Methoden der gesetzgebenden Tätigkeit des Kontrollrates
der engTTscfren and französischen so'w'fe zwischen der russischen und französischen Militärregierung vereinbarten Rückführung von Flüchtlingen aus der französischen in die englisch oder russisch besetzte Zone, hat das Landesdirektorium in Tübingen am 31. Mai 1946 eine Rechtsanordnung beschlossen.
Die Bestimmungen über den Personenkreis, der unter die Rechtsanordnung fällt, und die Gründe, die eine vdrläu- fige oder dauernde Befreiung von der Pflicht zur Rückkehr bewirken können, sind im wesentlichen dieselben wie bei der Rückführung von Flüchtlingen in die amerikanisch besetzte Zone (vgl. Naehrichtenblatt Nr. 60 vom 12. April 1946). Ebenso gilt auch hier der Grundsatz der Erhaltung der Familieneinheit. Das bedeutet, daß in den Fällen, in denen ein Haushaltungsvorstand in der französisch besetzten Zone verbleiben kann, auf Antrag Familienangehörige (Ehegatten, Eltern, Kinder, Pflegekinder, Geschwister und Geschwisterkinder), die zurückgeführt werden müßten, von der Rückkehrpflicht befreit werden können. Voraussetzung ist, daß bei Inkrafttreten der Rechtsanordnung ein gemeinsamer Haushalt oder eine gemeinsame Wohnung Vorlagen.
2. Für die Rückführung von Flüchtlingen in die englisch besetzte Zone ist bestimmt:
Die Rückführung beginnt am 10. Juni 1946. Sie erfolgt über das Lager Biberach. Von dort aus fahren Sammelzüge mit den Flüchtlingen nach der englischen Zone. Gestattet ist die Mitnahme von 100 kg Gepäck.
Anträge auf Befreiung von der Rückkehrpflicht sind bei Flüchtlingen (Evakuierten) aus der englisch besetzten Zone bis spätestens 24. Juni 1946 bei dem zuständigen Bürgermeisteramt einzureichen.
3. Flüchtlinge, die vor ihrer Evakuierung ihren Wohnsitz im Stadtgebiet Groß-Berlin hatten, sind vorläufig von der Pflicht zur Rückkehr ausgenommen. Die in Frage kommenden Personen haben einen Antrag auf Befreiung von der Rückkehrpflicht auf Grund dieser Bestimmung, mit dem Nachweis, daß sie vor der Evakuierung in Groß - Berlin wohnhaft waren, beim Bürgermeisteramt einzureichen.
Calw, den 8. Juni 1946
Landrats a-m t.
Krankenversicherungspflicht von Mitgliedern früherer Ersatzkrankenkassen
Wie bereits in der Tagespresse bekanntgegeben wurde, sind die Ersatzkassen mit Wirkung vom 1. 6. 46 an aufgelöst worden. Von diesem Zeitpunkt an sind alle nach der Reichsversicherungsordnung krankenversicherungspflichtigen Beschäftigten nur noch bei der örtlichen zuständigen Allgemeine*» Orte-
Der Kontrollrat verfügt wie folgt:
1. Der Kontrollrat übt seine gesetzgebende Gewalt in irgendeiner der folgenden Formen aus:
a) Durch Proklamationen, die Angelegenheiten von besonderer Wichtigkeit für die Besatzungsmächte oder das deutsche Volk verkünden.
b) Durch Gesetze, die zur allgemeingültigen Anwendung erlassen werden, soweit sie nicht anderes ausdrücklich bestimmen
c) Durch Befehle, falls der Kontrollrat Forderungen an Deutschland zu stellen hat, und diese nicht in Form eines Gesetzes erfolgen.
d) Durch Direktiven für die Bekanntmachung der allgemeinen Absichten oder Entscheidungen des Kontrollrates in verwaltungstechnischen Angelegenheiten.
e) Durch Instruktionen, falls der Kontrollrat unmittelbare Forderungen an eine besondere Behörde zu stellen hat.
2. Ausfertigung der Urkunden des Kontrollrates:
a) Pro k 1 a m ati on en und Gesetze werden von den Mitgliedern des Kontrollrates unterzeichnet.
b) Befehle werden von den Mitgliedern des Kontrollrates oder des Koordinationsausschusses unterzeichnet.
c) Direktiven und iDStruktio-
krankenkasse zu versichern. Die für die Versicherungspflicht bestehende Jahres- arbeitsverdienstgrenze wurde von 3600 RM. auf 7200 RM. heraufgesetzt, ab 1. 6. 46 sind also auch Beschäftigte, deren Einkommen bisher mehr als 3600 RM. jährlich betrug und die aus diesem Grunde versicherungsfrei waren, bei einem Jahreseinkommen bis zu 7200.— RM. versicherungspflichtig geworden und von ihren Arbeitgebern bei den Allgemeinen Ortskrankenkassen anzumelden. Alle Beschäftigten, sowohl Arbeiter als auch Angestellte, die bisher von der Versicherung bei den Allgemeinen Ortskrankenkassen entbunden waren, weil sie einer Ersatzkasse angehörten, sind somitabl. 6. 46beider zuständigen Allgemeinen Ortskrankenkasse anzumelden und dort zu versichern. Ihre Mitgliedschaft bei der Ersatzkasse endet damit auf 31. 5. 46, und zwar auch dann, wenn die versichernde Ersatzkasse ihren Sitz außerhalb der französischen Zone hat. Die Arbeitgeber werden ersucht, die hie- nach fälligen Anmeldungen umgehend vorzunehmen, damit m den Veveiehe-
n e n werden von den Mitgliedern des Koordinationsausschusses unterzeichnet.
d) In Abwesenheit eines Mitgliedes des Kontrollrates oder des Koordinationsausschusses kann sein Stellvertreter für ihn unterzeichnen.
3. Jede eingetragene oder veröffentlichte Urkunde des Kontrollrates muß als Überschrift das Wort „Kontrollrat“ tragen, und als Proklamation, Gesetz, Befehl, Direktive oder Instruktion gekennzeichnet und mit einer laufenden Nummer versehen sein und ferner das Datum des Inkrafttretens tragen. Wo immer möglich, soll ein kurzer Titel angeführt werden.
4. Der Hauptsekretär oder ein von ihm bevollmächtigter Stellvertreter kann die Richtigkeit von Abschriften von Proklamationen, Gesetzen, Befehlen, Direktiven mder Instruktionen sowie von Auszügen aus denselben beglaubigen und beglaubigte Abschriften dieser Urkunden aushändigen.
Ausgefertigt in B e r 1 i n, den 22. September 1945
(Die in den drei offiziellen Sprachen abgefaßten Originaltexte dieser Direktive sind von K o e 11 z, Armee-General; B. H. Robertson, Generalleutnant; V. Sokolovsky, General der Armee; und Lucius D. C1 a y, Generalleutnant, unterzeichnet.)
rungsverhältnissen keine Unklarheiten und für die Versicherten keine Nachteile entstehen. Soweit freiwillige Mitglieder von Ersatzkassen wegen ihren Versicherungsverhältnissen Zweifel haben, können sie sich vom Versicherungsamt oder den Allgemeinen Örtskran- kenkassen beraten lassen.
Die Mitteilung der Krankenkasse für Handwerk, Handel und Gewerbe in Württemberg u. Hohenzollern in Nr. 45 des Schwäbischen Tageblattes vom 7. 6. 46, wonach diese Kasse Mitglieder der aufgelösten Ersatzkassen aufnehmen könne, ist nur insoweit richtig, als es sich dabei um freiwillige Mitglieder der aufgelösten Kassen handelt. Alle nach § 165 der Reichsversicherungsordnung versicherungspflichtigen Beschäftigten sind jedoch bei den Allgemeinen Ortskrankenkassen zu versichern, weil sie ja — wie vorstehend ausgeführt — ab 1. 6. 46 kraft Gesetzes nur noch bei einer Allgemeinen Ortskrankenkasse versichert sein können.
Caiw, den 13. Juni 1946
Landratsamt — Versicherungsamt —