Beifahrer für Schlepper (ledig), 1 Bautechniker, 3 Bäckergesellen, 1 Hausdiener für Hotel (18—25 Jahre).
W e i b 1 i c h : 1 perfekte Stenotypistin, 2 perfekte Kontoristinnen, 1 Etuismacherin, 2 Köchinnen für Sanatorien, 3 Saaltöchter, 2 Ser-
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vierfräulein, 2 Büfettanlernlinge, 1 Wasch- und Bügelfrau in Hotelbetrieb, 1 Beiköchin, mehrere Küchenmädchen für Hotels, 14 Hilfsarbeiterinnen für Fabrikbetrieb in der Nähe Calw, mehrere Hausgehilfinnen für Geschäfts- und Privathaushalte.
Weitblick
Tokio. Die kommunistische Heeresleitung in Korea hat das Waffenstillstandsangebot der Vereinigten Nationen angenommen. Als Verhandlungsort schlägt sie einen Ort im Gebiet von Kaesong in der Zeit zwischen dem 10. und 15. Juli vor.
Pusan/Südkorea. In der südkoreanischen Hafenstadt Pusan protestierten Tausende von Südkoreanern gegen jeden Vorschlag für einen Waffenstillstand am 38. Breitengrad.
Bangkok. Der Aufstand der thailändischen Marine, die gegen die von der Armee und der Luftwaffe unterstützte Regierung revoltierte, scheiterte nach kurzen, blutigen Kämpfen.
Frankfurt/M. Auf dem 8. Internationalen Sozialistenkongreß in Frankfurt/M. wurde einstimmig beschlossen, die 1864 in London gegründete Sozialistische Internationale wieder zu errichten. Damit wurde der 8. Internationale Sozialistenkongreß gleichzeitig zum ersten Kongreß der wiedererrichteten Internationale. In ihren Statuten wurde festgestellt, daß die Internationale eine Vereinigung von Parteien sei, die für die Verwirklichung des demokratischen Sozialismus — Frieden — Freiheit — Demokratie — kämpft.
Bonn. Die Bundesregierung erblickt in der Tätigkeit der „Freien Deutschen Jugend“ (FDJ) einen Eingriff in die verfassungsmäßige Ordnung und hat daher die „FDJ“ verboten. Hamburg, die Länder Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben bereits Maßnahmen entsprechend dem Verbot der Bundesregierung gegen eine Betätigung der FDJ getroffen.
Berlin. Ferdinand Sauerbruch, der weltbekannte Chirurg, ist am 2. Juli 1951, einen Tag vor seinem 76. Geburtstag, verschieden. Seine Methode, durch Benutzung des Amputationsstumpfes die Prothesen beweglich zu machen, und seine Lungenoperationen machten ihn weltberühmt.
. Marktberichte Stuttgarter Schlachtviehmarkt
Auftrieb am Dienstag, 3. Juli: 1070 Rinder, 1054 Kälber, 22*6 Schweine, 4 Schafe.
Preise je Pfund Lebendgewicht: Ochsen: a 88—95, b 80—85; Bullen: aa 99—102, a 92—97; Färsen: aa 103 bis 107, a 93—101, b 80—90; Kühe: a 75—82, b 68—75, c 58—67, d bis 55; Kälber Sonderklasse über Notiz: a 119—125, b 110—119, c 100—108, d bis 90; Schweine: a und b I 106—109, b II und c 108—110, d, e und g I 100 bis 105, gll bis 98.
Stadt. Schlacht- und Viehhof Pforzheim Auftrieb am Dienstag, 3. Juli: Großvieh 87, Ochsen 13, Bullen 18, Kühe 17, Rinder 39; Kleinvieh 334, Kälber 120, Schafe 14, Schweine 200.
Preise pro Pfund Lebendgewicht: Ochsen: a 85—95, b 80—83; Bullen: a 95—104, b 88—94; Kühe: a 75—83, b 68—74, c 58—65; Rinder: a 95—103, b 88—94; Schweine: vollfette 114—115, vollfleisch. 114—115, fleisch. 110 bis 113, Sauen bis 100; Kälber: beste 118—128, gute 105—115, geringe bis 100; Schafe: 65—75.
Marktverlauf: Großvieh belebt. Kälber und Schweine langsam geräumt.
Pforzheimer Obst- und Gemüsemarkt
in der Woche vom 25. Juni bis 2. Juli 1951 Die angegebenen Verkaufspreise stellen lediglich die auf den jeweiligen Märkten festgesteliten Verkaufspreise dar und verstehen sich, wenn nicht anderes vermerkt, in Pfennigen für ein Pfund:
Obst: Äpfel 110, Aprikosen 110—115, Bananen 120 bis 140, Heidelbeeren 50—70, Himbeeren 80, Kirschen 30—50, Sauerkirschen 30—35, Johannisbeeren rot und schwarz 30—10, Orangen 110—120, Rhabarber 12—29, Stachelbeeren 40—45, Zitronen St. 20—25 Gemüse: Blumenkohl 40, Bohnen 75—100, Brb- sen 35—10, Gurken St. 50—80, Kartoffel neu 17—30, Kartoffel alt ;, Kchlräble 25—30, Karotten 10—23, Kopfsalat Ci. 10—18, Petersilie Bd. 10, Schnittlauch Bd. 10, Rettiche St. 20, Rettiche Bd. 10—20, Rotkraut 20—35, Bote Rüben Bd. 20, Tomaten deutsche 120 bis 135, Tomaten ausländ. 80—100, Wirsing 20, Weißkraut 18—25, Zwiebel neu 20—30, Zwiebel 'neu Bd. 20, Champignon 120.