KREISNACHRICHTEN
Hagotöer Anzeiger C&liuei: (Pgblatt JSdjtünraujalb Crfjo
Unabhängige Tageszeitung und Amtsblatt für die Stadt und den Kreis Calw Gegründet 1826 / Nr. 5 Mittwoch, 8. Januar 1969 Einzelpreis 30 Pfennig 2 H 2033 A
Israels Presse: Paris ermutigt die Araber
De Gaulles Waffen-Embargo als „unfreundlicher Akt bewertet“
Paris/Tel Aviv (dpa). Frankreich hat über Israel ein fast vollständiges Waffenembargo verhängt. Zuständige Regierungskreise in Paris begründeten diese Entscheidung gestern mittag mit dem israelischen Angriff auf den Flughafen von Beirut. Dieser Angriff stehe nach französischer Ansicht in keinem Verhältnis zu dem von Israel angeführten Vorwand und sei dazu geeignet, das Konfliktgebiet im Mittleren Osten auszuweiten. Israel hatte die Zerstörung 13 arabischer Flugzeuge auf dem Beiruter Flughafen als Vergeltung für den Anschlag arabischer Terroristen auf ein israelisches Verkehrsflugzeug in Athen bezeichnet, bei dem ein Israeli ums Leben gekommen war.
In israelischen Zeitungen wurde das Embargo als ein „feindseliger Akt“ Staatspräsident de Gaulles gewertet, der die arabischen Staaten möglicherweise zu neuen Aktionen gegen Israel ermutigen könnte. Politische Kreise unterstrichen in Israel, daß sich das Land auch in Zukunft mit den notwendigen Waffen versorgen könne.
Die Morgenzeitung „Haaretz“ schrieb, Präsident de Gaulle sei wütend über die Entscheidung der Vereinigten Staaten, „Phantom“-Düsenjäger nach Israel zu liefern — als Ersatz für 50 französische „Mirage“, deren Lieferung Frankreich seit dem Juni-Krieg „eingefroren“ hat. „Dies und die Hoffnung, daß Frankreich eines Tages die Russen aus ihrer Einflußposition verdrängen kann, hat zu seiner (de Gaulles) Entscheidung geführt.“
Die Zeitung fährt fort: „Wir hatten keine Angst, als de Gaulle im Mai 1967 das erste Embargo erließ und wir werden auch diesmal irgendwie darüber hinwegkommen, trotz all der Schwierigkeiten ... Unsere Lage ist heute bei weitem besser als in der Vergangenheit. Die ständige Entwicklung der Verteidigungsindustrie macht uns von auswärtigen Lieferanten weniger abhängig. Aber wir werden niemals den feindseligen Akt von General de Gaulle vergessen, der
uns kapitulieren sehen möchte. Wir werden nicht kapitulieren.“
Von dem Embargo sind nach Angaben informierter Kreise in Paris Lieferungen im Wert von etwa 150 Millionen Francs (rund 120 Millionen Mark) unmittelbar betroffen, die Hälfte davon Ersatzteile für die Mirage- Düsenjäger der israelischen Luftwaffe. Vor dem Lieferstopp für 50 moderne französische Düsenjäger des Typs „Mirage V“, der nach dem Juni-Krieg von Paris erlassen worden war, hatte Israel aus Frankreich bereits zahlreiche „Mirage“-Düsenjäger älterer Bauart bezogen. Neben den Ersatzteilen für diese Flugzeuge betrifft das französische Embargo nach Angaben informierter Kreise in Paris auch elektronische und andere Ausrüstungsgegenstände für die israelische Armee.
Von dem Waffenembargo sind nach israelischen Angaben in Paris lediglich gewisse Motorenteile der französischen Lieferfirma Snecma ausgenommen. Dies habe allerdings wenig Bedeutung, da es sich bei diesen Lieferungen nur um Ersatzteile für Ausbildungsflugzeuge vom Typ „Fouga-Magister“ handle. Für diese Flugzeuge bestehe ohnehin in Israel eine Montagefabrik.
Es stellt sich jetzt die Frage, ob Frankreichs Rüstungsgeschäft nicht auch außer-
Jordanier sprengten Damiah-Brücke
Granatwerfer-Duell am Jordan / Anlaß war angeblich ein Traktor
Tel Aviv (dpa). Während eines Feuergefechtes zwischen jordanischen und israelischen Einheiten über den Jordan hinweg haben Jordanier gestern naeh Angaben eines Militärsprechers in Tel Aviv die Damiah- Brücke gesprengt. Wie der Sprecher hinzufügte, stürzte die Brücke in den Fluß.
Nach israelischer Darstellung begann das Gefecht um 12.35 Uhr (MEZ), als Jordanier einen israelischen Traktor unter Beschuß genommen haben sollen. Beide Seiten setzten Granatwerfer ein. Auf israelischer Seite habe es keine Verluste gegeben. Nach Berichten aus Tel Aviv soll angeblich am Dienstagvormittag ein jordanischer Beamter die jordanische Seite der Brücke für den gesamten Verkehr gesperrt haben.
Zehn Araber durch Handgranaten-Attentat verletzt
Tel Aviv (AP). Im von Israel besetzt gehaltenen Gazastreifen ist es gestern erneut zu einem gegen Israelis gerichteten Sprengstoffanschlag gekommen, bei dem diesmal allerdings zehn Araber verletzt wurden, vier davon schwer. Wie ein israelischer Militärsprecher mitteilte, warfen Unbekannte gegen einen vorbeifahrenden israelischen Personenwagen eine Handgranate, die das Fahrzeug allerdings verfehlte. Von der Explosion wurden umstehende Araber verletzt.
Erst vor drei Tagen waren drei arabische Fußgänger verwundet worden, als eine unter einem leerstehenden Auto befestigte Sprengladung losging. Als Vergeltung wurden nach Angaben der israelischen Streitkräfte Anfang der Woche in Gaza acht Häu-
Frankreich erhält die Rechnung
Paris (AP). Die Vereinigten Staaten werden demnächst Frankreich die Rechnung für das unbewegliche Eigentum präsentieren, das sie nach Aufgabe ihrer Stützpunkte auf französischem Territorium zurückgelassen hatten. Im März 1966 hatte Staatspräsident de Gaulle die USA um Räumung der Stützpunkte gebeten. Schon im April des gleichen Jahres hatte die amerikanische Regierung Paris Verhandlungen über die Abfindung für das zurückgelassene Gut vorgeschlagen. Wie aus Kongreßkreisen verlautete, ist mit der Aufnahme dieser Verhandlungen jetzt in absehbarer Zeit zu rechnen. Nach Schätzungen haben die USA in der Zeit zwischen 1950 und 1966 in Frankreich neun Flugplätze, zwei Marineeinrichtungen, eine Erdölleitung, Depots, Lagerhäuser, Unterkünfte und dergleichen mehr mit einem Aufwand von etwa 556 Millionen Dollar gebaut. Unter Berücksichtigung der Abnutzung dürften noch etwa 250 bis 300 Millionen Dollar Abfindung gefordert werden.
ser von Arabern in die Luft gesprengt, deren Besitzer mit Sprengstoffanschlägen in Verbindung gestanden haben sollen.
Kabinettskrise im Libanon
Beirut (AP). Der libanesische Ministerpräsident Abdullah Yafi hat, wie ein Regierungssprecher gestern in Beirut mitteilte, Staatspräsident Helou seinen Rücktritt an- geboten. Der Staatspräsident hat über das Rücktrittsgesuch vorerst noch keine Entscheidung gefällt.
Yafi, der neben seinem Amt als Regierungschef auch die Ressorts Finanzen, Erziehung, Soziales und Information verwaltete, sowie sein aus drei weiteren Ministern bestehendes, erst Ende Oktober letzten Jahres gebildetes Kabinett waren nach dem israelischen Vergeltungsschlag gegen den internationalen Beiruter Flughafen unter massiven politischen Druck gekommen. Der Regierung wurde vorgeworfen, sie habe unzureichende Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Wie der Regierungssprecher mitteilte, hat Yafi seinen Rücktritt eingereicht, weil seiner Meinung nach die „neue Lage eine neue Regierung verlangt.“
Sowjet-Schiffe im Roten Meer
Beirut (dpa). Sowjetische Kriegsschiffe gehen erstmals im Roten Meer vor Anker. Wie gestern in der jemenitischen Hauptstadt Sana mitgeteilt wurde, sind ein Kreuzer und ein Minenleger auf dem Wege nach Hodeida, wo sie von Donnerstag an einen mehrtägigen Freundschaftsbesuch abstatten werden. Andere Einheiten der sowjetischen Kriegsflotte haben soeben einen mehrtägigen Besuch in der ehemaligen britischen Kronkolonie Aden beendet.
halb des Nahen Ostens einen schweren Rückschlag erleiden wird. Man hält es für nicht ausgeschlossen, daß es sich viele Länder, denen Frankreich nur zu gern Waffen verkaufen möchte, reiflich überlegen werden, ob sie sich wie dereinst Israel überwiegend auf den französischen Waffenlieferanten verlassen sollen.
Umfangreiche Zusammenarbeit Frankreichs mit UdSSR
Paris (dpa). Präsident de Gaulle hat gestern mittag den stellvertretenden sowjetischen Ministerpräsidenten Wladimir Kirillin zu einer Aussprache unter vier Augen empfangen. Obwohl sich Kirillin offiziell als Leiter der „großen sowjetisch-französischen Kommission“ für wirtschaftliche, wissenschaftliche und technische Zusammenarbeit in Paris aufhält, wird von französischer Seite die politische Bedeutung der Zusammenkunft unterstrichen. Es gilt als sichen daß auch internationale Fragen, insbesondere die Nahost-Krise, zur Sprache kamen.
Wie später verlautete, wurde Frankreich beauftragt, die Ausrüstungen für eine Zellulosefabrik an die Sowjetunion zu liefern. Die Franzosen verpflichteten sich, die Produktion aus dieser Anlage abzunehmen. An Frankreich wurde ferner die Lieferung der Ausrüstungen für die Ausbeute von sowjetischem Erdgas vergeben. Nach Mitteilung Kirillins bahnt sich auch eine Zusammenarbeit auf den Gebieten des Hüttenwesens, der Leichtindustrie, der Nahrungsmittelindustrien, des Maschinenbaues, des Lastwagenbaues und bei Traktoren an.
EIN BUNTES BILD bot gestern der Neujahrsempfang des Bundespräsidenten in der Bonner Beethovenhalle. Unser Bild zeigt (von links) Bundeskanzler Kiesinger und die diplomatischen Vertreter von Malaysia Shjyi Abdul Kahild Bin Awang Osmin, Portugal Manuel Homem de Mello und Birma Maung Elwin. (AP-Photofax)
Lübke warnt vor hartem Wahlkampf
Neujahrsempfang des Bundespräsidenten / Lob für die Große Koalition
Bonn (dpa). Bundespräsident Heinrich Lübke hat gestern die deutschen Parteien ermahnt, über dem Wahlkampf nicht die gemeinsamen politischen Interessen zu vergessen. In einer Ansprache wandte sich Lübke an das Bundeskabinett, das wie andere Repräsentanten des Staates und der in Bonn akkreditierten Länder in der Villa Hammerschmidt die Glückwünsche für das neue Jahr überbrachte. Für einen Staat wie die Bun- iiiiimiiiiiiii(ii>iiiiiii(tuiimiuiuiii(iifi(f«(r((ii(ifmfiiifiiiii[iittmiii
Sirhan-Prozeß begann
Los Angeles (dpa). Mit formalen Vorstößen der Verteidigung begann gestern der Mordprozeß gegen den 24jährigen Sirhan Bishara Sirhan, dem die Anklage die Ermordung von Senator Robert Kennedy vorwirft.
Die zunächst vorgesehene Auswahl der Jury unterblieb infolge der Antragsserie der Verteidigung. Aus einer großen Zahl von aufgerufenen Bürgern wird das Gericht zwölf auswählen, die sich nach eingehender Befragung durch alle Prozeßparteien als nicht voreingenommen erwiesen haben. Wegen der ungeheuren Publizität des Kennedy- Attentats und der Emotionswellg, die es auslöste, dürfte die Auswahl der Jury auf große Schwierigkeiten stoßen und möglicherweise mehrere Wochen dauern. Erst dann beginnt die Vernehmung der rund 200 Zeugen.
desrepublik, die sich in einer äußerst schwierigen außenpolitischen Lage befinde, könne es zu einer großen Belastungsprobe werden, wenn die Parteien nur ihre Gegensätze akzentuierten. Der Bundespräsidem betonte, es gebe Gemeinsames, das die demokratischen Parteien bei aller Unterschiedlichkeit verbinde.
Die beiden Koalitionspartner CDU/CSU und SPD hätten in der jetzigen Bundesregierung ja schon bewiesen, daß sie nicht nur nebeneinander existieren, sondern auch regieren könnten. Lübke forderte die Parteien auf, sie sollten im Bundestagswahlkampf ihre Wähler von der Qualität ihrer Vorstellungen überzeugen. „Mit der Verketzerung des politischen Konkurrenten sind keine dauerhaften Erfolge zu erzielen.“
Im Präsidialamt gratulierten nacheinander die führenden Persönlichkeiten von Bonn und Bad Godesberg, die Vertreter der in- und ausländischen Presse, die Bevollmächtigten der Länder beim Bund, die Präsidenten der Obersten Bundesgerichte und des Bundesrechnungshofes, Vertreter von Bundesrat und Bundestag sowie das Bundeskabinett mit Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger an der Spitze. Anschließend gab Lübke in der Beethovenhalle einen großen Empfang für die in Bonn akkreditierten Botschafter oder die Geschäftsträger der Botschaften.
Angriff auf Saigon erwartet
Seit dem 6. Dezember 40 Lager ausgehoben / Zehn Vietkong freigelassen
Phuoc Vinh/Saigon (dpa/AP). Vietkong und Nordvietnamesen planen nach Meinung amerikanischer Militärs immer noch einen Angriff auf die Hauptstadt Saigon, in deren Umgebung täglich große Waffenlager der Kommunisten entdeckt werden.
Wie gestern bekannt wurde, sind seit dem 6. Dezember 40 größere Lager ausgehoben worden. Allein in den vergangenen neun Tagen entdeckten alliierte Truppen genug Waffen, um ein 600 Mann starkes Bataillon auszurüsten. Außerdem wurden in den vergangenen Wochen mehr als 110 Tonnen Reis in Dschungelverstecken gefunden. Diese Menge reicht aus, um mehr als 16 000 Vietkong etwa eine Woche lang zu versorgen. Nach Meinung der Amerikaner ist der Nachschub offenbar sowohl auf dem Landwege
Commonwealth-Konferenz eröffnet
Demonstrationen vor dem Tagungsgebäude / 28 Staaten vertreten
London (AP). In der britischen Hauptstadt hat gestern morgen die diesjährige Konferenz der Commonwealth-Regierungschefs begonnen, an der Präsidenten, Ministerpräsidenten und Abgesandte aus 28 Mitgliedsstaaten teilnehmen. Ungeachtet umfangreicher Sicherheitsvorkehrungen der Polizei vor dem Tagungsort, dem Malborough Hou- se, kam es bei Ankunft der Konferenzteilnehmer vor dem Gebäude zu Demonstrationen.
Zahlreiche Personenwagen mit Konferenzteilnehmern wurden von den schreienden und lärmenden Demonstranten eingekeilt. Der kanadische Ministerpräsident Pierre Trudeau verließ deswegen schon ein Stück vor dem Malborough House seinen Wagen und bahnte sich einen Weg durch die Demonstrantenmenge, die bei Eröffnung der
Konferenz durch den britischen Premierminister Harold Wilson auf rund 1 000 Personen angewachsen war.
Neben dem nigerianischen Bürgerkrieg dürften die Repräsentanten der 800 Millionen im Commonwealth zusammengefaßten Menschen vorrangig den Verfassungskonflikt Großbritanniens mit seiner ehemaligen Kolonie Rhodesien erörtern. Am Vorabend der Konferenz wurde bekannt, daß vor Beginn des Treffens Pläne erörtert wurden, nach denen. eine Friedenskommission der Commonwealth-Staaten mit dem Auftrag nach Nigeria entsandt werden soll, dem Blutvergießen in dem Bürgerkrieg ein Ende zu bereiten. Auch eine neue mögliche Masseneinwanderung von Asiaten aus den ostafrikanischen Ländern Kenia und Uganda nach Großbritannien, dürfte am Rande der Konferenz erörtert werden.
als auch über den Fluß Vam Co Dong von Kambodscha aus in die Umgebung der Hauptstadt gebracht worden.
Fünf amerikanische Divisionen und starke südvietnamesische Streitkräfte (Gesamtstärke rund 100 000 Mann) sind in drei Ringen um Saigon postiert und bemühen sich, Nachschub und Truppenbewegungen der kommunistischen Einheiten zu unterbinden.
Nach einem Überfall auf ein Dorf im Mekong-Delta haben Vietkong nach Angaben eines Militärsprechers in Saigon 150 Dorfbewohner entführt. Wie der Sprecher gestern ferner mitteilte, wurde das Dorf 57 Kilometer südwestlich der Hauptstadt nicht von Truppen verteidigt, weil das Gebiet als „sicher“ galt In Saigon wird angenommen, daß die Entführten gezwungen werden, als Träger den Nachschub der Vietkong in die Umgebung von Saigon zu transportieren.
Die südvietnamesische Regierung hat gestern in Bien Hoa zehn Vietkong-Gefangene freigelasseh und mit je 500 Piaster (17 Mark) Taschengeld auf Lastwagen in ihre Heimatdörfer repatriiert. Die Regierung gab für diesen Schritt „humanitäre Gründe“ an.
Wieder Rotkreuz-Krankenhaus in Biafra bombardiert
Genf (AP). Eine Frau und drei Kinder sind bei einem Bombenangriff auf ein Rotkreuz-Krankenhaus in Biafra ums Leben gekommen. Zwei weitere Personen wurden verwundet Dies ist gestern von einem Sprecher des Komitees vom Internationalen Roten Kreuz in Genf bekanntgegeben worden. Seit Beginn der Rotkreuz-Hilfsaktion in Biafra im Sommer letzten Jahres ist damit zum zweiten Male ein Krankenhaus des Roten Kreuzes von Kriegsflugzeugen der nigerianischen Bundestruppen angegriffen worden. Der Zwischenfall ereignete sich in Awo-Omana. Das Krankenhauspersonal blieb unverletzt
Wegweiser de Gaulle
Von Klaus-Herbert Wolff
„Man sollte nicht die Macht behalten, wenn man altert. In der Politik besteht die große Kirnst darin, sich rechtzeitig zurückzuziehen.“ Das sagte General de Gaulle im Jahre 1945. Aber nicht über sich, sondern über Marschall Petain. De Gaulle selbst altert nicht, jedenfalls merkt er es nicht. Der General hat zeit seines Lebens Wegweiser gespielt. Wegweiser für andere Politiker, für andere Militärs, für Frankreich. Er wies immer den Weg, doch selbst ging er ihn nie.
De Gaulle, der heute zehn Jahre ohne Unterbrechung an der Staatsspitze Frankreichs steht, ist längst Geschichte geworden. Doch noch lebt er, noch überrascht er die Welt mit eigensinnigen politischen Eskapaden, noch ist er Staatsoberhaupt. Die gaullistische Politik ist voll von Widersprüchen, und doch mitunter auf eine geniale Weise geprägt von richtigen Entscheidungen — am falschen Platz.
Vor zehn Jahren erklärte de Gaulle vor algerischen Offizieren: „Wer zur Armee ge-
60 Tote bei Bus-Unglück
Kairo (dpa). Ein vollbesetzter Autobus ist gestern abend in den Nil gestürzt. Nach ersten Berichten sind bei dem Unglück 60 Menschen ums Leben gekommen. Der Fahrer des Autobusses hatte einen Zusammenstoß mit einem kleineren Wagen vermeiden wollen, berichteten Augenzeugen.
Nach ihren Angaben haben zwei Fahrgäste des Busses den Unfall überlebt. Der Autobus war auf dem Wege vom Stadtzentrum zum Kairoer Vorort Imbaba. Erst vor zwei Jahren waren bei einem ähnlichen Unglück in Kairo etwa 60 Personen ums Leben gekommen.
hört, hat keine Politik zu treiben.“ Aber gerade die putschende Armee brachte ihn wieder an die Macht. Wie wichtig ihm seine Soldaten sind, erwies sich im Mai 1968, als er sich im Zusammenhang mit den bürgerkriegsähnlichen Unruhen heimlich des Wohlwollens seiner Generale versicherte, um notfalls in Frankreich eine Militärdiktatur zu errichten.
De Gaulle kennt keine festen Regeln, die bindend für ihn sind. Seine Entscheidungen sind egozentrisch, unberechenbar. Über Volksstimmung setzt er sich hinweg, wohl wissend, wie unanfechtbar seine verfassungsmäßig selbstgebaute Position als Staatspräsident ist. Seinen Premierminister Pompidou ließ er über die Klinge springen, als das Volk eigentlich ihn meinte. Niemand nahm es ihm übel, denn niemand hatte es eigentlich anders erwartet, obwohl zehn Millionen Arbeiter streikten, obwohl in Paris Barrikaden sowie rote und schwarze Fahnen Revolution und Anarchie befürchten ließen.
Mit vordergründigen Sozialreformen verstand de Gaulle es, den Mann auf der Straße zum Schweigen zu bringen. Diktatorische Sondervollmachten verhindern seine Demonstrationen, auch dann, als der Währungsschock vom November den Franzosen die härteste Teuerungswelle seit, zwanzig Jahren brachte. De Gaulle sagt, es sei ein Opfer für Frankreich, doch das Volk weiß, daß es die Folgen der Unterlassungssünden des Generals sind, denn: „La France c’est moi!“, Frankreich bin ich, sagt er.
De Gaulle ist die Gallionsfigur des Staatsschiffes auf den stürmischen Wogen der Außenpolitik. Ihr gilt die ganze Liebe des Präsidenten; für sie hat er sogar jahrelang
(Fortsetzung auf Seite 2)