Die Ursachen der Revolution in Brasilien

Der größte Tropenstaat der Erde, Brasilien, steht mit seiner 30-Millionen-Bevölkerung in Hellem Aufruhr. Der dik­tatorisch anftretcnde Präsident dieses Landes von der unge­fähren Größe Europas, Dr. Washington Luis, ließ sich vom Kongreß über 50 Millionen Mark für die Niederschlagung der Revolte bewilligen, verhängte den Belagerungszustand über die vier volkreichsten Staaten des Landes und sperrte den Hafen Rio Grande für den Weltverkehr. Diese weitgehenden Maßnahmen lassen viel klarer als die fast aus­schließlich von Nordamerika abhängige Nachrichtenverbrei­tung erkennen, baß die gegenwärtige Bewegung an Ernst und Umfang weit über den Juliputsch von 1922 des Gene­rals Hermes de Fonseca hinausgeht und auch den Juliauf­stand 1924 des Generals Dias Lopes, der sich damals drei Wochen in der eingeschlossenen Kaffeehauptstadt Sao Paulo behauptete, an Bedeutung erheblich übertrifft.

Wie sämtliche südamertkanischen Aufstandsbewegungen des laufenden Jahres ist die brasilianische Revolution eine unmittelbare Folge der Weltwirtschafts­krise. Diese erschüttert nun auch das Rohstoffland Brasilien. Die krampfhaften Bemühungen der Bundesregierung um die Verbesserung der Kaffeemärkte, die unter anderem in Deutschland von gutem Erfolg unter Steigerung seines Kaffeeinkaufs aus Brasilien von 108 auf 12S Millionen Mark begleitet waren, und selbst-die natürliche Wiederbele­bung des Kautschukmarktes durch rasch wachsende Nachfrage der Autoindustrie mußten sich in dem gleichen Augenblick als vergebliche Liebesmühe erweisen, als der Präsident Hoo- ver seine Unterschrift unter den radikalen Hochschutzzoll- tartf des amerikanischen Kongresses setzte. In der Ausfuhr Amerikas steht Brasilien erst an dreizehnter Stelle, umgekehrt nehmen die Bereinigten Staaten Brasilien die Hälfte der gesamten Ausfuhr ab. Das bedeutet aber noch nicht, daß Amerika für Brasilien alles und dieses für die USA. gar nichts wäre. An der Newyorker Börse gab es trotz des Tiefstandes der Notierungen infolge vieler schwarzer Tage einen neuen wuchtigen Kurseinbruch, als die ersten sicheren Nachrichten über den Umfang des Aufstandes in Wallstreet bekannt wurden. Brasilien wird nicht allein durch die Tropensonne beschienen, sondern auch durch die Dollar- Höhensonne kräftig bestrahlt. Den Finanzleuten in Newyork dämmert inzwischen die Erkenntnis, daß die Brasilien- Geschäfte von erheblichen Verlusten begleitet sein könnten.

- Dieser Eindruck führte zwangsläufig zu schärferen Bör- fenauswirkungen als die anderen südamerikanischen Revol­ten, nicht nur, weil Brasilien der volkreichste dortig« Staat ist, sondern weil es auch zu jenen Ländern gehört, deren Wirtschaftsschicksal sich am innigsten mit den nordamerikani- schen Kassenschränken verquickt. Der Aufstand richtet sich gegen den noch amtierenden Präsidenten Luis und seinen Nachfol­der Julio Presters als die entschiedensten Vorkämpfer einer amerikafreundlichen Politik in Brasilien. Siegt die Revolu­

tion, dann erleiden auch die nordamerikanischen Finanzleute schwerste Ausfälle, weil die Finanzgrnppen ihre Verträge unmittelbar mit dem Präsidenten abzuschlicßen pflegen, deren persönliche Macht trotz des Parlamentarismus umge­brochen dasteht. Auch dieser Kampf geht um die Verdrän­gung des Präsiüialsystems durch eine höhere Gewalt des Parlamentarismus. Er wird aber nicht von Parteien, fordern von unzufriedenen Persönlich­keiten der herrschenden Oberschicht getragen. Der Marxismus bleibt dabet gänzlich, bedeutungslos. Die 250 000 Industrie­arbeiter Brasiliens schickten einen einzigen Radikalsozialisten in den Kongreß und die Kommunisten haben hier ganz und gar nichts zu sagen. Der Machtkampf konnte daher nur unter der Wirkung der Wirtschaftskrise entfesselt werden und so raschen Zulauf erfahren. Nach der Zerschlagung des brasilia­nischen Hanptmarktes durch den Hooverschen Zolltarif mußte die Ordnung in Brasilien um so leichter zusammenbrechen, als sein Gedeihen fast ausschließlich vom Kaffee abhängt, der zwei Drittel der brasilianischen Gesamt- ausfuhr umfaßt, so daß Brasilien also zu den Ländern mit extrem einseitiger Wirtschaftsentwicklung gehört. Was Einseitigkeit im Augenblick dieser Krise bedeutet, sehen wir an dem Beispiel Englands, das mehr als zwei Millionen Arbeitslose ernähren muß, weil seine Industrie extrem auf den Außenmarkt gestützt bleibt, den die hohe britische Di­plomatie durch Entfesselung des Weltkrieges höchst persönlich verwüstete.

Das Schicksal Brasiliens, das in so verhängnisvollem Grade durch die amerikanische Hochschutzzollpolitik gefährdet worden ist, kann uns und den anderen Wirtschaftsmächten der Erde nicht gleichgültig sein. Die Welt wird es bitter fühlen müssen, daß nach den Russen, Chinesen und Indern nun auch die 30 Millionen Einwohner Brasiliens aus den Märkten für längere Zeit abrutschen.

Wenn Deutschland in nächster Zukunft mit der Wieder­aufrollung seiner Tributsfrage hervortritt, bietet sich unserer Politik auch an Hand der brasilianischen Revolution wieder eine neue Möglichkeit für den Nachweis der Sabotage jedes aufbauenden deutschen Wirtschafts­strebe ns durch das Ausland und namentlich Amerika selbst. Unser Handel mit Brasilien steht bet fast ausgegliche­ner Bilanz auf 210 Millionen Mark, die sich sehr gleichmäßig auf sämtliche Zweige der deutschen Wirtschaft verteilen. Hoovers Zollpolitik verurteilt also durch die Verschlimme­rung der brasilianischen Wirtschaftskrise auch deutsche Arbei­ter aller Jnüustriebereiche zur Arbeitslosigkeit. Aehnliche Schwierigkeiten werden auf dem gleichen Wege die anderen Industrieländer erfahren. Da ihnen allen die Not auf den Nägeln brennen wird, muß sich auch eine Möglichkeit für die Eindämmung der selbstsüchtigen Finanz- und Wirtschafts­politik der Vereinigten Staaten gewinnen lassen.

Ernste Lage in Spanien

TU.Madrid, 14. Okt. In Murcia kam es im Laufe des Montags wiederholt zu Zusammenstößen zwischen Streiken­den und der Polizei, die von der Schußwaffe Gebrauch machte. Ein Student und zwei Arbeiter wurden schwer ver­wundet. Das Militär ist alarmbereit. In Sevilla haben die Syndikalisten den Generalstreik erklärt. Da die So­zialdemokraten den Streik ablehnen, kam eS zwischen ver­schiedenen Gruppen zu zahlreichen Zusammenstößen. Ein Uebergreifen der Streikbewegung auf Andalusien infolge -er syndikalistischen Einstellung der Landarbeiter würde zu einer Gefährdung der Ernte führen.

Aus dem Reichstag

Dentschuationale Anträge «nd Interpellationen.

Die Deutschnationalen haben im Reichstag eine Reihe von Anträgen und Interpellationen «ingebracht. Ein Antrag ersucht die Retchsregierung, beschleunigt eine Ueversicht

über die seit 1. April 1928 aufgenommenen Kredite einschließlich -er Ueberbrückungskredite mit ge­nauen Angaben vorzulegen. Ei» weiterer Antrag fordert Einfuhrverbote für Erzeugnisse der Landwirtschaft, des Weinbaues und der Forstwirtschaft, Kündigungen der dem entgegen stehenden Handelsverträge und Neuverhanb- lungen sowie Gewährung befristeter Einfuhrkontingente, um für die Länder des deutschen Ausfuhrinteresses von dem Ein­fuhrverbot die gebotenen Ausnahmen zu machen.

Eine Interpellation fragt die Regierung unter Hinweis auf das Wahlergebnis, ob sie gesonnen ist, auf eine Fort­führung der Unterwerfungspolittk zu verzichten und eine gütliche Befreiungspolitik einzuleiten, und fragt tm einzelnen, ob sie bereit ist, den Gedanken einer Repara- tionSabgab« von der ausländischen Einfuhr aufzuneh­men, vorbereitende Schritte zu einer Revision des Boung- planes zu tun und unter Hinweis auf die Hinfälligkeit der Kriegsschuldlüge und die Unhaltbarkeit des politischen Sy­stems der Pariser Verträge nunmehr offen auf eine Revi­sion dieser Verträge hinzuarbeiten. Eine zweite Interpella­

tion kritisiert die Haltung der deutschen Abordnung gegen­über den in Genf verhandelten Fragen und fordert den Hinweis an die anderen Mächte, daß ein weiteres Ver­bleiben Deutschlands im Völkerbund zwecklos wäre, wenn die Erreichung der lebenswichtigen Ziele in immer wettere Ferne hinausgerückt werde.

Die deutschnationale Reichstagsfraktion hat ferner ihren Reichsschulgesetzentwurf, der im vorigen Reichstag nicht zur Erledigung gelangte, wieder eingebracht.

Die Kräfte- und Platzverteilung im neue« Reichstag Die Abkürzungen bedeuten von rechts nach links: NS. --- Nationalsozialisten (107); DNBP. Deutschnationale Volkspartei (48); Chr.S. Christlich-sozialer Volksdienst (14),' Landvolk Deutsches Landvolk, Landbund und Deutsche Bauernpartei (27),' VK. ---- Volkskonservative (5); D.Hann. Deutsch-Hannoveraner (Welfen) (3); DVP. Deutsche Volkspartei (30),- WP. ---> Wirtschaftspartei (23); BVP. --- Bayerische Volkspartei (19); Z. ---- Zentrum (68); St.P. ---- Staatspartet (ursprünglich 20, nach Ausscheiden der sechs Jungdoleute noch 14); SPD. Sozialdemokraten (143); KPD. --- Kommunisten (78).

Furchtbares Fliegerunglück

Auf dem Prager Militärflugplatz in Gobell ereignete sich ein furchtbares Fliegerunglück. Der Militärflieger Stabs- kapttän Knazikovskiy war mit dem FlugzeugB 21/132" auf­gestiegen, als plötzlich bei einem Looping in einer Höhe von ungefähr 400 Metern beide Tragflächen abbrachen. Di« herabstürzende Maschine explodierte, fiel auf das Dach einer Kaserne und verbrannte. Der Flieger brach sich bei dem Sturz das Genick und war auf der Stelle tot. Der Brand griff auf das Dach der Kasern« über, konnte jedoch bald gelöscht werden. Ein Soldat wurde auf dem Kasernenhof durch die herabstürzenben Teile des Flugzeuges schwer ver­letzt. Der ums Leben gekommene Flieger war der russische Graf Bazicky-Knazikovskiy, der in die tschechische Armee als einziger Russe und bester Flieger der zaristischen Arme« übernommen wurde.

Nach einer Meldung aus Casablanca ist das regelmäßige Passagierflugzeug der Compagnie Aeropostale, das den Dienst zwischen Toulouse und Casablanca versieht, in La­rache (Spanisch-Marokko) abgestürzt. Nach den bisher vor­liegenden Meldungen sollen der Führer und drei Fahrgäste auf der Stelle getötet worden sein.

vir Llbl« von Aolkeraingen.

A> Roman von E. Bastian»Stumpf.

^opvrigkt b> K. » H. Greiser, GmbH. Rastatt.

An der Seite Ihres aütiaen Gatten wird Ihnen dieses ein Leichtes sein. Warten Cie nicht auf den Tod eines Mannes, auch da würde ich ihm nickt die Schmach antun. Sie zu begehren. Und dann niemals könnten Sie meine Frau werden, weil ich Anneliese lieb habe und sie allein wird die Herrin von Vreitensels."

Herta fuhr unaestüm von ihrem Sessel aus und starrte ihn an. als sei sie wabnssnnia geworden. Als sein Antlitz ruhia und ernst blieb, flog ein webes. verzerrtes Lächeln um ihre Lippen.

»Tarum also verschmähst du mich du liebst die sanfte, scheinheilige Anneliese o. wie ich sie hasse die mir deine Liebe geraubt", jammerte sie zuerst. Tann wurden alle Dämonen, die in ihrer Brust schlummerten, wach und sie lachte gellend aus.

»Ha ha ha du bist ein schlauer Rechner du laubst. mit Anneliese Wolserdinaen zu erhalten wenn u dich nur nicht verrechnest. Ich habe die Macht in den Länden und ihr beide, die ikr mich unglücklich macht, sollt es büßen."

Er verstand ihren Schmerz und wilden Zorn und richtete sie deshalb nicht. Sie tat ihm leid, aber helfen konnte er ihr nicht, als Ehrenmann fühlte er sich an sein Manneswort gebunden. Und dann eines empfand er deutlich, so nahe er daran war. sich zu vergessen, sein Herz wußte nichts mehr davon, es waren die Sinne, die durch ihre blendende Schönheit entflammt wurden.

Sie tat ihm leid, wenn ihn auch ihre Gehässigkeit ab- stieß. Er trat einige Schritte nach der Tür zu. ehe er antwortete: .

»Gnädige Frau, über meine Gefühle zu Ihnen zu sprechen, hat keinen Zweck. da wir beide einander nichts unaeben. Jedoch möchte ick Sie ersuchen, Anneliese nicht chüßeu Lu lassen, was ich verschuldet habe. Werter haben

wir uns nichts mehr zu sagen, ich lasse Ihnen ietzt Zeit, sich zu fassen und werde nach meiner Braut sehen. Nach einer Viertelstunde werde ich sie Ihnen bringen und sie dann zum Wagen begleiten. Auf meine Mitfahrt nach Wolferdingen bitte ich zu verzichten, da ich zu viel zu er­ledigen habe."

Breitenfels ließ sie nach diesen Worten allein, er ver­langte keine Entgegnung darauf und erwartete auch keine.

Sie sah ihm nach, wie er aus dem Zimmer ging und machte Miene, ihm zu folgen, aber auf halbem Wege blieb sie stehen. Tann drehte sie sich um. wankte zu ihrem Sessel zurück, warf sich hinein und barg ihr Gesicht in den Händen. Ein jammervolles Schluchzen entrana sich aus ihrer Brust und sie stöhnte vor sich hin.

Es ist eine Lüge, er liebt Anneliese nicht, er will es mir einreden. weil er zu ehrlich ist. sein gegebenes Wort zu brechen. Er trägt an seinem Leide so schwer wie ick. nur will er es nicht zugeben. L. wie ich dieses dunkle, nichtssagende Geschöpf Kasse den Tod möchte ich ihr wünschen. Das einzige, was mir das Leben geschenkt hat an Süßigkeit, raubt sie mir und ick bin selbst schuld daran, an dieser unseligen Verlobung die ick erzwang um nicht in die Armut zurücksinken zu müssen. Aber Glück sollen die beiden in ihrer Ehe nicht haben ich werde sie nicht zu Ruhe kommen lassen."

Nock eine Weile saß sie racheversunken da. dann ließ sie langsam die Hände von dem Gesicht gleiten. Die Ge- wohnheit. ihr Innerstes zu verhüllen, half ihr. den Zügen den gewöhnlichen Ausdruck zurückzugeben. In ihrer stol­zen Haltung erhob sie sich und trat an das Fenster, starr in die Ferne schauend ... . . ^ °

Na-ß kurzer Zeit trat Achim mit Anneliese ein. Das junge Mädchen strahlte in füßem Liebesglück, sie hatte einige schöne Stunden hinter sich. Achim und seine Tante überboten sich, sie zu verwöhnen und Anneliese ließ es sich mit innigem Gesichtsausdruck gefallen. Es freute sie auch die Aufmerksamkeit Hertas, die den Vater allein ließ, um , sie abzubolen. Sie begrüßte sie freundlich und bedauerte, ^ daß die Tante Lelma zu angegriffen iei. um sie ru emp­

fangen. In Wirklichkeit hatte die Baronin Helma eme Abneigung gegen Herta und wollte sie nicht begrüßen. Auch Achim wandte sich ihr zu. , . »

Ich bringe Ihnen meine Braut, wie sie es befahlen . sagte er in scherzendem Tone.

Sie wandte ihnen beiden das bleiche Antlitz zu und neigte nur leicht das Haupt. Dann machte sie sich zum Gehen bereit. » . ,

Wollen Sie mich zum Wagen führen. Baron . sagte sie kühl. »Ihrer Frau Tante bitte ich. mick^zu empfehlen, ich bedauere sie nicht gesehen zu haben, ick batte eine wun­derbare Erzählung für sie gewußt. Nun aufaeschoben nt nicht aufgehoben, ich werde nicht zum lebten Maie in Breitenfels gewesen sein."

Ter Baron batte ihr mit einer leichten Verbeugung den Arm gereicht. Auf ihr Reden schwieg er und Ne konnte an seinem Gesichte nicht erkennen, ob er sie der- standen batte. Ein Blick/einer Augen bat Anneliese zurückzubleiben, dann führte er sie hinaus und half ihr höflich in den Wagen. Sie sah ihm nochmals m»t emem rätselhaften Blick in die Augen.

Alles was in meiner Macht siebt, werde ich daran setzen, damit Sie so glücklich werden, wie ich es durch Sie geworden bin", flüsterte sie ibm halblaut zu. Der gram­volle Blick ihrer schwarzen Augen enthüllten ihm den ganzen Jammer, der ihr Herz zerriß und den sie so aut versteckte. Aber schnell batte sie sich wieder in der Gewalt und fragte:Wo bleibt Anneliese?"

Einen Augenblick Geduld, ick werde sie holen.

Langsam stiea er die Treppen wieder empor, so leid sie ihm tat. ihre wilde Leidenschaft stieß ihn immer mehr ab. Seine Liebe zu ihr war tot, dagegen nutzte alles Wüten nichts. Er mußte sie. soviel es anaina. von Brei­tenfels fern halten, sonst war Annelieses Glück gefährdet.

Als er wieder in den Salon trat, in dem Anneliese auf ihn wartete, zog er sie ungestüm >n seine Arme.