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BEKANNTMACHUNGEN DES LANDKATSAMTES UND DER BEHÖRDEN
Calw
Ereiiag, 5. Januar 1951
Nr. 1
Aus der Arbeit des Landratsamts und des Kreisverbands Calw
Ein Rückblick auf das Jahr 1950 und ein Ausblick
Die folgende Abhandlung soll einen kurzen Überblick über die Arbeit des Landratsamts und des Kreisverbands im abgelaufenen Jaihr geben. Alle Aufgaben, die uns gestellt waren, aufzuzählen, ginge über den Rahmen dieser Abhandlung hinaus. Es sollen deshalb nur die wichtigsten Erwähnung finden.
Zunächst ist es mir eine Ehrenpflicht, allen Mitarbeitern im Landratsamt und im Kreistag, Kreisrat und Kreisverband, aber auch allen Bürgermeistern aufrichtigen Dank zu sagen für die von ihnen oft unter schwierigen Verhältnissen geleistete treue, gewissenhafte, pflichtbewußte Arbeit im Dienst der Allgemeinheit. Mein besonderer Dank gilt dem Kreisdelegierten, Herrn Oberst Blanc, für sein verständnisvolles Eingehen auf die Wünsche und Anliegen aller Teile der Bevölkerung und für seine von gegenseitigem Vertrauen getragene Zusammenarbeit mit allen deutschen Dienststellen des Kreises Calw. Er wird, wenn er demnächst den Kreis Calw verläßt, viele aufrichtige Freunde und nicht wenige Menschen zurücklassen, die ihn wegen seiner menschlichen und beruflichen hervorragenden Eigenschaften in dankbarer Erinnerung behalten werden.
Die Notwendigkeit, zu einer Neubildung des Kreises Calw im Zusammenhang mit der Schaffung des Südweststaats Stellung nehmen zu müssen, ist uns im Jahr 1950 noch einmal erspart gebheben. Zwar hat die Denkschrift der Stadt Pforzheim, die 38 Gemeinden des Kreises uns zu entreißen strebt, manchen Staub aufgewirbelt. Die Gemüter haben sich inzwischen wieder beruhigt. Jedenfalls aber wird die Verwaltung des Kreises auch in der Zukunft auf der Hut sein, um den Bestand des Kreises in seiner jetzagen oder in einer berichtigten Gestalt, nicht gefährden zu lassen.
Eine der Hauptaufgaben des abgelaufenen Jahres war die Durchführung des Wohnungsbauprogramme, das nicht in allen Teilen befriedigt hat. denn einmal ist es viel zu spät angelaufen: Die ersten maßgebenden Bestimmungen kamen erst gegen Ende April heraus, und dann sind durch eine nicht immer ganz geschickte Werbung Hoffnungen erweckt worden, die bei der großen, aus der Wohnraumnot geborenen Baulust einerseits, und dem Mangel an den erforderlichen Mitteln andererseits nicht erfüllt werden konnten. Immerhin sind im abgelaufenen Jahr insgesamt 710 Wohneinheiten gefördert worden, die zum Teil schon bezogen, zum Teil im kommenden Frühjahr bezugsfertig sind. In diesem Zusammenhang sei nachdrücklich davor gewarnt, auf das Bauprogramm 1951 allzu große Hoffnungen zu setzen. In erster Linie werden jetzt die Bauvorhaben zum Zug kommen, für die im Jahr 1950 eine Förderung 'beantragt, aber aus Mangel an Mitteln nicht genehmigt worden ist. Ob für neue Bauvorhaben dann noch Mittel vorhanden sein werden, wird sich erst nach Veröffentlichung des Bauprogramms 1951 feststellen lassen.
Einen Gegenstand besonderer Sorge bildete auch im Jahr 1950 die Unterbringung
der Ausgewiesenen. Waren es im Jahre 1949 noch 1803 Menschen gewesen, die bei uns Heimat. Arbeit und Wohnung finden sollten, so betrug deren Zahl im abgelaufenen Jahr immer noch 1356 . Die Unterbringung war noch wesentlich schwieriger als im Vorjahr. Denn abgesehen davon, daß der Kreis Calw verhältnismäßig wenig Arbeitsmöglichkeiten bietet — gehen doch täglich Tausende von Pendlern über die Grenzen des Kreises hinaus, um Arbeit und Brot zu finden — sind auch die Möglichkeiten einer einigermaßen menschenwürdigen Unterbringung in den Gemeinden des Kreises erschöpft. Dies beweist die Tatsache, daß seit Monaten dauernd 100 bis 120 Menschen im Durchgangslager Wildberg untergebracht sind, ohne Aussicht, im Kreis Calw eine Lebensgrundlage zu finden. In diesem Zusammenhang sei besonders dankbar anerkannt, daß viele Bürgermeister und Hausbesitzer sich in richtiger Würdigung der Notlage der Ausgewiesenen nicht ohne Erfolg um deren Unterbringung bemüht haben. Es soll aber auch nicht verschwiegen werden, daß in manchen Fällen Verständnislosigkeit und Kirchturmspolitik sowie eine gewisse Scheu vor der Verantwortung manche kaum zu überwindenden Schwierigkeiten bereitet haben. Es wäre aber zu wünschen, daß die mit der Lösung dieses Problems befaßten deutschen Dienststellen sich bei ihren Maßnahmen nicht bloß von statistischen Feststellungen, sondern auch von anderen Gesichtspunkten (nicht bloß Wohnraum — sondern auch Arbeitsbeschaffung!) leiten ließen und daß die für die Austreibung der Deutschen aus ihrer Jahrhunderte alten Heimat verantwortlichen ausländischen Dienststellen sich nun handelnd und helfend einschalten würden. Wenn hier nicht eine völlige Umkehr erfolgt, ist eine in ihrer Auswirkung heute noch nicht übersehbare Katastrophe, nicht für Deutschland, sondern für Europa unvermeidlich.
Die Aufgaben des Emährungs- und Wirtschaftsamts sind im Jahre 1950 zwar bis auf einen verschwindend kleinen Rest — Treibstoffbewirtschaftung, Schülerspeisung — weggefallen. Dagegen sind andere Aufgaben zu erheblichem Umfang angewachsen: Das Amt für Soforthilfe mußte in diesem Jahr 4376 Anträge für Hausratshilfe und 2479 Anträge für Unterhai tshilfe bearbeiten. Die ausbezahlte Summe mit rund 1,5 Millionen DM stellt zwar einen erheblichen Betrag im Haushalt des Kreises dar, reicht aber bei weitem nicht aus. um das Verlorene zu ersetzen oder auch nur die Not zu beheben. Wir müssen uns aber darüber klar sein, daß das gewaltsame verstümmelte, wirtschaftlich geschwächte, durch den Krieg schwer mitgenommene, von einem großen Teil seiner Nah- rungs- und Rohstoffquellen abgeschnittene Deutschland nicht das leisten kann, was dem imberührten freien Deutschland nicht hätte zugemutet werden können.
Nicht ohne Bedauern muß festgestellt werden, daß die Tätigkeit der Requisitions- abteilung nur kaum bemerkbar abgenommen hat. Diese Tatsache beweist, daß die Beanspruchung von Wohn- und Geschäftsräumen für Zwecke der Besatzungsmacht und der IRO immer noch sehr groß ist und manchmal Ausmaße annimmt, die im Hinblick auf die weltpolitische Lage nicht ohne weiteres verständlich sind.
Der Kreistag trat in diesem Jahr zweimal: am 4. April in Nagold zur Beratung eines Nachtragshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1949, am 30. November in Calw zur Beratung des Haushaltsplans 1950 zusammen. Sitzungen des Kreisrats fanden durchschnittlich einmal im Monat statt. Neben den Vorarbeiten für den Haushaltsplan waren hier noch andere wichtige Fragen zu entscheiden. Eine Besichtigungsreise des Kreisrats, die über weite Strecken der in der Unterhaltung des Kreisverbands stehenden Land
Lelzte Kreisratssitzung vor Jahresschluß
In einer Sitzung unter dem Vorsitz von Landrat Geißler beendete der Kreisrat am Freitag, den 29. Dezember seine Arbeit im vergangenen Jahr.
Der Kreisverband ist schon seit längerer Zeit bemüht, seine Beziehungen zu den Chef- bezw. leitend. Ärzten der Kreiskrankenhäuser vertraglich zu regeln. Dabei handelt es sich weitgehend darum, einem bereits seit vielen Jahren bestehenden tatsächlichen Zustand auch noch eine rechtliche Grundlage zu verschaffen. Nach längeren Verhandlungen ist es nun gelungen, zunächst mit zwei der Herren Ärzte zu einer Einigung über den abzuschließenden Dienstvertrag zu kommen. Auf Grund einer Ermächtigung des Kreistags genehmigte der Kreisrat den Abschluß der vorgesehenen Verträge.
Die Erweiterung des Kreiskrankenhauses Calw war ebenfalls wieder Verhandlungsgegenstand. Der Träger des ersten Preises in dem Architekten-Wettbe-
werb, Architekt Herkommer aus Stuttgart, legte einen dem festgelegten verkürzten Bauprogramm entsprechenden neuen Planentwurf vor und gab die nötigen Erläuterungen hierzu. Der Kreisrat beschloß, zunächst einmal diesen Entwurf dem Innenministerium zur Begutachtung vorzulegen, zumal auch von seinem Einverständnis mit der Planung die Bewilligung eines Staatsbeitrags zu den Baukosten abhängt. Ferner wurde beschlossen, im Rahmen der vorhandenen Mittel jetzt schon Baumaterialien sowie das für die hygienischen und sanitären Einrichtungen erforderliche Zubehör anzuschaffen.
Der übrige Teil der Sitzung war der Be« handlung von Beitragsgesuchen, Personal- Sachen und sonstigen innerdienstlichen Angelegenheiten gewidmet.
Vor Schluß der Verhandlung sprach der Vorsitzende dem Kreisrat noch seine Glückwünsche zum Neuen Jahr aus, die von Bürgermeister a. D. Maier, Nagold, im Namen des Kreisrats erwidert wurden